Gelbfieber – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Beschreibung des Erregers
- Erreger: Das Gelbfieber-Virus gehört zur Gattung Flavivirus und zur Familie der Flaviviridae. Es ist ein umhülltes, einzelsträngiges RNA-Virus mit positiver Polarität.
- Genom: Das Virusgenom besteht aus einer einzelsträngigen RNA mit positiver Polarität, die eine hohe Mutationsrate aufweist.
- Virulenz: Die Virulenz (Infektionskraft) des Gelbfieber-Virus beruht auf seiner Fähigkeit, gezielt Leberzellen und Makrophagen (Fresszellen) zu infizieren und eine systemische Entzündungsreaktion auszulösen. Dadurch wird die Funktion der betroffenen Organe erheblich beeinträchtigt.
Epidemiologie und Übertragungsweg
- Verbreitung: Das Gelbfieber tritt hauptsächlich in tropischen Regionen Afrikas sowie in Mittel- und Südamerika auf. Die Krankheit ist in diesen Gebieten endemisch und wird vor allem in ländlichen und waldnahen Gebieten beobachtet.
- Hauptübertragungsweg: Das Virus wird durch den Stich infizierter Stechmücken der Gattungen Aedes und Haemagogus übertragen. Diese Mücken sind sowohl tag- als auch nachtaktiv und bevorzugen menschliches Blut.
- Weitere Übertragungswege: In seltenen Fällen ist eine Übertragung durch kontaminiertes Blut, z. B. bei Bluttransfusionen, möglich.
- Virusreservoir: Das Hauptreservoir des Gelbfieber-Virus bilden nicht-menschliche Primaten wie Affen, die als asymptomatische Träger fungieren und das Virus auf Stechmücken übertragen.
- Infektiosität: Die Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) ist hoch, da bereits eine geringe Virusmenge bei einem Mückenstich ausreicht, um eine Infektion auszulösen.
Eintrittspforte des Erregers
- Haupteintrittspforte: Die Haupteintrittspforte ist die Haut, durch die das Virus bei einem Mückenstich in die Blutbahn des Wirtes gelangt.
- Nebeneintrittspforte: Eine Übertragung über Schleimhäute (z. B. durch Blutkontakt) ist selten, aber möglich.
Pathogenese des Erregers
- Initiale Vermehrung und Ansiedlung: Nach dem Eindringen in die Haut infiziert das Virus die regionalen Langerhans-Zellen (dendritische Zellen der Haut) und gelangt anschließend zu den benachbarten Lymphknoten.
- Erste Virämie: Von den Lymphknoten aus breitet sich das Virus in den Ductus thoracicus (größtes Lymphgefäß des Körpers) aus und wird anschließend in die Blutbahn freigesetzt (erste Virämie). Diese Phase verläuft oft asymptomatisch.
- Zweite Virämie und Organinvasion: Während der zweiten Virämie befällt das Virus vor allem die Leber, Nieren und Milz. Dabei werden spezifisch die Kupffer-Zellen (Makrophagen in der Leber) infiziert. Diese Infektion führt zu einer systemischen Verbreitung und Schädigung der betroffenen Organe.
Wirtsreaktion
- Lokale Immunantwort: In den Lymphknoten und der Leber kommt es zu einer Aktivierung von Makrophagen (Fresszellen) und T-Lymphozyten, die versuchen, die Virusvermehrung zu kontrollieren.
- Systemische Immunantwort: Im Verlauf der zweiten Virämie werden humorale und zelluläre Immunantworten gegen das Virus ausgelöst. Die Bildung von neutralisierenden Antikörpern ist entscheidend für die Kontrolle der Infektion.
- Anpassungsmechanismen des Erregers: Das Gelbfieber-Virus hat Mechanismen entwickelt, um die Interferon-vermittelte Immunantwort des Wirtes zu unterdrücken, was eine effiziente Virusvermehrung ermöglicht und zur systemischen Ausbreitung beiträgt.
Organaffinität und Gewebeschäden
- Bevorzugte Zielorgane: Die bevorzugten Zielorgane sind die Leber, Milz und Nieren. Die Leber ist das Hauptzielorgan, wo das Virus die Kupffer-Zellen (Lebermakrophagen) befällt und sich weiter vermehrt.
- Resultierende Gewebeschäden: In der Leber kommt es zur Nekrose (Zelltod) von Hepatozyten (Leberzellen) und zu entzündlichen Veränderungen. Infolge der Schädigung der Leberzellen kann es zur Gelbfärbung der Haut (Ikterus) und zu Blutgerinnungsstörungen kommen. In den Nieren und der Milz führt die Virusinfektion ebenfalls zu Zellschädigungen und Funktionsverlust.
Klinische Manifestation
Symptomatologie: Das Gelbfieber verläuft in zwei klinischen Phasen:
- Initialphase:
- Plötzliches Fieber
- Kopfschmerzen
- Übelkeit und Erbrechen
- Schüttelfrost und Muskelschmerzen (besonders im Rücken)
- Toxische Phase:
- Wiederanstieg des Fiebers
- Gelbsucht (Ikterus)
- Bauchschmerzen und Erbrechen ("schwarzes Erbrechen" durch Magenblutungen)
- Blutungen aus Schleimhäuten und Hämorrhagien (innere Blutungen)
- Nierenversagen und Schockzustände
Komplikationen: Hämorrhagische Diathese (Blutungsneigung), Multiorganversagen und Schock sind die häufigsten Komplikationen in der toxischen Phase. Ohne adäquate Behandlung beträgt die Letalität (Sterblichkeitsrate) bis zu 50 %.
Verläufe und Schweregrade: Leichte Verläufe können asymptomatisch oder mit milden Symptomen einhergehen, während schwere Verläufe zu lebensbedrohlichen Zuständen mit hohem Mortalitätsrisiko führen.
Prognosefaktoren
- Wirtsfaktoren:
- Alter: Ältere Menschen und immungeschwächte Personen sind besonders gefährdet.
- Komorbiditäten: Bestehende Lebererkrankungen erhöhen das Risiko für schwerwiegende Verläufe.
- Erregerfaktoren: Die Schwere der Erkrankung hängt von der Virulenz (Infektionskraft) des infizierenden Stammes sowie von der Virusmenge ab, die bei der Infektion übertragen wurde.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Das Gelbfieber ist eine lebensbedrohliche, durch Mücken übertragene Viruserkrankung, die in Endemiegebieten Afrikas und Südamerikas vorkommt. Die Krankheit verläuft in zwei Phasen und kann in der toxischen Phase zu schweren Organschäden und Multiorganversagen führen. Die Pathogenese wird durch die systemische Virusvermehrung und die gezielte Schädigung von Leberzellen bestimmt. Präventive Maßnahmen wie Impfprogramme und Mückenschutz sind entscheidend, um die Verbreitung der Erkrankung einzudämmen. Eine frühzeitige supportive Therapie ist essenziell, um die Sterblichkeit zu reduzieren.
Ätiologie (Ursachen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Mangelhafter Schutz vor Stechmücken in den Endemiegebieten