Dreitagefieber (Exanthema subitum) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Beschreibung des Erregers
- Erreger: Das Dreitagefieber (Exanthema subitum) wird durch das humane Herpesvirus Typ 6B (HHV-6B) verursacht, ein DNA-Virus aus der Familie der Herpesviridae. Es gibt zwei Hauptvarianten des Virus: HHV-6A und HHV-6B, wobei Typ 6B für das Dreitagefieber verantwortlich ist.
- Genom: Das Virus besitzt ein doppelsträngiges DNA-Genom, das Gene für strukturelle Proteine (Hüll- und Kapsidproteine) und nicht-strukturelle Proteine enthält, die für die Virusreplikation und Immunmodulation erforderlich sind.
- Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz des HHV-6B wird durch die Fähigkeit zur Persistenz in T-Lymphozyten und zur Induktion einer immunsuppressiven Wirkung vermittelt. Dies ermöglicht dem Virus, das Immunsystem zu manipulieren und langfristig im Körper zu verbleiben.
Epidemiologie und Übertragungsweg
- Verbreitung: Das Virus ist weltweit verbreitet und betrifft vor allem Kinder im Alter von 6 Monaten bis 2 Jahren. Fast alle Kinder haben bis zum dritten Lebensjahr eine Infektion durchgemacht.
- Hauptübertragungsweg:
- Die Übertragung erfolgt hauptsächlich über Speichelkontakt infizierter Personen.
- Weitere Übertragungswege:
- Vertikale Übertragung: In seltenen Fällen kann das Virus während der Schwangerschaft von der Mutter auf das Kind übertragen werden.
- Reservoir: Hauptreservoir sind Menschen, insbesondere Erwachsene, die das Virus im Speichel tragen und übertragen können.
- Infektiosität: HHV-6B ist hochinfektiös, insbesondere bei engem Kontakt zwischen Kleinkindern und Eltern.
Eintrittspforte des Erregers
- Haupteintrittspforte: Das Virus gelangt durch die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums in den Körper, meist durch Speichelkontakt.
- Nebeneintrittspforten: Eine Übertragung durch transplazentare Infektion (Infektion über die Plazenta) oder bei Organtransplantationen ist ebenfalls möglich.
Pathogenese des Erregers
- Initiale Infektion und Vermehrung:
- Nach Aufnahme in den Körper infiziert das Virus primär die Epithelzellen der Schleimhäute im Nasen-Rachen-Raum und breitet sich dann in lokalen Lymphknoten aus.
- Anschließend befällt das Virus T-Lymphozyten (T-Zellen), die eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielen. Hier erfolgt die Virusvermehrung, bevor die infizierten Zellen ins Blut gelangen.
- Erste Virämie und systemische Ausbreitung:
- Über das Blut (erste Virämie) breitet sich das Virus systemisch aus und infiziert bevorzugt Monozyten (spezialisierte Immunzellen) sowie andere Immunzellen.
- Diese infizierten Zellen transportieren das Virus zu verschiedenen Organen, darunter die Leber, die Milz und die Lymphknoten, was zu einer systemischen Infektion führt.
- Immunevasion und Persistenz:
- Das Virus kann in infizierten T-Lymphozyten lebenslang persistieren, was eine latente Infektion ermöglicht.
- Durch verschiedene Immunmodulationsstrategien (z. B. Hemmung der T-Zell-Aktivierung) entgeht das Virus der Immunüberwachung und bleibt im Körper aktiv.
- Reaktivierung und erneute Virusvermehrung:
- Bei Immunsuppression (z. B. bei Organtransplantation oder HIV-Infektion) kann es zu einer Reaktivierung des Virus kommen.
- In solchen Fällen vermehrt sich das Virus erneut und kann zu schwerwiegenden systemischen Infektionen führen.
Wirtsreaktion
- Lokale Immunantwort:
- Die Infektion der T-Lymphozyten führt zur Aktivierung des angeborenen Immunsystems, insbesondere zur Freisetzung von Zytokinen (Entzündungsbotenstoffen) und zur Aktivierung von natürlichen Killerzellen.
- In den infizierten Organen kommt es zu einer lokalen Entzündungsreaktion, was zu einer lymphoplasmazellulären Infiltration (Ansammlung von Immunzellen) führt.
- Systemische Immunantwort:
- Die humorale Immunantwort mit Bildung von spezifischen Antikörpern setzt etwa 1-2 Wochen nach der Infektion ein.
- Die zellvermittelte Immunität ist jedoch entscheidend für die Kontrolle der Virusreplikation, insbesondere durch die Aktivität von zytotoxischen T-Zellen.
- Anpassungsmechanismen des Erregers:
- HHV-6B besitzt verschiedene Strategien zur Immun-Evasion (Umgehung der Immunabwehr), darunter die Herunterregulation von MHC-Klasse-I-Molekülen (wichtige Oberflächenmoleküle zur Erkennung durch T-Zellen).
- Durch die Integration des viralen Genoms in das Genom der Wirtszellen bleibt das Virus lebenslang im Körper präsent und kann sich erneut aktivieren.
Organaffinität und Gewebeschäden
- Bevorzugte Zielorgane: Das Virus infiziert bevorzugt T-Lymphozyten, kann aber auch Epithelzellen der Schleimhäute, Leberzellen und Zellen des Nervensystems befallen.
- Resultierende Gewebeschäden:
- In den betroffenen Organen kommt es zu einer lymphoplasmazellulären Infiltration (Ansammlung von Lymphozyten und Plasmazellen) und zur Schädigung von Epithelzellen.
- Dies verursacht eine entzündliche Reaktion und kann in seltenen Fällen zur Leberentzündung (Hepatitis) oder Meningoenzephalitis (Entzündung von Gehirn und Hirnhäuten) führen.
Klinische Manifestation
- Symptomatologie:
- Die klassische Symptomtrias besteht aus hochfieberhaftem Verlauf über 3-5 Tage, gefolgt von einem makulopapulösen Exanthem (Hautausschlag mit Flecken und Papeln), das hauptsächlich am Rumpf auftritt und sich dann ausbreitet.
- Während der Fieberphase sind Kinder oft reizbar und zeigen unspezifische Symptome wie Husten, Lymphknotenschwellung und leichte Rachenrötung.
- Komplikationen:
- Fieberkrämpfe: Aufgrund des plötzlichen hohen Fiebers kann es zu Fieberkrämpfen kommen, besonders bei Kleinkindern.
- Enzephalitis: In seltenen Fällen kann das Virus das zentrale Nervensystem befallen und eine Meningoenzephalitis (Hirnhaut- und Gehirnentzündung) verursachen.
Verläufe und Schweregrade
- Akuter Verlauf: Typischerweise verläuft die Infektion mild und selbstlimitierend. Die Erkrankung dauert insgesamt 7-10 Tage.
- Chronischer Verlauf: Bei Patienten mit Immunsuppression kann das Virus eine chronische Infektion verursachen, die mit einer schweren Organschädigung einhergeht.
Prognosefaktoren
- Wirtsfaktoren:
- Kinder im Alter von 6 Monaten bis 2 Jahren haben das höchste Risiko für eine Primärinfektion.
- Bei immunsupprimierten Patienten (z. B. nach Organtransplantation) besteht ein hohes Risiko für schwere Verläufe und Reaktivierungen.
- Erregerfaktoren:
- Unterschiedliche Genotypen von HHV-6B zeigen Unterschiede in ihrer Virulenz und ihrem Reaktivierungspotenzial.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Das Dreitagefieber (Exanthema subitum) ist eine häufige Virusinfektion im Kleinkindalter, die durch HHV-6B verursacht wird. Die Pathogenese ist durch die Infektion von T-Lymphozyten und die Persistenz des Virus im Körper charakterisiert. Die Krankheit verläuft typischerweise mild, kann aber bei immunsupprimierten Patienten zu schwerwiegenden systemischen Komplikationen führen. Eine frühzeitige Diagnose und geeignete Therapie sind besonders bei Risikopatienten wichtig.
Ätiologie (Ursachen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Übertragung durch Tröpfcheninfektion oder Speichel