Cytomegalie – Einleitung

Beim humanen Cytomegalievirus (HCMV) handelt es sich um ein behülltes, doppelstrangiges DNA-Virus, welche zur Familie der Herpesviridae gehört.

Synonyme und ICD-10: Humanes Herpes-Virus 5 (HHV 5), Zytomegalievirus (ZMV) oder Cytomegalievirus/Cytomegalovirus (CMV) bezeichnet; CMV-Infektion; Cytomegalie-Virus; Cytomegaly; Einschlusskörperchenkrankheit; Speicheldrüsen-Viruskrankheit; Zytomegalie; Zytomegalie-Virus; ICD-10-GM B25.-: Zytomegalie)

Charakteristische Laborbefunde

Bei einer Cytomegalie-Infektion, die durch das Cytomegalievirus (CMV) verursacht wird, gibt es spezifische Laborbefunde, die auf eine akute oder vergangene Infektion hinweisen können. Diese Labormarker werden hauptsächlich im Rahmen serologischer und molekularbiologischer Untersuchungen bestimmt. Die wichtigsten charakteristischen Laborbefunde sind:

  • CMV-IgM-Antikörper
    • Akute Infektion: Hohe CMV-IgM-Antikörper weisen auf eine akute oder kürzlich erfolgte Infektion hin.
    • Reaktivierung: IgM-Antikörper können auch bei einer Reaktivierung des Virus wieder positiv werden.
  • CMV-IgG-Antikörper
    • Vergangene Infektion: CMV-IgG-Antikörper zeigen eine durchgemachte Infektion an und bleiben in der Regel lebenslang nachweisbar.
    • Serokonversion: Ein Anstieg der CMV-IgG-Antikörper in einem zweiten Bluttest (nach einigen Wochen) weist auf eine kürzlich erfolgte Infektion hin.
  • CMV-IgG-Avidität
    • Primärinfektion vs. vergangene Infektion: Die Avidität (Bindungsstärke) der CMV-IgG-Antikörper kann helfen, eine frische von einer älteren Infektion zu unterscheiden. Eine niedrige Avidität weist auf eine kürzliche Primärinfektion hin, während eine hohe Avidität für eine länger zurückliegende Infektion spricht.
  • CMV-DNA-Nachweis (PCR)
    • Aktive Infektion: Der direkte Nachweis von CMV-DNA mittels PCR (Polymerase-Kettenreaktion) im Blut, Urin oder anderen Körperflüssigkeiten zeigt eine aktive CMV-Infektion an. Dieser Test ist besonders nützlich bei immunsupprimierten Patienten.
  • CMV-Antigenämie
    • Viruslastbestimmung: Der Nachweis von CMV-pp65-Antigenen in Leukozyten dient zur Quantifizierung der Viruslast bei immunsupprimierten Patienten und zur Überwachung einer antiviralen Therapie.

Formen der Cytomegalie

Nach Infektionszeitpunkt

  • Pränatale Infektion: Infektion des ungeborenen Kindes über die Mutter vor der Geburt (intrauterine Infektion)
  • Perinatale Infektion: Infektion des Kindes während der Geburt über die Mutter; erhöhtes Risiko für einen Abort (Fehlgeburt) und Missbildungen; die meisten Kinder kommen jedoch gesund zur Welt
  • Postnatale Infektion: Infektion nach der Geburt bei Neugeborenen/Kindern; bei CMV-positiven Müttern ist das Virus auch in der Muttermilch nachweisbar (Gefahr für Frühgeborene mit Geburtsgewicht < 1.500 g [1])

Hinweis: Das CMV ist der häufigste Erreger kongenitaler (angeborener) Infektionen. Die Primärinfektion tritt meistens bereits im frühen Kindesalter auf.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel:
Die Infektion tritt häufig bei Kindern im Alter von 1 bis 3 Jahren auf. Bei Erwachsenen ist die Häufigkeit am höchsten bei immungeschwächten Personen, beispielsweise bei Organtransplantierten oder HIV-Infizierten.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In Deutschland beträgt die Seroprävalenz bei Erwachsenen 50-70 %; bei Schwangeren liegt sie bei 42 %.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz von primären CMV-Infektionen während der Schwangerschaft wird auf etwa 0,5-4 % geschätzt.

Saisonale Häufung der Erkrankung: Es gibt keine ausgeprägte saisonale Häufung, jedoch treten CMV-Infektionen bei immungeschwächten Patienten häufig während Phasen von Immunstörungen auf.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Cytomegalovirus (CMV)

Erregerreservoir:
Der Mensch ist das einzige relevante Erregerreservoir.

Vorkommen:
Die Infektion tritt weltweit auf. Die Durchseuchung der erwachsenen Bevölkerung beträgt in Europa bis zu 50 % und ca. 90 % in den Entwicklungsländern.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
Ja, über Körperflüssigkeiten wie Speichel, Blut, Samenflüssigkeit sowie durch diaplazentare Übertragung ("über den Mutterkuchen"), Organtransplantationen und Bluttransfusionen.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Hoch; die Pathogenität ist bei immunkompetenten Patienten jedoch gering.

Übertragungsweg:
Körperflüssigkeiten wie Speichel, Blut oder Samenflüssigkeit, diaplazentare Übertragung, Organtransplantationen, Bluttransfusionen.

Maternofetale Transmissionsrate
(Übertragung von Mutter auf das Kind): 30 % im ersten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel), 38 % im zweiten und 72 % im dritten Trimenon [2].

Eintrittspforte:
Schleimhäute (permukös), parenteral (über Blut und Körperflüssigkeiten).

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Durchschnittlich 1-2 Wochen (2-35 Tage).

Krankheitsdauer:
In der Regel ca. 8 Tage.

Dauer der Infektiosität:
Ab 2-3 Tage vor und während der Symptomatik; Virusnachweis im Stuhl bis zu mehreren Wochen.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): In Deutschland liegt die Seroprävalenz bei 50-70 % [3]; bei Schwangeren beträgt sie 42 %.

Erregerspezifische Immunität:
Einmalig erworbene Immunität bietet keinen vollständigen Schutz vor einer erneuten Infektion.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch oder mild. Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Infektion bei Schwangeren und immundefizienten Personen, bei denen die Infektion schwerwiegende Komplikationen verursachen kann.

  • Primärinfektion bei Schwangeren: Geht mit hohen Transmissionsraten (bis zu 70 %) einher, was eine Infektion des Fetus bedeutet. Cytomegalie ist die häufigste intrauterine Infektion, mit einer Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) von ca. 1 % aller Neugeborenen.
  • CMV-Pneumonie: Häufig bei immunsupprimierten Patienten nach Lungentransplantationen.
  • Reaktivierung: Das Virus persistiert lebenslang im Körper. Bei einer Schwächung des Immunsystems kann es reaktiviert werden und zu erneuten Infektionen führen.
  • Immunität: Die Immunität ist typenspezifisch.

Prognose

Die Prognose hängt vom Immunsystem des Patienten und dem Zeitpunkt der Infektion ab:

  • Bei immunkompetenten Personen: Meistens gut, da die Infektionen oft asymptomatisch oder mild verlaufen.
  • Bei Schwangeren: Hohe Transmissionsrate auf den Fetus mit erhöhtem Risiko für Missbildungen und Aborte.
  • Bei Immunsupprimierten: Erhöhtes Risiko für schwere Komplikationen und erhöhte Mortalität.
  • Keine Schutzimpfung: Derzeit steht keine Impfung gegen Cytomegalie zur Verfügung.

Eine Schutzimpfung gegen Cytomegalie steht bislang nicht zur Verfügung. 

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig

Komorbiditäten

Bei immunsupprimierten Personen, insbesondere nach Organtransplantationen, sind bakterielle und andere virale Infektionen häufige Komplikationen.

Literatur

  1. Josephson CD et al.: Blood Transfusion and Breast Milk Transmission of Cytomegalovirus in Very Low-Birth-Weight Infants A Prospective Cohort Study. JAMA Pediatr. Published online September 22, 2014. doi:10.1001/jamapediatrics.2014.1360
  2. Enders G, Daiminger A, Bäder U, Exler S, Enders M: Intrauterine transmission and clinical outcome of 248 pregnancies with primary cytomegalovirus infection in relation to gestational age. J Clin Virol 2011 Nov;52(3):244-6. doi: 10.1016/j.jcv.2011.07.005. Epub 2011 Aug 5.
  3. Manicklal S, Emery VC, Lazzarotto T, Boppana SB, Gupta RK: The „silent“ global burden of congenital cytomegalovirus. Clin Microbiol Rev 2013 Jan;26(1):86-102. doi: 10.1128/CMR.00062-12.

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung