Coxsackie A/B – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Die Coxsackie-Viren gehören zur Familie der Picornaviridae und zur Gattung der Enteroviren. Es gibt zwei Hauptgruppen: Coxsackie A und Coxsackie B, die beide RNA-Viren sind und sich durch unterschiedliche klinische Manifestationen auszeichnen.
  • Genom: Das Virus besitzt ein einzelsträngiges RNA-Genom mit positiver Polarität, das die Gene für strukturelle Kapsidproteine (Schutzhülle des Virus) und Nicht-Kapsid-Proteine codiert, die für die Virusvermehrung und Pathogenität verantwortlich sind.
  • Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz wird durch die Fähigkeit vermittelt, verschiedene Zelltypen zu infizieren, darunter epitheliale Zellen (Schleimhautzellen), Muskelzellen und Nervenzellen, was eine Vielzahl klinischer Symptome hervorruft.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Coxsackie-Viren sind weltweit verbreitet und verursachen insbesondere im Spätsommer und Herbst vermehrt Infektionen. Sie sind ein häufiger Erreger von viralen Gastroenteritiden, Atemwegsinfektionen und Exanthemen (Hautausschlägen).
  • Hauptübertragungsweg: Die Übertragung erfolgt vorwiegend durch fäkal-orale Infektion (Aufnahme durch den Mund nach Kontakt mit Stuhl), aber auch durch respiratorische Tröpfcheninfektion (Tröpfchenübertragung durch Husten, Niesen).
  • Weitere Übertragungswege:
    • Direkter Kontakt: Übertragung durch Kontakt mit kontaminierten Oberflächen oder infizierten Personen.
    • Mutter-Kind-Übertragung: Intrauterin (über die Plazenta) oder perinatal (während der Geburt).
  • Reservoir: Hauptreservoir sind Menschen, insbesondere Kinder unter 10 Jahren.
  • Infektiosität: Coxsackie-Viren sind hochinfektiös, da sie bereits in kleinen Mengen eine Infektion auslösen können.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Der Erreger gelangt über den Gastrointestinaltrakt (Verdauungstrakt) oder über die oberen Atemwege in den Körper.
  • Nebeneintrittspforten: Durch den direkten Kontakt mit Schleimhäuten (z. B. Augenbindehaut) oder durch Hautläsionen.

Pathogenese des Erregers

  • Initiale Vermehrung und Ansiedlung:
    • Nach Aufnahme in den Körper erfolgt die Vermehrung der Viren zunächst im lymphatischen Gewebe des Rachenraums und des Darms (z.B. Peyer-Plaques).
    • Anschließend dringen die Viren in die regionalen Lymphknoten ein und lösen eine lokale Entzündungsreaktion aus.
  • Erste Virämie (Virusverbreitung im Blut):
    • Nach Vermehrung in den Lymphknoten gelangen die Viren ins Blut und breiten sich systemisch aus (erste Virämie).
    • Diese Phase ist häufig asymptomatisch oder geht mit unspezifischen Fieber- und Grippesymptomen einher.
  • Zweite Virämie und Organaffinität:
    • Bei der zweiten Virämie infizieren die Viren spezifische Zielorgane, abhängig vom Coxsackie-Typ:
      • Coxsackie A: Bevorzugt Schleimhäute, Haut und Rachen, was zu Exanthemen (z. B. Hand-Fuß-Mund-Krankheit) und Herpangina (entzündliche Racheninfektion) führt.
      • Coxsackie B: Befällt vorwiegend Herzmuskelzellen, Pleura (Brustfell) und Bauchspeicheldrüse, was zu Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Pleuritis (Brustfellentzündung) und Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) führen kann.
  • Gewebeschäden und Entzündungsreaktion:
    • Die infizierten Zellen werden durch die zytopathische Wirkung (zellschädigende Wirkung) des Virus zerstört, was zu einer entzündlichen Reaktion und in schweren Fällen zu Nekrosen (Absterben von Zellen) führt.
    • Im Herzen kann es durch die Entzündung zu einer Narbenbildung und langfristig zur Herzinsuffizienz kommen.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort:
    • Die Infektion führt zu einer lokalen Aktivierung von Makrophagen, dendritischen Zellen und neutrophilen Granulozyten (spezialisierte Immunzellen), was die Freisetzung von Zytokinen und eine Entzündungsreaktion auslöst.
    • In der Darmschleimhaut und den betroffenen Organen kommt es zu einer starken Entzündungsreaktion und Schädigung der Epithelzellen (Schleimhautzellen).
  • Systemische Immunantwort:
    • Die humorale Immunantwort (Bildung von Antikörpern) spielt eine zentrale Rolle bei der Eindämmung der Virusvermehrung.
    • Eine zellvermittelte Immunität ist notwendig, um die viralen Zellen abzutöten, was jedoch in einigen Fällen auch zu einer autoimmunen Reaktion führt (z.B. im Herzmuskel).
  • Anpassungsmechanismen des Erregers:
    • Die Viren können durch schnelle Replikation (Vermehrung) und die Bildung von Quasispezies (genetische Variationen) der Immunantwort entgehen.
    • Sie nutzen zelluläre Wege zur Verbreitung, um der Erkennung durch das Immunsystem zu entkommen.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Abhängig vom Virustyp:
    • Coxsackie A: Haut, Schleimhäute (z.B. Mundschleimhaut), Rachen.
    • Coxsackie B: Herzmuskel, Pleura, Bauchspeicheldrüse und selten das zentrale Nervensystem (Gehirn).
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • In den betroffenen Organen kommt es zur Zerstörung der infizierten Zellen, Entzündungsreaktionen und Nekrosen.
    • Bei Herzinfektionen können Fibrosen (Narbenbildung) und eine Herzinsuffizienz entstehen.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie:
    • Coxsackie A: Fieberhafte Infektionen mit Exanthemen (Hautausschlägen), Herpangina (schmerzhafte Rachenentzündung), Hand-Fuß-Mund-Krankheit (Bläschenbildung an Händen, Füßen und Mund).
    • Coxsackie B: Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Perikarditis (Herzbeutelentzündung), Bornholm-Krankheit (Pleurodynie mit starken Brustschmerzen).
  • Komplikationen:
    • Myokarditis und Perikarditis: Können langfristig zu Herzversagen führen.
    • Meningitis (Hirnhautentzündung) und selten Enzephalitis (Gehirnentzündung).

Verläufe und Schweregrade

  • Akuter Verlauf: Typische Krankheitsdauer beträgt 1-2 Wochen.
  • Chronischer Verlauf: Selten, aber möglich bei Myokarditis oder autoimmuner Folgeerkrankung.

Prognosefaktoren

  • Wirtsfaktoren:
    • Kinder unter 5 Jahren und immunsupprimierte Patienten haben ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe.
    • Vorbestehende Herz- oder Lungenerkrankungen erhöhen das Risiko für Komplikationen.
  • Erregerfaktoren:
    • Unterschiede in der Virulenz zwischen den Coxsackie A- und B-Stämmen beeinflussen die Krankheitsmanifestationen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Coxsackie-Viren sind weltweit verbreitete Enteroviren, die eine Vielzahl von klinischen Symptomen hervorrufen können, abhängig von ihrer Affinität zu verschiedenen Zielorganen. Die Pathogenese ist durch die Invasion von Epithel-, Muskel- und Nervenzellen und die Zerstörung der infizierten Gewebe charakterisiert. Eine frühzeitige Diagnose und geeignete Symptomkontrolle sind entscheidend, um schwere Verläufe zu verhindern. Präventionsmaßnahmen wie Hygiene und Kontaktvermeidung in Ausbruchssituationen sind essenziell, um die Ausbreitung zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Sozioökonomische Faktoren – niedriger sozioökonomischer Status
  • Niedriger Hygienestandard

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Einhaltung der Hygienestandards
  • Hohe Parität (Zahl der Geburten)
  • Tropische Regionen oder saisonal im Sommer/Herbst in gemäßigten Zonen