Cholera – Einleitung

Cholera ist eine akute bakterielle Infektionskrankheit, die durch das gramnegative Bakterium Vibrio cholerae verursacht wird. Sie ist gekennzeichnet durch wässrige Durchfälle, die zu schwerer Dehydratation (Austrocknung) und unbehandelt zum Tod führen können.

Synonyme und ICD-10: Cholera asiatica; Cholera asiatica (Gallenbrechruhr); Cholera epidemica; Cholera maligna; Cholera nostras (Sommercholera); Choleraartige Dysenterie; El-Tor-Cholera; El-Tor-Enteritis; klassische Cholera; Pankreatische Cholera (Verner-Morrison-Syndrom); Vibrio cholerae Infektion; ICD-10-GM A00.-: Cholera

Nach der Antigenstruktur kann man folgende Unterscheidung vornehmen:

  • Virbrio cholerae O1 ‒ Erreger der klassischen Cholera
  • Vibrio cholerae non O1

Charakteristische Laborbefunde

  • Mikrobiologischer Nachweis: Vibrio cholerae kann aus Stuhlproben durch Kultur oder PCR nachgewiesen werden.
  • Elektrolytstörungen: Hypokaliämie (Kaliumsmangel), Hyponatriämie (Natriumsmangel) aufgrund von massivem Flüssigkeits- und Elektrolytverlust.
  • Azidose: Metabolische Azidose (stoffwechselbedingte Übersäuerung) infolge des Volumenverlusts und der Ansammlung von Lactat.
  • Nierenfunktionsstörungen: Prärenales akutes Nierenversagen durch Dehydratation (Austrocknung).
  • Hämatokrit-Erhöhung: Hämatokrit-Erhöhung infolge der Hämokonzentration (Eindickung des Blutes) bei Flüssigkeitsverlust.

Formen der Erkrankung

  1. Cholera asiatica (klassische Cholera): Verursacht durch Vibrio cholerae O1, die klassische Form der Cholera, die weltweit die meisten Ausbrüche verursacht.
  2. El-Tor-Cholera: Ebenfalls durch Vibrio cholerae O1 verursacht, zeichnet sich durch mildere Verläufe, aber eine längere Überlebensdauer des Erregers in der Umwelt aus.
  3. Cholera nostras (Sommercholera): Nicht-infektiöse Form der Cholera, die in früheren Zeiten in gemäßigten Breiten auftrat, ist heute als Krankheitsbild veraltet.
  4. Pankreatische Cholera (Verner-Morrison-Syndrom): Eine seltene nicht-infektiöse Form, verursacht durch neuroendokrine Tumoren (VIPome), die ähnliche Symptome wie die klassische Cholera hervorrufen.

Differentialdiagnosen

  • Reisediarrhoe: Häufige Ursache von Durchfall bei Reisenden, verursacht durch unterschiedliche Bakterien (z.B. Escherichia coli), Viren oder Parasiten.
  • Salmonellose: Infektion durch Salmonella, die auch zu wässrigem Durchfall führt, jedoch typischerweise begleitet von Fieber.
  • Shigellose: Durch Shigella verursachte Infektion, die zu blutigem Durchfall führen kann.
  • Typhus: Durch Salmonella typhi verursachte systemische Infektion mit Durchfall und Fieber.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Cholera tritt gehäuft in Regionen mit unzureichender Wasserversorgung und Hygienebedingungen auf, insbesondere in Kriegs- und Katastrophengebieten.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit)

  • Weltweit erkranken jährlich 1,3 bis 4,0 Millionen Menschen an Cholera, wobei schätzungsweise 21.000 bis 143.000 Todesfälle gemeldet werden (WHO, 2020).
  • Aktuellere Zahlen der WHO für 2023 zeigen einen signifikanten Anstieg bei Cholera-Fällen und Todesfällen weltweit. Die Zahl der gemeldeten Cholera-Fälle stieg um 13 % im Vergleich zu 2022, und die Todesfälle nahmen um 71 % zu.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Besonders hohe Inzidenzraten werden in afrikanischen Ländern südlich der Sahara, in Südasien und Südostasien verzeichnet. Zu den am stärksten betroffenen Ländern gehören Bangladesch, Jemen, Demokratische Republik Kongo und Haiti.

Saisonale Häufung
: Cholera-Ausbrüche treten oft während der Regenzeit auf, wenn das Risiko einer Verunreinigung von Trinkwasserquellen durch Überschwemmungen erhöht ist.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Vibrio cholerae, insbesondere die Serogruppen O1 und O139, die für die meisten Epidemien verantwortlich sind.

Erregerreservoir
: Hauptreservoir des Erregers ist kontaminiertes Wasser, aber auch Krustentiere und Fische können als Reservoir dienen.

Vorkommen
: Die Infektion tritt in Gebieten mit schlechter Trinkwasserversorgung auf, vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Selten; die Übertragung erfolgt hauptsächlich über kontaminiertes Wasser und Nahrungsmittel.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Relativ gering, da eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch selten ist.

Übertragungsweg
: Die Übertragung erfolgt fäkal-oral, hauptsächlich durch kontaminiertes Wasser oder Lebensmittel.

Eintrittspforte
: Der Magen-Darm-Trakt, vor allem über kontaminierte Nahrungsmittel oder Wasser.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Zwischen 2 Stunden und 5 Tagen.

Krankheitsdauer
: Ohne Behandlung kann die Krankheit innerhalb von Stunden tödlich verlaufen, üblicherweise beträgt die Krankheitsdauer ohne adäquate Therapie 2–7 Tage.

Dauer der Infektiosität
: Infizierte Personen können das Bakterium für mehrere Tage bis Wochen nach der Infektion ausscheiden.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): In Endemiegebieten sind hohe Seroprävalenzraten vorhanden, insbesondere in Bevölkerungen, die regelmäßig in Kontakt mit kontaminiertem Wasser kommen.

Erregerspezifische Immunität
: Nach einer durchgemachten Infektion entwickelt der Körper eine Immunität gegen den Serotyp des Erregers, die jedoch nicht lebenslang andauert.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akutes Stadium: Plötzlich einsetzender, starker wässriger Durchfall (Reiswasserstuhl), begleitet von Erbrechen und Bauchschmerzen.
  • Dehydratation: Massiver Verlust von Wasser und Elektrolyten (Blutsalze) führt zu einer schweren Dehydratation (Austrocknung), Hypotonie (niedriger Blutdruck), Tachykardie (erhöhter Puls; > 100 Schläge/min) und Bewusstseinsstörungen.
  • Komplikationen: Ohne rechtzeitige Flüssigkeitszufuhr kann es zu Nierenversagen, Kreislaufkollaps und Tod kommen.
  • Mildere Verläufe: Bei einem Teil der Patienten kann Cholera auch asymptomatisch oder nur mit leichten Symptomen verlaufen.

Prognose

  • Ohne Therapie: Die Letalität (Sterblichkeit) bei unbehandelter Cholera kann bis zu 50 % betragen, da die Betroffenen an den Folgen der Dehydratation versterben.
  • Mit Therapie: Bei rascher oraler oder intravenöser Rehydratation (Lösung zum Ersatz von Wasser und Elektrolyten) sinkt die Letalität auf weniger als 1 %. Die Behandlung erfolgt durch die Gabe von oralen Rehydratationslösungen oder intravenösen Flüssigkeiten, um den Wasser- und Elektrolythaushalt auszugleichen.
  • Langzeitfolgen: Patienten, die rechtzeitig behandelt werden, erholen sich in der Regel vollständig ohne bleibende Schäden.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Cholera ist verfügbar.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Die Meldung hat bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod namentlich zu erfolgen.