Chlamydien – Einleitung

Chlamydien sind in Industriestaaten die häufigsten bakteriellen Erreger von urogenitalen Infektionen (Infektionserkrankungen, die die Harnwege und/oder die Geschlechtsorgane betreffen). Chlamydien sind weltweit verbreitet.

Synonyme und ICD-10: Chlamydia; Chlamydia trachomatis; Chlamydieninfektion; Chlamydiose; ICD-10-GM A56.-: Sonstige durch Geschlechtsverkehr übertragene Chlamydienkrankheiten

Es handelt sich bei Chlamydien um eine Gattung von Bakterien (gramnegativ), von denen der Untertyp Chlamydia trachomatis verschiedene Erkrankungen auslösen kann.

Es sind drei Spezies der Gattung Chlamydia bekannt:

  • Chlamydia trachomatis [wird nachfolgend umfassend dargestellt]
    • Serotypen A-c als Erreger des Trachoms (Synonyme: Konjunktivitis (granulosa) trachomatosa, ägyptische Körnerkrankheit; trachomatöse Einschlusskonjunktivitis) – bakterielle Entzündung des Auges, die mit Erblindung enden kann
    • Serotypen D-K als Erreger von Urethritis (Harnröhrenentzündung) und genitaler Infektionen
    • Serotypen L1-L3 als Erreger des Lymphogranuloma inguinale* (Synonyme: venerisches Granulom; Lymphopathia venerea; Lymphogranuloma inguinale (venereum); Lymphogranuloma venereum; Nicolas-Durand-Favre-Krankheit) – in den Tropen häufiger vorkommende sexuell übertragbare Erkrankung (engl. STD (sexually transmitted diseases) oder STI (sexually transmitted infections))
  • Chlamydia psittaci als Erreger der Ornithose – Infektion, die sich vor allem als atypische Pneumonie manifestiert [siehe unter Ornithose]
  • Chlamydia pneumoniae als ein Erreger der Pneumonie (Lungenentzündung)  [siehe unter Pneumonie (Lungenentzündung)]

*Die Erkrankung gehört zu den sexuell übertragbaren Krankheiten (engl. STD (sexually transmitted diseases) oder STI (sexually transmitted infections)).

Charakteristische Laborbefunde

  • Direkter Erregernachweis
    • PCR (Polymerase-Kettenreaktion): Der Goldstandard für den direkten Nachweis von Chlamydia trachomatis aus Abstrichen (z. B. aus dem Gebärmutterhals, der Harnröhre) oder Urinproben. Sie ist hochsensitiv und spezifisch.
    • Kultureller Nachweis: Möglich, aber weniger sensitiv und daher weniger gebräuchlich als PCR.
    • Antigen-Nachweis: Mittels Enzymimmunoassay (EIA) oder direkter Immunfluoreszenz (DIF); weniger sensitiv als PCR.
  • Indirekter Erregernachweis
    • Serologische Tests: Bestimmung von Chlamydia-spezifischen Antikörpern (IgG, IgM, IgA) im Blut; allerdings sind diese Tests oft nur für epidemiologische Zwecke oder bei Verdacht auf systemische Infektionen (z. B. bei Verdacht auf Lymphogranuloma venereum) nützlich.
      • IgM-Antikörper: Weisen auf eine akute Infektion hin.
      • IgG-Antikörper: Deuten auf eine frühere oder chronische Infektion hin.
  • Entzündungsmarker (bei symptomatischer Infektion)
    • Leukozytose: Erhöhte Anzahl Leukozyten (weiße Blutkörperchen), insbesondere bei begleitenden Entzündungen.
    • CRP (C-reaktives Protein): Erhöhte Werte können bei einer systemischen Entzündungsreaktion auftreten.
    • BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit): Die Beschleunigung der BSG kann ebenfalls auf eine entzündliche Reaktion hinweisen.
  • Mikroskopie
    • Abstrichuntersuchung: Bei Verdacht auf eine bakterielle Koinfektion kann ein Gram-Abstrich Hinweise auf begleitende Bakterien wie Neisseria gonorrhoeae geben.

Diese Laborbefunde helfen dabei, eine Chlamydieninfektion zu diagnostizieren und den Verlauf der Infektion zu überwachen. Die PCR bleibt der bevorzugte Test aufgrund ihrer hohen Sensitivität und Spezifität.

Formen der Chlamydieninfektion

  • Urogenitale Infektionen: Verursacht durch Chlamydia trachomatis Serotypen D-K, führt zu Urethritis und genitalen Infektionen.
  • Trachom: Verursacht durch Chlamydia trachomatis Serotypen A-C, führt zu chronischer Augeninfektion und Erblindung.
  • Lymphogranuloma inguinale: Verursacht durch Chlamydia trachomatis Serotypen L1-L3, eine sexuell übertragbare Erkrankung, die in den Tropen häufiger vorkommt.
  • Ornithose: Verursacht durch Chlamydia psittaci, führt zu atypischer Pneumonie.
  • Pneumonie: Verursacht durch Chlamydia pneumoniae, führt zu Lungenentzündung.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer, insbesondere junge Mädchen haben ein höheres Risiko.

Häufigkeitsgipfel:
Besonders häufig tritt die Infektion bei jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 24 Jahren auf.

Prävalenz 
(Krankheitshäufigkeit)

  • Die Prävalenz bei 17-jährigen Mädchen liegt bei etwa 10 %, bei 20- bis 24-jährigen Frauen bei etwa 20 %. In Deutschland werden jährlich etwa 300.000 Chlamydieninfektionen im Genitalbereich registriert.
  • Der Anteil der positiven Befunde bei Männern, die Sex mit Männern haben, liegt bei 10 % [1].

Inzidenz: Die genaue Inzidenz variiert je nach Region, wobei die Infektionen in Ländern mit niedrigeren Gesundheitsstandards häufiger auftreten.

Saisonale Häufung der Erkrankung:
Es gibt keine ausgeprägte saisonale Häufung; die Infektionen treten das ganze Jahr über auf.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Chlamydia trachomatis, Chlamydia psittaci, Chlamydia pneumoniae

Erregerreservoir:
Der Mensch ist das Hauptreservoir für Chlamydia trachomatis, während Vögel das Reservoir für Chlamydia psittaci darstellen.

Vorkommen:
Weltweit verbreitet; Chlamydia trachomatis der Serotypen D-K ist in Mitteleuropa weit verbreitet, während Trachom und Lymphogranuloma inguinale vor allem in tropischen Ländern auftreten.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
Hauptsächlich durch sexuellen Kontakt bei Chlamydia trachomatis. Chlamydia psittaci wird durch Einatmen von Kot und Sekreten infizierter Vögel übertragen, während Chlamydia pneumoniae durch Tröpfcheninfektion verbreitet wird.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Sehr hoch bei direktem Kontakt mit infizierten Sekreten oder bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr.

Übertragungsweg:
Sexueller Kontakt (Chlamydia trachomatis), aerogene Übertragung (Chlamydia psittaci, Chlamydia pneumoniae), perinatale Übertragung.

Eintrittspforte:
Schleimhäute der Genitalien, Augenbindehaut, Atemwege.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 1-3 Wochen, kann jedoch auch bis zu 6 Wochen betragen.

Krankheitsdauer:
Ohne Behandlung können Infektionen persistieren und chronisch verlaufen.

Dauer der Infektiosität:
Solange der Erreger nachweisbar ist und die Infektion unbehandelt bleibt.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): In endemischen Gebieten für Trachom und Lymphogranuloma inguinale ist die Seroprävalenz hoch; in Europa liegt sie für urogenitale Infektionen bei jungen Erwachsenen ebenfalls erhöht.

Erregerspezifische Immunität:
Keine dauerhafte Immunität nach Infektion, Reinfektionen sind möglich.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die meisten Chlamydieninfektionen verlaufen asymptomatisch, insbesondere bei Frauen (bis zu 80 %) und Männern. Wird die Infektion rechtzeitig erkannt, kann sie gut mit Antibiotika behandelt werden und bleibt in der Regel ohne Folgeschäden. Unbehandelt kann eine Chlamydieninfektion jedoch zu schwerwiegenden Komplikationen führen, einschließlich:

  • Sterilität (Unfruchtbarkeit): Besonders bei Frauen kann eine unbehandelte Infektion die Eileiter schädigen und zur Unfruchtbarkeit führen.
  • Tubargravidität (Eileiterschwangerschaft): Das Risiko für eine Eileiterschwangerschaft ist erhöht.
  • Frühgeburt: Bei Schwangeren kann die Infektion eine Frühgeburt auslösen.

Prognose

  • Rechtzeitig diagnostiziert und behandelt, haben Chlamydieninfektionen eine gute Prognose.
  • Eine vollständige Heilung ist bei entsprechender Antibiotikatherapie möglich. Es besteht jedoch keine lebenslange Immunität, und eine erneute Infektion ist möglich.
  • Präventive Maßnahmen und regelmäßige Screening-Programme sind daher besonders wichtig, um die Ausbreitung der Infektion zu verhindern und frühzeitig zu behandeln.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Chlamydien steht bislang nicht zur Verfügung.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig.   

Literatur

  1.  Robert Koch Institut (RKI): Chlamydia trachomatis Untersuchungen bei Männern. Epidemiologisches Bulletin. 22. September 2014 / Nr. 38, 373-380

Leitlinien

  1. Tiplica GS et al.: 2015 European guidelines for the management of partners of persons with sexually transmitted infections. JEADV 2015; online 7. Mai 2015
  2. S2k-Leitlinie: Infektionen mit Chlamydia Trachomatis. (AWMF-Registernummer: 059-005), August 2016 Langfassung
  3. WHO Guidelines for the Treatment of Chlamydia trachomatis. ISBN 978 92 4 154971 4 (NLM classification: WC 600) © World Health Organization 2016
  4. S2k-Leitlinie: STI/STD–Beratung. (AWMF-Registernummer: 059 - 006), August 2018 Langfassung
  5. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung