Campylobacter-Enteritis – Einleitung

Die Campylobacter-Enteritis ist eine akute entzündliche Darmerkrankung, die hauptsächlich den Dünndarm, insbesondere das Jejunum und Ileum, betrifft. In schwereren Fällen können auch der Dickdarm (Colon) und das Rektum involviert sein. Sie wird durch gramnegative Bakterien der Gattung Campylobacter, insbesondere Campylobacter jejuni und Campylobacter coli, verursacht. Diese Infektion zählt zu den häufigsten bakteriellen Durchfallerkrankungen, die durch kontaminierte Lebensmittel übertragen werden.

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM A04.5: Enteritis durch Campylobacter

Die Campylobacter-Enteritis ist die häufigste Durchfallerkrankung, die durch Lebensmittel übertragen wird. Danach erst folgen die Salmonellen-Infektionen.

Die Erkrankung gehört zu den bakteriellen Zoonosen (Tierseuchen).

Charakteristische Laborbefunde

  • Stuhlkultur: Nachweis von Campylobacter jejuni oder Campylobacter coli in Stuhlproben.
  • PCR: Molekularer Nachweis der bakteriellen DNA aus Stuhlproben.
  • Blutbild: Leukozytose, C-reaktives Protein (CRP) erhöht bei systemischen Infektionen.
  • Blutkultur: Bei schweren systemischen Infektionen oder septischen Verläufen kann der Erreger in der Blutkultur nachgewiesen werden.

Formen der Erkrankung

  • Akute Enteritis: Die häufigste Verlaufsform mit wässrigen, teils blutigen Durchfällen, Fieber und Bauchschmerzen.
  • Systemische Infektion: Insbesondere bei immunsupprimierten Patienten kann es zu systemischen Infektionen mit Campylobacter fetus kommen, die Meningitis (Hirnhautentzündung), Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) oder Septikämie (Gesamtinfektion des Körpers) auslösen können.
  • Chronische Infektion: Selten bei immungeschwächten Patienten, die chronisch anhaltende Symptome aufweisen.

Ursachen

Die Hauptursache der Campylobacter-Enteritis ist die Aufnahme von kontaminierten Lebensmitteln, insbesondere von rohem oder unzureichend gegartem Geflügelfleisch, roher Milch und Trinkwasser. Die Bakterien können über den Magen-Darm-Trakt in den Körper gelangen und dort eine entzündliche Reaktion auslösen.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Besonders bei Kleinkindern und jungen Erwachsenen im Alter von 15 bis 34 Jahren treten häufig Infektionen auf.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Weltweit ist Campylobacter eine der häufigsten bakteriellen Ursachen für Durchfallerkrankungen. In Europa und den USA liegt die Prävalenz bei etwa 9-11 % der durch Lebensmittel übertragenen Infektionen.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): In Deutschland wurden im Jahr 2020 ca. 87 Fälle pro 100.000 Einwohner gemeldet. Campylobacter-Infektionen sind saisonabhängig, mit einem Anstieg der Fälle im Sommer.

Saisonale Häufung
: Infektionen treten vermehrt in den Sommermonaten auf, insbesondere von Juni bis September.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Campylobacter jejuni, Campylobacter coli.

Erregerreservoir
: Hauptsächlich Vögel (insbesondere Geflügel wie Hühner), aber auch Nutztiere (Rinder, Schweine) und Wildtiere.

Vorkommen
: Weltweit verbreitet, mit höherer Prävalenz in Ländern mit hohem Geflügelkonsum.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Ja, möglich, aber selten. Meist erfolgt die Übertragung fäkal-oral über kontaminierte Lebensmittel oder Wasser.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Die Ansteckungskraft ist moderat. Direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist selten, jedoch möglich über Schmierinfektionen.

Übertragungsweg
: Hauptsächlich über kontaminierte Lebensmittel wie Geflügelfleisch, rohe Milch, nicht pasteurisierte Milchprodukte, infiziertes Trinkwasser sowie Kontakt mit infizierten Tieren.

Eintrittspforte
: Orale Aufnahme des Erregers, meistens über kontaminierte Lebensmittel oder Wasser.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Typischerweise 2-5 Tage, kann jedoch auch bis zu 10 Tage dauern.

Krankheitsdauer
: In der Regel 5-7 Tage.

Dauer der Infektiosität
: Die Ausscheidung des Erregers im Stuhl kann bis zu 4 Wochen nach Symptombeginn andauern, selten länger.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Antikörper gegen Campylobacter sind in Gebieten mit hohem Geflügelkonsum und unzureichender Lebensmittelhygiene weitverbreitet.

Erregerspezifische Immunität
: Nach einer Infektion kann eine kurzzeitige Immunität auftreten, allerdings ist keine vollständige Immunität gegen erneute Infektionen gegeben.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die Campylobacter-Enteritis beginnt in der Regel akut mit Symptomen wie Fieber, Bauchschmerzen und wässrigem oder blutigem Durchfall. Die Inkubationszeit beträgt 2-5 Tage, selten bis zu 10 Tage. Der typische Krankheitsverlauf ist unkompliziert und die Symptome klingen nach durchschnittlich 7 Tagen ab.

Bei immunkompetenten Personen verläuft die Infektion meist mild bis moderat, während immungeschwächte Personen, ältere Menschen und Kleinkinder schwerer betroffen sein können. Eine schwere Verlaufsform kann auch durch den Erreger Campylobacter fetus verursacht werden, welcher besonders bei immungeschwächten Patienten zu einer systemischen Infektion führen kann.

In seltenen Fällen können Komplikationen auftreten, darunter:

  • Reaktive Arthritis: Diese kann sich einige Wochen nach der Infektion entwickeln und betrifft häufig die Gelenke der unteren Extremitäten.
  • Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Eine neurologische Komplikation, die zu Muskelschwäche und Lähmungen führen kann. Das Risiko für GBS ist nach einer Campylobacter-Infektion erhöht, bleibt aber insgesamt gering.

Prognose

Die Prognose der Campylobacter-Enteritis ist im Allgemeinen gut, insbesondere bei immunkompetenten Patienten. Die meisten Betroffenen erholen sich vollständig, ohne bleibende Schäden. Allerdings kann es in etwa 10 % der Fälle zu einem Rezidiv kommen, wobei die Symptome erneut auftreten.

  • Rezidivrate: Die Wiederauftretensrate der Erkrankung liegt bei etwa 10 %. Wiederholte Infektionen können auftreten, besonders wenn die Expositionsquellen weiterhin bestehen.
  • Langzeitprognose: Langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen sind selten, jedoch können die oben genannten Komplikationen die Prognose beeinflussen. Besonders das Guillain-Barré-Syndrom kann eine längere Rehabilitation erfordern und gelegentlich zu dauerhaften neurologischen Schäden führen.
  • Fazit: Bei rechtzeitiger Diagnose und adäquater Therapie haben die meisten Patienten mit Campylobacter-Enteritis eine gute Prognose. Präventive Maßnahmen, wie das Vermeiden von kontaminierten Lebensmitteln und das Einhalten von Hygienerichtlinien, sind entscheidend, um die Infektionsrate und das Risiko von Komplikationen zu reduzieren.

In Deutschland ist die Campylobacter-Enteritis nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig, wenn eine akute Infektion anzunehmen ist. Der Krankheitsverdacht ist weiterhin meldepflichtig, wenn der Betroffene eine Tätigkeit nach § 42 IfSG ausübt.
Die Meldung hat beim Gesundheitsamt zu erfolgen.