Brucellose – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Die Brucellose wird durch Bakterien der Gattung Brucella verursacht. Es handelt sich um kleine, gram-negative kokkoide Stäbchenbakterien (stäbchenförmige Bakterien), die als intrazelluläre Pathogene in verschiedenen Wirbeltieren vorkommen.
  • Genom: Brucella besitzt ein doppelsträngiges DNA-Genom, das für verschiedene Virulenzfaktoren (Infektionsfaktoren) codiert, die für die Infektion und das Überleben in Wirtszellen notwendig sind.
  • Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz wird durch die Fähigkeit vermittelt, in Makrophagen (Fresszellen des Immunsystems) zu überleben und sich zu vermehren, was die Ausbreitung und Persistenz im Organismus ermöglicht.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Die Brucellose tritt weltweit auf, insbesondere in Regionen mit unzureichenden Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen. Betroffen sind häufig landwirtschaftliche Gebiete, in denen Nutztiere wie Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine vorkommen.
  • Hauptübertragungsweg: Die Übertragung erfolgt meist durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren oder den Konsum von unpasteurisierten Milchprodukten (z. B. Rohmilch).
  • Weitere Übertragungswege:
    • Inhalation: Einatmen kontaminierter Aerosole (z. B. in Laboren).
    • Hautkontakt: Eindringen der Bakterien durch Hautläsionen (kleinste Verletzungen).
    • Vertikale Übertragung: In seltenen Fällen kann die Übertragung von der Mutter auf das Kind während der Schwangerschaft erfolgen.
  • Reservoir: Hauptreservoir sind infizierte Nutztiere (z. B. Rinder, Ziegen, Schafe).
  • Infektiosität: Brucella ist hochinfektiös, da bereits geringe Mengen zur Auslösung einer Infektion ausreichen.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Die Bakterien gelangen meistens über den Gastrointestinaltrakt (Verdauungstrakt) oder die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums in den Körper.
  • Nebeneintrittspforten: Eindringen über verletzte Haut oder Schleimhäute der Augen (konjunktivale Übertragung).

Pathogenese des Erregers

  • Initiale Vermehrung und Ansiedlung:
    • Nach Eindringen in den Körper werden die Brucella-Bakterien von dendritischen Zellen (Antigen-präsentierenden Immunzellen) oder Makrophagen aufgenommen.
    • Sie überleben in diesen Zellen durch Hemmung der Phago-Lysosomen-Fusion (Mechanismus der Immunzellen zur Zerstörung von Krankheitserregern) und wandern über das lymphatische System (Lymphknoten) zu anderen Organen.
  • Hämatogene Streuung:
    • Nach der initialen Ansiedlung erfolgt die hämatogene Streuung (Verbreitung über den Blutweg), wodurch die Bakterien systemisch in verschiedene Organe gelangen.
    • Bevorzugte Zielorgane sind das Knochenmark, die Leber und die Milz.
  • Granulombildung in den Zielorganen:
    • In den betroffenen Organen bilden sich entzündliche Granulome (knotenartige Gewebeneubildungen) als Immunreaktion auf die Bakterien.
    • Diese Granulome bestehen aus Makrophagen, T-Lymphozyten (spezialisierte Immunzellen) und Fibroblasten (Bindegewebszellen).

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort:
    • In den betroffenen Organen aktiviert die Anwesenheit der Bakterien eine starke entzündliche Reaktion, die zur Bildung von Granulomen führt.
    • Die Entzündung wird durch die Freisetzung von Zytokinen (Botenstoffe des Immunsystems) verstärkt.
  • Systemische Immunantwort:
    • Es erfolgt eine humorale Immunantwort mit der Bildung von spezifischen Antikörpern (Abwehrproteine).
    • Die Zell-vermittelte Immunität spielt eine zentrale Rolle bei der Kontrolle der Infektion, jedoch gelingt es Brucella häufig, der Immunantwort zu entkommen und eine persistente Infektion (andauernde Infektion) aufrechtzuerhalten.
  • Anpassungsmechanismen des Erregers:
    • Brucella kann die Freisetzung von entzündungshemmenden Zytokinen modulieren, um die Immunantwort zu dämpfen und eine chronische Infektion zu etablieren.
    • Die Fähigkeit, in phagozytären Zellen (Fresszellen) zu überleben, ermöglicht das Eindringen in schwer erreichbare Gewebe.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Brucella befällt bevorzugt das Knochenmark, die Leber und die Milz, kann jedoch auch andere Organe wie die Lunge, das Gelenkgewebe und das zentrale Nervensystem angreifen.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • In den betroffenen Organen bildet sich eine chronische Granulomatose (Granulombildung) mit Gewebszerstörung und Fibrose (Verhärtung des Gewebes).
    • Im Falle einer Infektion des Knochens oder der Gelenke können Osteomyelitiden (Knochenentzündungen) und Arthritiden (Gelenkentzündungen) auftreten.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie:
    • Die Erkrankung beginnt meist mit unspezifischen Symptomen wie Fieber, Schwitzen, Müdigkeit und Muskelschmerzen.
    • Charakteristisch sind intermittierendes Fieber (wiederkehrendes Fieber) und Schmerzen in den betroffenen Organen.
    • Bei chronischen Verläufen können Arthralgien (Gelenkschmerzen), Osteomyelitiden und Hepatosplenomegalie (Vergrößerung von Leber und Milz) auftreten.
  • Komplikationen:
    • Meningitis (Entzündung der Hirnhäute), Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) und chronische Knochenschäden können als schwerwiegende Komplikationen auftreten.
    • Unbehandelte Infektionen können zu schwerwiegenden, lebenslangen Gesundheitsschäden führen.

Verläufe und Schweregrade

  • Akuter Verlauf: Plötzliches Auftreten von hohem Fieber und starken Gliederschmerzen mit potenziell schwerem Verlauf.
  • Chronischer Verlauf: Schleichender Beginn mit milden Symptomen, die sich über Monate entwickeln und zu dauerhaften Organveränderungen führen.

Prognosefaktoren

  • Wirtsfaktoren:
    • Immunschwäche und Grunderkrankungen erhöhen das Risiko für chronische Verläufe.
    • Eine frühzeitige Diagnose verbessert die Prognose erheblich.
  • Erregerfaktoren:
    • Unterschiedliche Brucella-Arten (z. B. B. abortus, B. melitensis) weisen unterschiedliche Virulenz auf. B. melitensis ist der virulenteste Stamm und führt häufiger zu schweren Erkrankungen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Brucellose ist eine weltweit vorkommende Zoonose (von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheit), die durch den Kontakt mit infizierten Tieren oder kontaminierten Produkten übertragen wird. Die Pathogenese ist durch die Bildung von entzündlichen Granulomen in den betroffenen Organen charakterisiert. Eine frühzeitige Antibiotikatherapie ist entscheidend, um die Erkrankung zu kontrollieren und eine Chronifizierung zu verhindern. Präventive Maßnahmen wie Pasteurisierung von Milchprodukten und die Vermeidung von Kontakt mit infizierten Tieren sind essenziell, um Infektionen zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Berufe – Landwirte, Tierärzte, Melker, Metzger; Jäger

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Direkter Kontakt mit infizierten Nutztieren (Rinder, Ziegen, Schafe und Schweine, inkl. Wildschweine)
  • Essen/Trinken kontaminierter Lebensmittel (Fleisch, Milchprodukte)
  • Selten durch Geschlechtsverkehr, Stillen

Krankheitsbedingte Ursachen

Weitere Ursachen

  • Bluttransfusionen (sehr selten)
  • Knochenmarktransplantation (sehr selten)