Borreliose – Symptome – Beschwerden

Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine Borreliose hinweisen:

Beachte: Die Erkrankung manifestiert sich individuell unterschiedlich, d. h., sie kann mit jeder der verschiedenen Früh- oder Spätmanifestationen auftreten!

Stadium I (Tage bis etwa 5 Wochen nach dem Zeckenstich)

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf das Stadium I der Lyme-Borreliose:

  • Erythema migrans (Wanderröte; Erythema chronicum migrans): Dieses beobachtet man in 70-90 % der Fälle
    • Kreisrunde oder ovale Rötung (im Regelfall Durchmesser ≥ 5 cm [2], -15 cm; ggf. mehr) um die Einstichstelle
    • Meist mit hellem Rand und zentraler Aufhellung
    • Kann auch an anderen Körperstellen auftreten!
    • Ohne Behandlung verblasst das Erythem (Hautrötung) innerhalb von Tagen bis Wochen (Median: 4 Wochen) von der Mitte aus, sodass die anfangs scheibenförmige Rötung später als ringförmige Rötung zu sehen ist.
    • Die Effloreszenz (Hautveränderung) ist schmerzlos, kann jedoch mit Juckreiz einhergehen.
    • Häufig sehr diskrete Entzündungsreaktion, die wegen der Symptomlosigkeit vom Patienten übersehen wird.

      Beachte:
      Im Frühstadium und bei einem Durchmesser von < 5 cm kann es anfänglich vieldeutig erscheinen, z. B. als homogenes Erythem oder als randbetontes Erythem mit zentraler livider (bläulicher) Verfärbung.
      Ebenfalls sind auch papulöse (knötchenförmite"), noduläre ("knotige") und auch ulzerierte ("geschwürige") Läsionen bei gesicherten akuten Borreliosen beschrieben worden [1].

      Zum Erythema migrans:
      • Entstehung: Tage bis etwa 10 Wochen nach dem Zeckenstich (mittlere Latenz 7-14 Tage).
        • Multiple Erythemata migrantia (MEM): In 10 % der Fälle multiples (mehrfaches) Auftreten des Erythema migrans (= Zeichen einer hämatogenen Disseminierung ("auf dem Blutwege über den ganzen Körper verteilt"/Frühinfektion)!)
          Klinisches Bild: grippeartige Krankheitssymptome mit leichtem Fieber, Myalgie (Muskelschmerzen), Arthralgie (Gelenkschmerzen), Cephalgie (Kopfschmerzen) und Lymphadenopathie (Lymphknotenvergrößerung)
      • Prädilektionsstellen (Körperregionen, an denen die Erkrankung bevorzugt auftritt): Leisten- und Poplitealregion (Kniekehlen) sowie
        • vor allem bei Kindern: Kopf-Halsbereich und Axillarregion; im Gesicht können ebenfalls uncharakteristische flüchtige Erythema auftreten
      • Abheilung: meist spontan nach durchschnittlich 10 Wochen (mit und ohne Therapie), längere Persistenz und Lokalrezidive (Wiederauftreten am gleichen Ort) sind möglich
        Achtung! Spontanes Verschwinden des Erythema migrans ist kein Beleg für eine erfolgte Heilung!
        Wenn eine Erstinfektion ausreichend behandelt wurde, sind Rezidive des Erythems als Hinweis auf eine Neuinfektion zu bewerten.
      • Differentialdiagnosen: unspezifische Stichreaktionen bzw. hypererge Insektenstichreaktion (hypererge, d. h. übersteigerte Immunantwort; s. u. Insektenstich); Beachte: Die Stichreaktion wird wenige Stunden nach dem Ereignis sichtbar, ein "freies Intervall" wie für die Frühform der kutanen Borreliose existiert nicht; Erysipel, Arzneimittelreaktion, fixe, Erythema anulare centrifugum, Tinea, Erythema infectiosum
  • Es wird als Erythema chronicum migrans bezeichnet, wenn das Erythema migrans über mehrere Wochen und Monate besteht
  • Lymphadenosis cutis benigna Bäfverstedt (Borrelien-Lymphozytom): Meistens während der Frühphase einer Borrelieninfektion (Stadium I) im Bereich des Zeckenstichs auftretende kleine, rötlich bis bläuliche Hautschwellung (reaktive Hyperplasien lymphatischer Zellen), die das Zentrum eines Erythema migrans darstellen kann (Häufigkeit: Kinder 7 % und Erwachsene 2 %); oft mit einem (oder mehreren) Erythema migrans vergesellschaftet; kann auch im Stadium II auftreten
    Prädilektionsstellen (Körperregionen, an denen die Erkrankung bevorzugt auftritt):
    • bei Kindern Ohrläppchen, Mamillarregion ("Region um die Brustwarze") und der Genitoanalbereich
    • bei Frauen Mamillarregion  und Labien (Schamlippen)
    • bei Männern Skrotalhaut ("Hodenhaut")
    In ca. 25 % der Fälle finden sich ein regionale Lymphadenopathie (Lymphknotenvergrößerung).

Bei etwa 20 % der Betroffenen tritt das Erythema migrans nicht auf. 

Borreliose-Grippe (Lyme-Grippe)

In ca. 10-30 % der Fälle zeigen sich nach ca. 10 bis 14 Tagen Symptome der sogenannten Borreliose-Grippe.

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf die Borreliose-Grippe:

  • Fieber (subfebrile Temperaturen): Leicht erhöhte Körpertemperatur, die bei etwa 10-30 % der Patienten auftritt und typischerweise etwa 10-14 Tage nach der Infektion mit Borrelien beobachtet wird 

Hauptsymptome
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild der Borreliose-Grippe:

  • Konjunktivitis (Bindehautentzündung): Die Augen werden rot und gereizt, was bei etwa 10-20 % der Patienten auftritt.
  • Cephalgie (Kopfschmerzen): Treten häufig bei etwa 20-30 % der Betroffenen auf und können von leichter bis starker Intensität sein
  • Myalgie (Muskelschmerzen): Bei etwa 20-40 % der Patienten; diese können in verschiedenen Körperregionen auftreten und sind oft als allgemeines Krankheitsgefühl beschrieben
  • Arthralgie (Gelenkschmerzen): Beobachtet bei etwa 20-30 % der Betroffenen; häufig wechselnd in ihrer Lokalisation
  • Lymphadenopathie (Lymphknotenvergrößerung): Insbesondere in der Nähe der Infektionsstelle; treten bei etwa 10-30 % der Patienten auf

Begleitsymptome
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Allgemeine Schwäche und Müdigkeit: Häufig bei Patienten mit Borreliose-Grippe; tritt bei etwa 20-40 % der Fälle auf
  • Schüttelfrost und Frösteln: Obwohl das Fieber meist subfebril ist, berichten einige Patienten über Schüttelfrost; tritt bei etwa 10-20 % der Betroffenen auf

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Appetitlosigkeit

Stadium II (Wochen bis Monate nach dem Zeckenbiss)

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf das Stadium II der Lyme-Borreliose und werden oft zuerst bemerkt:

  • Lymphozytäre Meningopolyneuritis Garin-Bujadoux-Bannwarth: Häufigste klinische Manifestation der disseminierten ("verstreute") Infektion mit radikulären (von den Nervenwurzeln ausgehenden) Schmerzen, die vor allem nachts exazerbieren (verschlimmern) können; nachfolgend werden meistens asymmetrische Polyneuritiden (Entzündung von Nerven) mit Hirnnervenausfällen, vornehmlich des Nervus facialis, der die Gesichtsmuskulatur versorgt, beobachtet.

Hauptsymptome
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild des Stadium II der Lyme-Borreliose:

  • Lymphadenosis cutis benigna Bäfverstedt (Borrelien-Lymphozytom): Meistens während der Frühphase einer Borrelieninfektion (Stadium I) im Bereich des Zeckenstichs auftretende kleine, rötlich bis bläuliche Hautschwellung, die das Zentrum eines Erythema migrans darstellen kann; kann auch im Stadium II auftreten
  • Schwere Kopfschmerzen: Treten häufig zusammen mit den anderen neurologischen Symptomen auf
  • Meningismus (Nackensteifigkeit)
  • Fieber und Schüttelfrost: Subfebrile Temperaturen und Schüttelfrost sind möglich, insbesondere bei systemischer Beteiligung
  • Husten ohne Auswurf: Ein atypisches Symptom, das im Zusammenhang mit einer Borrelieninfektion stehen kann
  • Wandernde Muskelschmerzen (Myalgie): Treten in verschiedenen Muskeln des Körpers auf
  • Wandernde Gelenkschmerzen (Arthralgie)
  • Müdigkeit und Erschöpfung: Bei systemischer Infektion
  • Generalisierte Lymphknotenschwellung: I verschiedenen Körperregionen
  • Splenomegalie (Milzvergrößerung): Kann zu Schmerzen im linken Oberbauch führen
  • Hepatitis (Leberentzündung): Entzündung der Leber, oft mit Leberfunktionsstörungen einhergehend
  • Pharyngitis (Rachenentzündung)
  • Konjunktivitis (Bindehautentzündung)
  • Iritis (Regenbogenhautentzündung): Kann zu Augenschmerzen und Sehstörungen führen
  • Hodenschwellung: Selten

Begleitsymptome
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Frühe Neuroborreliose (akute Neuroborreliose): Stellt sich häufig als eine schmerzhafte Meningoradikulitis (Hirnhautentzündung mit Entzündung benachbarter Spinalnervenwurzeln) (Synonym: Bannwarth-Syndrom) dar (ca. 3-6 Wochen (Spanne: 1-18 Wochen) nach der Primärinfektion) (3-15 % der Borrelieninfektionen; Kinder haben ein höheres Erkrankungsrisiko für eine Neuroborreliose als Erwachsene: wahrscheinlich wg. Stichstelle im Kopf-/Halsbereich):
    • Meningitis (Hirnhautentzündung) (bes. bei Kindern: oft diskret)
      Beachte: 30 % der pädiatrischen Neuroborreliosefälle treten ohne Hirnnervenlähmung.
    • Hirnnervenparesen (Hirnnerven): Fazialisparese/Lähmung des Gesichtsnerven mit einseitig herunterhängendem Mundwinkel (bei einem Drittel der Patienten in Form einer beidseitigen Fazialisparese; beidseitige Fazialisparese ist in ca. 96 Prozent der Fälle mit einer Borreliose assoziiert) (bes. bei Kindern) und N. abducens
    • Radikulitis (Nervenwurzelentzündung) entwickelt sich im Mittel 4 bis 6 Wochen (maximal 1-18) nach dem Zeckenstich bzw. nach dem Erythema migrans; radikuläre ("von den Nervenwurzeln ausgehend") Schmerzen, insbesondere nachts; oft multilokulär ("vielen Orten") und wandernd
    • Entzündliches Liquorsyndrom
  • Vorübergehende Erblindung bei Kindern: Durch Druck auf den Sehnerv; seltene Komplikation
  • Lyme-Arthritis (Gelenkentzündung; mittere bis späte Manifestation): In der Frühphase flüchtige und wandernde Arthralgie (Gelenkschmerzen); später die eigentliche Lyme-Arthritis (als Mono- oder Oligoarthritis/Auftreten einer Arthritis (Gelenkentzündung) in weniger als 5 Gelenken); meist sind große Gelenke wie etwa das Kniegelenk betroffen; dabei finden sich sehr häufig ausgedehnte Poplitealzysten (Baker-Zysten), die rupturieren ("zerreißen") können;
  • Lyme-Karditis (Sammelbegriff für die entzündlichen Erkrankungen des Herzens; Auftreten: Wochen bis Monate nach dem Stich):
    • Chronische Kardiomyopathie (Erkrankung des Herzmuskels)
    • Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
    • Perikarditis (Herzbeutelentzündung)
    • Pankarditis (Entzündung des gesamten Herzens)
    • Herzrhythmusstörungen wie Reizleitungsstörungen bis zum Atrioventrikulären Block III (AV-Block)
    • Synkopen (kurzzeitige Bewusstlosigkeit)

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Schwäche und Abgeschlagenheit: Auch in Ruhephasen
  • Appetitlosigkeit: Häufig in Verbindung mit allgemeinem Unwohlsein

Bei bis zu 15 % der Betroffenen treten nur diese unspezifischen Symptome auf.

Stadium III (Monate bis Jahre nach dem Zeckenstich)

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf das Stadium III der Lyme-Borreliose und werden oft zuerst bemerkt:

  • Lyme-Arthritis (Oligoarthritis): Eine Entzündung mehrerer großer Gelenke, insbesondere des Kniegelenks. Typisch sind schmerzhafte, geschwollene Gelenke, die über Monate bis Jahre bestehen bleiben können.
  • Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA): Eine chronische Hauterkrankung, die an den Körperenden (Händen, Füßen) auftritt. Sie zeigt sich durch (Trias):
    • Hautatrophie (Ausdünnung der Haut): Die Haut wird dünn wie Zigarettenpapier.
    • Homogen rötliche bis livide Verfärbung: Die Haut zeigt eine gleichmäßige rötlich-bläuliche Färbung.
    • Verstärkte Gefäßzeichnung: Deutliche Sichtbarkeit der Blutgefäße unter der Haut. Diese Symptome treten bevorzugt an Hand- und Fußrücken, Ellenbogen und Knien auf.
    • Beachte: Falls Prädilektionsstellen Hand- und Fußrücken, Ellenbogen und Knie → Differentialdiagnosen: chronische venöse Insuffizienz, arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), Altersatrophie der Haut

Hauptsymptome
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild des Stadium III der Lyme-Borreliose:

  • Arthropathie: Erkrankungen und Veränderungen der Gelenke, die zu Schmerzen, Schwellungen und Funktionsverlust führen können
  • Späte Neuroborreliose (chronische Neuroborreliose; < 2 % der Fälle):
    • ACA-assoziierte Polyneuropathie (Erkrankung der Nerven des peripheren Nervensystems; je nach Ursache können motorische, sensible oder vegetative Nerven betroffen sein; Sensibilitätsstörungen)
    • Chronische Enzephalomyelitis (Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) und des Rückenmarks (Myelitis)) mit Paresen (Lähmungen; Para- bzw. Tetraparesen)
    • Enzephalopathie (Gehirnveränderungen, die unter anderem zu Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen und zu Störungen der Stimmung führen können)
    • Zerebrale Vaskulitis (Entzündung von Gefäßwänden im Gehirn)

Begleitsymptome
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Chronische Müdigkeit
  • Schlafstörungen: Probleme beim Einschlafen oder Durchschlafen, oft als Folge der neurologischen Beeinträchtigungen
  • Stimmungsschwankungen: Depressive Verstimmungen oder Reizbarkeit, verursacht durch die chronische Belastung und neurologische Veränderungen

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Konzentrationsprobleme und Vergesslichkeit: Treten oft bei chronischen neurologischen Erkrankungen auf
  • Appetitlosigkeit: Oft verbunden mit dem allgemeinen Krankheitsgefühl

Literatur

  1. Smith RP, Schoen RT, Rahn DW, et al. Clinical characteristics and treatment outcome of early Lyme disease in patients with microbiologically confirmed erythema migrans. Annals of internal medicine 2002;136:421-8.
  2. Stanek G et al.: Lyme borreliosis: clinical case definitions fordiagnosis and management in Europe. Clin Microbiol Infect 2011 Jan;17(1):69-79. doi: 10.1111/j.1469-0691.2010.03175.x.