Borreliose – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Nachweis von Borrelien-IgM* und IgG** (Antikörper) im Blut [bei 50 % der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnosestellung negativ], ggf. Immunoblot (IgM-Westernblot; IgG-Westernblot)***; der Nachweis kann auch mit einer Liquorprobe (Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit) bei neurologischen Symptomen oder Gelenkpunktaten bei Arthritis (Gelenkentzündung) durchgeführt werden.
    Vorgehen: Zweistufige serologische Abklärung (ELISA + Immunoblot); um auch eine spätere Serokonversion zu erfassen, sollten die serologischen Untersuchungen innerhalb von 30 Tagen wiederholt werden.
    Etwa zwei bis vier Wochen nach Auftreten des Erythema migrans können IgM-Antikörper und nach etwa vier bis acht Wochen auch IgG-Antikörper gegen Borrelien nachgewiesen werden.
    • Die IgM-Antwort wird normalerweise im Verlauf einiger Monate schwächer, bei manchen Patienten bleibt sie jedoch bestehen oder erscheint, nach vorübergehender Rückbildung erneut.
    • Ein isoliert positiver IgM-Nachweis spricht gegen eine Spätmanifestation.
    Indikationen:
    • Zweifelhafter Hautbefund; bei klinisch eindeutigem Erythema migrans kann auf die Serologie verzichtet werden, da diese für die Therapieindikation keine Rolle spielt.
    • Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA; chronisch-progressive Hauterkrankung) und Borrelienlymphozytom (umschriebene Schwellung und Verfärbung von Hautpartien)
    • AV-Block ohne andere Erklärung
    • Mon- und Oligoarthritis ohne andere Ursache
    • Zeichen einer Neuroborreliose
      • Hirnnervenausfälle: In über 80 % der Fälle ist der N. facialis betroffen, oft mit einseitiger oder beidseitiger Fazialisparese (Gesichtslähmung). Augenmuskelparesen (Lähmungen der Augenmuskeln) treten in bis zu 9 % der Fälle auf, was zu Doppelbildern (Diplopie) führen kann.
      • Radikuläre Symptomatik
      • Meningoradikulitis (Bannwarth-Syndrom): Eine häufige Manifestation in Europa, gekennzeichnet durch eine Kombination aus radikulären Schmerzen und entzündlichen Zeichen der Hirn- und Rückenmarkshäute.
      • Meningoenzephalitis (kombinierte Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) und der Hirnhäute (Meningitis))
      • Späte Neuroborreliose (2-3 % aller Neuroborreliosefälle): z. B. Blasenstörungen und spastisch-ataktischen Gangstörungen über enzephalitische Symptome (z. B. Verwirrtheit)
    • Hörsturz
  • Borrelien-PCR aus der Zecke
  • PCR-Untersuchung auf Borrelien aus Gelenkpunktat oder Synovialis (Gelenkinnenhaut) – bei Verdacht auf Lyme-Arthritis
  • Hautbiopsie (Gewebeentnahme aus der Haut) von der entzündlichen Peripherie des Erythems (Hautrötung) – bei zweifelhaftem Hautbefund
    [Nachweis von B. burgdorferi s. l. direkt mittels PCR oder Kultivierung; Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Anwendung des Tests erkannt wird, d. h. ein positives Testresultat auftritt): 50-77 % [1]]
  • Liquorpunktion (Lumbalpunktion/Entnahme von Nervenwasser durch Punktion des Rückenmarkskanals) zur Liquordiagnostik/Liquoranalyse inkl. Chemokins CXCL13 im Liquor – bei Verdacht auf Neuroborreliose (Definition: s. o.) [Nachweis einer Liquorpleozytose; Chemokins CXCL13 im Liquor hat bei der akuten, unbehandelten Neuroborreliose eine hohe Sensitivität und Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, im Test auch als gesund erkannt werden)]

*Borrelien-IgM-Antikörper finden sich in der Frühphase (ca. 50 % im Stadium I)
**Borrelien-IgG-Antikörper sind abhängig vom Erkrankungsstadium:

  • Stadium I: ca. 50 %
  • Stadium II: ca. 70 %
  • Stadium III: 100 %

***Bei auffälligem ELISA-Test (oder anderen sogenannten Suchtests) ist der Immunoblot als Bestätigungstest durchzuführen (sog. Stufendiagnostik).

Beachte:
 Bei Erythema migrans (Wanderröte) sofort antibiotische Therapie ohne Antikörpernachweis.

Im Stadium II und III ist ein Nachweis von Borrelien-IgM und IgG sowie eine Liquordiagnostik (Liquorkultur/-PCR) obligat.  

 Beschwerden Antikörpernachweis
(Serologie)
Sensitivität Kultur und PCR Sensitivität
 Frühmanifestationen (Stadium I und II; Tage bis etwa 10 Wochen nach dem Zeckenstich)
Erythema migrans (Wanderröte) IgM- und IgG-AK; meist Diagnosestellung bereits per Blickdiagnose 20-50 % Hautbiopsie (Gewebeentnahme) nur zur Abklärung atypischer Befunde 50-70 %
Frühe Neuroborreliose
(akute Neuroborreliose) 
IgM- und/oder IgG-AK; intrathekale AK 70-90 % Liquoranalyse: Liquorkultur/-PCR 10-30 %
Borrelien-Lymphozytom
(Lymphadenosis cutis benigna Bäfverstedt)
IgM- und IgG-AK 70-90 % Hautbiopsie nur zur Abklärung atypischer Befunde k. A.
Lyme-Arthritis
(Manifestation: mehrere Wochen bis Monate/möglicherweise bis zu zwei Jahren nach Erregerübertragung)
IgG-AK ≈ 100 % PCR aus Gelenkpunktat oder Synovialis (Gelenkinnenhaut) 50-70 %
Lyme-Karditis (Sammelbegriff für die entzündlichen Erkrankungen des Herzens)

IgM- und IgG-AK k. A. Myokardbiopsie (Gewebeproben aus dem Herzmuskel) k. A
 Spätmanifestationen* (Stadium III; Monate bis Jahre nach Zeckenstich)
Lyme-Arthritis
(Gelenkentzündung)
 IgG-AK ≈ 100 % PCR aus Gelenkpunktat oder Synovialis

Kultur nur selten positiv
  50-70 %
Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA) IgG-AK ≈ 100 % Hautbiopsie zur Abklärung untypischer Fälle 50-70 %
Späte Neuroborreliose
(chronische Neuroborreliose) 
IgG-AK; intrathekale AK ≈ 100 % Liquor-Analyse und -PCR in der Regel negativ  

*Die hohe Sensitivität der Borrelien-Serologie im Spätstadium kann bei einem negativen Befund die Diagnose einer chronischen Borreliose (Spätmanifestation) mit ≥ 99-%iger Sicherheit ausschließen.
Cave: Jahre nach einer Borrelieninfektion können noch im Serum und Liquor IgG- und lgM(!)-Antiborrelienantikörper nachweisbar sein!

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung etc. – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Lymphozytentransformationstest (LTT) – Nachweis einer aktiven Borrelien-Infektion bei:
    • seropositiven Patienten mit vieldeutiger Symptomatik
    • seronegativem oder serologisch als grenzwertig beurteiltem Ergebnis von Patienten mit dringendem klinischen Verdacht auf eine Lyme-Borreliose
    Falls kein positives Ergebnis der Borrelien-Kultur oder der Borrelien-PCR vorliegt, kann mit dem LTT-Borrelien ein Hinweis erhalten werden, ob eine aktive Lyme-Borreliose vorliegt. Ein positives Ergebnis des LTT-Borrelien ist verdächtig, nicht aber beweisend für eine aktive Borrelien-Infektion
    (Quelle: Deutsche Borreliose-Gesellschaft e. V. www.borreliose-gesellschaft.de) [Test wird von wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften für nicht aussagekräftig gehalten]
  • FSME-Antikörper (Frühsommer-Meningoenzephalitis-Ak)
  • Ehrlichiose* (Ak oder PCR; gehört zur Familie der Rickettsiae
  • Rickettsien-Diagnostik* (diverse Spezies)

*Zeckenbiss außerhalb Deutschland

Weitere Hinweise!

  • Nur bei klinisch eindeutigem Befund (Erythema migrans) kann auf die Serologie verzichtet werden!
  • Tests auf Borrelien IgM-Ak sollten nur in der Frühphase durchgeführt werden.
  • Bei unspezifischen Symptomen des Patienten, ist der prädiktive Wert eines positiven Befundes als gering einzustufen!  
  • Negative oder mehrdeutige Ergebnisse und ein persistierender klinischer Verdacht, müssen zur Wiederholung der serologischen Untersuchung nach drei Wochen führen.
  • Serologische Befunde können stark variieren und Antikörper können lange persistieren. Serologische Verlaufskontrollen sind deshalb nicht geeignet, den Therapieerfolg zu beurteilen.
  • Beachte: Eine positive Borrelien-Serologie kann infolge einer ggf. viele Jahre zurückliegenden klinisch inapparent ( "nicht in Erscheinung tretend") verlaufenen oder abgeheilten Lyme-Borreliose vorliegen (= Seronarbe).
  • Eine antibiotische Therapie ist ohne typische klinische Symptome – selbst bei positiver Serologie – nicht indiziert.

Literatur

  1. Zore A, Ruzic-Sabljic E, Maraspin V, Cimperman J, Lotric-Furlan S, Pikelj A et al.: Sensitivity of culture and polymerase chain reaction for the etiologic diagnosis of erythema migrans. Wien Klin Wochenschr 2002 Jul 31;114(13-14):606-9.
  2. Stupica D, Lusa L, Maraspin V, Bogovic P, Vidmar D, O’Rourke M et al.: Correlation of culture positivity, PCR positivity, and burden of Borrelia burgdorferi sensu lato in skin samples of erythema migrans patients with clinical findings. PLOS ONE 2015; 10(9): e0136600. doi: 10.1371/journal.pone.0136600

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Kutane Lyme Borreliose. (AWMF-Registernummer: 013-044), Februar 2023 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Neuroborreliose. (AWMF-Registernummer: 030-071), April 2024 Langfassung