Bilharziose – Einleitung

Die Bilharziose ist eine durch Trematoden (Saugwürmer) der Gattung Schistosoma (Pärchenegel) verursachte Wurmkrankheit, die hauptsächlich in tropischen und subtropischen Regionen vorkommt.

Synonyme und ICD-10: Schistosomiasis; ICD-10-GM B65.-: Schistosomiasis (Bilharziose)

Die Erkrankung wird im Wesentlichen durch fünf humanpathogene Trematoden verursacht: Schistosoma (S.) haematobium, S. mansoni, S. japonicum, S. intercalatum und S. mekongi. 

Charakteristische Laborbefunde

  • Eosinophilie: Ein deutlich erhöhter Anteil von Eosinophilen im Blut ist typisch für parasitäre Infektionen, einschließlich der Bilharziose, besonders in der akuten Phase (Katayama-Fieber). Eosinophilenzahlen können auf 20-50 % ansteigen.
  • Anämie: In chronischen Fällen kann eine mikrozytäre, hypochrome Anämie auftreten, die durch Blutverlust (vor allem bei Harnblasen- oder Darmbeteiligung) und die chronische Entzündung verursacht wird.
  • Thrombozytopenie: Eine Verringerung der Thrombozyten kann in schweren Fällen mit Leberbeteiligung (Schistosoma mansoni oder Schistosoma japonicum) auftreten, insbesondere wenn eine portale Hypertension und Splenomegalie entwickelt wurden.
  • Erhöhte Leberwerte: Bei hepatischer Bilharziose (Schistosoma mansoni und Schistosoma japonicum) können erhöhte Leberfunktionswerte wie Transaminasen (ALT/AST) sowie Bilirubin und Alkalische Phosphatase (AP) auftreten.
  • Proteinurie/Hämaturie: Bei Schistosoma haematobium, das die Blase befällt, sind Proteinurie (Protein im Urin) und Hämaturie (Blut im Urin) häufig. Diese können durch direkte Schädigung der Blasenschleimhaut und Blutungen verursacht werden.
  • Nachweis von Schistosomen-Eiern: Mikroskopischer Nachweis der Eier in Stuhl oder Urin (abhängig von der Art der Schistosomen) ist der Goldstandard. Die charakteristischen Eier haben einen typischen Dorn (Schistosoma haematobium: terminaler Dorn; Schistosoma mansoni: lateraler Dorn).
  • Serologische Tests: Spezifische Antikörpertests (z. B. ELISA) zeigen das Vorhandensein von Antikörpern gegen Schistosomen-Antigene, sind jedoch nur ein Hinweis auf eine Exposition und nicht unbedingt auf eine aktive Infektion. Diese Tests werden häufig zur Diagnose bei Rückkehrern aus Endemiegebieten genutzt.
  • PCR-Nachweis: In modernen Laboren kann eine PCR (Polymerase-Kettenreaktion) zum direkten Nachweis von Schistosomen-DNA in Blut, Urin oder Stuhl verwendet werden. Dies ist besonders hilfreich in frühen Infektionsstadien.
  • Erhöhtes Immunglobulin E (IgE): Als Reaktion auf die parasitäre Infektion ist oft das IgE im Blut erhöht, was die immunologische Antwort auf die Parasiten widerspiegelt.

Diese Laborbefunde, insbesondere der Nachweis von Eosinophilie und Schistosomen-Eiern, sind charakteristisch für die Diagnose der Bilharziose und können in Kombination mit klinischen Symptomen sowie Reiseanamnese wegweisend sein.

Formen der Bilharziose

Pränatale Infektion

  • Pränatale Infektion: Infektion des ungeborenen Kindes über die Mutter vor der Geburt (= intrauterine Infektion).
  • Perinatale Infektion: Infektion des Kindes während der Geburt über die Mutter; das Risiko für einen Abort (Fehlgeburt) und Missbildungen ist erhöht; die meisten Kinder kommen gesund zur Welt.
  • Postnatale Infektion: Infektion nach der Geburt bei Neugeborenen/Kindern; bei CMV-positiven Müttern ist das Virus auch in der Muttermilch nachweisbar (Gefahr für Frühgeborene mit Geburtsgewicht < 1.500 g [1]).

Formen der Erkrankung

Nach dem Erreger

  • Schistosoma haematobium: Erreger der Urogenital-Schistosomiasis (Blasenbilharziose).
  • Schistosoma mansoni: Erreger der intestinalen oder Darm-Schistosomiasis.
  • Schistosoma japonicum: Erreger der ostasiatischen Schistosomiasis.
  • Schistosoma intercalatum: Erreger der intestinalen oder Darm-Schistosomiasis.
  • Schistosoma mekongi: Erreger der südostasiatischen Schistosomiasis.

Nach Lokalisation

  • Urogenital-Schistosomiasis: Befall der Harnblase und der Genitalorgane.
  • Intestinale Schistosomiasis: Befall des Darms.
  • Hepatolienale Schistosomiasis: Befall von Leber und Milz.
  • Pulmonale Schistosomiasis: Befall der Lunge.
  • Zerebrale Schistosomiasis: Befall des Zentralnervensystems.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Beide Geschlechter sind betroffen, genaue Verhältnisse variieren regional.

Häufigkeitsgipfel: Häufigste Infektionen bei Kindern und jungen Erwachsenen.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Variiert je nach Region, mit hohen Infektionsraten in betroffenen Gebieten.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Schistosoma haematobium, Schistosoma mansoni, Schistosoma japonicum, Schistosoma intercalatum, Schistosoma mekongi.

Erregerreservoir: Schnecken als Zwischenwirte in Süßgewässern (Flüsse, Seen), aus denen Schistosomalarven, sogenannte Zerkarien, freigesetzt werden.

Vorkommen: Die Infektion tritt in Afrika, der Arabischen Halbinsel, Südamerika, der Karibik und Asien auf, einschließlich Regionen in China.

Erreger Lokalisation Region Länder mit ausgeprägter Verbreitung Zusätzliche Erregerreservoire 
Schistosoma haematobium
Erreger der Urogenital-Schistosomiasis (Blasenbilharziose) Afrika, Naher und Mittlerer Osten Ägypten, Algerien, Libyen, Marokko, Tunesien, Saudi-Arabien, weite Teile Schwarz-Afrikas; Türkei, Iran, Irak, Jemen, Libanon, Madagaskar, Mauritius, Syrien, Indien

Einzelfälle: Baden am Fluss Cavu/Cavo in Südkorsika 
Affen (geringe Bedeutung)
Schistosoma intercalatum Erreger der intestinalen oder Darm-Schistosomiasis. Westafrika
regional in Kamerun, Gabun und im Kongo, Tanganjika, Zentralafrikanische Republik Rinder, Pferde, Antilopen, Gazellen
Schistosoma mansoni Afrika, Arabische Halbinsel, Südamerika (Brasilien), vereinzelt Karibik weite Teile Schwarz-Afrikas, Ägypten, Saudi-Arabien, Oman, Jemen, Libyen, Madagaskar, Brasilien, Surinam, Venezuela, Karibik Nagetiere, Affen (von geringer Bedeutung)
Schistosoma japonicum Ostasien China, Japan, Indonesien (Sulawesi), Taiwan und auf den Philippinen, vereinzelt Japan Rinder, Hunde, Ratten
Schistosoma mekongi Südostasien Laos und Kambodscha entlang des Mekong, Thailand, Malaysia Hunde

Saisonale Häufung der Erkrankung: Eine Infektion kann das ganze Jahr über auftreten, aber es gibt saisonale Spitzen je nach klimatischen Bedingungen und Wasserständen.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Nicht üblich; Hauptübertragung erfolgt durch Kontakt mit kontaminiertem Wasser.

Kontagiosität (Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Hoch, insbesondere in betroffenen Gebieten.

Übertragungsweg: Kontakt mit kontaminiertem Süßwasser, wobei die Zerkarien in die menschliche Haut eindringen können. Auch eine Infektion über verseuchtes Trinkwasser ist möglich.

Eintrittspforte: Perkutane Infektion durch die Haut.

Inkubationszeit (Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 6-48 Stunden bis zum Auftreten einer Zerkarien-Dermatitis, 2-8 Wochen bis zur akuten Schistosomiasis (Katayama-Fieber).

Krankheitsdauer: Akutes Stadium: Wochen bis Monate; chronisches Stadium: Jahre bis Jahrzehnte.

Dauer der Infektiosität: Menschen sind nicht direkt infektiös; Übertragung erfolgt über infizierte Schnecken im Wasser.

Seroprävalenz (Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Variiert stark je nach Region und Exposition; hohe Raten in Endemiegebieten.

Erregerspezifische Immunität: Eine gewisse Immunität kann nach wiederholter Exposition entwickelt werden, jedoch ist eine vollständige Immunität selten.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Der Verlauf der Bilharziose kann in zwei Stadien unterteilt werden:

  • Penetrationsstadium und akute Schistosomiasis
    • Penetration: Nach dem Eindringen der Zerkarien kommt es sofort zu Juckreiz und möglicherweise roten, juckenden Flecken oder Papeln an der Eintrittsstelle (Zerkarien-Dermatitis).
    • Katayama-Fieber: Nach Erstinfektion, insbesondere mit S. japonicum und S. mekongi, kann ein hochfebriles, teilweise lebensbedrohliches Krankheitsbild entstehen.
  • Chronische Schistosomiasis
    • Organbefall: Befall verschiedener Organe, wie Harnblase (Urogenital-Schistosomiasis), Darm (intestinale Schistosomiasis), Leber und Milz (hepatolienale Bilharziose), Lunge und Zentralnervensystem.
    • Symptome: Abhängig von den betroffenen Organen; Infektionen mit S. intercalatum können zur Beteiligung des Genitaltrakts und rektalen Blutungen führen.

Prognose

  • Unbehandelte Infektion: Führt häufig zum Tod.
  • Rechtzeitige Therapie: Gute Heilungsaussichten bei rechtzeitiger Diagnose und Behandlung.
  • Wiederauftreten: Rezidive sind möglich, besonders bei erneuter Exposition gegenüber infiziertem Wasser.
  • Langzeitfolgen: Chronische Infektionen können zu dauerhaften Organschäden führen.

Die Erkrankung führt unbehandelt häufig zum Tod. Bei rechtzeitiger Therapie bestehen gute Heilungsaussichten.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) nicht meldepflichtig

Literatur

  1. Robert Koch-Institut (RKI): Steckbriefe seltener und importierter Infektionserkrankungen. Robert Koch-Institut Berlin ISBN 978-3-89606-240-6

Leitlinie

  1. S1-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Schistosomiasis (Bilharziose). (AWMF-Registernummer: 042-005), Oktober 2017 Langfassung