Bakterielle Vaginose – Einleitung

Bei der bakteriellen Vaginose (BV) handelt es sich um eine Mischinfektion der Vagina (Scheide) mit Gardnerella vaginalis (> 90 % der Fälle) und anderen Anaerobiern (wie Prevotella, früher: Bacteroides spp. (50-100 %), Mobiluncus spp. (8-85 %), Peptostreptokokkus, ca. 30 %) und Atopobium vaginae (in jüngerer Zeit).
Gardnerella vaginalis gehört in kleiner Anzahl, wie viele andere Bakterien auch, zur normalen vaginalen Flora (Scheidenflora).

Synonyme und ICD-10: Aminkolpitis; Anaerobiervaginose; Gardnerella-Infektion; Gardnerella-Kolpitis; Gardnerella-Vaginitis; Haemophilus-vaginalis-Infektion; unspezifische Kolpitis; engl.:bacterial vaginosis; ICD-10-GM N76.0: Akute Kolpitis

Epidemiologie

Häufigkeitsgipfel: Betrifft vorwiegend Frauen während der Geschlechtsreife.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
  • 5 % der Frauen bei Vorsorgeuntersuchungen
  • Über 30 % der Frauen in Kliniken für sexuell übertragene Erkrankungen
  • 10-20 % der Schwangeren
Milieustörung: Häufigste Milieustörung der Vagina im gebärfähigen Alter (40-50 %).

Infektionsepidemiologie 

Erreger: Die bakterielle Vaginose (BV) ist primär durch eine Überwucherung von Gardnerella vaginalis (> 90 % der Fälle) gekennzeichnet. Weitere häufig beteiligte Bakterien sind Anaerobier wie Prevotella spp. (50-100 %), Mobiluncus spp. (8-85 %), Peptostreptococcus spp. (ca. 30 %), sowie Atopobium vaginae.

Erregerreservoir:
Das natürliche Reservoir für Gardnerella vaginalis und andere an der BV beteiligte Bakterien ist die Vagina selbst. Gardnerella vaginalis und andere beteiligte Mikroorganismen gehören in geringer Anzahl zur normalen vaginalen Flora.

Vorkommen:
Die bakterielle Vaginose ist weltweit verbreitet und betrifft vor allem Frauen im gebärfähigen Alter.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
BV wird nicht als klassische sexuell übertragbare Infektion betrachtet, kann jedoch durch Geschlechtsverkehr übertragen werden. Studien zeigen, dass Gardnerella vaginalis und andere beteiligte Bakterien auch im Urin und in den Spermien von männlichen Sexualpartnern nachgewiesen werden können.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Die Kontagiosität ist moderat; jedoch ist die BV nicht so ansteckend wie klassische sexuell übertragbare Krankheiten. Der genaue Mechanismus der Übertragung ist bisher nicht vollständig verstanden, aber Geschlechtsverkehr und Veränderungen der vaginalen Flora spielen eine zentrale Rolle.

Übertragungsweg:
Der Hauptübertragungsweg ist vaginaler Geschlechtsverkehr. Die genaue Übertragung ist multifaktoriell, wobei auch psychosozialer Stress, häufige Scheidenspülungen und das Vorhandensein von Menstruationsblut eine Rolle spielen können.

Eintrittspforte:
Die Eintrittspforte für die Erreger ist die Vagina.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): Eine spezifische Inkubationszeit für BV ist nicht definiert, da sie durch eine Störung des mikrobiellen Gleichgewichts und nicht durch eine akute Infektion mit einem einzelnen Erreger verursacht wird.

Krankheitsdauer:
Unbehandelt kann die bakterielle Vaginose über Wochen bis Monate anhalten und neigt zu Rezidiven. Bei adäquater Therapie bessern sich die Symptome in der Regel innerhalb einer Woche.

Dauer der Infektiosität:
Die Infektiosität der beteiligten Erreger, insbesondere Gardnerella vaginalis, kann über die gesamte Dauer der Erkrankung bestehen bleiben. Eine Behandlung kann die Bakterienlast reduzieren und das Risiko der Übertragung senken.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Für BV spezifische serologische Marker sind nicht etabliert. Die Diagnose erfolgt durch klinische Zeichen und mikrobiologische Nachweise.

Erregerspezifische Immunität:
Eine spezifische Immunität gegen die Erreger der BV ist nicht bekannt. Rezidive (Wiederauftreten der Erkrankung) treten häufig auf, was auf eine unvollständige Immunantwort oder eine erneute Dysbalance der vaginalen Flora hinweist.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die bakterielle Vaginose zeigt bei etwa der Hälfte der betroffenen Frauen die typischen Symptome, wie vermehrten, dünnflüssigen Fluor. Diese Symptome bleiben jedoch oft unerkannt. Mit der Zeit kann der Fluor zu Irritationen wie Pruritus (Juckreiz) oder Rötung führen, was eine gynäkologische Untersuchung erforderlich macht und zur Diagnose der Infektion führt.

Die bakterielle Vaginose ist mit einem erhöhten Risiko für aufsteigende Infektionen verbunden. Mikroorganismen können über die Cervix (Gebärmutterhals) bis zum Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) und zu den Adnexen (Eileiter und Eierstöcke) aufsteigen und zu Endometritis (Gebärmutterentzündung) und Salpingitis (Eileiterentzündung) führen.

Prognose

Die normale Scheidenflora lässt sich durch eine Pharmakotherapie (medikamentöse Therapie) in der Regel innerhalb von einer Woche wiederherstellen. Die bakterielle Vaginose tritt jedoch innerhalb von sechs Monaten in bis zu 50 % der Fälle rezidivierend (wiederkehrend) auf, was durch den bakteriellen Biofilm erklärt werden kann. Bei Rezidiven kann eine Prophylaxe mit Probiotika sinnvoll sein.

Obwohl die bakterielle Vaginose nicht zu den typischen Geschlechtskrankheiten gehört, wird sie hauptsächlich durch Geschlechtsverkehr übertragen. Die Keime sind auch im Urin und in den Spermien des Partners nachweisbar. Ein weiterer bedeutender Risikofaktor für eine bakterielle Vaginose ist psychosozialer Stress.

Leitlinien

  1. Hay P: UK National Guideline for the management of Bacterial Vaginosis 2012. British Association for Sexual Health and HIV 2012
  2. Sherrard J et al.: Guidelines 2018 European (IUSTI/WHO); International Union against sexually transmitted infections (IUSTI); WorldHealth Organisation (WHO) guideline onthe management of vaginal discharge. International Journal of STD & AIDS2018, Vol. 29(13) 1258–1272. doi: 10.1177/0956462418785451
  3. S2k-Leitlinie: Bakterielle Vaginose in Gynäkologie und Geburtshilfe. (AWMF-Registernummer:015-028), Juni 2023 Langfassung