Trichomonaden – Einleitung

Die Trichomoniasis ist eine sexuell übertragbare Infektionskrankheit, die durch den Einzeller Trichomonas vaginalis verursacht wird. Diese Protozoen befallen hauptsächlich den Urogenitaltrakt und verursachen insbesondere bei Frauen Entzündungen der Schleimhäute der Geschlechtsorgane (Kolpitis).

Synonyme und ICD-10: Trichomonadenkolpitis; Trichomonas vaginalis; Trichomoniasis; ICD-10-GM A59.9: Trichomoniasis, nicht näher bezeichnet

Man kann die Arten Trichomonas vaginalis, T. hominis und T. tenax unterscheiden, wobei der Trichomonas vaginalis die größte Bedeutung zukommt.

Charakteristische Laborbefunde

  • Mikroskopischer Nachweis von Trichomonas vaginalis in Abstrichen (aus Vaginalsekret oder Urethralabstrichen/Scheidensekret und Harnröhrenabstrichen)
  • PCR-Test zum molekularen Nachweis des Erregers
  • pH-Wert der Vaginalflüssigkeit über 4,5
  • Vermehrte Leukozyten (weiße Blutkörperchen) im Vaginalsekret

Formen der Erkrankung

  • Akute Trichomoniasis: Starke Symptome mit Juckreiz, vaginalem Ausfluss und Brennen.
  • Chronische Trichomoniasis: Weniger ausgeprägte oder asymptomatische Infektion, die über Monate persistieren kann.
  • Asymptomatische Trichomoniasis: Häufig bei Männern, ohne klinische Symptome.

Ursachen

Die Trichomoniasis wird durch den Parasiten Trichomonas vaginalis ausgelöst, der durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen wird.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer, insbesondere im höheren Alter.

Häufigkeitsgipfel
: Die Infektion tritt vor allem bei Frauen im reproduktiven Alter auf.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Weltweit etwa 3,7 % der Frauen im reproduktiven Alter infiziert.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Jährlich werden weltweit etwa 156 Millionen neue Fälle registriert.

Saisonale Häufung
: Keine spezifische saisonale Häufung.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Trichomonas vaginalis

Erregerreservoir
: Der Mensch ist das einzige Reservoir für Trichomonas vaginalis.

Vorkommen
: Weltweit verbreitet, besonders in Regionen mit unzureichendem Zugang zu Gesundheitsdiensten.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung
: Ja, über sexuellen Kontakt.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Sehr hoch bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr.

Übertragungsweg
: Vaginaler, oraler und analer Geschlechtsverkehr.

Eintrittspforte
: Schleimhäute des Urogenitaltraktes.

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 5 bis 28 Tage.

Krankheitsdauer
: Bei Behandlung meist innerhalb weniger Tage geheilt.

Dauer der Infektiosität
: Ohne Therapie kann die Infektion über Jahre bestehen bleiben.

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper): Kein dauerhafter Antikörperschutz nach durchgemachter Infektion.

Erregerspezifische Immunität
: Keine lang anhaltende Immunität.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akute Infektion
    • Bei Frauen: Die akute Trichomoniasis beginnt meistens mit Beschwerden wie starkem, schaumigem, übelriechendem vaginalen Ausfluss (gelb-grünlich), Juckreiz in der Scheide und im äußeren Genitalbereich, Brennen beim Wasserlassen (Dysurie), Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) und gelegentlich Unterbauchschmerzen. In einigen Fällen treten auch Rötungen und Schwellungen der Vulva auf (Vulvitis).
    • Bei Männern: Die Symptome sind meistens weniger stark ausgeprägt und beinhalten einen geringen bis mäßigen Ausfluss aus der Harnröhre (Urethritis), Juckreiz oder Brennen beim Wasserlassen und gelegentlich Schmerzen im Bereich der Harnröhre. Viele Männer bleiben jedoch asymptomatisch.
  • Chronische Infektion
    • Unbehandelt kann die akute Infektion chronisch verlaufen, insbesondere bei Männern. Bei chronischer Trichomoniasis sind die Symptome weniger ausgeprägt, können jedoch intermittierend auftreten. Wiederkehrende Entzündungen der Geschlechtsorgane, Harnröhre und Blase sind typisch.
    • Bei Frauen kann es zu wiederkehrendem vaginalem Ausfluss, chronischen Vaginalinfektionen und Beschwerden beim Geschlechtsverkehr kommen.
  • Asymptomatische Infektion
    • Etwa 70-80 % der Männer und 50 % der Frauen zeigen keine oder nur minimale Symptome, was zu einer hohen Dunkelziffer führt. Diese asymptomatischen Infektionen stellen dennoch ein Übertragungsrisiko dar und können lange unerkannt bleiben.

Komplikationen

  • Bei Frauen
    • Erhöhtes Risiko für bakterielle Vaginosen.
    • Erhöhtes Risiko für Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Erregern, einschließlich HIV.
    • Während der Schwangerschaft erhöht das Risiko für Frühgeburten, niedriges Geburtsgewicht und vorzeitigen Blasensprung.
    • Unbehandelte Trichomoniasis kann zu chronischen Entzündungen der Gebärmutter und der Eileiter führen, was das Risiko für Unfruchtbarkeit erhöht.
  • Bei Männern
    • Selten kann sich eine Infektion der Prostata (Prostatitis) entwickeln.
    • In seltenen Fällen kann es zu Infektionen der Nebenhoden (Epididymitis) kommen.

Prognose

  • Behandlung
    • Bei einer adäquaten Therapie, üblicherweise mit Metronidazol oder Tinidazol, erfolgt die Heilung in den meisten Fällen schnell und ohne Komplikationen. Die Erfolgsquote der Therapie liegt bei etwa 90-95 %. Die Symptome klingen innerhalb weniger Tage nach Beginn der Behandlung ab.
    • Wichtig ist die gleichzeitige Behandlung des Sexualpartners, um Reinfektionen zu vermeiden.
    • Ohne Therapie kann die Infektion monate- oder jahrelang persistieren und immer wieder zu Beschwerden führen.
  • Reinfektion
    • Reinfektionen sind häufig, insbesondere wenn der Partner nicht mitbehandelt wird. Schätzungen zufolge erleiden etwa 20 % der behandelten Personen innerhalb von 3 Monaten eine Reinfektion.
  • Langzeitprognose
    • Bei einer rechtzeitigen Behandlung ist die Prognose sehr gut. Ohne Behandlung können die Langzeitfolgen, insbesondere bei Frauen, das Risiko für reproduktive und genitale Komplikationen erhöhen.

Leitlinien

  1. Tiplica GS et al.: 2015 European guidelines for the management of partners of persons with sexually transmitted infections. JEADV 2015; online 7. Mai 2015
  2. S2k-Leitlinie: Sexuell übertragbare Infektionen (STI) – Beratung, Diagnostik, Therapie. (AWMF-Registernummer: 059 - 006), August 2018 Langfassung
  3. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung