Tollwut (Rabies) – Einleitung

Tollwut (Rabies) ist eine virale Zoonose, die durch das Rabiesvirus, ein RNA-Virus aus der Familie der Rhabdoviren, verursacht wird. Die Infektion betrifft das zentrale Nervensystem und führt unbehandelt immer zum Tod. Die Erkrankung wird durch den Biss oder Kontakt mit infiziertem Speichel von Tieren übertragen.

Synonyme und ICD-10: Haustier-Rabies; Haustier-Tollwut; Hydrophobie - s.a. Tollwut; Lyssa; Wildtier-Rabies; Wildtier-Tollwut; Wutkrankheit; ICD-10-GM A82.-: Tollwut [Rabies]

Die Erkrankung gehört zu den viralen Zoonosen (Tierseuchen).

Charakteristische Laborbefunde

  • Virusnachweis: Rabiesvirus-Antigen im Speichel, Serum, Liquor oder Hautproben
  • Fluoreszenz-Antikörper-Test (FAT): Nachweis von viralen Antigenen in Nerven- oder Hautbiopsien
  • RT-PCR: Virale RNA im Liquor oder Gehirngewebe
  • Serologische Tests: Tollwut-Antikörper im Blut, häufig postexpositionell

Formen der Erkrankung

  • Enzephalitische (klassische) Tollwut: Fieber, Kopfschmerzen, Unruhe, Verwirrtheit, Krämpfe, Hydrophobie (Muskelkrämpfe im Mund- bzw. Rachenraum beim Trinken oder beim Anblick von Wasser), Aerophobie (Angst vor Luft bzw. dem Einatmen von Luft)
  • Paralytische Tollwut: Langsam fortschreitende Lähmungen, ohne die klassischen neurologischen Anzeichen der enzephalitischen Form (Form der Gehirnsentzündung).

Ursachen

Die Tollwut wird durch das Rabiesvirus (Lyssavirus) verursacht, das durch den Speichel infizierter Tiere übertragen wird. Besonders betroffen sind Fleischfresser wie Hunde, Katzen, Füchse und Fledermäuse.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Keine geschlechtsspezifische Prävalenz

Häufigkeitsgipfel
: In allen Altersgruppen vorkommend, insbesondere in ländlichen Gegenden von Endemieländern

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Weltweit etwa 55.000 Todesfälle pro Jahr, besonders in Asien, Afrika und Lateinamerika

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Ca. 1-2 Fälle pro Jahr in Europa, überwiegend importierte Fälle

Infektionsepidemiologie

Erreger: Rabiesvirus (Lyssavirus)

Erregerreservoir
: Wildtiere wie Füchse, Fledermäuse, Dachse sowie Haustiere (Hunde, Katzen)

Vorkommen

  • Weltweit verbreitet, vorwiegend in Asien, Afrika, Lateinamerika; in Europa selten, aber in Fledermauspopulationen vorhanden
  • Deutschland gilt als frei von terrestrischer Tollwut. Allerdings wurden Fledermäuse mit Tollwut gefunden (Niedersachsen/Landkreis Lüneburg) [1].

Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Theoretisch möglich, aber extrem selten

Kontagiosität
(Ansteckungskraft bzw. Übertragungsfähigkeit des Erregers): Sehr hoch, wenn Kontakt mit infiziertem Speichel stattfindet

Übertragungsweg
: Bisse von infizierten Tieren oder Kontakt von Wunden mit Speichel

Eintrittspforte
: Haut- oder Schleimhautverletzungen, insbesondere nach Bissen

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 3-8 Wochen, kann aber auch mehrere Monate oder Jahre betragen

Krankheitsdauer
: Nach Ausbruch der Symptome 2-10 Tage, bis zum letalen (tödlichen) Verlauf

Dauer der Infektiosität
: Während der Symptomphase bei Tieren; beim Menschen nach Auftreten klinischer Symptome

Seroprävalenz
(Häufigkeit des serologischen Nachweises spezifischer Antikörper: In Endemiegebieten bis zu 30 % der Haushunde positiv

Erregerspezifische Immunität
: Nach durchgemachter Infektion gibt es keine Erholung; Schutz durch prä- und postexpositionelle Impfungen

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Prodromalphase: Unwohlsein, Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Halsschmerzen und Müdigkeit.
  • Akute neurologische Phase: Hydrophobie (Muskelkrämpfe im Mund- bzw. Rachenraum beim Trinken oder beim Anblick von Wasser), Krämpfe, Lähmungen, Verwirrtheit, Hyperaktivität und schmerzhafte Muskelspasmen.
  • Koma und Tod: Unbehandelt tritt der Tod 2-10 Tage nach Beginn der neurologischen Symptome ein.

Prognose

  • Ohne Impfung oder postexpositionelle Prophylaxe ist Tollwut stets tödlich.
  • Die Letalitätsrate (Sterblichkeitsrate) liegt bei 100 %, sobald Symptome auftreten.
  • Frühzeitige postexpositionelle Prophylaxe (PEP) verhindert den Ausbruch der Erkrankung in nahezu allen Fällen.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Tollwut ist verfügbar. Auch nach der Übertragung kann der Ausbruch der Erkrankung durch eine Impfung verhindert werden, solange noch keine typischen Symptome aufgetreten sind.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Die Meldung hat bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod namentlich zu erfolgen.

Literatur

  1. Niedersachsen: Weitere Fledermäuse mit Tollwut gefunden. Deutsches Ärzteblatt. Freitag, 26. August 2016