Röteln (Rubella) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Beschreibung des Erregers
- Erreger: Das Rötelnvirus (Rubellavirus) gehört zur Familie der Togaviridae und zur Gattung Rubivirus. Es ist ein einzelsträngiges RNA-Virus mit positiver Polarität und umhüllter Struktur.
- Genom: Das Virusgenom besteht aus einer einzelsträngigen RNA mit positiver Polarität, die für verschiedene virale Proteine kodiert. Diese Proteine sind notwendig für die Virusreplikation und den Eintritt in die Wirtszelle.
- Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz des Rötelnvirus beruht auf seiner Fähigkeit, die Plazentaschranke (Mutterkuchenschranke) zu überwinden und eine diaplazentare Übertragung auf den Fötus zu ermöglichen. Dies kann zu schwerwiegenden Schäden während der Schwangerschaft führen, insbesondere im ersten Trimenon.
Epidemiologie und Übertragungsweg
- Verbreitung: Röteln kommen weltweit vor und sind aufgrund von Impfprogrammen in vielen Ländern zurückgedrängt worden. Trotzdem treten sporadische Ausbrüche auf, insbesondere in Gebieten mit niedriger Impfquote.
- Hauptübertragungsweg: Das Virus wird hauptsächlich über Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen (z. B. Husten, Niesen, Sprechen).
- Weitere Übertragungswege: Eine diaplazentare Übertragung (über den Mutterkuchen) von der infizierten Mutter auf das ungeborene Kind ist möglich und führt zu einer kongenitalen Rötelninfektion.
- Virusreservoir: Der Mensch ist das einzige bekannte Reservoir für das Rötelnvirus.
- Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit): Die Infektiosität ist hoch, da das Virus schon wenige Tage vor dem Auftreten des Exanthems (Hautausschlag) und bis zu 7 Tage danach ansteckend ist.
Eintrittspforte des Erregers
- Haupteintrittspforte: Die Haupteintrittspforte sind die Schleimhäute der oberen Atemwege. Über die Schleimhäute gelangt das Virus in den Organismus.
- Nebeneintrittspforten: Eine direkte Übertragung über kontaminierte Oberflächen ist selten, spielt jedoch in besonderen Settings (z. B. Gemeinschaftseinrichtungen) eine untergeordnete Rolle.
Pathogenese des Erregers
- Initiale Vermehrung und Ansiedlung:
- Das Virus dringt durch die Schleimhäute der oberen Atemwege ein und infiziert Epithelzellen.
- Es kommt zu einer lokalen Virusvermehrung und Ausbreitung in das Lymphgewebe, insbesondere in die regionalen Lymphknoten.
- Erste Virämie:
- Nach der initialen Vermehrung in den Lymphknoten gelangt das Virus in den Blutkreislauf (erste Virämie) und breitet sich systemisch aus.
- Diese erste Phase ist in der Regel asymptomatisch.
- Zweite Virämie und systemische Ausbreitung:
- In der zweiten Phase erreicht das Virus über das Blut verschiedene Organe, insbesondere die Haut, das Lymphsystem und das Nervensystem.
- Bei einer Infektion während der Schwangerschaft kann das Virus über die Plazenta in das fetale (kindliche) Gewebe eindringen und dort schwere Schäden verursachen (kongenitales Rötelnsyndrom).
Wirtsreaktion
- Lokale Immunantwort:
- In den Schleimhäuten und Lymphknoten kommt es zur Aktivierung von Makrophagen (Fresszellen) und dendritischen Zellen, die Zytokine ausschütten und eine entzündliche Reaktion hervorrufen.
- Diese lokale Reaktion führt zu einer vermehrten Aktivität von T-Zellen und natürlichen Killerzellen, um die Virusreplikation einzudämmen.
- Systemische Immunantwort:
- Die zweite Virämie aktiviert die humorale und zelluläre Immunantwort, insbesondere die Produktion von IgM- und IgG-Antikörpern.
- Diese Antikörper neutralisieren das Virus und verhindern eine weitere Verbreitung im Organismus.
- Anpassungsmechanismen des Erregers:
- Das Rötelnvirus besitzt Mechanismen, um der angeborenen Immunantwort zu entgehen, z. B. durch die Hemmung der Interferonproduktion.
- Dies ermöglicht dem Virus eine längere Vermehrung und Ausbreitung im Wirtsorganismus, bevor eine effektive Immunantwort etabliert wird.
Organaffinität und Gewebeschäden
- Bevorzugte Zielorgane:
- Die bevorzugten Zielorgane sind Haut, Lymphknoten und Plazenta.
- Im fetalen Gewebe sind vor allem das Herz, die Augen und das ZNS betroffen.
- Resultierende Gewebeschäden:
- In der Haut kommt es zur Ausbildung eines makulopapulösen Exanthems (Hautauschlag).
- Bei kongenitaler Rötelninfektion kann es zur Ausbildung des kongenitalen Rötelnsyndroms mit Herzfehlern, Katarakt (Linsentrübung) und neurologischen Schäden kommen.
Klinische Manifestation
- Symptomatologie:
- Postnatale Infektion: Leichtes Fieber, generalisiertes, feinfleckiges Exanthem, Lymphadenopathie (Lymphknotenvergrößerung), Kopfschmerzen und Arthralgien (Gelenkschmerzen).
- Kongenitale Infektion: Schwerwiegende Missbildungen wie Herzfehler (z. B. Persistierender Ductus arteriosus), Taubheit, Katarakt, Mikrozephalie (Kleinköpfigkeit) und mentale Retardierung.
- Komplikationen:
- Bei Erwachsenen können Arthralgien und Arthritis (Gelenkentzündung) auftreten.
- Bei kongenitalen Infektionen drohen schwere Organschäden mit bleibenden Behinderungen und Entwicklungsstörungen.
- Verläufe und Schweregrade:
- Die postnatale Rötelninfektion verläuft meist mild, jedoch können schwere Verläufe bei Erwachsenen und immungeschwächten Personen auftreten.
- Kongenitale Infektionen führen häufig zu schweren Komplikationen, besonders bei Infektionen im ersten Trimenon.
Prognosefaktoren
- Wirtsfaktoren:
- Alter: Bei Erwachsenen verläuft die Infektion häufig schwerer als bei Kindern.
- Schwangerschaft: Eine Infektion im ersten Trimenon ist besonders gefährlich und führt oft zu schweren fetalen Schäden.
- Erregerfaktoren:
- Die Virulenz des Virus und die Fähigkeit, die Plazentaschranke zu überwinden, sind entscheidend für die Schwere des Krankheitsverlaufs.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Röteln sind eine durch das Rubellavirus verursachte Viruserkrankung, die in der Regel mild verläuft, jedoch bei kongenitaler Infektion schwerwiegende Folgen haben kann. Die Pathogenese wird durch die systemische Ausbreitung des Virus und die Fähigkeit, die Plazentaschranke zu überwinden, bestimmt. Präventive Maßnahmen wie Impfungen sind der effektivste Schutz, insbesondere um kongenitale Rötelninfektionen zu verhindern. Eine frühzeitige Diagnose und supportive Therapie sind essenziell, um schwere Verläufe zu vermeiden.
Ätiologie (Ursachen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Kein ausreichender Impfschutz
- Kontakt zu Erkrankten
- Unzureichende Hygiene beim Umgang mit Erkrankten