Tollwut-Postexpositionsprophylaxe (PEP)
Unter einer Postexpositionsprophylaxe (PEP) versteht man die prophylaktische Versorgung nach möglichem Kontakt mit dem Tollwutvirus, um den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern. Dies ist essenziell, da Tollwut nach Auftreten klinischer Symptome ausnahmslos tödlich verläuft.
Durchführung
Die Art der PEP richtet sich nach dem Expositionsgrad und dem Kontaktmaterial (Tierkontakt vs. Impfköder):
Grad der Exposition |
Art der Exposition: durch tollwutverdächtiges oder tollwütiges Wild- oder Haustier, Fledermaus |
Art der Exposition: durch einen Tollwut-Impfstoffköder |
Immunprophylaxe |
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I | Berühren oder Füttern von Tieren; Belecken intakter Haut | Berühren von Impfstoffködern mit intakter Haut | Keine Impfung |
II | Nicht blutende Kratzer oder Hautabschürfungen; Lecken oder Knabbern an nicht intakter Haut | Kontakt mit Impfflüssigkeit eines beschädigten Köders auf nicht intakter Haut | Tollwut-Schutzimpfung |
III | Biss- oder Kratzverletzungen; Kontakt von Speichel mit Schleimhaut oder Wunden; Kontakt mit Fledermaus oder deren Speichel an Schleimhäuten | Kontamination von Schleimhäuten oder offenen Hautstellen mit Impfflüssigkeit | Tollwut-Schutzimpfung + einmalige Gabe von Immunglobulin (20 IE/kg KG) simultan zur 1. Impfung |
Alle Impfungen und die Gabe von Immunglobulin sind sorgfältig zu dokumentieren.
Impfregime (aktive Immunisierung)
Die Impfung erfolgt intramuskulär gemäß dem 5-Dosis-Schema an folgenden Tagen:
- Tag 0 (Tag der Exposition)
- Tag 3
- Tag 7
- Tag 14
- Tag 28
Bei Expositionsgrad III wird am Tag 0 zusätzlich humanes Tollwut-Immunglobulin (HRIG) verabreicht: 20 IE/kg Körpergewicht, möglichst infiltrativ in und um die Wunde, Restmenge intramuskulär.
Zusätzliche Maßnahmen
- Intensive Wundreinigung ist essenziell:
- Mechanisch: gründliches Ausspülen unter fließendem Wasser
- Chemisch: Desinfektion mit z. B. Povidon-Iod oder 70 % Ethanol
- Antibiotische Wundprophylaxe (z. B. Amoxicillin/Clavulansäure) erwägen bei Tierbissen
- Tetanusprophylaxe prüfen
Besondere Hinweise
- Die Inkubationszeit variiert stark: von < 10 Tagen bis > 1 Jahr
- Die PEP ist daher auch Wochen bis Monate nach Exposition noch sinnvoll, wenn ein begründeter Verdacht auf eine Infektion besteht
- Bei vorbestehender Grundimmunisierung gegen Tollwut ist nur eine Booster-Impfung an Tag 0 und 3 erforderlich; Immunglobulin entfällt
Literatur
- Robert Koch-Institut (RKI): Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin. 4/2024