Diphtherie-Postexpositionsprophylaxe (PEP)
Unter einer postexpositionellen Prophylaxe (PEP) versteht man die gezielte Gabe von Medikamenten (Antibiotika), Impfstoffen oder spezifischen Immunglobulinen mit dem Ziel, die Manifestation einer Infektion bei Personen zu verhindern, die nicht ausreichend geschützt sind, aber mit einem Erreger in Kontakt gekommen sind. Bei Diphtherie ist die PEP zentral für den Individual- und Gemeinschaftsschutz.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die PEP ist angezeigt bei:
- Personen mit engem Kontakt zu einem bestätigten Diphtheriefall
- z. B. „face to face“-Kontakt über ≥ 1 Stunde ohne adäquaten Schutz
- gemeinsames Wohnen oder Arbeiten in engen Räumen
- medizinisches Personal ohne Schutzmaßnahmen
- Erhöhter Krankheitsinzidenz in der Region (Cluster, Epidemien)
- z. B. Gemeinschaftseinrichtungen, Geflüchtetenunterkünfte, Schulen
- regionale Häufung von Toxin-bildenden Corynebacterium-diphtheriae-Stämmen
Durchführung
Die Durchführung der PEP richtet sich nach dem Expositionsgrad, dem Impfstatus und der Risikobewertung durch das Gesundheitsamt.
- Antibiotische Chemoprophylaxe
- Empfohlen für alle engen Kontaktpersonen – unabhängig vom Impfstatus
- Standard:
- Erythromycin 40–50 mg/kg KG/Tag (max. 2 g/Tag) für 7-10 Tage
- Alternativ: Penicillin V oder Amoxicillin
- Bei Penicillinallergie: Clarithromycin oder Azithromycin
- Aktive Immunisierung (Auffrischimpfung)
- Bei unzureichendem oder unbekanntem Impfstatus:
- 1 Dosis Td-Impfstoff (Diphtherie-Tetanus-Toxoid)
- Wenn letzte Diphtherieimpfung > 5 Jahre zurückliegt: Auffrischung empfohlen
- Ggf. Nachholen einer Grundimmunisierung (3 Dosen im Abstand 0-4-6 Monate)
- Bei unzureichendem oder unbekanntem Impfstatus:
- Passive Immunisierung (Diphtherie-Antitoxin)
- Indiziert nur im Erkrankungsfall, nicht prophylaktisch
- Gabe möglichst frühzeitig nach klinischem Verdacht
- Nur über das Paul-Ehrlich-Institut beziehbar (Importpräparat)
- Überwachung und Diagnostik
- Abnahme von Rachenabstrichen zur kulturellen Untersuchung auf C. diphtheriae
- Molekulargenetischer Toxinnachweis (PCR)
- Toxintestung durch spezialisierte Referenzlabore
- Maßnahmen bei Epidemien oder Clustern
- Organisation flächendeckender Impfkampagnen durch Gesundheitsämter
- Serologische Kontrolle des Impfschutzes in Hochrisikogruppen möglich
- Ringimpfung bei nicht ausreichend immunisierten Kontaktpersonen
Bemerkungen
- Nach PEP wird empfohlen, Kontaktpersonen bis zum Vorliegen zweier negativer Rachenabstriche (im Abstand ≥ 24 h nach Antibiotikatherapie) vom Umgang mit vulnerablen Personen auszuschließen (z. B. in Krankenhäusern, Kindergärten).
- Die Einhaltung der Isolations- und Hygieneregeln ist zentral für den Erfolg der Maßnahme.
- Impfstoffe: Td oder Tdap (je nach Alter und Indikation)
Literatur
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Robert Koch-Institut (RKI). Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 4/2024