Kinderlähmung (Poliomyelitis) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Poliomyelitis (Kinderlähmung) dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie bekannte Infektionskrankheiten?
- Gab es in Ihrer Familie bekannte Fälle von Poliomyelitis?
- Bestehen familiäre Häufungen von neurologischen Erkrankungen wie Epilepsie (Krampfanfälle), Multiple Sklerose, Morbus Parkinson oder spinaler Muskelatrophie?
- Gibt es in Ihrer Familie bekannte Immunschwächen oder chronische Infektionskrankheiten (z. B. HIV, Hepatitis B/C)?
Sozialanamnese
- Beruf:
- Welchen Beruf üben Sie aus?
- Arbeiten Sie in einem Bereich mit erhöhtem Ansteckungsrisiko, z. B. im Gesundheitswesen, in Kindertagesstätten, Schulen, Pflegeeinrichtungen oder Flüchtlingsunterkünften?
- Haben Sie engen Kontakt mit Kleinkindern oder Menschen, die möglicherweise nicht geimpft sind?
Reiseanamnese
- Waren Sie in den letzten Wochen oder Monaten auf Reisen? Wenn ja:
- Wann sind Sie gereist? [Wichtig zur Einschätzung der Inkubationszeit]
- Wohin sind Sie gereist?
- Länder oder Regionen mit erhöhtem Risiko für Poliomyelitis sind z. B. Indien, Pakistan, Afghanistan, Nigeria, Demokratische Republik Kongo?
- Wie lange dauerte Ihr Aufenthalt?
- Welche hygienischen Bedingungen herrschten vor Ort (z. B. Zugang zu sauberem Trinkwasser, sanitäre Einrichtungen)?
- Haben Sie ungekochtes oder rohes Essen konsumiert (z. B. Salate, rohes Fleisch, nicht pasteurisierte Milch)?
- Haben Sie Wasser aus ungesicherten Quellen getrunken (z. B. Brunnen, Leitungswasser)?
- Hatten Sie engen Kontakt zu Kindern, Erkrankten oder großen Menschenmengen (z. B. Märkten, religiösen Versammlungen)?
- Haben Sie vor oder während der Reise eine Polio-Impfung erhalten oder aufgefrischt?
- Gab es während oder nach der Reise Beschwerden wie Fieber, Magen-Darm-Beschwerden oder neurologische Symptome?
- Hatten Sie Kontakt zu Personen, die in Hochrisikogebieten gereist sind?
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Hatten Sie in den letzten Tagen Symptome eines grippalen Infekts?
- Haben Sie Halsschmerzen, Schluckbeschwerden oder eine verstopfte Nase?
- Hatten Sie allgemeines Unwohlsein, Appetitlosigkeit oder Müdigkeit?
- Leiden Sie unter folgenden Symptomen:
- Muskelschmerzen (z. B. in den Beinen oder im Rücken)?
- Rückenschmerzen?
- Kopfschmerzen?
- Übelkeit oder Erbrechen?
- Haben Sie neurologische Symptome, wie:
- Sensibilitätsstörungen (z. B. Taubheitsgefühle, Kribbeln)?*
- Lähmungen (z. B. Schwäche oder Bewegungseinschränkungen in Armen oder Beinen)?*
- Nackensteifigkeit oder Schwierigkeiten, den Kopf zu bewegen?*
- Haben Sie Fieber? Wenn ja:
- Wie hoch ist die Temperatur?
- Wie lange besteht die erhöhte Temperatur bereits?
- Haben Sie Schwierigkeiten beim Atmen oder Schlucken?
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Ernähren Sie sich ausgewogen?
- Trinken Sie ausreichend Flüssigkeit?
- Haben Sie in den letzten Tagen Nahrung oder Wasser aus unsicheren Quellen konsumiert?
- Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten pro Tag?
- Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk und wie viele Gläser pro Tag?
- Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche und wie häufig?
Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese
- Vorerkrankungen:
- Haben Sie in der Vergangenheit schwere Infektionskrankheiten durchgemacht?
- Gab es Verletzungen oder Operationen, die Ihre Immunabwehr beeinflussen könnten?
- Impfstatus:
- Haben Sie sich gegen Poliomyelitis impfen lassen?
- Wenn ja, wann erfolgte die letzte Impfung?
- Wurde in Ihrem Umfeld jemand gegen Poliomyelitis geimpft?
- Medikamentenanamnese:
- Nehmen Sie Medikamente, die Ihr Immunsystem beeinflussen können (z. B. Kortikosteroide (Cortison), Immunsuppressiva (Methotrexat, Cyclosporin A))?
Umweltanamnese
- Leben Sie in einem Umfeld mit eingeschränkten sanitären Bedingungen?
* Falls diese Frage mit „Ja“ beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.