Japanische Enzephalitis – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Das Japanische-Enzephalitis-Virus (JEV) gehört zur Gattung Flavivirus und zur Familie der Flaviviridae. Es ist ein umhülltes, einzelsträngiges RNA-Virus mit positiver Polarität.
  • Genom: Das Virusgenom besteht aus einer positiv-strängigen RNA, die eine hohe Mutationsrate aufweist und für die Produktion von strukturellen sowie nicht-strukturellen Proteinen kodiert. Diese Proteine sind entscheidend für die Virulenz (Infektionskraft) und die Anpassungsmechanismen des Virus.
  • Virulenz (Infektionskraft): Die Virulenz von JEV beruht auf seiner Fähigkeit, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden und Neuronen (Nervenzellen) im Gehirn zu infizieren. Dies führt zu ausgeprägten Entzündungsreaktionen im zentralen Nervensystem (ZNS) und schweren Gewebeschäden.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Die Japanische Enzephalitis (JE) ist hauptsächlich in Asien und Teilen des Westpazifiks verbreitet, insbesondere in ländlichen Regionen von Südostasien, Ostasien, Indien und Teilen von Australien. Die Häufigkeit ist in Reisfeldgebieten mit stehenden Gewässern am höchsten, da dort die Überträgermücken ideale Brutbedingungen vorfinden.
  • Hauptübertragungsweg: Die Übertragung erfolgt durch den Stich infizierter Stechmücken der Gattung Culex, vor allem Culex tritaeniorhynchus. Diese Mücken sind besonders in der Dämmerung und nachts aktiv.
  • Weitere Übertragungswege: Eine direkte Mensch-zu-Mensch-Übertragung findet nicht statt. Selten kann eine Übertragung durch kontaminierte Blutprodukte oder Organtransplantationen erfolgen.
  • Virusreservoir: Das Hauptreservoir des Virus bilden Wasservögel (z. B. Reiher, Störche) und Schweine. Schweine dienen als sogenannte Amplifikationswirte (Verstärkerwirte), da sie hohe Viruslasten entwickeln und so die Mückeninfektion fördern.
  • Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit): Die Infektiosität ist relativ hoch, da schon geringe Virusmengen bei einem Mückenstich übertragen werden können. Nur ein kleiner Teil der infizierten Personen entwickelt jedoch Symptome.

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Das Virus gelangt durch die Haut in den Körper des Wirts, wenn ein infizierter Mückenstich die Epidermis (Oberhaut) durchdringt.
  • Nebeneintrittspforten: Andere Eintrittspforten, wie die Schleimhäute, spielen für die Übertragung keine klinisch relevante Rolle.

Pathogenese des Erregers

  • Initiale Vermehrung und Ansiedlung:
    • Nach dem Eindringen in die Haut infiziert das Virus die regionalen dendritischen Zellen (spezialisierte Immunzellen) und nutzt diese als Transportmittel zu den regionalen Lymphknoten.
    • Im Lymphgewebe kommt es zur ersten Virusvermehrung, was zu einer lokalen Entzündungsreaktion führt.
  • Erste Virämie:
    • Nach der Vermehrung in den Lymphknoten gelangt das Virus in den Ductus thoracicus (größtes Lymphgefäß des Körpers) und anschließend ins Blut (erste Virämiephase).
    • Diese erste Virämie ist meist asymptomatisch und bleibt oft unbemerkt.
  • Zweite Virämie und Invasion des zentralen Nervensystems:
    • Das Virus verbreitet sich systemisch über das Blut und gelangt so in das zentrale Nervensystem (ZNS).
    • Die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke erfolgt durch direkte Infektion der Endothelzellen (Gefäßzellen) oder durch Trojaner-Mechanismen über infizierte Immunzellen.
    • Im ZNS infiziert JEV hauptsächlich Neuronen, was zu ausgeprägten Entzündungsreaktionen und Zelluntergang führt.
Wirtsreaktion
  • Lokale Immunantwort:
    • Die initiale Immunantwort wird durch die Aktivierung von Makrophagen und dendritischen Zellen in den Lymphknoten eingeleitet.
    • Es kommt zur Ausschüttung von Zytokinen und Chemokinen (Botenstoffe des Immunsystems), die weitere Immunzellen anziehen.
  • Systemische Immunantwort:
    • Im Verlauf der zweiten Virämie werden humorale (antibody-vermittelte) und zelluläre Immunantworten gegen das Virus aktiviert.
    • Die Bildung von neutralisierenden Antikörpern ist entscheidend, um die Virusvermehrung zu kontrollieren und das Risiko einer ZNS-Infektion zu verringern.
  • Anpassungsmechanismen des Erregers:
    • JEV besitzt Mechanismen zur Hemmung der Interferon-Signalwege, was eine effiziente Virusvermehrung im frühen Infektionsstadium ermöglicht.
    • Zudem kann das Virus die Blut-Hirn-Schranke umgehen, um gezielt Neuronen und Gliazellen im Gehirn zu infizieren.
Organaffinität und Gewebeschäden
  • Bevorzugte Zielorgane: Das zentrale Nervensystem (ZNS) ist das Hauptzielorgan des Virus. Dabei werden besonders das Gehirn (Enzephalitis) und die Hirnhäute (Meningitis) befallen.
  • Resultierende Gewebeschäden:
    • Die Virusvermehrung im ZNS führt zu einer ausgeprägten Entzündungsreaktion und Nekrose (Zelltod) von Neuronen.
    • In schwereren Fällen kommt es zu Schädigungen der weißen Substanz (Myelinscheiden) und zu bleibenden neurologischen Defiziten.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie:
    • Die meisten Infektionen verlaufen asymptomatisch.
    • Bei symptomatischen Patienten treten grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Kopfschmerzen und Übelkeit auf.
    • In schweren Fällen kommt es zu einer Enzephalitis (Gehirnentzündung) mit hohem Fieber, Bewusstseinsstörungen, Krampfanfällen und neurologischen Ausfällen.
  • Komplikationen:
    • In schweren Fällen kann es zu Krampfanfällen, Atemlähmung und Koma kommen.
    • Langfristige neurologische Defizite wie Ataxie (Koordinationsstörungen), Sprachstörungen und kognitive Einschränkungen sind häufige Komplikationen nach einer akuten Enzephalitis.
  • Verläufe und Schweregrade:
    • Leichte Verläufe beschränken sich meistens auf Fieber und Kopfschmerzen ohne Beteiligung des ZNS.
    • Schwere Verläufe mit ZNS-Beteiligung sind mit einer hohen Morbidität und Mortalität verbunden.
Prognosefaktoren
  • Wirtsfaktoren:
    • Alter: Kinder und ältere Menschen sind besonders gefährdet, schwere Krankheitsverläufe zu entwickeln.
    • Immunsuppression: Personen mit geschwächtem Immunsystem haben ein höheres Risiko für schwere Verläufe.
  • Erregerfaktoren:
    • Die Virulenz (Infektionskraft) der verschiedenen Genotypen kann die Schwere des Krankheitsverlaufs beeinflussen.
Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Japanische Enzephalitis ist eine schwerwiegende, durch Mücken übertragene Viruserkrankung, die zu akuten neurologischen Schäden führen kann. Die Pathogenese wird durch eine initiale Virusvermehrung in den Lymphknoten und eine anschließende systemische Ausbreitung ins zentrale Nervensystem bestimmt. Präventive Maßnahmen wie Impfprogramme und Mückenschutz sind essenziell, um die Infektionsgefahr zu minimieren. Eine frühzeitige Diagnose und unterstützende Therapie sind entscheidend, um schwere Verläufe zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Stich der Culex-Moskitos