Hepatitis B – Einleitung

Die Hepatitis B ist eine virale Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) verursacht wird. Diese Infektion kann sowohl akut als auch chronisch verlaufen und führt zu Entzündungen und potenziell schweren Schädigungen des Lebergewebes, was langfristig zu Leberzirrhose (Leberschrumpfung) oder Leberzellkarzinom (Leberkrebs) führen kann.

Synonyme und ICD-10: HBV; Hepatitis B-Virus; Virushepatitis B; ICD-10-GM B16.-: Akute Virushepatitis B

Das Hepatitis-B-Virus ist ein partiell doppelsträngiges DNA-Virus und gehört zur Familie der Hepadnaviridae. Es gibt 5 Genotypen A-E mit Unterschieden im klinischen Verlauf und der Ansprechrate auf Interferon.

Die Erkrankung gehört zu den sexuell übertragbaren Krankheiten (engl. STD (sexually transmitted diseases) oder STI (sexually transmitted infections)).

Charakteristische Laborbefunde

  • HBsAg (Hepatitis B Surface Antigen): Marker für eine akute oder chronische HBV-Infektion.
  • Anti-HBc (Hepatitis B Core Antikörper): Zeigt eine vergangene oder aktuelle Infektion an.
  • Anti-HBs (Hepatitis B Surface Antikörper): Hinweis auf Immunität nach Infektion oder Impfung.
  • HBeAg (Hepatitis B e-Antigen): Marker für aktive Virusreplikation und hohe Infektiosität.
  • HBV-DNA: Quantitative Bestimmung der Viruslast im Blut, wichtiger Parameter zur Beurteilung der Krankheitsaktivität und Therapieüberwachung.
  • ALT/AST: Erhöhte Leberwerte deuten auf eine Leberschädigung hin.

Formen der Erkrankung

  • Akute Hepatitis B: Meist selbstlimitierende Form, kann asymptomatisch verlaufen oder grippeähnliche Symptome und Ikterus verursachen.
  • Chronische Hepatitis B: Persistenz des HBsAg über mehr als 6 Monate, mit oder ohne Symptome. Unterteilung in:
    • Chronisch inaktive Hepatitis B: Niedrige Viruslast, seltene Symptome.
    • Chronisch aktive Hepatitis B: Höhere Viruslast, erhöhte Leberwerte, erhöhtes Risiko für Langzeitkomplikationen wie Leberzirrhose und Leberzellkarzinom.

Ursachen

Die Hauptursache für eine Hepatitis B-Infektion ist der Kontakt mit infiziertem Blut oder Körperflüssigkeiten. Dies kann geschehen durch:

  • Sexuelle Übertragung
  • Gemeinsame Nutzung von Injektionsnadeln
  • Bluttransfusionen (in Gebieten ohne strenge Kontrollen)
  • Perinatale Übertragung (von der Mutter auf das Kind während der Geburt)

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Häufigkeitsgipfel

  • Männer: 30-39 Jahre
  • Frauen: 20-29 Jahre

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Deutschland: ca. 0,6 %
  • Zentralafrika und China: >8 %
  • Weltweit: Ca. 400 Millionen Menschen sind chronisch infiziert.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

  • Deutschland: ca. 35 pro 100.000 Einwohner pro Jahr
  • Entwicklungsländer: Bis zu 80 % der Bevölkerung können infiziert sein.

Infektionsepidemiologie

Erreger: Hepatitis-B-Virus (HBV), DNA-Virus, Familie Hepadnaviridae

Erregerreservoir:
Mensch

Vorkommen:
Weltweit, besonders in Zentral- und Nordafrika, China, dem Mittleren Osten sowie Ost- und Südeuropa.

Mensch-zu-Mensch-Übertragung:
Ja, durch Blut, Sperma, Speichel und andere Körperflüssigkeiten.

Kontagiosität
(Ansteckungskraft): Hoch, besonders bei Kontakt mit Blut oder anderen infektiösen Körperflüssigkeiten.

Übertragungsweg:
Parenteral, sexuell, perinatal

Eintrittspforte:
Haut, Schleimhäute, Geschlechtsorgane

Inkubationszeit
(Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung): 30-180 Tage

Krankheitsdauer:
Akut meist selbstlimitierend, chronische Infektion lebenslang.

Dauer der Infektiosität:
So lange HBsAg, HBeAg oder HBV-DNA nachweisbar sind.

Erregerspezifische Immunität:
Nach Infektion oder Impfung lebenslange Immunität.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Asymptomatischer Verlauf: In 65 % der Fälle verläuft die Hepatitis B asymptomatisch, das heißt, ohne erkennbare Symptome.
  • Symptomatischer Verlauf: In 35 % der Fälle treten Symptome auf, die oft grippeähnlich sind und von einem Ikterus (Gelbsucht) begleitet werden können.
  • Fulminanter Verlauf: In 1 % der Fälle kann die Hepatitis B fulminant verlaufen, was bedeutet, dass die Erkrankung plötzlich, schnell und schwerwiegend auftritt. Diese Form kann lebensbedrohlich sein und erfordert eine intensive medizinische Betreuung.
  • Akute Hepatitis B: In 90 % der Fälle führt die akute Hepatitis B zu einer spontanen Ausheilung, insbesondere bei Erwachsenen. Aufgrund der hohen Spontanheilungsrate ist in der Regel keine spezifische antivirale Therapie erforderlich. Allerdings können schwere Verläufe eine unterstützende Behandlung notwendig machen.
  • Chronische Hepatitis B: Etwa 5-10 % der akuten Fälle gehen in eine chronische Hepatitis B über. Bei Säuglingen und Kleinkindern ist die Wahrscheinlichkeit einer Chronifizierung höher, bei über 90 % der infizierten Säuglinge wird die Erkrankung chronisch.
    • Chronisch inaktive Hepatitis: Ca. 70-90 % der chronischen Hepatitis B-Patienten sind klinisch gesund und haben eine niedrige Viruslast.
    • Chronisch aktive Hepatitis: Ca. 10-30 % der Fälle zeigen eine chronisch aktive Erkrankung mit Symptomen wie Müdigkeit und Appetitlosigkeit.
    • Langzeitkomplikationen: Typische Langzeitkomplikationen der chronisch aktiven Hepatitis B sind Leberzirrhose (15-20 %) und hepatozelluläres Karzinom (15 % der Fälle mit Leberzirrhose).

Prognose

  • Spontane Ausheilung: Die akute Hepatitis B heilt in 90 % der Fälle spontan aus.
  • Therapie der chronischen Hepatitis B: Eine antivirale Therapie kann die Viruslast erheblich reduzieren. Die "Ausheilung" der chronischen Hepatitis B (definiert als niedrige Viruslast von < 300 Kopien der HBV-DNA/ml) unter Therapie beträgt bis zu 70 %.
  • HBeAg-negative Hepatitis B mit weniger als 1.000 HBV-DNA-Kopien pro ml Blut: Bei diesen Patienten kommt es nach Beenden der NUC-Therapie häufiger zum HBsAg-Verlust als bei fortgesetzter Therapie [1].
  • Langzeitüberleben: Patienten mit einer chronisch aktiven Hepatitis B haben ein erhöhtes Risiko für Leberzirrhose und Leberkrebs. Eine erfolgreiche Therapie kann das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und die Lebensqualität verbessern.
  • Letalität: Die fulminante Hepatitis B hat eine hohe Mortalitätsrate (Sterberate), insbesondere ohne rechtzeitige medizinische Intervention.
  • Lebenslange Immunität: Die Erkrankung hinterlässt eine lebenslange Immunität gegen das Hepatitis B-Virus.
  • Impfung: Eine Schutzimpfung ist verfügbar und wird besonders bei Reisen in Risikogebiete und für Personen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko empfohlen. Die Impfung ist effektiv in der Prävention und trägt dazu bei, die Anzahl der Neuerkrankungen zu reduzieren.

Hinweis: Personen im Gesundheitswesen mit chronischer Hepatitis-B-Infektion können ab einer Viruslast von < 200 IU/ml am Patienten tätig werden.

Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Hepatitis B ist verfügbar. Aufgrund der Impfmöglichkeit wird die Zahl der Betroffenen in den Industrienationen vermutlich zurückgehen. Vor allem bei Reisen in Risikogebiete wird eine Impfung empfohlen. Auch Beschäftigte im medizinischen Bereich, im Rettungsdienst und geistig Behinderte in Heimen haben ein höheres Ansteckungsrisiko und sollten sich impfen lassen.
Für die Hepatitis-B-Postexpositionsprophylaxe (passive Immunisierung; zur Vermeidung einer Erkrankung bei Personen, die gegen Hepatitis B nicht durch Impfung geschützt sind, dieser aber ausgesetzt waren) steht ein Hepatitis-B-Immunglobulin zur Verfügung.

In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Die Meldung hat bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod namentlich zu erfolgen.

Literatur

  1. Van Bömmel F et al.: A multicenter randomized-controlled trial of nucleos(t)ide analogue cessation in HBeAg-negative chronic hepatitis B Journal of Hepatology March 28, 2023 doi:https://doi.org/10.1016/j.jhep.2022.12.018

Leitlinien

  1. Tiplica GS et al.: 2015 European guidelines for the management of partners of persons with sexually transmitted infections. JEADV 2015; online 7. Mai 2015
  2. S3-Leitlinie: Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virus-Infektion. (AWMF-Registernummer: 021-011), Juni 2021 Langfassung
  3. S2k-Leitlinie: Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. (AWMF-Registernummer: 093-001), Oktober 2021 Langfassung