Pneumokokken-Impfung
Die Pneumokokken-Impfung ist eine Standardimpfung (Regelimpfung), die mittels eines Totimpfstoffs durchgeführt wird. Für die Indikations- und Standardimpfung ist seit 1998 ein 23-valenter Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) (zwischenzeitlich auch ein 13-valenter Pneumokokken-Konjugatimpfstoff PCV 13) von der STIKO empfohlen.
Die Pneumokokken-Impfung wird zunehmend zu einer Routineschutz-Impfung für Senioren. Wegen der breiteren Serotypen-Abdeckung empfiehlt die STIKO, alle Erwachsenen im Alter von 60 + mit dem 20-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV20) zu impfen. Säuglinge, Kinder und Jugendliche sollen weiterhin mit den Pneumokokken-Impfstoffen PCV13 oder PCV15 geimpft werden.
Das Bakterium Streptococcus pneumoniae – auch Pneumokokken genannt – gilt als Hauptverursacher der Pneumonie (Lungenentzündung) und kann weiterhin zu einer Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung), Otitis media (Mittelohrentzündung) oder Meningitis (Hirnhautentzündung) führen.
Nachfolgend die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut zur Pneumokokken-Impfung:
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- S: Personen ≥ 60 Jahre [Impfung ab sofort mit dem 20-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV22) statt mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23), ggf. Wiederholungsimpfungen im Abstand von mindestens 6 Jahren nach individueller Indikationsstellung]
- I: Patienten (wg. erhöhten individuellen Risikos/Indikationsimpfungen): Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit:
- Angeborene oder erworbene Immundefekte mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion, wie z. B.: [Sequenzielle Impfung mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff (PCV13) gefolgt von PPSV23 nach 6-12 Monaten, wobei PPSV23 erst ab dem Alter von 2 Jahren gegeben werden soll. **]
- T-Zell-Defizienz bzw. gestörte T-Zell-Funktion
- B-Zell- oder Antikörperdefizienz (z. B. Hypogammaglobulinämie)
- Defizienz oder Funktionsstörung von myeloischen Zellen (z. B. Neutropenie, chronische Granulomatose, Leukozytenadhäsionsdefekte, Signaltransduktionsdefekte)
- Komplement- oder Properdindefizienz
- funktioneller Hyposplenismus (z. B. bei Sichelzellenanämie), Splenektomie* oder anatomische Asplenie
- neoplastische Krankheiten
- HIV-Infektion
- nach Knochenmarktransplantation
- immunsuppressive Therapie* (z. B. wg. Organtransplantation oder Autoimmunerkrankung)
- Immundefizienz bei chronischem Nierenversagen, nephrotischem Syndrom oder chronischer Leberinsuffizienz
- T-Zell-Defizienz bzw. gestörte T-Zell-Funktion
- Beachte: Die Anwendung von PPSV23 alleine oder als sequentielle Impfung wird für Personen ≥ 18 Jahre nicht mehr empfohlen.
- Personen ≥ 18 Jahre, die in der Vergangenheit bereits eine sequentielle Impfung (PCV13 + PPSV23) erhalten haben, sollen in einem Mindestabstand von 6 Jahren nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erhalten.
- Bei ausgeprägter Immundefizienz kann bereits im Mindestabstand von 1 Jahr nach der PPSV23-Impfung eine Impfung mit PCV20 erfolgen.
- B: Berufliche Tätigkeiten wie Schweißen und Trennen von Metallen, die zu einer Exposition gegenüber Metallrauchen einschließlich metalloxidischen Schweißrauchen führen.
- Angeborene oder erworbene Immundefekte mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion, wie z. B.: [Sequenzielle Impfung mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff (PCV13) gefolgt von PPSV23 nach 6-12 Monaten, wobei PPSV23 erst ab dem Alter von 2 Jahren gegeben werden soll. **]
* Impfung möglichst vor der Intervention
**Aufgrund der begrenzten Dauer des Impfschutzes soll die Impfung mit PPSV23 in allen drei Risikogruppen mit einem Mindestabstand von 6 Jahren wiederholt werden.
Legende
- S: Standardimpfungen mit allgemeiner Anwendung
- I: Indikationsimpfungen für Risikogruppen bei individuell (nicht beruflich) erhöhtem Expositions-, Erkrankungs- oder Komplikationsrisiko sowie zum Schutz Dritter
- B: Impfungen aufgrund eines erhöhten beruflichen Risikos, z. B. nach Gefährdungsbeurteilung gemäß Arbeitsschutzgesetz/Biostoffverordnung/ Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und/oder zum Schutz Dritter im Rahmen der beruflichen Tätigkeit
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Personen mit akuten, behandlungsbedürftigen Krankheiten
- Allergie gegen Impfstoffbestandteile (siehe Zusätze des Herstellers)
Durchführung
- Angeborene oder erworbene Immundefekte bzw. Immunsuppression (I): Sequenzielle Impfung mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff (PCV13) gefolgt von PPSV23 nach 6-12 Monaten, wobei PPSV23 erst ab dem Alter von 2 Jahren gegeben werden soll. **
- Sonstige chronische Krankheiten (I): Personen ab dem Alter von 16 Jahren erhalten eine Impfung mit PPSV23. Personen im Alter von 2 – 15 Jahren erhalten eine sequenzielle Impfung mit PCV13 gefolgt von PPSV23 nach 6-12 Monaten. **
- Anatomische und Fremdkörper-assoziierte Risiken für Pneumokokken-Meningitis (I): Sequenzielle Impfung mit PCV13 gefolgt von PPSV23 nach 6-12 Monaten, wobei PPSV23 erst ab dem Alter von 2 Jahren gegeben werden soll. **
- Berufliche Tätigkeiten wie Schweißen und Trennen von Metallen, die zu einer Exposition gegenüber Metallrauchen einschließlich metalloxidischen Schweißrauchen führen: Impfung mit PPSV23 und Wiederholungsimpfung mit PPSV23 mit einem Mindestabstand von 6 Jahren, solange die Exposition andauert.
- Die STIKO empfiehlt, für die Standardimpfung gegen Pneumokokken im Säuglingsalter einen Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV) zu verwenden.
- Gefährdete Kleinkinder bis zum Alter von einschließlich 4 Jahren sollen mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (10-valenter Impfstoff (PCV10) oder 13-valenter Impfstoff (PCV13)) geimpft werden.
- Ab dem Alter von 5 Jahren kann die Impfung mit dem 13-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff oder dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff erfolgen.
- Erwachsenen (Alter ab 18 Jahren) mit Grunderkrankungen (angeborene oder erworbene Immundefekte, sonstige chronische Krankheiten sowie anatomische oder fremdkörperassoziierte Risiken für Pneumokokken-Meningitis): Es sollte nur noch der 20-valente Konjugatimpfstoff (PCV20) verwendet werden und nicht mehr der 23-valente Polysaccharidimpfstoff (PPSV23).
Gleiches gilt für Erwachsenen mit beruflicher indizierter Pneumokokken-Impfung. - Für Personen ≥ 60 Jahre: Für Personen ≥ 60 Jahre, die keiner der oben unter „I“ oder „B“ genannten Risikogruppen angehören, wird als Standardimpfung Impfung mit dem 20-valenten Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (PCV22) statt mit dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) geimpft, ggf. Wiederholungsimpfungen im Abstand von mindestens 6 Jahren nach individueller Indikationsstellung.
Personen, die bereits mit PPSV23 geimpft wurden, sollen in einem Mindestabstand von sechs Jahren eine Auffrischung mit PCV20 erhalten. - Wiederholungsimpfungen: Aufgrund der begrenzten Dauer des Impfschutzes hält die STIKO Wiederholungsimpfungen mit PPSV23 in einem Mindestabstand von 6 Jahren aus medizinisch-epidemiologischer Sicht für alle genannten Gruppen grundsätzlich für sinnvoll.
Laut Fachinformation von PPSV23 sollten jedoch „gesunde Erwachsene nicht routinemäßig erneut geimpft werden“. Hingegen können laut Fachinformation Wiederholungsimpfungen „bei Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Pneumokokken-Erkrankungen in Erwägung gezogen werden“. Auf Personen der Kategorien „I“ und „B“ trifft dies regelmäßig zu. Bei Senioren, die keiner dieser beiden Kategorien angehören, ist die Indikation individuell zu prüfen. Die Patienten sind auf die stärkere Reaktogenität der Wiederholungsimpfung im Vergleich zur Erstimpfung, aber auch auf den möglichen Verlust des Impfschutzes nach unterbleibender Wiederholungsimpfung, hinzuweisen.
** Aufgrund der begrenzten Dauer des Impfschutzes soll die Impfung mit PPSV23 in allen drei Risikogruppen mit einem Mindestabstand von 6 Jahren wiederholt werden.
Der Pneumokokken-Konjugatimpfstoff (enthält Bestandteile der Kapsel des Erregers in veränderter Form; 13-valenter Konjugatimpfstoff; PCV13) wird eingesetzt bei:
- Bei ungeimpften Patienten, die aufgrund einer Immundefizienz oder einer chronischen Nierenerkrankung geimpft werden, sollte die Impfung zuerst mit dem Konjugatimpfstoff erfolgen.
- Grundimmunisierung:
- Reifgeborene Säuglinge erhalten insgesamt 3 Impfstoffdosen im Alter von 2, 4 und 11-14 Monaten (sogenanntes 2+1-Impfschema). Zwischen der 1. und 2. Dosis soll ein Abstand von 2 Monaten und zwischen der 2. und 3. Dosis ein Mindestabstand von 6 Monaten eingehalten werden.
- Frühgeborene (Geburt vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche) sollen mit insgesamt 4 Impfstoffdosen im Alter von 2, 3, 4 und 11-14 Monaten (3+1-Impfschema) geimpft werden.
- Kleinkinder im Alter von zwölf Monaten bis zum zweiten Lebensjahr erhalten zwei Impfungen im Abstand von zwei Monaten.
- Nachholimpfung: bis zum 2. Geburtstag
Der Pneumokokkus-Polysaccharid-Impfstoff (enthält Bestandteile der Kapsel der Erreger; 23-valenter Polysaccharid-Impfstoff; PPSV23) wird eingesetzt bei:
- Bei Kindern ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr, Jugendlichen und Erwachsenen ist eine Impfung ausreichend; bei den zuvor mit Konjugatimpfstoff geimpften Kindern (s. o.) beträgt der Mindestabstand zur nachfolgenden Impfung mit Polysaccharid-Impfstoff 2 Monate
- Standardimpfung ab dem 60. Lebensjahr
- Eine Auffrischimpfung kann bei weiter bestehender Indikation bei Erwachsenen nach 6 Jahren, bei Kindern nach 3 Jahren erfolgen.
Umsetzung der sequentiellen Pneumokokken-Indikationsimpfung ab dem Alter von ≥ 2 bis 17 Jahren unter Berücksichtigung des bisherigen Impfstatus
Impfstatus | Empfohlenes Impfschema für die sequentielle Impfung | PPSV23-Wiederholungsimpfung im Abstand von mindestens 6 Jahren zur letzten PPSV23-Impfung |
|
1. Impfung | 2. Impfung | ||
Keine Impfung | PCV13 | PPSV23 im Abstand von 6-12 Monaten* | ja |
PCV13 | PSV23 im Abstand von 6-12 Monaten | entfällt | ja |
PCV7 oder PCV10 | PCV13 | PPSV23 im Abstand von 6-12 Monaten* | ja |
PPSV23 vor < 6 Jahren | PCV13 im Abstand von 12 Monaten | PPSV23 im Abstand von mind. 6 Jahren zur vorangegangenen PPSV23 Impfung | ja |
PPSV23 vor ≥ 6 Jahren | PCV13 | PPSV23 im Abstand von 6-12 Monaten* | ja |
PCV13 + PPSV23 | entfällt | entfällt | ja |
*PPSV23 (23-valenter Polysaccharid-Impfstoff) kann frühestens 2 Monate nach der PVC13-Impfung (13-valenter Konjugatimpfstoff) gegeben werden (z. B. bei Impfung vor geplanter immunsuppressiver Therapie); ein längerer Abstand von 6-12 Monaten ist immunologisch günstiger.
Beachte: Ab Stand STIKO von 2023 soll für Pneumokokken-Standardimpfungen bei Erwachsenen nur noch der 20-valente Konjugatimpfstoff (PCV20) verwendet werden und nicht mehr der 23-valente Polysaccharidimpfstoff (PPSV23). Personen, die bereits mit PPSV23 geimpft wurden, sollen in einem Mindestabstand von sechs Jahren eine Auffrischung mit PCV20 erhalten.
Wirksamkeit
- Zuverlässige Wirksamkeit gegen septische Verläufe bei invasiven Infektionen
- Befriedigend bis unzureichende Wirksamkeit gegen andere Formen
- Impfschutz circa ab der 2./3. Woche nach der Impfung.
- Dauer des Impfschutzes individuell sehr unterschiedlich, etwa 3-5 Jahre
- Den besten Impfschutz bietet die Impfung von PCV13 gefolgt von PPV23 (= sequentielle Impfung).
Der Vorteil von PCV13 gegenüber PPV23 ist die Ausbildung von Gedächtniszellen und damit eine bessere und länger andauernde Impfantwort – der Nachteil ist die geringere Coverage (Impfschutz).
Mögliche Nebenwirkungen/ Impfreaktionen
- Bei dem Impfstoff für Säuglinge und Kleinkinder sind keine Nebenwirkungen bekannt.
- Bei dem Impfstoff für Erwachsene kann es zu lokalen Reaktionen wie Rötung und Schwellung, oder sehr selten zu allergischen Reaktionen kommen.