Diphtherie – Einleitung
Diphtherie ist eine durch das Toxin von Corynebacterium diphtheriae (oder verwandten Arten wie C. ulcerans und C. pseudotuberculosis) verursachte Infektionskrankheit, die vorwiegend die Atemwege befällt, aber auch Haut und andere Organsysteme betreffen kann. Das Toxin führt zu Gewebeschädigungen und systemischen Komplikationen.
Synonyme und ICD-10: Croup; Diphtheria; Krupp; ICD-10-GM A36.-: Diphtherie
Charakteristische Laborbefunde
- Kultureller Nachweis: Nachweis von Corynebacterium diphtheriae in Abstrichen (Rachen, Nase, Wunden).
- Toxin-Nachweis: Elek-Test oder PCR zum Nachweis des Diphtherietoxins.
- Leukozytose: Leichte bis moderate Erhöhung der Leukozyten (weiße Blutkörperchen).
- Erhöhte Entzündungsparameter: C-reaktives Protein (CRP) und Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) sind meist erhöht.
Formen der Erkrankung
- Rachendiphtherie (am häufigsten):
- Bildet sich als weißliche, festhaftende Beläge (Pseudomembranen) im Rachenraum.
- Typische Symptome: Fieber, Halsschmerzen, Heiserkeit, Lymphadenopathie (geschwollene Lymphknoten).
- Nasendiphtherie:
- Manifestiert sich als blutig-seröses Sekret aus der Nase.
- Hautdiphtherie:
- Infektion offener Wunden mit Ulzerationen (Geschwürsbildung) und Pseudomembranen.
- Auge-, Ohren- und Genitaldiphtherie:
- Seltener, verursacht konjunktivale und otologische Infektionen (Infektionen der Bindehaut und der Ohren).
Ursachen
Die Infektion wird durch das Bakterium Corynebacterium diphtheriae verursacht, welches sein pathologisches Potenzial durch die Produktion des Diphtherietoxins entfaltet. Die Erkrankung ist hauptsächlich auf eine fehlende oder unvollständige Immunisierung zurückzuführen.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Häufigkeitsgipfel: Am häufigsten betroffen sind Kinder im Vorschulalter, allerdings auch ungeimpfte Erwachsene.
Prävalenz: In Industrieländern, insbesondere aufgrund flächendeckender Impfungen, sehr selten. In Entwicklungsländern oder Regionen mit geringen Impfraten (z. B. Russland) steigt die Prävalenz.
Inzidenz: Gering in geimpften Populationen; in einigen Entwicklungsländern weiterhin ein Problem.
Saisonale Häufung der Erkrankung: Häufigkeit der Erkrankung steigt im Herbst und Winter.
Infektionsepidemiologie
Erreger: Corynebacterium diphtheriae, C. ulcerans, C. pseudotuberculosis.
Erregerreservoir: Der Mensch ist der primäre Reservoirwirt.
Vorkommen: Weltweit, jedoch häufiger in Regionen mit geringen Impfquoten.
Mensch-zu-Mensch-Übertragung: Ja, über Tröpfcheninfektion (respiratorisch) sowie Schmierinfektion.
Kontagiosität: Der Kontagiositätsindex liegt bei 0,1-0,2 (10-20 % von 100 ungeimpften Personen nach dem Kontakt mit einem Diphtherie-Infizierten infiziert werden).
Manifestationsindex: Ca. 10-20 % der Diphterie-Infizierten erkranken manifest an Diphterie.
Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion über Sekrete von Rachen und Nase, selten Kontakt- oder Schmierinfektion (Hautdiphtherie).
Eintrittspforte: Atemwege, seltener Hautläsionen.
Inkubationszeit: 2–5 Tage, meist 4 Tage.
Krankheitsdauer: Ohne Behandlung bis zu 2–4 Wochen; mit Antibiotikatherapie reduziert.
Dauer der Infektiosität: Unbehandelte Patienten bleiben bis zu 2 Wochen ansteckend, bei Antibiotikatherapie ist die Ansteckungsgefahr nach 2–4 Tagen gering.
Seroprävalenz: Höher in geimpften Populationen; Impfung schützt vor Symptomen, aber nicht vor Kolonisation.
Erregerspezifische Immunität: Durch die Impfung erworben, lang anhaltend, aber nicht lebenslang, Auffrischungsimpfungen erforderlich.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Akute Phase
- Symptome beginnen mit Fieber, Halsschmerzen und Rachenbedeckung mit Pseudomembranen. In schweren Fällen kann es zur Atemnot durch Verlegung der Atemwege kommen.
- Systemische Komplikationen
- Herz: Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Herzrhythmusstörungen.
- Nervensystem: Neuritiden (Nervenentzündungen), periphere Lähmungen.
- Nieren: Nierenversagen durch toxische Nephritis.
- Schwere Verlaufsformen betreffen vor allem ungeimpfte Kinder und immungeschwächte Patienten.
Prognose
- Prognose bei frühzeitiger Therapie: Günstig bei rechtzeitiger Gabe von Diphtherie-Antitoxin und Antibiotika (Penicillin oder Erythromycin).
- Komplikationen: Myokarditis und Neuropathien können persistierende Schäden verursachen.
- Letalität: In Industrieländern bei frühzeitiger Behandlung ca. 5-10 %. In Entwicklungsländern oder bei unbehandelten Patienten bis zu 20 %.
Impfung: Eine Schutzimpfung gegen Diphtherie ist verfügbar und zählt zu den empfohlenen Schutzimpfungen. Säuglinge ab dem 3. Lebensmonat können geimpft werden. Die Impfung verhindert weitestgehend Erkrankungen, nicht aber eine Infektion bzw. Kolonisation. Folglich können auch unter den Geimpften Keimträger vorkommen.
In Deutschland ist die Erkrankung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) meldepflichtig. Die Meldung hat bei Krankheitsverdacht, Erkrankung sowie Tod namentlich zu erfolgen.