Zerebrale Atherosklerose – Operative Therapie

Die zerebrale Atherosklerose (Arterienverkalkung der hirnversorgenden Gefäße) ist eine fortschreitende Verengung der hirnversorgenden Arterien, insbesondere der Arteria carotis interna (innere Halsschlagader), durch arteriosklerotische Plaques. Die operative Therapie wird zur Schlaganfallprävention bei hochgradigen Stenosen (Gefäßverengungen) eingesetzt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Asymptomatische Carotisstenose (Verengung der Halsschlagader ohne Symptome) > 60 % mit hohem Schlaganfallrisiko (z. B. Männer, Lebenserwartung > 5 Jahre)
  • Symptomatische Carotisstenose (Verengung der Halsschlagader mit Beschwerden) > 50 % (z. B. nach transitorischer ischämischer Attacke (TIA, vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns) oder minor Stroke (kleiner Schlaganfall))
  • Frühe Carotis-Thrombendarteriektomie (CEA, operative Entfernung von Plaques aus der Halsschlagader) nach einem neurologischen Ereignis bei Carotisstenose
    • Besonders vorteilhaft bei:
      • Männern
      • Patienten > 70 Jahre
      • Insuffizienten Stenosen (unzureichende Durchblutung durch unvollständige Verengung)
      • Ungenügendem Kollateralkreislauf (Umgehungskreislauf zur Blutversorgung)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen) mit hohem OP-Risiko
  • Fortgeschrittene Demenz oder Multiorganversagen (Ausfall mehrerer Organe)
  • Intrakranielle Blutung (Hirnblutung) oder akuter Schlaganfall im letzten Monat
  • Schwierige anatomische Gegebenheiten, die das Operationsrisiko erhöhen

Operationsverfahren

  • Carotis-Thrombendarteriektomie (CEA, operative Entfernung von Ablagerungen in der Halsschlagader)
    • Standardtherapie bei hochgradiger Arteria-carotis-Stenose (Verengung der inneren Halsschlagader)
    • Thrombendarteriektomie (TEA, operative Rekanalisierung der Arterie) mit Erweiterungsplastik (Erweiterung des Gefäßes durch ein Patch)
    • Voraussetzung: Zentrum mit einer Komplikationsrate < 3 %
    • Ergebnisse:
      • Asymptomatische Carotisstenose: 5-Jahres-Schlaganfallrisiko für operierte Patienten 5-6 %, für nicht operierte 11 %
      • Symptomatische Carotisstenose: Schlaganfallrisiko um 16 % gesenkt
  • Carotis-Stenting (CAS, Gefäßstütze für die Halsschlagader)
    • Einbringen eines selbstexpandierenden Metallstents (Gefäßstütze) zur Offenhaltung der Arterie
    • Voraussetzung: Zentrum mit einer Komplikationsrate < 6 %
    • Indiziert bei:
      • Erhöhtem Operationsrisiko für eine CEA
      • Kontralateraler Parese des Nervus laryngeus recurrens (Lähmung des Kehlkopfnervs auf der Gegenseite)
      • Radiogen bedingter Stenose (durch Strahlentherapie entstandene Gefäßverengung)
      • Chirurgisch schwer zugänglichen Stenosen (z. B. in der Schädelbasis)
      • Intrakraniellen oder intrathorakalen Stenosen (Verengung innerhalb des Schädels oder Brustkorbs)
      • Tandemstenosen (zwei Verengungen hintereinander in einer Arterie)
      • Zustand nach CEA mit erneuter Stenose (Verengung nach vorheriger OP)

Postoperative Nachsorge

  • Duale Plättchenhemmung (ASS + Clopidogrel, Hemmung der Blutplättchen zur Vermeidung von Gefäßverschlüssen) nach Carotis-Stenting
  • Langfristige Sekundärprävention (Vorbeugung weiterer Gefäßverengungen) durch Kontrolle der Risikofaktoren:
    • Blutdruckkontrolle
    • Lipidmanagement (Einsatz von Statinen zur Senkung des Cholesterins)
    • Diabetesmanagement (Blutzuckerkontrolle bei Diabetes mellitus)
    • Rauchstopp und Lebensstilinterventionen (gesunde Ernährung, Bewegung)

Mögliche Komplikationen

  • Perioperativer Schlaganfall oder transitorische ischämische Attacke (TIA, vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns)
  • Restenose oder Reokklusion der Carotisarterie (erneute Gefäßverengung oder Verschluss)
  • Nervenschädigungen (N. vagus, N. hypoglossus, N. laryngeus recurrens, Beeinträchtigung von Schlucken, Sprache oder Kehlkopfbewegung) nach CEA
  • Hyperperfusion-Syndrom (plötzliche Überdurchblutung des Gehirns mit Hirnödem nach der OP)
  • Hämatombildung (Bluterguss im OP-Gebiet) oder Nachblutung

Vergleich der Operationsmethoden

Verfahren Indikationen (Anwendungsgebiete) Vorteile Nachteile
Carotis-Thrombendarteriektomie (CEA, operative Entfernung von Plaques in der Halsschlagader) Symptomatische Stenose > 50 %, asymptomatische Stenose > 60 % Goldstandard, bewährte Langzeitergebnisse Invasiver Eingriff, Risiko für Nervenschäden
Carotis-Stenting (CAS, Gefäßstütze für die Halsschlagader) Hohe OP-Risiken, schwierige anatomische Stenosen Minimalinvasiv, kürzere Erholungszeit Höheres perioperatives Schlaganfallrisiko als CEA

Weitere Hinweise

  • Eine Langzeitstudie (10 Jahre) zeigte, dass das Carotis-Stenting (Implantation eines Stents in der Carotis) bei Patienten mit einer symptomatischen Carotisstenose diese ebenso gut vor einem späteren Apoplex (Schlaganfall) schützen wie die klassische Carotis-Thrombendarteriektomie (CEA), bei der die verengte Arterie ausgeschält wird, d. h. die Kalkablagerungen chirurgisch entfernt werden [1].
    Die Stent-Gruppe zeigte jedoch nach fünf Jahren eine Risikoerhöhung von 71 % (kumulatives Risiko für Endarterektomie: 9,4 % versus 15,2 % für Carotis-Stenting).
  • Eine weitere Studie auf Grundlage einer Datenbank des staatlichen US-Versicherers Medicare stellt den Nutzen von Carotis-Stents infrage [2]:
    • 1,7 % der Patienten starben bereits noch in der Klinik oder in den ersten 30 Tagen postoperativ (nach der Operation)
    • 3,3 % erlitten in der oben genannten Zeit eine TIA (transitorische ischämische Attacke; vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns) oder einen Apoplex (Schlaganfall), 2,5 % einen Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
    • 2 Jahre nach der Stentimplantation waren 37 % der symptomatischen und 28 % der asymptomatischen Stenose-Patienten tot.
    Möglicherweise erklärt die schlechte Prognose das hohe Durchschnittsalter von 76 Jahren und die damit verbundenen Komorbiditäten (Begleiterkrankungen). Die Zwei-Jahres-Mortalitätsrate (Sterberate) der über 80-Jährigen lag bei knapp 42 %.

Literatur

  1. Bonati LH et al.: Long-term outcomes after stenting versus endarterectomy for treatment of symptomatic carotid stenosis: the International Carotid Stenting Study (ICSS) randomised trial Lancet (2014; doi: 10.1016/S0140-6736(14)61184-3
  2. Jalbert JJ et al.: Outcomes After Carotid Artery Stenting in Medicare Beneficiaries, 2005 to 2009. JAMA Neurol 2015; ePub January 12, doi:10.1001/jamaneurol.2014.3638,