Vorhofflimmern – Weitere Therapie

Allgemeine Maßnahmen

  • Vermeiden körperlicher Inaktivität [3] und körperlicher Überbelastung
  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum)
  • Alkoholkarenz (vollständiger Verzicht auf Alkohol) bzw. begrenzter Alkoholkonsum (Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max. 12 g Alkohol pro Tag)
    • signifikante Dosis-abhängige Verschlechterung der linksventrikulären Funktion nach Alkohol (Auswurffraktion/Ejektionsfraktion (EF): Reduktion von durchschnittlich 58 % auf durchschnittlich 52 %; bei Gesunden: auf 50-60 %) [2]
    • bei Alkoholkarenz wurde mit 53 Prozent signifikant niedriger rezidivierendes Vorhofflimmern (p= 0,004) nachgewiesen; es verlängerte die ohne Vorhofflimmern verbrachte Zeit um 37 % (118 vs. 86 Tage); die mittlere „Vorhofflimmern-Last“ (AF Burden: prozentualer Anteil der Zeit im Vorhofflimmern an der Gesamtzeit) war ebenfalls signifikant geringer (5,6 % vs. 8,2 %, p= 0,016) [9].
  • Begrenzter Koffeinkonsum (max. 240 mg Koffein pro Tag; das entspricht 2 bis 3 Tassen Kaffee bzw. 4 bis 6 Tassen grünen/schwarzen Tee; ggf. sogar geringere Mengen, wg. individueller Sensitivität gegenüber Koffein)
    Ein systematisches Review und eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien konnte nachweisen, dass Koffeinkonsum nicht zu einem Anstieg des Risikos für Vorhofflimmern führte [6].
  • Normalgewicht anstreben!
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm; die erfolgreiche Teilnahme an einem strukturierten Gewichtsmanagement kann die Krankheitslast senken und die Symptome lindern [4]
      Übergewichtige Patienten, die durch ein Gewichtsreduktionsprogramm über 10 % ihres Körpergewichts nachhaltig abbauten, waren nach fünf Jahren 46 % der Patienten frei vom Vorhofflimmern [5].
    • Unterschreitung der BMI-Untergrenze (ab dem 65. Lebensjahr: 24) → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Programm für Untergewichtige
    • BMI-Rechner – ermitteln Sie unter Berücksichtigung von Geschlecht und Alter Ihren gesunden Gewichtsbereich! (Anzeige)
  • Überprüfung der Dauermedikation wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit: auslösende Medikament ggf. absetzen.
  • Vermeidung psychosozialer Belastungen:
    • emotionaler Stress
    • häufiger Schlafmangel (Insomnie/Schlafstörung)

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

  • Medikamentöse Kardioversion (Wiederherstellung des Sinusrhythmus (regelmäßiger Herzrhythmus))
  • Elektrische Kardioversion (bei vital gefährdeten Patienten auch als Notfalltherapie; Beachte: Leitliniengerechte Thromboembolieprophylaxe)

Operative Therapie

  • Katheterablation – Herzkatheter-gestütztes Verfahren, mit deren Hilfe nach einer elektrophysiologischen Untersuchung Herzrhythmusstörungen beseitigt werden können; s. u. "Katheterablation bei Vorhofflimmern" (Ia-Empfehlung gemäß ESC Guidelines 2024)
  • Verschluss des linke Vorhofohrs mittels eines Vorhofohr-Occluders (Implantat), Herzkatheter-gestütztes Verfahren

Impfungen

Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten, da eine Infektion häufig zur Verschlechterung der vorliegenden Erkrankung führen kann:

  • COVID-19-Impfung
  • Grippe-Impfung
  • Pneumokokken-Impfung

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen

  • Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet u. a.:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
    • ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische (Omega-3-Fettsäuren) wie Lachs, Hering, Makrele
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte)
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Vermeiden üppiger Mahlzeiten
    • Ernährung reich an:
      • Mineralstoffen (Kalium, Magnesium)
      • Omega-3-Fettsäuren (Meeresfisch)
      • Proteine (Eiweiß) (≥ 65 Jahre: 1,0 g/kg Körpergewicht pro Tag)
        Eine Studie auf Grundlage von Daten der Women’s Health Initiative (Teilnehmerinnen: im Durchschnitt 64 Jahre alt) konnte zeigen, dass Teilnehmerinnen mit der niedrigsten Proteinaufnahme (ca. 0,8 g/Kilogramm Körpergewicht) die höchste Inzidenz von Vorhofflimmern zeigten. Frauen, die 58 bis 74 g Protein pro Tag verzehrten, hatten ein signifikant um 5 bis 8 % niedrigeres Risiko, Vorhofflimmern zu entwickeln, im Vergleich zu denen die eine geringere Proteinzufuhr hatten. Ab einer Zufuhr von mehr als 74 g Protein war der Unterschied nicht mehr signifikant [11].
  • Beachte wg. möglicher Elektrolytstörungen (Abweichungen einer oder mehreren Körperflüssigkeiten von der normalen Elektrolytkonzentration (Salzkonzentration)): Kalium- und Magnesium-Spiegel sollte kontrolliert und über 4,0 mmol/L (Kalium) bzw. 2,0 mg/dl (Magnesium) gehalten werden [12] (optimal: Kalium-Serumspiegel hoch normal um 4,4 mmol/l (entspricht 17,2 mg/dl) und der Magnesium-Serumspiegel um 0,9 mmol/l (entspricht 2,2 mg/dl))
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns. 

Sportmedizin

  • Ausdauertraining (Cardiotraining)
  • Ein regelmäßiges moderates körperliches Training erhöht den Vagotonus (Erregungs- bzw. Spannungszustand des parasympathischen Nervensystems, welches überwiegend durch den Nervus vagus beeinflusst wird) und führt so zu einer Abnahme der Ruhepulsfrequenz. Der Vagotonus hemmt zudem die Erregungsleitung des AV-Knoten (negativ dromotrope Wirkung).
    • Ein regelmäßiges Training zweimal pro Woche kann bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern zu einer 12-prozentigen Senkung der mittleren Kammerfrequenz im Tagesverlauf sowie zu einer Kammerfrequenzsenkung unter Belastung um acht Prozent führen [1]. Somit kann körperliches Training (z. B. Walking; optimal ist Ergometertraining mit definierter Wattzahl) zur Kammerfrequenzkontrolle bei Vorhofflimmern (VHF) im Einzelfall empfohlen werden.
    • Aerobes Intervalltraining führte bei Patienten mit paroxsymalem oder persistierendem Vorhofflimmern zu weniger Vorhofflimmern als bei Patienten ohne ein solches Training. Es führte dabei zu einer Reduktion von Vorhofflimmernzeit und -symptomen.
      Das zwölfwöchige Trainingsprogramm beinhaltete dreimal in der Woche folgendes Programm: Jede Sitzung begann mit einem 10-minütigen Aufwärmen bei 60 % bis 70 % der maximalen Herzfrequenz, anschließend viermal vier Minuten lang bei 85-95 % der maximalen Herzfrequenz auf einem Laufband rennen oder gehen, unterbrochen von dreiminütigen Erholungsphasen mit 60-70 % der maximalen Frequenz [8].
    • Ein in der ACTIVE-AF-Studie  bei Patienten mit paroxysmalem oder persistierendem Vorhofflimmern durchgeführtes Sportprogramm hat sich als effektiv erwiesen. Das Sportprogramm bestand zu einer Hälfte aus einem sechsmonatigen speziellen Sportprogramm, das sowohl aus beaufsichtigen Trainingsstunden wie auch aus „home-based“ Aerobic-Einheiten bestand. Dabei sollte die aerobe Aktivität der Patienten um 3,5 Stunden pro Woche gesteigert werden.
      Im Ergebnis führt das dazu, dass zwölf Monate später der Anteil der Patienten, die ein Vorhofflimmern-Rezidiv erlitten hatten, in der Aktivsportgruppe signifikant geringer als in der Kontrollgruppe war (60 % versus 80 %) [13].
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Empfehlungen für Sportler mit VHF:

  • Beachte [Leitlinien: ESC]: 
    • Von einer intensiven Trainingsphase unter einer Monotherapie mit Klasse-1-Antiarrhythmika – ohne Nachweis, dass diese eine adäquate Frequenzkontrolle des Vorhofflimmerns bewirken – wird abgeraten. 
    • Wenn Flecainid oder Propafenon als Pill-in-the-Pocket eingenommen wurde, sollten die Patienten auf intensiven Sport so lange verzichten, bis zwei Halbwertszeiten der Medikamente (z. B. 2 Tage) verstrichen sind.
    • Patienten mit Antikoagulantien sollten Sportarten mit direktem Körperkontakt oder einem Verletzungsrisiko vermeiden.
  • Bevor ein Patient ohne behandelbare Ursache für VHF nach einer erstmals aufgetretenen Rhythmusstörung oder seltenen Paroxysmien wieder Sport macht, sollte er drei Monate lang einen stabilen Sinusrhythmus haben. Diese Frist gilt sowohl für den jüngeren Leistungssportler als auch für den 60-jährigen Freizeitsportler.
  • Für herzgesunde Patienten mit permanentem Vorhofflimmern ist Sport uneingeschränkt erlaubt, wenn eine gesicherte Frequenzkontrolle gegeben ist und keine hämodynamische Beeinträchtigung vorliegt.
  • Bei Patienten mit VHF und behandelbarer Ursache (z. B. Hyperthyreose/Schilddrüsenüberfunktion), deren Ursache behoben ist, und die wieder einen stabilen Sinusrhythmus für zwei Monate aufweisen, sind alle Sportarten erlaubt.

Psychotherapie

  • Ggf. Psychotherapie bei Angststörungen infolge von Vorhofflimmern
  • Yoga [7]
  • Detaillierte Informationen zur Psychosomatik (inkl. Stressmanagement) erhalten Sie von uns.

Komplementäre Behandlungsmethoden

  • Transkutane, elektrische Stimulation des aurikulären Asts des N. vagus (low-level transcutaneous electrical stimulation, LLTS) – LLTS hat sich bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern in einer randomisierten, Sham-kontrollierten, doppelblinden Studie als effektiv erwiesen: nach 6 Monaten war die mittlere Vorhofflimmern-Last in der Interventionsgruppe um 85 % signifikant niedriger als in der Sham-Kontrollgruppe (Scheinbehandlung) [10].
    Einschränkungen: Bei der Studie handelte es sich um ein kleines Kollektiv; weitere Studien sind abzuwarten. Insbesondere gilt es zukünftig festzustellen, welche Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern (Dauer maximal 1 Woche) für dieses Verfahren besonders geeignet sind.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300, E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Deutsche Herzstiftung e. V.
    Vogtstraße 50, D-60322 Frankfurt am Main
    Telefon: 069-955128-0, Fax: 069-955128313, E-Mail: info@herzstiftung.de, Internet: www.herzstiftung.de
  • Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen e. V.
    Friedrich-Ebert-Ring 38, D-56068 Koblenz
    Telefon: 0261-309231, Fax: 0261-309232, E-Mail: info@dgpr.de, Internet: www.dgpr.de

Literatur

  1. Jurgita Plisiene (Aachen/Kaunas, Litauen): "Moderates körperliches Training bei Patienten mit permanentem Vorhofflimmern führt zu einem insgesamt langsameren und damit effektiveren Herzschlag, und entlastet damit das Herz-Kreislauf-System", 72. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim (Mannheim, 22. April 2006)
  2. Prinz et al.: Akute Verschlechterung der linksventrikulären Funktion nach einmaligem Alkoholkonsum. Abstract P 415, Clin Res Cardiol 100, 2011
  3. Mozaffarian D, Furberg CD, Psaty BM, Siscovick D: Physical activity and incidence of atrial fibrillation in older adults: the cardiovascular health study. Circulation. 2008 Aug 19;118(8):800-7. Epub 2008 Aug 4
  4. Abed HS, et al.: Effect of Weight Reduction and Cardiometabolic Risk Factor Management on Symptom Burden and Severity in Patients With Atrial Fibrillation (A Randomized Clinical Trial) JAMA 2013; 310: 2050-2060
  5. Pathak RK et al.: Long-Term Effect of Goal Directed Weight Management in an Atrial Fibrillation Cohort: A Long-term Follow-Up StudY (LEGACY Study). J Am Coll Cardiol 2015 Mar 16. doi: 10.1016/j.jacc.2015.03.002
  6. Caldeira D et al.: Caffeine does not increase the risk of atrial fibrillation: a systematic review and meta-analysis of observational studies. Heart 2013;99:1383-1389 doi:10.1136/heartjnl-2013-303950
  7. Lakkireddy D, Atkins D, Pillarisetti J, Ryschon K, Bommana S, Drisko J, Vanga S, Dawn B: Effect of yoga on arrhythmia burden, anxiety, depression, and quality of life in paroxysmal atrial fibrillation: the YOGA My Heart Study. J Am Coll Cardiol. 2013;61:1177-82; https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​jacc.​2012.​11.​060
  8. Malmo V et al.: Aerobic Interval Training Reduces the Burden of Atrial Fibrillation in the Short Term: A Randomized Trial. Circulation 2016; 133: 466-473
  9. Voskoboinik A.: Impact of Alcohol Abstinence in Moderate Drinkers with Atrial Fibrillation: Results from the Alcohol-AF Randomized Controlled Trial, vorgestellt in der Sitzung “Featured Clinical Research III” beim Kongress des American College of Cardiology (ACC) 2019, 16.-18. März, New Orleans
  10. Stavrakis S et al.: TRanscutaneous Electrical vAgus nerve sTimulation to suppress Atrial Fibrillation (TREAT AF): a randomized clinical trial. J Am Coll Cardiol EP. 2020 Jan 29. Epublished doi:10.1016/j.jacep.2019.11.008
  11. Gerber D et al.: Dietary Protein Intake and Incident Atrial Fibrillation in Postmenopausal Women from the Women’s Health Initiative. Vorgestellt beim Kongress der Amerikanischen Fachgesellschaft für Kardiologie und Weltkardiologenkongress (ACC/WCC) 2020. doi: 10.1016 / S0735-1097 (20) 30551-9
  12. Tisdale JE et al.: Drug-Induced Arrhythmias: A Scientific Statement From the American Heart Association. Circulation 15 Sep 2020 https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000000905Circulation. ;0
  13. Elliott A: An exercise and physical activity program in patients with atrial fibrillation: the ACTIVE-AF randomised controlled trial.A randomised controlled trial of exercise training in AF patients, ESC-Kongress, 27. bis 30. August 2021

Leitlinien

  1. Pelliccia A et al.: 2020 ESC Guidelines on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease: The Task Force on sports cardiology and exercise in patients with cardiovascular disease of the European Society of Cardiology (ESC). European Heart Journal, ehaa605, 29 August 2020 https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehaa605
  2. Gelder Van IC et al.: 2024 ESC Guidelines for the management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS): Developed by the task force for the management of atrial fibrillation of the European Society of Cardiology (ESC), with the special contribution of the European Heart Rhythm Association (EHRA) of the ESC. Endorsed by the European Stroke Organisation (ESO). European Heart Journal, ehaa176, 30 August 2024. doi.org/10.1093/eurheartj/ehaa612