Ulcus cruris venosum – Operative Therapie
Interventionelle und operative Venentherapien bei Ulcus cruris venosum (offenes Beingeschwür durch Venenleiden)
Das Ulcus cruris venosum (offenes Beingeschwür durch Venenleiden) stellt die schwerste chronisch-venöse Insuffizienz (chronische Venenschwäche) dar und erfordert ein interdisziplinäres Behandlungskonzept. Neben konservativen Maßnahmen können interventionelle und operative Verfahren angewandt werden, um venöse Refluxe zu eliminieren, insuffiziente Venenabschnitte zu entfernen und das Ulkus direkt chirurgisch zu behandeln. Die Auswahl des Verfahrens richtet sich nach der zugrunde liegenden Pathophysiologie, der Ulkusgröße und dem allgemeinen Zustand des Patienten.
Chirurgische Venentherapien venöser Ulzera
Chirurgische Verfahren zielen auf die Unterbrechung des venösen Refluxes, die Entfernung insuffizienter Venenabschnitte und die Behandlung des Ulkus selbst.
- Reflux-ausschaltende Eingriffe (Verfahren zur Verhinderung von Blutrückfluss) – Verschluss oberflächlicher Venen durch:
- Offen-chirurgische Verfahren – Hochbinden und Entfernen insuffizienter Venen
- Endovenöse Verfahren (minimal-invasive Methoden zur Venenbehandlung) – Thermische (Lasertherapie, Radiofrequenzablation) oder nicht-thermische Techniken (Schaumsklerosierung (Verödung mit speziellem Schaum), mechanisch-chemische Ablation)
- Operative Ulkus-Chirurgie – Direkte Behandlung des Ulkus durch:
- Débridement (Entfernung abgestorbenen Gewebes) – Entfernung von nekrotischem Gewebe zur Förderung der Wundheilung
- Fasziotomie (operative Entlastung von Muskelgewebe) – Entlastung erhöhter Gewebedrücke in den Muskellogen
- Defektdeckung – Passagere oder definitive Defektdeckung durch Spalthauttransplantation (Hautverpflanzung) (Meshgraft-Technik)
Spezifische Verfahren bei Varikose (Krampfaderleiden) und postthrombotischem Syndrom (PTS, Spätfolge einer tiefen Venenthrombose)
- Chirurgische Entfernung insuffizienter Venenabschnitte – Beseitigung pathologischer Venenverläufe
- Sklerosierende Verfahren (Verödungsmethoden) – Behandlung durch:
- Endovenöse Lasertherapie (EVLT, Laserbehandlung der Venen) oder Radiofrequenzablation (RFA, Hitzeverödung der Venen) – Verschluss insuffizienter Venen
- Schaumsklerosierung (Verödung mit speziellem Schaum) – Chemische Verödung kleinerer insuffizienter Venen
- Venenklappenrekonstruktion (Wiederherstellung der Venenklappenfunktion) oder Transplantation – Verbesserung des venösen Abstroms
- Ulcus-Exzision (chirurgische Entfernung des Beingeschwürs) und Débridement (Entfernung abgestorbenen Gewebes) – Entfernung von infiziertem oder chronisch geschädigtem Gewebe
Zusätzliche Verfahren
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Paratibiale Fasziotomie (Druckentlastung durch Faszienspaltung) (operative Entlastung von Muskelgewebe) – Indiziert bei therapieresistenten venösen Ulzera zur Druckentlastung der Muskellogen und Verbesserung der Mikrozirkulation
Vergleich der Operationsmethoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
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Offene chirurgische Entfernung | Hochbinden und Stripping der insuffizienten Venen | Effektive Entfernung insuffizienter Venen, dauerhafte Beseitigung des Refluxes | Invasiver Eingriff, längere Heilungszeit, Narbenbildung |
Endovenöse Verfahren (minimal-invasive Methoden zur Venenbehandlung) (Laser/RFA) | Verschluss der Venen durch thermische Energie | Minimal-invasiv, schnelle Erholung, ambulant durchführbar | Erfordert technische Ausstattung, Risiko für Nervenläsionen |
Schaumsklerosierung (Verödung mit speziellem Schaum) | Verödung insuffizienter Venen durch chemische Substanzen | Minimal-invasiv, keine Anästhesie notwendig, ambulante Durchführung | Nicht für große Venen geeignet, Risiko für Thrombosen |
Venenklappenrekonstruktion (Wiederherstellung der Venenklappenfunktion) | Rekonstruktion oder Transplantation defekter Venenklappen | Erhalt der physiologischen Hämodynamik, langfristige Verbesserung | Technisch anspruchsvoll, limitiert auf ausgewählte Patienten |
Paratibiale Fasziotomie (Druckentlastung durch Faszienspaltung) (operative Entlastung von Muskelgewebe) | Entlastung der Muskellogen durch Faszieninzision | Verbesserung der Mikrozirkulation, Druckreduktion | Erfordert spezialisiertes Zentrum, begrenzte Indikation |
Spalthauttransplantation (Hautverpflanzung) | Defektdeckung mit körpereigener Haut | Schnellere Wundheilung, bessere Gewebeintegration | Risiko für Infektionen, Spenderareal kann schmerzhaft sein |
Diese Maßnahmen sollten in ein interdisziplinäres Therapiekonzept mit konservativen, phlebologischen und kompressionsbasierten Strategien integriert werden, um eine optimale Heilung zu gewährleisten.
Weitere Hinweise
- Eine frühzeitige endovaskuläre Therapie, d. h. der Einsatz sklerosierender Verfahren, beschleunigt die Abheilung des Ulcus cruris venosum: Im ersten Jahr nach Studienbeginn waren die Teilnehmer nach der frühen Behandlung insgesamt 306 Tage ohne Ulcus gegenüber 278 Tage nach der verzögerten Behandlung (Hazard Ratio für die Abheilung der Hautläsionen von 1,38 (1,13 bis 1,68)) [1].
- Bei den endovenösen Verfahren hat die Lasertherapie einen hohen Stellenwert (endovenöse Lasertherapie (EVLT) oder endovenöse Laserablation (EVLA)).
- Gute Langzeitergebnisse sind nur durch eine standardisierte postoperative Nachsorge gewährleistet.
Literatur
- Gohel MS et al.: A Randomized Trial of Early Endovenous Ablation in Venous Ulceration NEJM published on April 24, 2018 doi: 10.1056/NEJMoa1801214
Leitlinien
- S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Ulcus cruris venosum. (AWMF-Registernummer: 037-009). Januar 2024 Langfassung