Schwitzen (Hyperhidrose) – Operative Therapie
Die Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen) kann in vielen Fällen konservativ behandelt werden, beispielsweise mit Antitranspirantien, systemischen Medikamenten oder Injektionen von Botulinumtoxin. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichend wirksam sind oder Nebenwirkungen auftreten, kann eine operative Intervention in Erwägung gezogen werden. Es stehen verschiedene chirurgische Verfahren zur Verfügung, die sich hinsichtlich ihrer Indikationen, Wirksamkeit und möglichen Komplikationen unterscheiden.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Schwere axilläre Hyperhidrose (Achselhöhlen)
- Palmare Hyperhidrose (Handflächen)
- Fehlen eines ausreichenden Therapieerfolgs durch konservative Maßnahmen
- Hohe psychische Belastung oder soziale Einschränkung durch übermäßiges Schwitzen
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwere Gerinnungsstörungen
- Systemische Infektionen oder lokale Hautinfektionen im Behandlungsbereich
- Schwere kardiale oder pulmonale Erkrankungen (insbesondere bei thorakalen Eingriffen)
- Vorbestehende neurologische Störungen
- Allergien gegen Lokalanästhetika/örtliche Betäubung (bei bestimmten Verfahren relevant)
Operationsverfahren
Subkutane Kürettage/Liposuktion (Aspirationshydrektomie;Absaugung der Schweißdrüsen)
Das Verfahren:
Es handelt sich um eine Kombination aus Kürettage (Auskratzung der Lederhaut mit einem scharfen Löffel) und Liposuktion (Fettabsaugung). Dabei wird das Gewebe unter der Lederhaut mit den darin enthaltenen Schweißdrüsen oberflächlich abgesaugt.
Erfolgsrate:
-
Bis zu 90 %
Mögliche Komplikationen:
- Wundinfektionen
- Hautveränderungen
- Narbenbildung
Schweißdrüsen-Saugkürettage (Synonym: Suktionskürettage, Schweißdrüsenabsaugung)
Das Verfahren:
- Injektion einer Lösung, vergleichbar zur Klein-Lösung (Tumeszenzanästhesielösung, Betäubungsmittel mit Flüssigkeitszufuhr) bei der Fettabsaugung
- Hautschnitt von ca. 10 mm pro Seite
- Absaugung der Schweißdrüsen mittels einer schlanken Liposuktionskanüle, wodurch eine regionäre Gewebeauflockerung erzielt wird
- Entfernung verbliebener Schweißdrüsen mit einem chirurgischen Löffel
Erfolgsrate:
- Schweißmengenreduktion um ca. 80 %
- Rezidivrate unter 6 %
Mögliche Komplikationen:
- Nachblutung, Infektionen, Wundheilungsstörungen
- Temporäre Taubheitsgefühle (meist vorübergehend)
- Allergische Reaktionen auf das verwendete Lokalanästhetikum
- Umschriebene Hautnekrosen
- Dauerhafter Achselhaarverlust
- Vorübergehende Bewegungseinschränkung der Arme
Endoskopische thorakale Sympathektomie (ETS) [Ultima Ratio-Therapie]
Das Verfahren:
Unter diesem Verfahren versteht man die operative Durchtrennung einzelner Ganglien (Anhäufung von Nervenzellkörpern im peripheren Nervensystem) des sympathischen Nervensystems zur Behandlung einer Hyperhidrose.
Indikationen:
- Palmare Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen der Handflächen)
- Entfernung der sympathischen Ganglien Th2/3
Erfolgsrate:
-
Bis zu 79 %
Mögliche Komplikationen:
- Kompensatorische Hyperhidrose (verstärktes Schwitzen an anderen Körperstellen)
- Hämatothorax (Ansammlung von Blut im Pleuraraum, dem Raum zwischen Lunge und Brustwand)
- Pneumothorax (lebensbedrohliches Krankheitsbild mit Luftansammlung im Pleuraspalt, was die Atmung behindert)
- Horner-Syndrom (Trias aus Miosis (Pupillenverengung), Ptosis (Herabhängen des oberen Augenlids) und Pseudoenophthalmus (scheinbar eingesunkener Augapfel))
- Gefäßverletzungen
Postoperative Nachsorge
- Allgemeine Maßnahmen:
- Ruhigstellung und Kühlung der behandelten Areale zur Schwellungsreduktion
- Tragen von Kompressionsverbänden oder speziellen Stützverbänden für mehrere Tage
- Vermeidung von mechanischen Reizen oder Druck auf das Operationsgebiet
- Wundversorgung:
- Regelmäßige Kontrolle der Wunden auf Infektionszeichen
- Sanfte Desinfektion und Wundpflege nach ärztlicher Anweisung
- Entfernen von Fäden oder Klammern nach ca. 7–14 Tagen (je nach Verfahren)
- Einschränkungen und Empfehlungen:
- Sportliche Aktivitäten für mindestens 2–4 Wochen meiden
- Keine schweren Lasten heben oder intensive körperliche Arbeit verrichten
- Direkte Sonneneinstrahlung auf die Narben vermeiden (Schutz durch Kleidung oder Sonnenschutzmittel)
- Bei endoskopischer thorakaler Sympathektomie: Lungenfunktion postoperativ engmaschig überwachen
Vergleich der Operationsmethoden
Verfahren | Indikation | Erfolgsrate | Mögliche Komplikationen |
---|---|---|---|
Subkutane Kürettage/Liposuktion | Axilläre Hyperhidrose | Bis zu 90 % | Wundinfektionen, Hautveränderungen, Narbenbildung |
Schweißdrüsen-Saugkürettage | Axilläre Hyperhidrose | Schweißmengenreduktion ca. 80 % | Nachblutung, Infektionen, Wundheilungsstörungen, Taubheitsgefühle, Hautnekrosen |
Endoskopische thorakale Sympathektomie (ETS) | Palmare Hyperhidrose | Bis zu 79 % | Kompensatorische Hyperhidrose, Hämatothorax, Pneumothorax, Horner-Syndrom |
Fazit
Die operative Behandlung der Hyperhidrose bietet effektive Therapiemöglichkeiten, wenn konservative Maßnahmen nicht ausreichen. Die Wahl des Verfahrens hängt von der Lokalisation der Hyperhidrose, dem individuellen Risikoprofil des Patienten sowie der Risiko-Nutzen-Abwägung ab. Während die subkutane Kürettage und Schweißdrüsen-Saugkürettage sich vorrangig für die axilläre Hyperhidrose eignen, bleibt die endoskopische thorakale Sympathektomie eine Ultima-Ratio-Option für die palmare Hyperhidrose, da sie mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden sein kann. Eine sorgfältige Indikationsstellung und postoperative Nachsorge sind essenziell, um bestmögliche Therapieergebnisse zu erzielen.
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Definition und Therapie der primären Hyperhidrose. (AWMF-Registernummer: 013 - 059), November 2017 Langfassung