Schock – Medikamentöse Therapie

Die Therapie des Schocks erfolgt in Abhängigkeit von der Ursache. Grundsätzlich muss eine Stabilisierung der Kreislaufverhältnisse erreicht werden.

Beachte:

  • Bei Vorliegen eines anaphylaktischen Schocks ist die sofortige i.m. Injektion von Adrenalin indiziert.
  • Bei Verschlechterung unter Volumentherapie denke an einen kardiogenen Schock; eine rechtzeitige Katecholamingabe (z. B. Adrenalin oder Noradrenalin) sollte erfolgen.

Therapieempfehlungen bei hypovolämischem Schock (Ursache: intravasaler Volumenverlust)

  • Chirurgische Intervention bei Blutungen
  • Volumentherapie zur Wiederherstellung eines suffizienten Kreislaufs (bei unstillbarer Massenblutung zurückhaltend; MAP (mittlere arterielle Druck) ≥ 50 mmHg) 
    • Empfehlung 30 ml/kgKG: wg. U-Kurve: optimale Menge an Flüssigkeit scheint zwischen 15 und 45 ml/kg zu liegen
      • Schocks und persistierendes MAP < 65 mm Hg →  initiale Gabe eines Volumenbolus von 30 ml/kgKG einer kristalloiden Flüssigkeit
      • Bis zu 30 % Blutverlust kann durch kristalloide (und kolloidale) Lösungen ersetzt werden; Kontraindikation (Gegenanzeige): Keine Verwendung mehr von reinen Kochsalzlösungen, da diese Nierenschäden bis hin zum Nierenversagen hervorrufen können
      • Beginn einer Vasopressortherapie (Arzneistoffe, die zur Verengung von Blutgefäßen führen; Wirkweise: Erhöhung des venösen Rückflusses) erst nach ausgeschöpfter Volumentherapie; für eine möglichst restriktive Volumentherapie kann ein frühe Vasopressortherapie sinnvoll sein.
    • Je nach Situation Gabe von Erythrozytenkonzentraten (EK) bei hergestellter Normovolämie (Normalwert der sich im Blutkreislauf befindlichen Menge Blut); Transfusionsindikation < 7 g/dl (cave Vorerkrankungen); bei Hypoxie (Sauerstoffmangel) oder nicht-gestillter Blutung auch bei > 7 g/dl
    • Gefrorenes Frischplasma (FFP) zur Aufrechterhaltung der Gerinnung bei massivem Blutverlust, erhöhter Blutungsneigung oder medikamentöser Gerinnungshemmung (3-4 EK:1 FFP)
    • Thrombozytenkonzentrate (TK) bei einer Thrombozytenzahl (Anzahl der Blutplättchen) < 50.000/μl
    • Einzelne Blutgerinnungskomponenten bei weiter bestehenden Blutungen
    • Bei unkontrollierbarer Hypotonie (niedriger Blutdruck) kurzfristiger Einsatz von Katecholaminen (Adrenalin/Noradrenalin)
  • Tranexamsäure (Antifibrinolytikum: Medikamentes, welches die Auflösung von Gerinnseln hemmt) bei Massenblutung
  • Korrektur der Elektrolyt-Werte (Blutsalze) falls erforderlich
  • Vermeidung der Auskühlung
  • Sauerstoffgabe und großzügige Indikationsstellung der maschinellen Beatmung

Therapieempfehlungen beim distributiven Schock (Ursache: relative Hypovolämie infolge einer pathologischen Verteilung des intravasalen Volumens)

  • Therapie aus Vasokonstriktion (Vasopressin und Vasopressinanalog) [Leitlinien: Canadian Critical Care Society clinical practice guideline] und Volumenersatztherapie
  • S. u. "anaphylaktischer Schock/Anaphylaxie (schwerste Form einer allergischen Reaktion, die schnell lebensbedrohlich werden kann)"
  • S. u. "Sepsis"

Therapieempfehlungen beim kardiogenen Schock (Ursache: ungenügende Herzleistung)

  • Therapie bestehend aus medikamentöser, operativer und interventioneller Therapie
  • S. u. "Kardiogener Schock"

Therapieempfehlungen beim obstruktiven Schock (Ursache: Obstruktion großer Gefäße oder des Herzens)

  • Vena-cava-Kompressionssyndrom (Synonyme: Cava-Syndrom; Hypotensives Syndrom); Schwangerschaftskomplikation: Kreislaufstörung der Mutter durch Druck des Kindes in der Gebärmutter auf die untere Hohlvene (Vena cava inferior) mit Behinderung des Blutflusses zum Herzen: entlastende Lagerungsmaßnahmen
  • Lungenarterienembolie (Lungenembolie; Verstopfung eines Blutgefäßes in der Lunge): Thrombolyse (medikamentöse Auflösung eines Thrombus/Blutpfropf)
  • Spannungspneumothorax (lebensgefährliche Form des Pneumothorax ("lungenkollaps"); entsteht, wenn Luft durch eine Verletzung in den Pleuraspalt eindringt, ohne wieder entweichen zu können): Thoraxdrainage (Ableitungssystem, das dazu dient, Flüssigkeiten und/oder Luft aus dem Brustkorb (Thorax) zu drainieren)
  • Perikardtamponade: Perikarddrainage (Ableitungssystem, das dazu dient, Flüssigkeiten aus dem Brustbeutel (Perikard) zu drainieren)

Zielwerte der hämodynamischen Therapie:

  • Mittlerer arterieller Druck (MAD; mean arterial pressure, MAP): 65-75 mmHg; niedrige Drücke können bei ausreichender Diurese (Harnausscheidung durch die Nieren) toleriert werden
  • Clearance (CI; Maß für die Klär- bzw. Entgiftungsleistung der Nieren)I): > 2,5 l/min 1/m 2 oder Cardiac Power Output (CPO) > 0,6 W oder Cardiac-Power-Index (CPI) > 0,4 W m-2
  • Diurese: ≥ 50 ml/h
  • Lactat: < 2; Lactat-Clearance: > 40 %

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Anaphylaxie, Akuttherapie und Management. (AWMF-Registernummer: 061-025), Dezember 2013 Langfassung
  2. Muraro et al.: Anaphylaxis: Guidelines from the European Academy of Allergy and Clinical Immunology, Allergy 2014 Aug;69(8):1026-45. doi: 10.1111/all.12437. Epub 2014 Jun 9.
  3. S3-Leitlinie: Intraaortale Ballongegenpulsation in der Herzchirurgie. (AWMF-Registernummer 011 - 020) Mai 2015 Langfassung
  4. S3-Leitlinie: Infarkt-bedingter kardiogener Schock – Diagnose, Monitoring und Therapie. (AWMF-Registernummer 019-013) Februar 2019 Kurzfassung Langfassung
  5. Honarmand K, Um KJ, Belley-Cote EP et al.: Canadian Critical Care Society clinical practice guideline: the use of vasopressin and vasopressin analogues in critically ill adults with distributive shock. Can J Anaesth 2019. https://​doi.​org/​10.​1007/​s12630-019-01546-x
  6. S3-Leitlinie: Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 001 - 020), Juli 2020 Langfassung