Postthrombotisches Syndrom – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Das Postthrombotische Syndrom (PTS) ist eine häufige Langzeitkomplikation nach einer tiefen Beinvenenthrombose (TBVT). Es tritt bei etwa 40–60 % der konventionell therapierten Patienten innerhalb von 10–15 Jahren nach einer tiefen Venenthrombose auf. Das Syndrom ist das Resultat einer chronischen venösen Insuffizienz (CVI), die sich durch strukturelle und funktionelle Veränderungen der betroffenen Venen entwickelt.

Pathophysiologische Mechanismen

Das PTS entsteht aufgrund einer chronischen venösen Obstruktion (teilweiser oder vollständiger Verschluss) und Klappeninsuffizienz (Funktionsstörung der Venenklappen), die infolge einer vorausgegangenen Thrombose auftritt. Diese pathophysiologischen Veränderungen führen zu einer anhaltenden venösen Hypertonie (erhöhter Druck in den Venen), die die Mikrozirkulation und den Lymphabfluss beeinträchtigt.

  • Venenwandschädigung und Klappeninsuffizienz:
    • Während einer tiefen Beinvenenthrombose kommt es zu einer Entzündung der betroffenen Venenwand (Phlebitis). Die dadurch induzierten Entzündungsprozesse führen zu einer Schädigung der Venenwand und der darin befindlichen Venenklappen.
    • Nach der Auflösung des Thrombus bleibt häufig eine strukturierte Narbe zurück, die die Funktionalität der Venenwand und der Venenklappen beeinträchtigt. Diese Schädigung manifestiert sich als Klappeninsuffizienz, die zu einem retrograden Blutfluss (Rückfluss des Blutes) führt.
  • Chronischer Blutrückstau:
    • Durch die Dysfunktion der Venenklappen kann das Blut nicht mehr effizient in Richtung Herz transportiert werden und es kommt zu einem Blutrückstau in den peripheren Venen. Die venöse Hypertonie dekompensiert allmählich die venöse Pumpe, was zu einer weiteren Verschlechterung der hämodynamischen Situation führt.
    • Der Blutrückstau und die damit verbundene Druckerhöhung führen zu einer erhöhten Permeabilität (Durchlässigkeit) der Kapillarwände, wodurch Flüssigkeit in das umliegende Gewebe austritt. Dies begünstigt die Bildung von Ödemen (Flüssigkeitsansammlungen im Gewebe).
  • Fibrosierung und Hautveränderungen:
    • Die anhaltende venöse Hypertonie führt zu einer chronischen Hypoxie (Sauerstoffmangel) der Gewebe und einem Ungleichgewicht in der Matrixproduktion. Infolge der gestörten Mikrozirkulation kommt es zu einer progressiven (fortschreitenden) Fibrosierung (Bindegewebsvermehrung) und Hautveränderungen.
    • Die pathologische Umwandlung des Gewebes (Fibrosierung) führt zur Bildung von Hautindurationen (Verhärtungen), Pigmentveränderungen und schließlich zum Ulcus cruris (offenes Bein), das schwer abheilt.
  • Lokalisierte periphere Zyanose:
    • Bei fortgeschrittener chronischer venöser Insuffizienz zeigt sich eine periphere Zyanose (violett-bläuliche Verfärbung der Haut) infolge des Sauerstoffmangels im Gewebe. Diese ist besonders ausgeprägt in den unteren Extremitäten, die am stärksten betroffen sind.

Zusammenfassung der Pathogenese

Die chronische venöse Hypertonie aufgrund von Klappeninsuffizienz und Venenwandschädigung führt zu einem anhaltenden Blutrückstau, der das Risiko von Ödemen, Fibrosierung und lokalisierten Hautveränderungen erhöht. Diese pathologischen Veränderungen resultieren in einem dekompensierten postthrombotischen Syndrom, das die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen kann.

Klinische Relevanz

  • Die frühzeitige Diagnose und Therapie der tiefen Beinvenenthrombose sowie der konsequente Einsatz von Kompressionstherapie und antikoagulativer Behandlung können das Risiko eines postthrombotischen Syndroms reduzieren.
  • Die Prävention einer Klappeninsuffizienz durch rasche Thrombolyse (Auflösung eines Thrombus mithilfe von Fibrinolytika) und Verbesserung der venösen Drainage ist von entscheidender Bedeutung, um das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Lebensalter* – zunehmendes Alter

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Höherer Body-Mass-Index* (BMI; Körpermasse-Index)

Krankheitsbedingte Ursachen

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Präexistierende primäre venöse Insuffizienz* (Venenschwäche)
  • Tiefe Beinvenenthrombose 

Weitere Ursachen

  • Chronische inflammatorische Erkrankungen (engl. chronic inflammatory disease (CID)) – Patienten mit CID haben ein erhöhtes Risiko, ein PTS zu entwickeln, insbesondere diejenigen ohne entzündungshemmende Behandlung, möglicherweise aufgrund einer ungünstigen Auswirkung auf die RVO-bezogene Venenpathologie (engl.: Residual venous obstruction; verbleibende venöse Obstruktion) [2].
  • Inadäquat durchgeführte Antikoagulation (2‑faches Risiko)*

*Mögliche Risikofaktoren für die Entwicklung des PTS, die zum Zeitpunkt des Auftretens einer Thrombose bereits bestanden haben [1].

Literatur

  1. Rabe E, Pannier F: Das postthrombotische Syndrom – Häufigkeit, Diagnostik und Prävention. Phlebologie 2016; 45:220-223
  2. Iding AFJ et al.: Chronic inflammatory diseases increase the risk of post-thrombotic syndrome: A prospective cohort study European Journal of Internal Medicine Published:October 16, 2023 doi:https://doi.org/10.1016/j.ejim.2023.10.014