Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – Weitere Therapie

Allgemeine Maßnahmen

  • Ein strukturiertes Gefäßtraining unter Aufsicht soll allen pAVK-Patienten als Bestandteil der Basisbehandlung angeboten werden. Dies gilt auch in der Nachsorge nach medikamentösen, interventionellen oder operativen Behandlungsmaßnahmen. (Konsensusempfehlung) [2]
    • 3‑mal wöchentlich in Übungseinheiten von 30 bis 60 min (Zeitraum: mindestens 3 Monate)
  • Optimale Behandlung der Begleiterkrankungen (Diabetes mellitus; Hypercholesterinämie – erhöhter Cholesterin-Blutfettspiegel; Hyperfibrinogenämie – erhöhter Gehalt an Fibrinogen im Blut; Hyperhomocysteinämie – erhöhter Gehalt an Homocystein; Hypertonie (Bluthochdruck); Niereninsuffizienz (Nierenschwäche))
  • Strukturiertes Gehtraining – bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit im klinischen Stadium II nach Fontaine 
  • Nikotinrestriktion (Verzicht auf Tabakkonsum)  Nikotinkarenz ist die erste Maßnahme, die in den Leitlinien zur Therapie einer pAVK empfohlen wird → Teilnahme an einer Raucherentwöhnung (s. u. Psychotherapie)
  • Begrenzter Alkoholkonsum (Männer: max. 25 g Alkohol pro Tag; Frauen: max. 12 g Alkohol pro Tag)
  • Begrenzter Koffeinkonsum (max. 240 mg Koffein pro Tag; das entspricht 2 bis 3 Tassen Kaffee bzw. 4 bis 6 Tassen grünen/schwarzen Tee)
  • Normalgewicht anstreben! 
    Bestimmung des BMI (Body-Mass-Index, Körpermasse-Index) bzw. der Körperzusammensetzung mittels der elektrischen Impedanzanalyse.
    • BMI ≥ 25 → Teilnahme an einem ärztlich betreuten Abnehmprogramm
  • Überprüfung der Dauermedikation wg. möglicher Auswirkung auf die vorhandene Krankheit

Konventionelle nicht-operative Therapieverfahren

  • Behandlung von Ulzerationen (Geschwürbildungen):
    • Verbesserung der Perfusion/Revaskularisation soweit notwendig und möglich
    • Lokale Wundbehandlung – siehe unter "Chronische Wunde" [1]: Entfernung von Nekrose (abgestorbene Haut), feuchtes Wundmilieu, Behandlung der Infektion
    • Druckentlastung
  • Katheterbehandlung (endovaskuläre Behandlung): Bei Revaskularisation soll der endovaskulären Behandlung der Vorzug gegeben werden, wenn kurzfristig und langfristig die gleiche symptomatische Verbesserung erzielt werden kann wie mit einem gefäßchirurgischen Eingriff. (Empfehlungsgrad A, Evidenzklasse 1) 
    • Wenn sich die Engstellen infrapopliteal, also in den Arterien unterhalb des Kniegelenks, befinden → drohende Verlust des Beines oder der Tod lässt sich bei Patienten mit chronischer kriti­scher Extremitätenischämie (Minderdurchblutung einer Extremität) eher durch eine endovaskuläre Behandlung als durch einen Venenbypass vermeiden [3].

Impfungen

Die nachfolgenden Impfungen sind angeraten:

  • Grippe-Impfung
  • Pneumokokken-Impfung

Regelmäßige Kontrolluntersuchungen

  • Regelmäßige ärztliche Kontrolluntersuchungen, insb. peri- und postinterventionelle Nachsorge [S3-Leitlinie]:
    • Alle Patienten sollen prä-, peri- und postinterventionell Acetylsalicylsäure (ASS) (100 mg) erhalten. Die Behandlung soll langfristig fortgesetzt werden, wenn keine Kontraindikationen bestehen. (Empfehlungsgrad A, Evidenzklasse 1)
    • Nach infrainguinaler endovaskulärer Therapie mit Stent-Implantation kann die vorübergehende Kombination von ASS mit Clopidogrel zur Verbesserung der Offenheitsrate empfohlen werden (Konsensusempfehlung)
    • Nach perkutaner transluminaler Angioplastie (PTA; Methode bei der das betroffene Gefäß von innen mit einem Ballonkatheter aufgeweitet und ggf. mit einer Stütze (sogenannter Stent) aufgehalten wird) der femoropoplitealen oder tibialen Strombahn sollen orale Antikoagulantien nicht eingesetzt werden. (Empfehlungsgrad A, Evidenzklasse 1)
    • Bei Patienten mit infrainguinalem, femoropoplitealem oder distalem Venenbypass sollen nicht routinemäßig orale Antikoagulantien (OAK, Gruppe von gerinnungshemmenden Arzneistoffen) eingesetzt werden, da das Blutungsrisiko signifikant erhöht ist. (Empfehlungsgrad A, Evidenzgrad 2)
    • Bei Patienten mit pAVK sollen regelmäßig die kardiovaskulären Risikofaktoren (Herz-Gefäß-Risiken) und die vaskuläre Komorbidität (gefäßbedingte Begleiterkrankungen) nachuntersucht werden. (Empfehlungsgrad A, Evidenzklasse 1)

Ernährungsmedizin

  • Ernährungsberatung auf der Grundlage einer Ernährungsanalyse
  • Ernährungsempfehlungen gemäß einem Mischköstler unter Berücksichtigung der vorliegenden Erkrankung. Das bedeutet u. a.:
    • täglich insgesamt 5 Portionen frisches Gemüse und Obst (≥ 400 g; 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst)
    • ein- bis zweimal pro Woche frischen Seefisch, d. h. fette Meeresfische (Omega-3-Fettsäuren) wie Lachs, Hering, Makrele
    • ballaststoffreiche Ernährung (Vollkornprodukte, Gemüse)
  • Beachtung folgender spezieller Ernährungsempfehlungen:
    • Ernährung reich an:
      • Vitaminen (Folsäure, Vitamin B6, Vitamin C, D, E) und Nicotinamid-Ribosid [4]
      • Omega-3-Fettsäuren (Meeresfisch)
      • Weitere Mikronährstoffe (L-Arginin, L-Carnitin, Kakao-Polyphenole)
  • Auswahl geeigneter Lebensmittel auf Grundlage der Ernährungsanalyse
  • Siehe auch unter "Therapie mit Mikronährstoffen (Vitalstoffe)" – ggf. Einnahme eines geeigneten Nahrungsergänzungsmittels
    Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
    Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
  • Detaillierte Informationen zur Ernährungsmedizin erhalten Sie von uns. 

Sportmedizin

  • Leichtes Ausdauertraining (Cardiotraining) und Krafttraining (Muskeltraining)
  • Strukturiertes Gehtraining unter Aufsicht und regelmäßiger Anleitung: zwei- bis dreimal wöchentlich 30 bis 45 Minuten führt zu einer Erhöhung der Gehleistung um das Dreifache.
    • Einen objektiven Gewinn erzielten nur Patienten, die bei einem hochintensiven Training (HIT) zu Hause an ihre Schmerzgrenzen gingen. Im 6-Minuten-Gehtest, dem primären Endpunkt der Studie, steigerte sich die Gruppe mit HIT von 338,1 auf 371,2 Meter; Gruppe mit der niedrigen Intensität dagegen kam es zu einer minimalen Verschlechterung von 332,1 auf 327,5 Meter [2].
  • Erstellung eines Fitness- bzw. Trainingsplans mit geeigneten Sportdisziplinen auf der Grundlage eines medizinischen Checks (Gesundheitscheck bzw. Sportlercheck)
  • Detaillierte Informationen zur Sportmedizin erhalten Sie von uns.

Psychotherapie

  • Psychosoziale Therapie*
  • Verhaltenstherapie*

*Maßnahmen zur Raucherentwöhnung; des Weiteren interaktive Gruppentherapie

Physikalische Therapie (inkl. Physiotherapie)

  • Supervidiertes Gehtraining (überwachtes Gehtraining) in den Fontaine-Stadien I +II (s. u. Sportmedizin/Strukturiertes Gehtraining); das Gehtraining kann über das Formular K56 verordnet werden.

Komplementäre Behandlungsmethoden

Im Stadium IV werden oftmals komplementäre Verfahren durchgeführt. Zu diesen Methoden zählen:

  • Akupunktur
  • Hyperbare Oxygenierung (HBO; Synonyme: hyperbare Sauerstofftherapie, HBO-Therapie; engl.: hyperbaric oxygen therapy; HBO2, HBOT); Therapie, bei der medizinisch reiner Sauerstoff unter einem erhöhten Umgebungsdruck zur Anwendung kommt
  • Wundreinigung durch Maden
  • Ozontherapie

Rehabilitation

  • Zur Rehabilitation ist ein interdisziplinäres Behandlungskonzept aus Physiotherapie, Ergotherapie und Schulungsmaßnahmen zum eigenverantwortlichen Umgang mit den individuellen kardiovaskulären Risikofaktoren erforderlich [S3-Leitlinie].
  • Reha-Maßnahme sind indiziert, wenn [S3-Leitlinie]:
    • es eine manifeste oder drohende Beeinträchtigung der Teilhabe gibt und es ein (Teilhabe-)Ziel gibt, das durch die Rehabilitation erreicht werden soll.
    • der Patient rehabilitationsfähig ist, d. h. er an den Behandlungsangeboten während der Rehabilitation aktiv teilnehmen kann.
    • eine realistische Chance besteht, dass der Patient das angestrebte Rehabilitationsziel erreichen kann.

Organisationen und Selbsthilfegruppen

  • Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA)
    Postfach 91 01 52, D-51071 Köln
    Telefon: 0221-89920, Fax: 0221-8992300, E-Mail: poststelle@bzga.de, Internet: www.bzga.de
  • Deutsche Hochdruckliga e. V. DHL
    Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention
    Berliner Straße 46, D-69120 Heidelberg
    Telefon: 06221-588550, Fax: 06221-5885525, E-Mail: info@hochdruckliga.de, Internet: www.hochdruckliga.de
  • Deutsche Gefäßliga e. V.
    Postfach 4038, D-69254 Malsch b. Heidelberg
    Telefon: 07253-26228, Fax: 07253-278160, E-Mail: info@deutsche-gefaessliga.de, Internet: www.deutsche-gefaessliga.de
  • Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen e. V.
    Friedrich-Ebert-Ring 38, D-56068 Koblenz
  • Deutscher Diabetiker Bund e. V., Bundesgeschäftsstelle
    Goethestr. 27, 34119 Kassel
    Tel.: 0 5 61/703 47 70, Fax: 0 5 61/703 47 71, E-Mail: info@diabetikerbund.de, Internet: www.diabetikerbund.de

Literatur

  1. Wundbehandlung DGfWu. Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes 
  2. McDermott MM et al.: Effect of Low-Intensity vs High-Intensity Home-Based Walking Exercise on Walk Distance in Patients With Peripheral Artery Disease JAMA. 2021;325(13):1266-1276. doi:10.1001/jama.2021.2536
  3. Bradbury AW et al.: A vein bypass first versus a best endovascular treatment first revascularisation strategy for patients with chronic limb threatening ischaemia who required an infra-popliteal, with or without an additional more proximal infra-inguinal revascularisation procedure to restore limb perfusion (BASIL-2): an open-label, randomised, multicentre, phase 3 trial Lancet April 25, 2023 doi:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)00462-2
  4. McDermott MM et al.: Nicotinamide riboside for peripheral artery disease: the NICE randomized clinical trial. Nat Commun 15, 5046 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-49092-5

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. (AWMF-Registernummer: 065-003), September 2024 Langfassung