Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – Einleitung
Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) – umgangssprachlich Schaufensterkrankheit genannt – handelt es sich um eine fortschreitende Stenosierung (Verengung) bzw. Okklusion (Verschluss) der die Arme/ (häufiger) Beine versorgenden Arterien, meist aufgrund einer Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung). Dieses führt zu einer Störung der arteriellen Durchblutung der betroffenen Extremitäten.
Synonyme und ICD-10: Angina abdominalis; Arterielle Durchblutungsstörung des Beins; Arterielle Verschlusskrankheit; Claudicatio intermittens; Durchblutungsleiden; Intermittierende Claudicatio; Intermittierendes Hinken; PAVK [Periphere arterielle Verschlusskrankheit]; Periphere arterielle Verschlusskrankheit; Verschlusskrankheit; pAVK; pVK; periphere Verschlusskrankheit (pVK); engl. PAD, peripheral arterial diseases; ICD-10-GM I73.9: Periphere Gefäßkrankheit, nicht näher bezeichnet.
Pathophysiologie
Atherosklerose-bedingt kommt es bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit zu einer graduellen oder kompletten Okklusion ("Verschluss") der distalen Aorta sowie der Becken- und Beinarterien. Die Verschlusskrankheit der unteren Extremitäten wird in den aktuellen Leitlinien als LEAD (lower extremities arterial disease) bezeichnet. Pathognomonisch für die Verschlusskrankheit der unteren Extremitäten ist die Claudicatio intermittens (lat., dt. "zeitweiliges Hinken“). Die periphere arterielle Verschlusskrankheit gilt als Marker für den Gesamtzustand des arteriellen Gefäßsystems.
Formen der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit
Die pAVK kann nach der Lokalisation und dem Schweregrad der Arterienstenose oder -okklusion (Arterienverengung oder -verschluss) eingeteilt werden:
- Lokalisation
- Aortoiliakal: Verengungen oder Verschlüsse im Bereich der Aorta und der Iliakalarterien (Beckenarterien).
- Femoropopliteal: Verengungen oder Verschlüsse im Bereich der Oberschenkel- und Kniearterien.
- Infrapopliteal: Verengungen oder Verschlüsse im Bereich der Unterschenkelarterien.
- Schweregrad (nach Fontaine-Klassifikation)
- Stadium I: Beschwerdefreiheit trotz nachweisbarer pAVK
- Stadium II: Belastungsschmerz (Claudicatio intermittens;zeitweise Hinken)
- IIa: Schmerzfreie Gehstrecke > 200 Meter
- IIb: Schmerzfreie Gehstrecke < 200 Meter
- Stadium III: Ruheschmerz
- Stadium IV: Trophische Störungen (z. B. Ulzera/Geschwürbildung oder Gangrän/Gewebsnekrose)
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen (Verhältnis 4:1).
Häufigkeitsgipfel:
Die Erkrankung nimmt ab dem 50. Lebensjahr deutlich zu und tritt vorwiegend ab dem 60. Lebensjahr auf.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
- Symptomatische pAVK: 3-10 % (Gesamtprävalenz) [1]
- Über 60 Jahre: 5 %
- Über 70 Jahre: 15-20 %
- In jüngeren Altersgruppen ist die Claudicatio intermittens (zeitweise Hinken) bei Männern häufiger, in höheren Altersstufen bestehen kaum noch geschlechtsspezifische Unterschiede [1].
Verlauf und Prognose
Verlauf
Die pAVK verläuft in zwei Dritteln der Fälle asymptomatisch, was bedeutet, dass viele Patienten keine Beschwerden haben und die Krankheit oft erst in fortgeschrittenen Stadien entdeckt wird.
Bei symptomatischen Verläufen treten typischerweise belastungsabhängige Schmerzen auf, die sich in Ruhe bessern. Dieser Zustand wird als Claudicatio intermittens bezeichnet. Der Schmerz resultiert aus einer vorübergehenden Minderdurchblutung der Muskulatur während der Belastung, die in Ruhe wieder nachlässt.
- Stadium I: Asymptomatisch – Trotz nachweisbarer pAVK gibt es keine Beschwerden.
- Stadium II: Belastungsschmerzen (Claudicatio intermittens) – Schmerzen treten beim Gehen auf und verschwinden in Ruhe.
- IIa: Schmerzfreie Gehstrecke > 200 Meter
- IIb: Schmerzfreie Gehstrecke < 200 Meter
- Stadium III: Ruheschmerzen – Schmerzen treten auch ohne Belastung auf.
- Stadium IV: Trophische Störungen – Ulzera oder Gangrän aufgrund schwerwiegender Durchblutungsstörungen.
Mit fortschreitender Krankheit können die Stenosen (Verengungen) der Arterien zu Ruheschmerzen und trophischen Störungen führen. Dies ist insbesondere gefährlich, da es zu Gewebeverlust (Nekrosen) und schwer heilenden Wunden kommen kann, was im schlimmsten Fall eine Amputation notwendig machen kann.
Prognose
Die Prognose der pAVK hängt stark vom Schweregrad der Erkrankung und dem gleichzeitigen Vorliegen weiterer Gefäßrisikofaktoren ab:
- Rauchen: Rauchen ist der wichtigste Risikofaktor für die pAVK. Der Verzicht auf das Rauchen ist entscheidend für die Prognose. Bei fortgesetztem Rauchen ist die Prognose schlecht, da Rauchen die Progression der Atherosklerose fördert und die Durchblutung weiter verschlechtert.
- Diabetes mellitus: Patienten mit Diabetes mellitus haben ein höheres Risiko für schwerwiegende Komplikationen und eine schnellere Progression (Fortschreiten) der pAVK. Eine gute Blutzuckerkontrolle ist entscheidend für die Prognose.
- Hypertonie (Bluthochdruck) und Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung): Hoher Blutdruck und hohe Cholesterinwerte tragen zur Progression der Atherosklerose (Arterienverkalkung) bei und müssen entsprechend behandelt werden.
Körperliche Aktivität, eine ausgewogene Ernährung und, falls erforderlich, eine Gewichtsreduktion verbessern zusätzlich die Prognose. Regelmäßiges Gehtraining kann die schmerzfreie Gehstrecke verlängern und die Lebensqualität verbessern.
Eine pAVK erhöht das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt) oder ischämischen Apoplex (Schlaganfall) und verschlechtert zugleich die Prognose eines Patienten mit einer Koronaren Herzkrankheit (KHK) [1].
- Langzeitprognose: Die 5-Jahres-Mortalität bei symptomatischer pAVK liegt zwischen 15 % und 30 %, wobei die Sterblichkeit insbesondere durch kardiovaskuläre Ereignisse bedingt ist. Bei Patienten mit kritischer Extremitätenischämie (Stadium III und IV) ist die Prognose schlechter, und die Amputationsrate sowie die Mortalität sind deutlich erhöht.
Beachte: Eine frühzeitige Diagnose und adäquate Therapie der pAVK sowie die konsequente Behandlung aller kardiovaskulären Risikofaktoren sind entscheidend für die Verbesserung der Prognose und die Verhinderung schwerwiegender Komplikationen.
Komorbiditäten
Die Koinzidenz (gleichzeitiges Auftreten mehrerer Krankheiten) einer pAVK und einer koronaren Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung; 60-70 % der Fälle) und Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ist häufig und verschlechtert die Prognose.
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronische venöse Insuffizienz. (AWMF-Registernummer: 091-001), Juni 2012 Kurzfassung Langfassung
- Aboyans V, Ricco JB, Bartelink MEL et al.: 2017 ESC Guidelines on the Diagnosis and Treatment of Peripheral Arterial Diseases, in collaboration with the European Society for Vascular Surgery (ESVS). Document covering atherosclerotic disease of extracranial carotid and vertebral, mesenteric, renal, upper and lower extremity arteries. European Heart Journal 2017; doi:10.1093/eurheartj/ehx095
- S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit. (AWMF-Registernummer: 065-003), September 2024 Langfassung