Niedriger Blutdruck (Hypotonie) – Einleitung

Eine Hypotonie, auch niedriger Blutdruck genannt, liegt vor, wenn der Blutdruck dauerhaft auf Werte unter 100/60 mmHg erniedrigt ist.

Synonyme und ICD-10: Essentielle Hypotonie; Hypotension; Hypotonus; Orthostase; Orthostasesyndrom; orthostatische Dysregulation; orthostatische Dysregulationsstörung; orthostatische Hypotonie; orthostatische Kreislaufbeschwerden; orthostatische Regulationsstörung; orthostatischer Kollaps; Positionshypotonie; ICD-10-GM I95.-: Hypotonie

Physiologie

Der erste, höhere Wert in der Angabe eines Blutdrucks gibt den systolischen Blutdruck wieder. Dieser wird durch die Kontraktion der Herzkammern verursacht, die das Blut in die Arterien pumpen.
Der zweite, niedrigere Wert steht für den sogenannten diastolischen Blutdruck, der bei der Erschlaffung des Herzmuskels entsteht.
Wenn der Blutdruck zu niedrig ist, kann es zu einer ungenügenden Blut- und damit Sauerstoffversorgung von Herz, Gehirn und anderen wichtigen Organen kommen.

Formen der Hypotonie

  • Primäre (essentielle) oder konstitutionelle Hypotonie: Ohne erkennbare Ursache, oft genetisch bedingt.
  • Sekundäre oder symptomatische Hypotonie: Als Folge anderer Erkrankungen wie Herzinsuffizienz (Herzschwäche), endokrine Störungen (z. B. Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion), Nebenniereninsuffizienz), Blutverlust oder durch Medikamente.
  • Orthostatische Hypotonie (OH): Gestörte Regulation des Blutdrucks beim Wechsel vom Liegen zum Stehen, oft diagnostiziert durch den Orthostasetest (Schellong-Test).

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Häufigkeitsgipfel

  • Die orthostatische Hypotonie tritt bei bis zu ca. 30 % der älteren Menschen (> 65 Jahre) auf.
  • Insgesamt sind junge Frauen und ältere Menschen am häufigsten betroffen.
  • Eine Hypotonie tritt auch bei Schwangeren auf, sogar häufiger als eine Hypertonie. Ursache ist die hormonell bedingte Weitstellung der Venen.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für eine orthostatische Hypotonie liegt in der Gruppe der über 65-Jährigen bei 25 % (in Deutschland).

Verlauf und Prognose

Ein erniedrigter Blutdruck an sich ist keine Krankheit! Viele Menschen haben einen niedrigen Blutdruck, ohne dabei Beschwerden zu verspüren. Fühlt man sich wohl, trotz Blutdruckwerten unter 100/60 mmHg, ist dies kein Grund zur Beunruhigung. Treten jedoch Beschwerden wie Sehstörungen, Vertigo (Schwindel) oder sogar eine Synkope (kurzzeitige Bewusstlosigkeit) auf, wird ein Arztbesuch erforderlich. Eine starke Hypotonie kann zur Kollapsneigung bzw. zu Stürzen führen.

Verlauf

  • Primäre Hypotonie: In der Regel harmlos und ohne ernste gesundheitliche Folgen. Bei asymptomatischen Patienten keine spezifische Behandlung erforderlich.
  • Sekundäre Hypotonie: Der Verlauf hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. Die Behandlung der Grunderkrankung kann die Hypotonie verbessern.
  • Orthostatische Hypotonie: Kann episodisch auftreten und ist oft mit Symptomen wie Schwindel oder Synkope verbunden. Erfordert spezifische diagnostische Maßnahmen und Therapie.

Prognose

  • Primäre Hypotonie: Gute Prognose, insbesondere wenn keine Symptome vorliegen. Maßnahmen wie eine kochsalzreiche Ernährung, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, körperliche Aktivität und gegebenenfalls eine Pharmakotherapie (medikamentöse Behandlung) können die Symptome lindern.
  • Sekundäre Hypotonie: Die Prognose hängt stark von der zugrunde liegenden Ursache und deren Behandlung ab.
  • Orthostatische Hypotonie: Variable Prognose, abhängig von der Schwere der Symptome und der Effektivität der therapeutischen Maßnahmen. Bei älteren Patienten erhöhtes Risiko für Stürze und Verletzungen.

Komorbiditäten

Hypotonie kann in Verbindung mit anderen Erkrankungen auftreten, wie:

  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Endokrine Störungen (z. B. Hypothyreose, Nebenniereninsuffizienz)
  • Neurologische Erkrankungen (z. B. Parkinson-Krankheit)
  • Chronische Nierenerkrankungen
  • Anämie (Blutarmut)