Krampfadern der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Ösophagusvarizen sind pathologisch erweiterte Venen in der unteren Speiseröhre, die als Folge einer portalen Hypertension (erhöhter Druck im Pfortaderkreislauf) entstehen. Die portale Hypertension tritt in den meisten Fällen im Rahmen einer fortgeschrittenen Lebererkrankung, insbesondere einer Leberzirrhose, auf. Die zugrunde liegenden pathophysiologischen Mechanismen lassen sich in folgende Schritte gliedern:

Pathophysiologie der portalen Hypertension

  • Die Pfortader (Vena portae) sammelt das venöse Blut aus den unpaaren Abdominalorganen (Gastrointestinaltrakt, Milz und Pankreas) und leitet es zur Leber. Der normale Druck in der Pfortader liegt bei etwa 5-10 mmHg. Eine portale Hypertension wird diagnostiziert, wenn der Druck > 12 mmHg beträgt.
  • Bei einer Leberzirrhose kommt es durch Fibrosierung (krankhafte Vermehrung des Bindegewebes) und Verlust der normalen Leberarchitektur zu einer erhöhten Gewebewiderstand und Verschlechterung der Durchblutung der Leber. Dadurch wird der Blutfluss durch die Leber behindert, was zu einer Stauung im Pfortaderkreislauf führt.

Entstehung von portokavalen Anastomosen

  • Der erhöhte Druck im Pfortaderkreislauf zwingt das Blut, Umgehungskreisläufe (sog. portokavale Anastomosen) zu bilden, um den Widerstand der Leber zu umgehen. Es entstehen Verbindungen zwischen dem portalvenösen System (Pfortaderkreislauf) und dem kavalen Venensystem (Körpervenensystem), um den Blutfluss zu entlasten.
  • Diese Anastomosen finden sich an mehreren anatomischen Stellen, darunter:
  • Gastroösophagealer Übergang (Übergang von Magen zur Speiseröhre)
  • Paraösophageale Venen (Venen entlang der Speiseröhre)
  • Rektum (rektale Varizen)

Bildung der Ösophagusvarizen

  • Der gastroösophageale Übergang ist eine der wichtigsten Lokalisationen für die Bildung von portokavalen Anastomosen. Hier verlaufen die Venae gastricae (Magenvenen), die das Blut in die Pfortader leiten, und die Venae azygos bzw. hemiazygos (Teil des kavalen Systems).
  • Kollateralen (Nebenäste) dieser Venen erweitern sich, um den erhöhten Druck auszugleichen. Durch die chronische Druckerhöhung und den vermehrten Blutfluss kommt es zur Dilatation (Erweiterung) und elongierten (verlängerten) Ausbildung der Ösophagusvenen, die schließlich als Ösophagusvarizen sichtbar werden.

Progression der Ösophagusvarizen

  • Mit fortschreitender portaler Hypertension und zunehmender Leberzirrhose nimmt die Größe und Spannung der Varizen weiter zu. Große Varizen sind dünnwandig und besonders anfällig für Rupturen (Einrisse), was zu lebensbedrohlichen Blutungen führen kann.
  • Zusätzlich zur portalen Hypertension können andere Faktoren wie eine erhöhte Venendilatation, eine erhöhte Herzfrequenz oder eine abgeschwächte Wandstruktur das Risiko einer Varizenblutung erhöhen.

Pathophysiologische Konsequenzen

  • Die Ruptur einer Ösophagusvarize ist eine gefürchtete Komplikation, da sie zu einer massiven oberen gastrointestinalen Blutung (Magen-Darm-Blutung) führen kann, die oft plötzlich und schmerzlos einsetzt.
  • Eine solche Blutung kann zur Hypovolämie (Volumenmangel), einem hämorrhagischen Schock und im schlimmsten Fall zum Tod führen, wenn sie nicht rasch behandelt wird.

Zusammenfassung

Ösophagusvarizen entstehen infolge einer portalen Hypertension, meist bedingt durch eine Leberzirrhose. Der erhöhte Druck im Pfortaderkreislauf führt zur Bildung von portokavalen Anastomosen, wodurch das Blut in die unteren Speiseröhrenvenen umgeleitet wird. Dies verursacht eine Dilatation und Verlängerung dieser Venen, die als Ösophagusvarizen sichtbar werden und bei weiterer Druckerhöhung zu lebensgefährlichen Blutungen führen können.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 40 g/Tag; Mann: > 60 g/Tag)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit)
  • Leberzirrhose (Leberschrumpfung)
  • Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche)
  • Thrombose im Bereich der Milzvene (Vena splenica), der Vena cava interior (untere Hohlvene) oder der Pfortader (Vena portae)
  • Tumor im Bereich der Milzvene, der Vena cava interior oder der Pfortader
  • Virushepatitis