Krampfadern (Varizen) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Varizen (Krampfadern) sind krankhaft veränderte, oberflächliche Venen, die sich durch eine verlängerte, gewundene und sackartige Struktur auszeichnen. Die Pathogenese der Varizen unterscheidet sich je nach ihrer Entstehungsursache in primäre und sekundäre Varizen:

Primäre Varizen

Primäre Varizen entwickeln sich ohne vorausgehende Erkrankung der tiefen Venen. Die Entstehung ist auf eine degenerative Veränderung der Venenwand und/oder Venenklappen im oberflächlichen Venensystem zurückzuführen. Ein zentraler Faktor ist eine genetische Prädisposition (erbliche Veranlagung), die mit einer Schwäche der Venenwand oder Fehlbildungen der Venenklappen einhergeht.

Pathophysiologische Mechanismen:

  • Degeneration der Venenwand: Die Venenwand besteht aus verschiedenen Schichten (Intima, Media und Adventitia), die durch elastische Fasern und glatte Muskelzellen gestützt werden. Bei primären Varizen kommt es zu einer Reduktion der elastischen Fasern und einer Fragmentierung der glatten Muskelzellen, was zu einem Verlust der Gefäßelastizität führt.
  • Dilatation (Ausweitung) der Venen: Die gestörte Venenwandstruktur und ein erhöhter intraluminaler Druck führen zu einer ektatischen (übermäßigen) und varikösen Dilatation der Venen (Vergrößerung des Gefäßlumens).
  • Venenklappeninsuffizienz: Eine Schädigung oder Missbildung der Venenklappen führt dazu, dass diese nicht mehr vollständig schließen. Der Rückfluss (Reflux) von Blut kann somit nicht verhindert werden. Dies führt zu einer erhöhten Druckbelastung der betroffenen Venenabschnitte und verstärkt die Dilatation und Schädigung weiter.
  • Intraluminale Druckerhöhung: Durch den gestörten Rückfluss entsteht eine chronische Druckerhöhung in den oberflächlichen Venen, die die Entstehung der Varizen begünstigt. Typische Lokalisationen sind die Vena saphena magna und die Vena saphena parva.

Klinische Konsequenzen:

  • Die gestörte Funktion der oberflächlichen Venen führt zu einer Stase (Blutstauung) und einer chronisch-venösen Insuffizienz (CVI), was die Gefahr von Ödemen (Wassereinlagerungen), Hautveränderungen (z. B. Hyperpigmentierung, Lipodermatosklerose) und trophischen Störungen (z. B. Ulcus cruris venosum; "offenes Bein") erhöht.

Sekundäre Varizen

Sekundäre Varizen entstehen als Folge einer vorbestehenden Schädigung des tiefen Venensystems. Die häufigste Ursache ist eine tiefe Beinvenenthrombose (TBVT). Nach einer Thrombose kommt es zur Obliteration (Verengung oder Verschluss) der tiefen Venen und einem erhöhten Druck im Venensystem. Das Blut muss somit über oberflächliche Venen (Kollateralen) umgeleitet werden.

Pathophysiologische Mechanismen

  • Postthrombotisches Syndrom (PTS): Nach einer tiefen Beinvenenthrombose entwickelt sich häufig das postthrombotische Syndrom (PTS), bei dem die tiefen Venen durch den thrombotischen Prozess geschädigt sind. Dies führt zu einer verzögerten oder inkompletten Rekanalisierung (Wiederherstellung des Blutflusses) und einer permanenten Venenklappeninsuffizienz.
  • Umleitung des Blutflusses: Um den Blutfluss zu gewährleisten, erfolgt eine Umleitung des venösen Blutes über das oberflächliche Venensystem. Diese erhöhte Blutmenge in den Oberflächenvenen führt zu einer Dilatation der Venen (Venenausweitung) und zur Ausbildung von sekundären Varizen.
  • Chronische Venenstauung: Die Druckerhöhung in den oberflächlichen Venen führt zu einer chronischen Venenstauung, was die Gefäßwände weiter schwächt und eine pathologische Venenerweiterung begünstigt.

Klinische Konsequenzen

  • Sekundäre Varizen sind häufig mit einer schweren chronisch-venösen Insuffizienz (CVI) verbunden. Patienten entwickeln oft ausgeprägte Symptome wie schmerzhafte Beinschwellungen, Hautveränderungen und ein erhöhtes Risiko für offene Beinulzera (Geschwüre).

Zusammenfassung der Pathogenese

  • Primäre Varizen entstehen durch degenerative Veränderungen der oberflächlichen Venenwand und/oder Venenklappen in Verbindung mit einer chronischen Druckerhöhung im Venensystem.
  • Sekundäre Varizen sind meist die Folge einer tiefen Beinvenenthrombose (TBVT) mit nachfolgendem postthrombotischen Syndrom (PTS) und einer Umleitung des venösen Blutes über das oberflächliche Venensystem.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern, die zu einer Bindegewebsinsuffienz führen
  • Geschlecht – weibliches Geschlecht
  • Körpergröße – das Viertel der längsten Menschen erkrankt zu 74 % häufiger als das Viertel der kürzesten Menschen (Hazard Ratio 1,74; 1,51-2,01) [1]
  • Lebensalter – zunehmendes Alter 
  • Hormonelle Faktoren – Gravidität
  • Berufe – Berufe mit viel sitzender oder überwiegend stehender Tätigkeit

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Körperliche Aktivität
    • Bewegungsmangel
    • Sitzende oder überwiegend stehende Tätigkeit (Orthostasebelastung)
  • Enge, einschnürende Kleidung
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Tiefe Venenthrombose (TVT) in der Vorgeschichte

Weitere Ursachen

  • Gravidität (Schwangerschaft)

Literatur

  1. Fukaya E et al.: Clinical and Genetic Determinants of Varicose Veins Prospective, Community-Based Study of ≈ 500.000 Individuals. Circulation. 2018;0. Originally published 24 Sep 2018