Kammerflattern – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Das Kammerflattern (engl. Ventricular Flutter) ist eine Herzrhythmusstörung mit extrem schnellen und regelmäßigen Kontraktionen der Herzkammern (Ventrikel) von 250 bis 320 Schlägen pro Minute. Dabei kommt es zu einer kreisenden Erregung in den Kammerbereichen, die nicht mehr vom Sinusknoten oder AV-Knoten ausgeht, sondern ektop (außerhalb des normalen Erregungsleitungssystems) erzeugt wird. Dies führt zu einer sehr schnellen, aber koordinierten Kontraktion der Herzkammern. Da die Frequenz so hoch ist, bleibt die mechanische Auswurfleistung des Herzens stark reduziert oder kommt nahezu zum Erliegen. Kammerflattern ist daher eine präkardiale Notfallsituation, die zu einem kardialen Schock und schließlich zum Kreislaufstillstand führen kann.
Übergang ins Kammerflimmern
Das Kammerflattern geht häufig in ein Kammerflimmern über, das durch unregelmäßige und chaotische Kontraktionen mit Frequenzen von über 320 Schlägen pro Minute gekennzeichnet ist. Im Gegensatz zum Kammerflattern führen diese chaotischen Kontraktionen zu einer völligen Desorganisation der elektrischen Erregung und damit zu einer fehlenden mechanischen Pumpfunktion, was einem sofortigen Kreislaufstillstand entspricht.
Pathophysiologische Grundlagen
Die Entstehung des Kammerflatterns beruht auf einem Mechanismus der „Reentry-Phänomene“ (kreisende Erregung). Diese entstehen meist aufgrund von:
- Strukturellen Veränderungen des Myokards (Herzmuskel):
- Fibrose (krankhafte Vermehrung von Bindegewebe im Myokard)
- Narbengewebe nach einem Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
- Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankungen)
- Akuten ischämischen Ereignissen:
- Myokardinfarkt oder akute Koronarsyndrome (ACS)
- Akuter Sauerstoffmangel führt zu einer elektrischen Instabilität der Herzmuskelzellen.
- Elektrolytstörungen:
- Hypokaliämie (niedrige Kaliumspiegel im Blut) oder Hyperkaliämie (hohe Kaliumspiegel)
- Hypocalcämie (niedrige Calciumspiegel) oder Hypercalcämie (hohe Calciumspiegel)
- Hypomagnesiämie (niedrige Magnesiumspiegel)
- Medikamenteninduzierte Ursachen:
- Digitalis-Intoxikation (Überdosierung von Digitalispräparaten)
- Antiarrhythmika (z. B. Klasse I oder Klasse III Antiarrhythmika)
- QT-Verlängerung durch Medikamente (z. B. durch bestimmte Antibiotika, Psychopharmaka)
- Erhöhte Sympathikusaktivität:
- Überaktivität des sympathischen Nervensystems führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für kreisende Erregungen.
Mechanismus der kreisenden Erregung (Reentry)
Die Pathogenese des Kammerflatterns basiert auf dem Reentry-Mechanismus. Bei diesem Mechanismus trifft eine elektrische Erregung auf eine bereits erregte Gewebsregion, die durch eine vorübergehende Refraktärzeit (Zeitspanne, in der das Herzgewebe nicht erneut erregt werden kann) blockiert ist. Durch eine ungleichmäßige Ausbreitung der Erregung, verursacht durch heterogene Leitungsverzögerungen im Myokard, kommt es zu einer kreisenden Erregung, die sich kontinuierlich im Ventrikelbereich (Herzkammerbereich) ausbreitet und zu der typischen, schnellen Kontraktionsfrequenz führt.
Klinische Relevanz
- Kammerflattern ist aufgrund der hohen Frequenz und der reduzierten Pumpfunktion des Herzens eine lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung.
- Ein schneller Übergang in das Kammerflimmern ist häufig und stellt eine Notfallsituation dar.
- Kammerflattern ist nur durch elektrische Maßnahmen (Defibrillation) oder antiarrhythmische Medikamente wie Amiodaron oder Lidocain zu behandeln.
Übergang in andere Rhythmusstörungen
Das Kammerflattern kann in andere maligne Arrhythmien, wie die ventrikuläre Tachykardie (VT) oder das Kammerflimmern, übergehen:
- Ventrikuläre Tachykardie (VT): Schnellere, regelmäßige Erregung, die aber noch mit einer Auswurfleistung verbunden sein kann.
- Kammerflimmern: Chaotische elektrische Aktivität ohne koordinierten Pumpmechanismus, was einem Kreislaufstillstand gleichkommt.
Ätiologie (Ursachen)
Krankheitsbedingte Ursachen
- Kardiomyopathie (Herzmuskelschwäche)
- Koronare Herzkrankheit – Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) der Herzkranzgefäße
- Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
Medikamente
- Antiarrhythmika – Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen wie Ajmalin oder Lidocain