Lipoprotein (a)-Erhöhung (Hyperlipoproteinämie) – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Der Serumspiegel von Lipoprotein(a) [Lp(a)] ist zu über 90 % genetisch determiniert. Die Höhe des Lp(a)-Spiegels variiert je nach individueller Genstruktur, insbesondere durch Variationen im LPA-Gen (Anzahl der Kopien des Kringle-IV-Typs 2).
Struktur und Wirkung: Lp(a) besteht aus einem LDL-ähnlichen Teil und dem spezifischen Apolipoprotein(a). Aufgrund dieser Struktur besitzt es pro-atherogene und pro-thrombotische Eigenschaften. Die Ähnlichkeit zu Plasminogen führt zu einer Hemmung der Fibrinolyse (Auflösung von Blutgerinnseln), was das Risiko für Atherosklerose (Arteriosklerose) und thrombotische Ereignisse erhöht.
Klinische Relevanz
Ein hoher Lp(a)-Spiegel ist ein unabhängiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen wie koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung), Apoplex (Schlaganfall) und Aortenstenose (Aortenklappeneinengung).
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Gene: LPA (LPA-Gen)
- SNP: rs10455872 im Gen LPA (Lipoprotein (a))
- Allel-Konstellation: AG (1,51-faches Risiko für Koronare Herzerkrankung, KHK)
- Allel-Konstellation: GG (2,57-faches Risiko für Koronare Herzerkrankung, KHK)
- SNP: rs3798220 im Gen LPA (Lipoprotein (a))
- Allel-Konstellation: CT (2-3-faches Risiko für Koronare Herzerkrankung, KHK)
- Allel-Konstellation: GG (2-3-faches Risiko für Koronare Herzerkrankung, KHK)
- Ca. 18 % der Europäer sind Träger einer der beiden oben genannten Risikovarianten
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
- Hormonelle Faktoren – Menopause (Wechseljahre der Frau)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Ernährung
- Hohe Aufnahme von Trans-Fettsäuren – Trans-Fettsäuren (10–20 g/Tag), insbesondere aus industriell hergestellten Lebensmitteln wie Backwaren, Chips, Fast-Food-Produkten und frittierten Speisen, erhöhen nachweislich die Lipoprotein(a)-Konzentration [1, 2, 3].
- Ballaststoffarme Ernährung – Ein Mangel an Ballaststoffen kann indirekt ungünstige Effekte auf den Lipidstoffwechsel haben.
- Gesättigte Fettsäuren – Ein übermäßiger Konsum gesättigter Fettsäuren hat in einigen Studien ebenfalls eine moderate Erhöhung von Lp(a) gezeigt, jedoch ist die Evidenz weniger konsistent.
- Mikronährstoffstatus – Ein Mangel an antioxidativen Vitaminen wie Vitamin C und E könnte potenziell oxidativen Stress fördern, was Lp(a)-assoziierte Risiken verschärfen könnte.
- Körperliche Aktivität – Bewegungsmangel wirkt sich nicht direkt auf Lp(a) aus, jedoch fördert körperliche Aktivität die allgemeine Herz-Kreislauf-Gesundheit, was indirekt den negativen Auswirkungen von Lp(a) entgegenwirken kann.
Krankheitsbedingte Ursachen, die das Lipoprotein (a) erhöhen
- Akromegalie – endokrinologische Erkrankung, die durch eine Überproduktion des Wachstumshormons (somatotropes Hormon (STH), Somatotropin) hervorgerufen wird, mit ausgeprägter Vergrößerung der Körperendglieder oder vorspringenden Teile des Körpers (Akren), wie beispielsweise Hände, Füße, Unterkiefer, Kinn, Nase und Augenbrauenwülste.
- Entzündungen wie beispielsweise Pneumonie (Lungenentzündung) oder Colitis (Darmentzündung)
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
- Nephrotisches Syndrom – Sammelbegriff für Symptome, die bei verschiedenen Erkrankungen des Glomerulums (Nierenkörperchen) auftreten; Symptome sind: Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) mit einem Proteinverlust von mehr als 1 g/m²/Körperoberfläche pro Tag; Hypoproteinämie, periphere Ödeme durch eine Hypalbuminämie von < 2,5 g/dl im Serum, Hyperlipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)
- Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
Krankheitsbedingte Ursachen, die das Lipoprotein (a) erniedrigen
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
Medikamente, die das Lipoprotein(a) erhöhen
- Wachstumshormon (Somatotropin, STH) – Kann die Lipoprotein(a)-Spiegel erhöhen und sollte bei Risikopersonen mit Vorsicht angewendet werden.
- Androgene – In Einzelfällen wurde berichtet, dass die Therapie mit Androgenen (z. B. Anabolika) eine Erhöhung der Lipoprotein(a)-Spiegel bewirken kann.
Medikamente, die das Lipoprotein(a) senken
- Neomycin – Hemmt die Absorption von Cholesterin im Darm und reduziert dadurch die Lipoprotein(a)-Spiegel; der Einsatz ist jedoch aufgrund potenzieller Nebenwirkungen begrenzt.
- Niacin (Vitamin B3) – Senkt die Lipoprotein(a)-Konzentration durch Hemmung der hepatischen Produktion von Apolipoprotein(a); es wird in moderaten bis hohen Dosen eingesetzt, wobei Nebenwirkungen wie Hautrötungen und Leberfunktionsstörungen überwacht werden müssen.
- Östrogene (weibliche Geschlechtshormone) – Östrogene können die Lipoprotein(a)-Spiegel signifikant senken. Dieser Effekt wurde insbesondere bei postmenopausaler Hormonersatztherapie beobachtet.
- Orale Kontrazeptiva mit Progesteronanteilen – Kombinationen mit Progesteron können die Lp(a)-senkende Wirkung von Östrogenen abschwächen oder aufheben.
Operationen, die das Lipoprotein (a) erhöhen
- Orchidektomie (Hodenentfernung)
Literatur
- Hahn A, Ströhle A, Wolters M: Ernährung – Physiologische Grundlagen, Prävention, Therapie. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart 2006
- Mensink RP, Zock PL, Katan MB, Hornstra G: Effect of dietary cis and trans fatty acids on serum lipoprotein (a) levels in humans. J Lipid Res 33 (1992) 1493-1501
- Mensink RP, Zock PL, Kester ADM, Katan BK: Effects of dietary fatty acids and carbohydrates on the ratio of serum total to HDL cholesterol and on serum lipids and apolipoproteins: a meta-analysis of 60 controlled trials. Am J Clin Nutr 77 (2003) 1146-55