Hirnblutung (Intrazerebrale Blutung) – Körperliche Untersuchung
Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:
- Beurteilung des Bewusstseins mithilfe der Glasgow Coma Scale (GCS)
- Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße; des Weiteren:
- Inspektion (Betrachtung)
- Haut und Schleimhäute
- Halsvenenstauung?
- Zentrale Zyanose? (bläuliche Verfärbung von Haut und zentralen Schleimhäuten, z. B. Zunge)
- Abdomen (Bauch):
- Form des Abdomens?
- Hautfarbe? Hautbeschaffenheit?
- Effloreszenzen (Hautveränderungen)?
- Pulsationen? Darmbewegungen?
- Sichtbare Gefäße?
- Narben? Hernien (Brüche)?
- Extremitäten (Palpation (Tasten) der peripheren Pulse, Suche nach Ödemen/Wassereinlagerungen)
- Auskultation (Abhören) des Herzens und zentraler Arterien (Strömungsgeräusche?)
- Auskultation der Lunge
- Palpation (Abtasten) des Abdomens (Bauch) (Druckschmerz?, Klopfschmerz?, Hustenschmerz?, Abwehrspannung?, Bruchpforten?, Nierenlagerklopfschmerz?)
- Inspektion (Betrachtung)
- Neurologische Untersuchung − Beurteilung der Bewusstseinslage des Patienten; Funktionsausfälle (Schweregrad)?
- Ataxie (Gangstörungen)?
- Epileptische Anfälle?
- Hirnnervenbeteiligung mit entsprechenden Symptomen, z. B.:
- Dysphagien
- Abweichen der Zunge beim Herausstrecken
- Blickdeviation (unwillkürliche und nicht-beeinflussbare, gleichsinnige Bewegung beider Augen)
- Blicklähmungen
- Spontannystagmus (unkontrollierbare und rhythmisch verlaufende Bewegungen des Auges; sie treten bereits ohne äußere Reize auf)
- Paresen (Lähmungen)
- Überprüfung der Sensibilität und Motorik
- Testen der Reflexe (vor allem der Bizepssehnenreflex (BSR), Trizepssehnenreflex (TSR), Radiusperiostreflex (RPR), Patellarsehnenreflex (PSR) und der Achillessehnenreflex (ASR, auch Triceps-surae-Reflex), Babinski-Reflex (das druckvolle Bestreichen des seitlichen Fußsohlenrandes führt zu einer Streckung des großen Zehs nach oben))
In eckigen Klammern [ ] wird auf mögliche pathologische (krankhafte) körperliche Befunde hingewiesen.
FAST-Test
Mithilfe des sogenannten FAST-Test lässt sich – selbst für medizinische Laien – die typische Apoplex-Symptomatik überprüfen:
- F = Face (Gesicht einseitig gelähmt?); Test: Fordern Sie den Patienten auf zu lächeln.
- A = Arms (Armbewegung eingeschränkt?; Test: Fordern Sie den Patienten auf beide Arme gleichzeitig zu heben und dabei Handinnenflächen nach oben zu drehen.
- S = Speech (Sprache verwaschen?); Lassen Sie den Patienten einen einfacheren Satz nachsprechen.
- T = Time (Keine Zeit verlieren! Tel. 112)
Der FAST-Test weist eine Sensitivität (Prozentsatz erkrankter Patienten, bei denen die Krankheit durch die Anwendung der Anamnese erkannt wird, d. h. ein positives Resultat auftritt) von 64-97 % und eine Spezifität (Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Gesunde, die nicht an der betreffenden Erkrankung leiden, durch das Verfahren auch als gesund erkannt werden) von 13-63 % auf [2].
Glasgow Coma Scale (GCS) – Skala zur Abschätzung einer Bewusstseinsstörung [1]
Kriterium | Punktzahl | |
Augenöffnen | spontan | 4 |
auf Aufforderung | 3 | |
auf Schmerzreiz | 2 | |
keine Reaktion | 1 | |
Verbale Kommunikation | konversationsfähig, orientiert | 5 |
konversationsfähig, desorientiert (verwirrt) | 4 | |
unzusammenhängende Worte | 3 | |
unverständliche Laute | 2 | |
keine verbale Reaktion | 1 | |
Motorische Reaktion | befolgt Aufforderungen | 6 |
gezielte Schmerzabwehr | 5 | |
ungezielte Schmerzabwehr | 4 | |
auf Schmerzreiz Beugesynergismen | 3 | |
auf Schmerzreiz Strecksynergismen | 2 | |
keine Reaktion auf Schmerzreiz | 1 |
Beurteilung
- Die Punkte werden für jede Kategorie einzeln vergeben und anschließend addiert. Die maximale Punktzahl ist 15, die minimale 3 Punkte.
- Bei 8 oder weniger Punkten ist von einer sehr schweren Gehirnfunktionsstörung auszugehen und des besteht die Gefahr von lebensbedrohlichen Atmungsstörungen.
- Bei einem GCS ≤ 8 muss eine Sicherung der Atemwege durch endotracheale Intubation (Einführen eines Tubus (Hohlsonde) über Mund oder Nase zwischen den Stimmlippen des Kehlkopfes hindurch in die Luftröhre) erwogen werden.
Literatur
- Teasdale G, Jennet B: Assessment of coma and impaired consciouness: a pratical scale, Lancet 2:81-84, 1974
- Sun Z et al.: Clinical diagnostic tools for screening of perioperative stroke in general surgery: a systematic review. Br J Anaesth 2016, online 27. Januar; doi: 10.1093/bja/aev452