Herzschwäche (Herzinsuffizienz) – Medizingerätediagnostik

Obligate Medizingerätediagnostik bei akuter Herzinsuffizienz

  • Echokardiographie (Echo; Herzultraschall) – entweder transthorakal ("durch den Brustkorb (Thorax) hindurch") oder transösophageal (TEE; "durch die Speiseröhre (Ösophaugus) hindurch") [zur Einschätzung der linksventrikulären (der linken Herzkammer betreffend) Ejektionsfraktion (LVEF; Pumpfunktion) und deren Wandstärke; dopplergestützte Untersuchung auf Vitien (Herzklappenfehler); Schätzung des pulmonalarteriellen Drucks; Ausschluss bzw. Nachweis intrakardialer Thromben/Blutgerinnsel im Herzen]
  • Elektrokardiogramm (EKG; Aufzeichnung der elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels; Ruhe-EKG mit 12 Ableitungen)
    • Möglicherweise stellen sich dar: ST-Strecken-Hebungen; ST-Strecken-Senkungen; neue T-Welle; Vorhofflimmern
    • QRS-Intervall > 120 ms – erhöhte Mortalität- oder Rehospitalisierungsrate innerhalb von zehn Monaten [1]
    • QRS/Körpergewicht-Ratio könnte ein Marker für ein hohes Risiko bei Personen mit einer HFrEF sein; Zusammenhang zwischen QRS/Körpergröße und Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) zeigte sich allerdings nur bei Männern, nicht aber bei Frauen [6].
  • Röntgenaufnahme des Thorax (Röntgen-Thorax/Brustkorb), in zwei Ebenen – zur Feststellung von:
    • Myokardvergrößerung (vergrößerter Herz-Thorax-Quotient, Normalbefund: < 0,5; Kardiomegalie? Dilatation?)
    • pulmonale Stauung (Lungenstauung) mit:
      • kurzen, waagerechten Kerley-B-Linien (Linien, die in den unteren Lungenabschnitten nahe der Thoraxwand im sogenannten costophrenischen Winkel verlaufen; vorwiegend rechtsseitig)
      • symmetrischer perihilärer ("um den Lungenstiel herum") Verdichtung und ggf. eine dilatierte V. azygos 
  • Sauerstoffsättigung im Blut (Pulsoxymetrie; Messung der Sauerstoffsättigung (SpO2des arteriellen Blutes sowie der Pulsfrequenz)
  • Lungensonographie (Synonyme: Lungenultraschall; engl. Lung ultrasonography, LUS) – Nachweis einer pulmonalvenösen Stauung/Stauung der Lungenvenen [Nachweis von B-Linien: durch den Blutrückstau verursachte interstitielle Flüssigkeitsansammlung (in den Zwischenräumen);  Stauungslunge: wenn Gesamtzahl der B-Linien in acht Thoraxregionen/Brustkorbregionen (vier pro Seite) bei drei oder mehr liegt]
    Eine LUS-geleitete Herzinsuffizienztherapie führt dazu, dass das Risiko notfallmäßig ärztliche Hilfe zu benötigen, signifikant kleiner als bei einer Standardversorgung ohne LUS [4].

Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung, Labordiagnostik und obligaten Medizingerätediagnostik – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Herzkatheteruntersuchung – bei Verdacht auf akutes Koronarsyndrom (AKS bzw. ACS, acute coronary syndrome; Spektrum von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das von der instabilen Angina pectoris (iAP; engl unstable angina, UA) bis zu den beiden Hauptformen des Myokardinfarkts (Herzinfarkt), dem Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und dem ST-Hebungsinfarkt (STEMI), reicht)
  • Computertomographie des Thorax/Brustkorb (Thorax-CT) – zur Beurteilung der Herzgröße/Lungengefäßzeichnung

Obligate Medizingerätediagnostik bei chronischer Herzinsuffizienz

  • Echokardiographie (Echo; Herzultraschall) – entweder transthorakal oder transösophageal
    [echokardiographische Beurteilung der Ejektionsfraktion (Pumpfunktion):
    • HFrEF: "Heart Failure with reduced Ejection Fraction"; Herzinsuffizienz mit verminderter Ejektionsfraktion/Auswurffraktion (= systolische Herzinsuffizienz; Synonym: isolierte systolische Dysfunktion; Systole ist die Anspannungs- und dadurch Blut-Ausströmungsphase des Herzens)
      • Abnahme der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF < 40 %
        = "heart failure with reduced ejection fraction" (HFrEF)) bei erhöhtem linksventrikulär-enddiastolischem Druck und Volumen (LVEDP und LVEDV) 
    • HFmrEF: "Heart Failure mid-range Ejection Fraction"; "Mittelklasse" der Herzinsuffizienz [ca. 10-20 % der Patienten] [1]:
      • LVEF 40-49 %
      • Erhöhte Serumkonzentration natriuretischer Peptide (BNP > 35 pg/ml und/oder NT-proBNP > 125 pg/ml) und
      • Echokardiografische Hinweise auf relevante strukturelle Herzerkrankung (LVH und/oder LAE) und/oder diastolische Dysfunktion (s. u. *)
    • HFpEF: "Heart Failure with preserved Ejection Fraction"; Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (= diastolische Herzinsuffizienz; Synonym: diastolische Dysfunktion; Diastole ist die Erschlaffungs- und somit Blut-Einströmungsphase); diese ist definiert als:
      • LVEF: ≥ 50 %
        = verminderte Dehnbarkeit (Compliance) vorwiegend des linken Ventrikels des Herzens bei normaler systolischer Pumpfunktion 
      • Erhöhte Serumkonzentration natriuretischer Peptide (BNP > 35 pg/ml und/oder NT-proBNP > 125 pg/ml)
      • Echokardiografische Hinweise auf relevante strukturelle Herzerkrankung (LVH und/oder LAE) und/oder diastolische Dysfunktion (s. u. *)
      *Hier fordern die Leitlinien das mehrere Parameter, die strukturelle Veränderungen des Herzen repräsentieren, für die Diagnose entscheidend sind:
      • Vergrößerung des linken Vorhofs (und ggf. konsekutiv auch der rechten Herzhöhlen)
      • LV-Hypertrophie und v. a. die Veränderung des Dopplersonographieprofils über der Mitralklappe mit
        • Anstieg des E:A-Verhältnisses auf > 2 ("restriktives Füllungsprofil über der Mitralklappe")
        • Abfall des e‘ auf < 9 cm/s und Anstieg des E:e’-Verhältnisses auf > 13 (Wert: < 8 gilt als normal)]
  • Elektrokardiogramm (EKG; Aufzeichnung der elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels)
  • Belastungs-EKG
  • Röntgenaufnahme des Thorax (Röntgen-Thorax/Brustkorb), in zwei Ebenen – zur Feststellung von Myokardvergrößerung/Herzmuskelvergrößerung (Dilatation?), Lungenstauung oder Lungenödem (Wasseransammlung in der Lunge)

Legende

  • LVEF: linksventrikuläre Ejektionsfraktion; Auswurffraktion (auch Austreibungsfraktion) der linken Herzkammer bei einem Herzschlag
  • LAE: Vergrößerung des linken Vorhofs (linksatrialer Volumenindex [LAVI] > 34 ml/m2
  • LVH: linksventrikuläre Hypertrophie (linksventrikulärer Muskelmassenindex [LVMI] ≥ 115 g/m2 für Männer und ≥ 95 g/m2 für Frauen)

Echokardiographische HFpEF-Diagnostik 

Positionspapier der American Society of Echocardiography (ASE) und der European Association of Cardiovascular Imaging (EACVI) [s. u. Leitlinien]. 

Bei erhaltener Ejektionsfraktion sind vier Parameter zu bestimmen:

  1. Das mittlere E/e‘ Verhältnis sollte > 14 sein.
  2. Die septale e‘ Velocity sollte < 7 cm/s oder die laterale < 10 cm/s betragen.
  3. Die TR Velocity sollte > 2,8 m/s liegen.
  4. Der linksatriale Vorhofindex (LAVI) sollte > 34 ml/m² betragen.

Interpretation

  • Ein Parameter von vier erfüllt → diastolische Funktion: ist als normal anzusehen
  • zwei Parameter erfüllt → "unklare" Situation
  • Drei oder vier Parameter erfüllt  diastolische Dysfunktion

Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung, Labordiagnostik und obligaten Medizingerätediagnostik – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Atemstoßtest oder Spirometrie (Basisuntersuchung im Rahmen der Lungenfunktionsdiagnostik) – zur Abgrenzung extrakardialer Dyspnoeursachen (nicht herzbedingte Atembeschwerden)
  • Positronenemissionstomographie (PET; Verfahren der Nuklearmedizin, mit dem die Erstellung von Schnittbildern lebender Organismen durch die Visualisierung der Verteilungsmuster schwach radioaktiver Substanzen ermöglicht wird) – zur Untersuchung der Myokardaktivität (Herzmuskelaktivität)
  • Single-Photon-Emissions-Tomographie (SPECT; funktionell bildgebendes Verfahren der Nuklearmedizin, mit welchem basierend auf dem Prinzip der Szintigraphie Schnittbilder lebender Organismen erstellt werden können) – zur Untersuchung der Myokardaktivität
  • Herzkatheteruntersuchung (HKU) bei Verdacht auf Myokardischämie (Durchblutungsstörung des Herzmuskels)
  • Rechtsherzkatheteruntersuchung unter Belastung (Fahrradergometer im Liegen) als Goldstandard  bei Verdacht auf 
    • konstriktive Perikarditis ("Panzerherz"; Verkalkung des Herzbeutels (Perikard), der eine Ausdehnung des Herzens im Rahmen seiner Füllungsphase nicht mehr uneingeschränkt zulässt), 
    • restriktive Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung, die mit einer Verdickung der inneren Herzwand (Endocard) und mit einer vermehrten Einlagerung von Bindegewebe und Vernarbungen (Fibrosierung) des Herzmuskels einhergeht) oder angeborene Herzerkrankung; 
    • kann auch in Betracht gewählt werden bei ausgewählten Patienten mit HFpEF
      • Beinhebetest (Passive Leg Raise (PLR); einfaches Anheben der Beine) während der Katheteruntersuchung zur Messung des pulmonalkapillären Verschlussdrucks (Pulmonary Capillary Wedge Pressure, PCWP) – ermöglicht eine okkulte Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurffraktion auch ohne Zuhilfenahme des Fahrradergometers sicher zu diagnostizieren bzw. auszuschließen [9]:
        • Lungenkapillaren-Verschlussdruck (PCWP) im PLR von mindestens 19 mmHg kann die Diagnose HFpEF mit Sicherheit gestellt werden
        • PCWP-Werten unter 11 mmHg kann die Diagnose sicher ausgeschlossen werden
  • Computertomographie des Thorax/Brustkorb (Thorax-CT) – zur Beurteilung der Herzgröße/Lungengefäßzeichnung
  • Cardio-Magnetresonanztomographie (Cardio-MRT; cMRT) – erfasst nicht nur herzmechanische Parameter, sondern viele der zugrundeliegenden Pathologie (mikrovaskuläre Funktionsstörung, diffuse Fibrose, veränderte Füllung und veränderte vaskuläre Steifigkeit)
    • Mittels Echtzeit-MRT ist auch eine diastolische Herzinsuffizienz (Heart failure with preserved ejecton fraction (HFpEF)) nachweisbar. Die Untersuchung erfolgt dabei unter Ergometertraining [5].
    • Bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) hilft ein Stress-MRT bei der Risikoratifizierung. In einer Studie ließ sich bei 11,7% in der Bildgebung eine induzierbare Ischämie nachweisen, bei 9,4 % fand sich ein Late Gadolinium Enhancement (LGE); sowohl die Ischämie als auch die LGE sind unabhängige Prädiktor für schwere kardiovaskuläre Ereignisse (MACE: major adverse cardiovascular event; Inzidenz der kombinierten klinischen Endpunkte Herztod, Myokardinfarkt/Herzinfarkt) [8].

Weitere Hinweise

  • Ejektionsfraktion (Auswurffraktion) als Indikator für eine Herzinsuffizienz: Gemäß einer Studie, die auf einer Auswertung von 13 Publikationen mit Daten von über 25.000 Initial asymptomatischen Studienteilnehmern, die im Mittel ca. 8 Jahre lang begleitet worden, beruht, ist das Risiko der Entwicklung einer symptomatischen Herzinsuffizienz bei Patienten mit systolischer Funktionsstörung 4,6 mal bei denen mit diastolischer Funktionsstörung 1,7 mal höher als bei herzgesunden Menschen [2].
  • Einsekundenkapazität (engl. engl. Forced Expiratory Pressure in 1 Second, FEV1): Marker für die Risikoabschätzung bei chronischer Herzinsuffizienz: Ein niedriger FEV1-Wert ist ein Hinweis für eine zukünftige Verschlechterung der Herzinsuffizienz. Der FEV1-Wert korrelierte dabei mit der Funktion und der Struktur des linken Ventrikels (LV; linke Herzkammer). Dieses galt auch für Patienten mit und ohne chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sowie bei Rauchenden und Nichtrauchenden [7].

Literatur

  1. Wang NC, Maggioni AP, Konstam MA, Zannad F, Krasa HB, Burnett JC Jr, Grinfeld L, Swedberg K, Udelson JE, Cook T, Traver B, Zimmer C, Orlandi C, Gheorghiade M; Efficacy of Vasopressin Antagonism in Heart Failure Outcome Study With Tolvaptan (EVEREST) Investigators. Clinical implications of QRS duration in patients hospitalized with worsening heart failure and reduced left ventricular ejection fraction. JAMA. 2008 Jun 11;299(22):2656-66.
  2. Echouffo-Tcheugui JB et al.: Assessing the Risk of Progression From Asymptomatic Left Ventricular Dysfunction to Overt Heart Failure: A Systematic Overview and Meta-Analysis. JACC Heart Fail. 2016 Apr;4(4):237-48. doi: 10.1016/j.jchf.2015.09.015.
  3. Ponikowski P et al.: 2016 ESC Guidelines for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure: The Task Force for the diagnosis and treatment of acute and chronic heart failure of the European Society of Cardiology (ESC) Developed with the special contribution of the Heart Failure Association (HFA) of the ESC. Eur Heart J. 2016 May 20. doi:10.1093/eurheartj/ehw128
  4. Araiza-Garaygordobil D et al.: A randomized controlled trial of lung ultrasound guided therapy in heart failure (CLUSTER-HF study) Americain Heart Journal 15 June 2020 https://doi.org/10.1016/j.ahj.2020.06.003
  5. Backhaus SJ et al.: Exercise-Stress Real-time Cardiac Magnetic Resonance Imaging for Non-Invasive Characterisation of Heart Failure with Preserved Ejection Fraction: The HFpEF Stress Trial. Backhaus et. al., Circulation. 2021 Jan 21. https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCULATIONAHA.120.051542
  6. Chyou J et al.: Electroanatomic Ratios and Mortality in Patients With Heart Failure: Insights from the ASIAN‐HF Registry. J Am Heart Assoc. 2021;10:e017932. doi: 10.1161/JAHA.120.017932
  7. Heidorn MW et al.: Forced expiratory volume in one second predicts cardiac status and outcome in chronic heart failure Chest 17. August 2021 https://doi.org/10.1016/j.chest.2021.07.2176
  8. Pezel T et al.: Long-Term Prognostic Value of Stress CMR in Patients With Heart Failure and Preserved Ejection Fraction. J Am Coll Cardiol Img. 2021,14(12):2319-33
  9. Van de Bovenkamp AA et al.: The Value of Passive Leg Raise During Right Heart Catheterization in Diagnosing Heart Failure With Preserved Ejection Fraction. Circ Heart Fail 2022;15:e008935. https://doi.org/10.1161/CIRCHEARTFAILURE.121.008935

Leitlinien

  1. Nagueh SF et al.: Recommendations for the Evaluation of Left Ventricular Diastolic Function by Echocardiography: An Update from the American Society of Echocardiography and the European Association of Cardiovascular Imaging. Eur Heart J Cardiovasc Imaging 2016;17:1321-60 doi: 10.1093/ehjci/jew082. Epub 2016 Jul 15.
  2. Bauersachs J, Soltani S: Herzinsuffizienz: Leitlinien-Update der ESC 2023. Herz Volume 49, pages 19–21, (2024). doi.org/10.1007/s00059-023-05221-2