Herzschwäche (Herzinsuffizienz) – Folgeerkrankungen

Im Folgenden die wichtigsten Erkrankungen bzw. Komplikationen, die durch Herzinsuffizienz (Herzschwäche) mit bedingt sein können:

Atmungssystem (J00-J99)

  • Lungenödem – Wasseransammlung im Lungengewebe
  • Stauungsbronchitis (chronische Bronchitis mit ständigem Husten)

Blut, blutbildende Organe – Immunsystem (D50-D90)

  • Eisenmangelanämie (Blutarmut durch Eisenmangel)

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E99)

  • Untergewicht – bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz ist der relativ häufig auftretende chronische Gewichtsverlust seit Hippokrates als Syndrom der kardialen Kachexie bekannt; Gewichtsverlust bei chronischer Herzinsuffizienz gilt als isolierter unabhängiger Risikoparameter

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Akute Herzdekompensation mit plötzlichem Herztod (PHT)
  • Akute Rechtsherzversagen (RHV) als Folge eines Linksherzversagens
  • Apoplex (Schlaganfall)
  • Herzrhythmusstörungen, v.a. Extrasystolen (Herzschläge, die außerhalb des normalen Herzrhythmus auftreten), ventrikuläre (aus der Herzkammer kommend) Tachykardie (beschleunigter Puls auf über 100 Schläge pro Minute), Vorhofflimmern (VHF; Risikoerhöhung: Frauen: 350 %; Männer: 490 % [6])
    • Patienten mit Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion (= diastolische Herzinsuffizienz; HFpEF: "Heart Failure with preserved Ejection Fraction): tritt doppelt so häufig subklinisches Vorhofflimmern auf wie Personen ohne Herzinsuffizienz [20].
  • Kardiorenales Syndrom (KRS) – gleichzeitige Erscheinen einer Herz- und Niereninsuffizienz, bei der die akute oder chronische Funktionseinschränkung des einen Organs zu einer Funktionseinschränkung des anderen Organs führt
    • Bis zu 50 % aller Patienten mit Herzinsuffizienz leiden gleichzeitig an einer chronischen Niereninsuffizienz (CKD) (Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) anhaltend < 60 ml/min/1,73 m2) [8]
    • Patienten mit einer moderat eingeschränkten Nierenfunktion (> CKD-Stadium 3 bzw. einer GFR < 60 ml/min/1,73 m2) haben ein 3-fach höheres Risiko für eine Herzinsuffizienz als Patienten mit normaler Nierenfunktion (GFR > 90 ml/min/1,73 m2) [8]
  • Lungenembolie – Verschluss eines Lungengefäßes durch einen Blutpfropf
  • Plötzlicher Herztod (PHT)
    • systolische Herzinsuffizienz: mit ca. 40 % ist der PHT die wichtigste Todesursache [12]
    • diastolische Herzinsuffizienz (Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion; HFpEF: Heart Failure with preserved Ejection Fraktion): ca. 20 % PHT [12]
  • Thrombosen – Blutpfropfbildung in den Blutgefäßen

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Hypoxische Hepatitis bei akuter Herzinsuffizienz bzw. kardiogenen Schock (durch Herzversagen ausgelöster Schock)
  • Leberstauung bei chronischer Herzinsuffizienz → Anstieg der Cholestaseparameter (Cholestaseparameter: AP (alkalische Phosphatase), GGT (γ-GT, Gamma-GT; Gamma-Glutamyl-Transferase), Bilirubin) [s. a. unter Labordiagnostik]

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Osteoporose (Knochenschwund)
  • Sarkopenie (Muskelschwäche bzw. Muskelabbau) 

Neubildungen (C00-D48)

  • Erhöhtes Krebsrisiko (Hazard Ratio, HR: 1,76; p ˂ 0,001): deutlichste Assoziation bestand für Tumoren der Lippe, Mundhöhle und Pharynx, gefolgt von respiratorischen Krebserkrankungen und Genitaltumoren bei Frauen [18]:
    • Lippen-, Mundhöhlen- und Rachenkrebs (Hazard Ratio (HR) von 2,10)
    • Krebs der Atemwege (HR 1,91)
    • Krebserkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane (HR 1,86)
    • Hautkrebs (HR 1,83)
    • Lymphome und Leukämien (HR 1,77)
    • Krebserkrankungen des Verdauungs­traktes (HR 1,75)
    • Brustkrebs (HR 1,67)
    • Krebserkrankungen des Urogenitaltraktes (HR 1,64)
    • Krebserkran­kun­gen der männlichen Geschlechtsorgane (1,52)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Demenz
  • Depression
  • Insomnie (Schlafstörungen; die Leichtschlafphase nimmt mehr als die Hälfte des Gesamtschlafes ein [1])
  • Psychose
  • Schlafapnoe: ca. 50 % aller Patienten mit akuter Herzinsuffizienz haben eine zentrale Schlafapnoe (ZSA).
    Fazit: Bei allen Patienten mit einer Ejektionsfraktion (Auswurffraktion) von unter 40 Prozent sollte nach einer Schlafapnoe gefahndet werden.
    Therapie: Die Behandlung erfolgt mittels der Adaptiven Servo-Ventilation (ASV). Dabei werden Einatmungs- und Ausatmungsdruck jeweils pro Atemzug neu bestimmt. Bei stabiler Atmung liefert das Gerät nur eine minimale Druckunterstützung. Dadurch werden bessere Ergebnisse erzielt als mit der CPAP ("continuous positive airway pressure" (Überdruckatmung): Die Zahl der Atemaussetzer nimmt deutlicher ab und die Herzfunktion bessert sich stärker.
    Beachte: In einer Studie wurden Herz-Patienten mit und ohne diese Beatmungshilfe untersucht. Dabei stellte sicher heraus, dass sich die Mortalität (Sterberate) bei Herzinsuffizienz-Patienten, wenn sie per ASV beatmet wurden, sogar erhöhte (34,8 % versus 29,3 %; HR 1.28; P = 0.01 und 29,9 % versus 24,0 %; HR 1.34; P = 0.006) [5].
  • Verminderte Hirnleistung
    • Kognitionsstörung (mild cognitive impairment, MCI)
    • 41 Prozent: Defizite in der Reaktionszeit; 46 Prozent: Defizite im verbalen Gedächtnis; stärkere Atrophie des Temporallappens [11]

Symptome und abnorme klinische und Laborparameter, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Kachexie (kardiale Kachexie; Auszehrung, starke Abmagerung)
  • Kardiogener Schock (Form des Schocks, der durch eine geschwächte Pumpleistung des Herzens verursacht wird)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Akutes Nierenversagen (ANV)

Weiteres

  • Lunge: 
    • restriktive Lungenfunktion (Vitalkapazität und die totale Lungenkapazität ↓) und/oder obstruktive Lungenfunktion (Atemwegswiderstand ↑)
    • Hyperventilation (übermaßig schnelles und tiefes Atmen) mit Hypokapnie (verminderter Kohlenstoffdioxidpartialdruck im arteriellen Blut), in Ruhe und unter Belastung (häufig)

Prognosefaktoren

  • Anämie (Blutarmut) – Eisenmangelanämie (Blutarmut durch Eisenmangel) (10-33 %)bereits ein funktioneller Eisenmangel ohne Anämie (Ferritin 100-300 ng/ml und Transferrinsättigung (engl. transferrin saturation, TSAT) < 20 %) verschlimmert die Symptomatik bei Herzinsuffizienz-Patienten und damit deren Prognose.
    Bei Patienten mit Eisenmangel sind zwei Gruppen zu unterscheiden:
    • niedrige Eisenspeicher (LIS, low iron storage): Transferrinsättigung im Blut < 20 % + Serumferritinkonzentration max. 128 ng/ml.
    • defekte Eisenutilisation (DIU, defective iron utilization): Transferrinsättigung im Blut  < 20 % +  Serumferritinkonzentration > 128 ng/ml. 
    In einer prospektiven Beobachtungsstudie waren nur kaum gefüllte Eisenspeicher mit einer erhöhten Mortalität (Sterberate) und häufigerer stationärer Versorgung wegen Herzinsuffizienz assoziiert [14].
  • Anorexie (Appetitlosigkeit) – drei unabhängige Vorhersagemerkmale, die die Appetitlosigkeit bei Herzinsuffizienz begünstigen: Aktivierung von Entzündungshormonen, die Einnahme von Schleifendiuretika und Kachexie [9]
  • Rauchen
  • Angina pectoris (AP; "Brustenge"; plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend)
  • Angeborene oder erworbene Herzfehler
  • Atemwegserkrankungen
  • Belastungsdyspnoe/CARBOSE (comfortable at rest but breathless on slight exertion; Patienten, die bei einer Einweisung in das Krankenhaus sich sich in Ruhe wohlfühlen, aber schon bei geringer Anstrengung eine Kurzatmigkeit haben, haben die schlechtere Prognose als die Patienten, die mit einer Ruhedyspnoe eingewiesen wurden (wahrscheinlich ist die Belastungsdyspnoe ein Spiegelbild einer schweren Dysfunktion des rechten Herzens) [2]
  • Hohe Ruheherzfrequenz bei HFrEF ("heart failure with reduced ejection fraction"; Herzinsuffizienz mit verminderter Ejektionsfraktion/Auswurffraktion (= systolische Herzinsuffizienz)
  • Abnahme der Ejektionsfraktion
  • Niedrige Ejektionsfraktion (Auswurffraktion)
  • Niedriger systolischer Druck: Patienten mit Linksherzschwäche bei erhaltener systolischer Pumpfunktion (HFpEF) leben länger und besser, wenn ihr systolischer Druck nicht zu niedrig ist (< 120 mmHg) [10].
  • Depression – fünffach erhöhtes Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) jeglicher Ursache innerhalb eines Jahres (HR 5,2; 95 % CI 2,4-10,9; p <0,001); der Grad der Depression korrelierte mit der Mortalität (Sterberate) innerhalb des einjährigen Beobachtungszeitraums wie folgt [4]:
    • bei moderater bis schwerer Depression verstarb jeder Zweite
    • bei milder Depression verstarb gut jeder Fünfte (22,2 %)
    • ohne Depression verstarben nur 8,7 %
  • Endokrinologische Erkrankungen und Stoffwechselerkrankungen – z. B. Diabetes mellitus (Insulinresistenz): Diabetes mellitus Typ-2: 3-fach höhere Mortalität im Vergleich zu Patienten ohne Herzinsuffizienz [15]
  • Entzündliche Herzerkrankungen – Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Endokarditis (Herzinnenhautentzündung), Perikarditis (Herzbeutelentzündung)
  • Herzklappenerkrankungen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Kardiale Kachexie (herzbedingte Abmagerung)
  • Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung)
  • Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung)
  • Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
  • Neubildungen – maligne (bösartige) Erkrankungen
  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Schlafapnoe (s. o. "Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)/Schlafapnoe")
  • Subklinische Hypothyreose ("milde" Schilddrüsenunterfunktion, die sich meist nur an einer Veränderung des Schilddrüsenparameters TSH zeigt) – TSH-Werte von ≥ 7 mlU/L gehen mit einer deutlich schlechteren Prognose einher; ebenso das Low T3-Syndrom (Triiodothyronine (T3) zu niedrig sowie TSH- und FT4-Werte im Normbereich) [13]
  • Synkopen (kurzzeitige Bewusstlosigkeit)
  • Unterernährung – Risikofaktor für die kurz- und langfristige Mortalität und andere klinische Ergebnisse [16,17]
  • Vaskulitiden (entzündlich-rheumatische Erkrankungen, die durch eine Neigung zu Entzündungen der (meist) arteriellen Blutgefäße gekennzeichnet sind) und anderen Autoimmunerkrankungen
  • Vitamin-D-Mangel (25-Hydroxyvitamin-D-Plasmaspiegel im Bereich < 75 nmol/l) (Vitamin-D-Supplementierung hat keinen Einfluss auf die Mortalität) [7]
  • Medikamente: Ein schlechtes Ansprechen auf Diuretika steht bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz (AHI) mit einem niedrigen Blutdruck, einer Nierenfunktionsstörung, einer niedrigen Harnausscheidung und einem erhöhten Mortalitätsrisiko oder erneute Krankenhausaufnahme kurz nach der Entlassung in Zusammenhang [3].
  • Klima: Erhöhtes Risiko für eine Hospitalisierung besteht je höher der Luftdruck und je höher die Temperatur ist, aber auch bei tiefen Temperaturen nimmt das Risiko für eine Hospitalisierung zu. Niedrige Luftdrücke und zugleich eine Temperatur von 10-20 °C war mit dem geringsten Hospitalisierungsrisiko verbunden [19]. Einschränkung: Studie erfolgte in Spanien und ist nicht unbedingt auf andere Länder übertragbar.

Literatur

  1. Türoff et al.: Schlafqualität und -quantität bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz im Vergleich zu einem Vergleichskollektiv ohne kardiale Vorgeschichte. Clin Res Cardiol 103, Suppl 2, Oktober 2014 – Beitrag PP100
  2. Shoaib A, Waleed M, Khan S, Raza A, Zuhair M, Kassianides X, Djahit A, Goode K, Wong K, Rigby A, Clark A, Cleland J: Breathlessness at rest is not the dominant presentation of patients admitted with heart failure. Eur J Heart Fail. 2014 Dec;16(12):1283-91. doi: 10.1002/ejhf.153
  3. ter Maaten JM et al. :Diuretic response in acute heart failure – an analysis from ASCEND-HF. DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.ahj.2015.05.003
  4. Sokoreli I: Depression as an independent risk factor for all-cause mortality in heart failure patients; Heart Failure Congress 2015; 23. Mai 2015; Poster P320
  5. Martin R. Cowie, Holger Woehrle, Karl Wegscheider, Christiane Angermann, Marie-Pia d’Ortho, Erland Erdmann, Patrick Levy, Anita K. Simonds, Virend K. Somers, Faiez Zannad, Helmut Teschler. Adaptive Servo-Ventilation for Central Sleep Apnea in Systolic Heart Failure. New England Journal of Medicine, 2015; 150901000122008 doi: 10.1056/NEJMoa1506459
  6. Benjamin EJ, Levy D, Vaziri SM et al. (1994) Independent risk factors for atrial fibrillation in a population-based cohort: the Framingham Heart Study. JAMA 271(11):840-844
  7. Zittermann A et al.: Effect of vitamin D on all-cause mortality in heart failure (EVITA): a 3-year randomized clinical trial with 4.000 IU vitamin D daily, Eur Heart J 2017, doi: https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehx235
  8. Schefold JC et al.: Heart failure and kidney dysfunction: epidemiology, mechanisms and management. Nat Rev Nephrol 2016 Oct;12(10):610-23. doi: 10.1038/nrneph.2016.113. Epub 2016 Aug 30.
  9. Saitoh M et al.: Anorexia, Functional Capacity, and Clinical Outcome in Patients with Chronic Heart Failure: Results from the Studies Investigating Co-Morbidities Aggravating Heart Failure (SICA-HF) ESC heart failure 2017 Nov;4(4):448-457. doi: 10.1002/ehf2.12209. Epub 2017 Sep 27.
  10. Tsimploulis A et al.: Systolic Blood Pressure and Outcomes in Patients With Heart Failure With Preserved Ejection Fraction. JAMA Cardiol 2018, online 14. Februar https://doi.org/10.1001/jamacardio.2017.5365
  11. Frey A et al.: Cognitive Deficits and Related Brain Lesions in Patients With Chronic Heart Failure. JACC: Heart Failure Volume 6, Issue 7, July 2018 doi: 10.1016/j.jchf.2018.03.010
  12. Carson PE: Trying to Make Progress on Survival in a Complicated Area. J Am Coll Cardiol HF. 4. März 2018; https://doi.org/10.1016/j.jchf.2018.04.007
  13. Kannan L, Shaw P, Morley M et al.: Thyroid Dysfunction in Heart Failure and Cardiovascular Outcomes. Circulation: Heart Failure. 2018;11:e005266 https://doi.org/10.1161/CIRCHEARTFAILURE.118.005266
  14. Beverborg NG et al. Differences in Clinical Profile and Outcomes of Low Iron Storage vs Defective Iron Utilization in Patients With Heart Failure: Results From the DEFINE-HF and BIOSTAT-CHF Studies. JAMA Cardiol 2019. doi: https://doi.org/10.1001/jamacardio.2019.1739
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