Herzschwäche (Herzinsuffizienz) – Anamnese
Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Herzinsuffizienz (Herzschwäche) dar.
Familienanamnese
- Gibt es in Ihrer Familie häufig Herzerkrankungen?
Soziale Anamnese
Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)
- Bemerken Sie Atemnot, wenn Sie sich belasten?
- Ab welcher Belastung tritt die Atemnot auf?
- Haben Sie Atemnot ohne Belastung?*
- Werden Sie nachts wach wegen Atemnot?*
- Schwellen Ihre Beine tagsüber an?
- Müssen Sie nachts zum Wasserlassen aufstehen? Wenn ja, wie oft?
- Leiden Sie unter nächtlichem Husten?
- Ist Ihnen öfter übel oder haben Sie Schmerzen in der Magengegend?
- Haben Sie einen vermehrten Umfang an Bauch oder Beinen bemerkt?
- Müssen Sie häufig husten und haben dabei schaumigen Auswurf?
- Fühlen Sie sich vermindert leistungsfähig?
- Bemerken Sie einen schnellen Puls?
- Haben Sie häufig kalte und bläulich verfärbte Lippen und Finger?
- Haben Sie kalten Schweiß, sind Sie blass und haben Sie einen Blutdruckabfall?*
Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese
- Sind Sie übergewichtig? Geben Sie bitte Ihr Körpergewicht (in kg) und Ihre Körpergröße (in cm) an.
- Haben Sie an Körpergewicht verloren?
- Hat sich Ihr Appetit verändert?
- Bewegen Sie sich täglich ausreichend?
- Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
- Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
- Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?
Eigenanamnese inkl. Medikamentenanamnese
- Vorerkrankungen (Herzerkrankungen: Hypertonie (Bluthochdruck), koronare Herzkrankheit (KHK))
- Operationen
- Allergien
Medikamentenanamnese
- Calcimimetikum (Etelcalcetid) → Verschlechterung einer Herzinsuffizienz
- Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR; non steroidal anti inflammatory drugs, NSAID) [1]; soweit nicht mit anderer Literatur hinterlegt
- 19 % erhöhtes Risiko für eine dekompensierte Herzinsuffizienz
Ein signifikant höheres Risiko war assoziiert mit der momentanen Einnahme von Diclofenac, Etoricoxib, Ibuprofen, Indomethacin, Ketorolac, Naproxen, Nimesulid, Piroxicam, Rofecoxib - Nicht-selektive NSAIDs: Ibuprofen, Naproxen und Diclofenac führten zu einer Risikoerhöhung um 15 %, 19 % und 21 %
- COX-2-Hemmer Rofecoxib und Etoricoxib führten zu einer Risikoerhöhung um 34 % und 55 %
- Sehr hohe Dosen von
- Diclofenac, Etoricoxib, Indomethacin, Piroxicam und Rofecoxib führten sogar zu einem mehr als doppelt so hohem Risiko (OR: 2,2; 2,3; 2,5; 2,1; 2,0)
- Ibuprofen (OR: 1,9; Konfidenzintervall: 0,8 bis 4,6)
- Größte Gefährdung für eine herzinsuffizienz-bedingte Klinikeinweisung ging von Ketoralac aus (Odds Ratio, OR: 1,94)
- Acetylsalicylsäure (ASS) – 26 % erhöhtes Risiko für eine Herzinsuffizienz-Diagnose [3]
- Kurzzeitige NSAR-Therapie (14 Tage) bei Typ-2-Diabetes geht mit einem erhöhten Risiko für die Neudiagnose einer Herzinsuffizienz einher, vor allem bei Älteren und schlecht eingestelltem HbA1c [5].
- 19 % erhöhtes Risiko für eine dekompensierte Herzinsuffizienz
- Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker):
- Typ-2-Diabetiker, die noch keine kardiovaskuläre Erkrankung hatten, und regelmäßig PPI einnahmen (an mindestens vier Tagen die Woche für wenigstens vier Wochen), hatten ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko eine Herzinsuffizienz zu erleiden (+35 %) [4].
- Beachte: "Die Indikation von Arzneistoffen, die den klinischen Zustand von Patienten mit Herzinsuffizienz negativ beeinflussen können, sollte kritisch geprüft werden. Dazu zählen z. B. Antiarrhythmika der Klassen I und III, Calciumkanalblocker (außer Amlodipin, Felodipin) und nichtsteroidale Antiphlogistika". Siehe dazu in Tabelle 19: Ausgewählte Medikamente, die den klinischen Zustand von Patienten mit HFrEF negativ beeinflussen können [S3-Leitlinie].
Umweltanamnese
- Luftschadstoffe: Exposition gegenüber Feinstaub (PM 2,5), Stickoxiden und 9,3 dB Straßenverkehrslärm.
Ehemalige Raucher und Krankenschwestern mit Bluthochdruck zeigten die stärksten Assoziationen mit Partikeln mit einem Durchmesser < 2,5 µm (P-Effekt-Modifikation <0,05) [2].
* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)
Literatur
- Arfè A et al.: Non-steroidal anti-inflammatory drugs and risk of heart failure in four European countries: nested case-control study. BMJ 2016; 354 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.i4857 (Published 28 September 2016)
- Lim YH et al.: Long‐Term Exposure to Air Pollution, Road Traffic Noise, and Heart Failure Incidence: Journal of the American Heart Association ;0:e021436 published 6 Oct. 2021 https://doi.org/10.1161/JAHA.121.021436
- Mujaj B et al.: Aspirin use is associated with increased risk for incident heart failure: a patient-level pooled-analysis. ESC Heart Failure 2021. https://doi.org/10.1002/ehf2.13688.
- Geng T et al.: Proton Pump Inhibitor Use and Risks of Cardiovascular Disease and Mortality in Patients With Type 2 Diabetes. J Clin Endocrinol Metab 2022 dgac750; https://doi.org/10.1210/clinem/dgac750
- Holt A et al.: Heart Failure Following Anti-Inflammatory Medications in Patients With Type 2 Diabetes Mellitus. J Am Coll Cardiol 2023; https://doi.org/10.1016/j.jacc.2023.02.027
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Nationale VersorgungsLeitlinie Chronische Herzinsuffizienz. (AWMF-Registernummer: nvl - 006), Oktober 2019 Langfassung