Herzmuskelerkrankungen (Kardiomyopathien) – Ursachen
Pathogenese der Kardiomyopathien (Herzmuskelerkrankungen) – Ein Überblick
Kardiomyopathien umfassen eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die primär den Herzmuskel betreffen und strukturelle sowie funktionelle Anomalien des Myokards (Herzmuskels) aufweisen. Sie sind durch eine Vielzahl genetischer, mechanischer, entzündlicher und metabolischer Faktoren bedingt und lassen sich nach der WHO- und ESC-Klassifikation in vier Hauptformen einteilen:
- Dilatative Kardiomyopathie (DCM)
- Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)
- Restriktive Kardiomyopathie (RCM)
- Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)
Zusätzlich existieren nicht-klassische oder sekundäre Kardiomyopathien, die aufgrund anderer systemischer Erkrankungen entstehen, wie z. B. bei Amyloidose, Hämochromatose oder Endokrinopathien.
Dilatative Kardiomyopathie (DCM)
Die DCM ist charakterisiert durch eine Dilatation (Erweiterung) und eine reduzierte systolische Funktion des linken Ventrikels (Herzkammer), was zu einer Abnahme der Auswurfleistung führt.
Pathogenetische Mechanismen:
- Genetische Ursachen: In bis zu 50 % der Fälle liegt eine genetische Mutation vor (meist in Sarkomer- und Zytoskelett-Proteinen wie Titin oder Lamin).
- Entzündliche Prozesse: Postmyokarditische Formen, z. B. nach viralen Infekten (Enteroviren, Parvovirus B19).
- Toxische Ursachen: Alkohol, Drogen (z. B. Kokain), Chemotherapeutika (Anthrazykline).
- Metabolische Störungen: Diabetes mellitus, Hypothyreose, chronische Niereninsuffizienz.
- Autoimmunerkrankungen: Rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes.
Die DCM führt zu einer Abnahme der Kontraktilität und einer erhöhten Wandspannung, was eine Progression zur Herzinsuffizienz begünstigt.
Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)
Die HCM ist gekennzeichnet durch eine abnorme Hypertrophie (Verdickung) des Myokards, die nicht durch eine Druck- oder Volumenbelastung verursacht ist.
Pathogenetische Mechanismen:
- Genetische Mutationen: HCM ist meist autosomal-dominant vererbt, oft mit Mutationen in Genen, die für Proteine des Sarkomers kodieren (z. B. Beta-Myosin-Schwerketten-Gen, Troponin T).
- Diastolische Dysfunktion: Die Hypertrophie führt zu einer eingeschränkten Relaxation und Füllung des linken Ventrikels (diastolische Funktionsstörung).
- Outflow-Trakt-Obstruktion: Bei ca. 70 % der Fälle kommt es zu einer dynamischen Obstruktion des linksventrikulären Ausflusstrakts (LVOT).
Die HCM ist eine der häufigsten Ursachen für plötzlichen Herztod bei jungen Menschen und Athleten.
Restriktive Kardiomyopathie (RCM)
Die RCM ist durch eine verminderte Dehnbarkeit (Compliance) des Myokards gekennzeichnet, was zu einer erhöhten Füllungsdruckdifferenz zwischen den Vorhöfen und den Ventrikeln führt.
Pathogenetische Mechanismen:
- Fibrose und Ablagerungen: Primäre (idiopathische) oder sekundäre (infiltrative) Ursachen wie Amyloidose, Sarkoidose und Hämochromatose.
- Strukturelle Anomalien: Myokardiale Infiltrationen durch Proteine, Eisen oder Entzündungszellen führen zu einer erhöhten Steifigkeit des Myokards.
- Endomyokardiale Fibrose: Kann durch Hypereosinophilie oder endomyokardiale Fibroelastose verursacht sein.
RCM resultiert in einer restriktiven diastolischen Füllung, was zu einer diastolischen Dysfunktion und klinisch einer rasch progredienten Herzinsuffizienz führt.
Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)
Die ARVC ist charakterisiert durch eine fokale oder diffuse Fett- und Fibrose-Infiltration des rechten Ventrikels, was zu Arrhythmien und rechtsventrikulärer Dysfunktion führt.
Pathogenetische Mechanismen:
- Genetische Defekte: Mutation in Desmosomen-Proteinen (Plakoglobin, Desmoplakin).
- Myokardiale Degeneration: Verlust von Myozyten und Ersetzung durch Fettgewebe und Bindegewebe, was zu einer gestörten elektrischen Erregungsleitung führt.
- Entzündliche Prozesse: Begünstigen die Entwicklung einer rechtsventrikulären Dysfunktion.
Die ARVC ist eine häufige Ursache für ventrikuläre Tachykardien und plötzlichen Herztod im jungen Erwachsenenalter.
Nicht-klassische oder sekundäre Kardiomyopathien
Sekundäre Kardiomyopathien entstehen aufgrund systemischer Erkrankungen, die das Myokard betreffen:
- Infiltrative Erkrankungen: Amyloidose, Hämochromatose.
- Endokrinopathien: Hyperthyreose, Akromegalie, Phäochromozytom.
- Systemische Bindegewebserkrankungen: Sklerodermie, Dermatomyositis.
- Nutritional Deficiencies: Thiaminmangel (Beriberi), Selenmangel (Keshan-Krankheit).
- Speichererkrankungen: Morbus Pompe, M. Fabry.
Zusammenfassung
Die Kardiomyopathien stellen eine heterogene Gruppe von Herzmuskelerkrankungen dar, die sich in ihren Ursachen, pathologischen Mechanismen und klinischen Erscheinungsformen unterscheiden. Die häufigsten Formen sind die dilatative, hypertrophe, restriktive und arrhythmogene Kardiomyopathie. Die Einordnung erfolgt nach den strukturellen und funktionellen Veränderungen des Myokards, wobei genetische, toxische und entzündliche Faktoren eine wesentliche Rolle spielen.
Dilatative (erweiterte) Kardiomyopathie (DCM)
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist eine myokardiale Erkrankung, die durch eine Dilatation (Erweiterung) und systolische Dysfunktion des linken Ventrikels (LV) charakterisiert ist. In vielen Fällen sind auch der rechte Ventrikel und die Vorhöfe betroffen. Die DCM stellt die häufigste Form der Kardiomyopathien dar und führt klinisch zu einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurfleistung (HFrEF, heart failure with reduced ejection fraction).
Genetische Ursachen
Genetische Defekte sind in ca. 40–50 % der Fälle ursächlich für die DCM. Meist handelt es sich um autosomal-dominant vererbte Mutationen in Genen, die für Strukturelemente und Proteine des Sarkomers (Kontraktionsstruktur der Muskelfasern), Zytoskeletts (Zellskelett) oder der Kernmembran (Kernhülle) kodieren.
- Titin (TTN): Die häufigste genetische Ursache der DCM. Mutationen im TTN-Gen führen zu einer Dysfunktion des riesigen Proteins, welches für die strukturelle Integrität und Elastizität der Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen) verantwortlich ist.
- Lamin A/C (LMNA): Mutationen in diesem Gen sind mit einer schweren Verlaufsform der DCM assoziiert, die häufig von Herzrhythmusstörungen und einem plötzlichen Herztod begleitet ist.
- Dystrophin: Eine Mutation im Dystrophin-Gen kann zu DCM führen und ist mit Muskeldystrophien wie der Duchenne- oder Becker-Muskeldystrophie assoziiert.
- Desmin (DES): Defekte in Desmin, einem Protein des Zytoskeletts, beeinträchtigen die Stabilität der Herzmuskulatur.
Entzündliche Ursachen
In vielen Fällen liegt eine Entzündung des Herzmuskels (Myokarditis) der DCM zugrunde. Myokarditiden können durch verschiedene Erreger (z. B. Viren, Bakterien, Pilze, Parasiten) oder durch Autoimmunprozesse ausgelöst werden.
- Virale Myokarditis: Enteroviren, Parvovirus B19, Coxsackieviren und Herpesviren sind häufige Auslöser. Die Infektion führt zur direkten Schädigung der Kardiomyozyten und zur Aktivierung von Immunprozessen, die eine chronische Entzündung verursachen.
- Autoimmunmyokarditis: Antikörper und T-Lymphozyten richten sich gegen Myokard-Antigene, was zu einer Immun-vermittelten Zerstörung der Herzmuskelzellen und einer progredienten Funktionseinschränkung führt.
Toxische Ursachen
Toxische Einflüsse können direkt die Kardiomyozyten schädigen und zur DCM führen:
- Alkohol: Chronischer Alkoholabusus ist die häufigste toxische Ursache der DCM und führt zur sogenannten „Alkoholischen Kardiomyopathie“. Alkohol und seine Metabolite beeinträchtigen die Funktion der Mitochondrien und des Zytoskeletts der Herzmuskelzellen.
- Drogen: Kokain und Amphetamine verursachen eine direkte Myokardtoxizität und eine vermehrte Ausschüttung von Katecholaminen, die zur Entstehung der DCM beitragen.
- Chemotherapeutika: Anthrazykline (z. B. Doxorubicin) sind bekannte Auslöser einer medikamentös-toxischen DCM, indem sie oxidativen Stress und Mitochondrienschäden verursachen.
- Schwermetalle: Blei, Quecksilber und Cobalt können die Struktur und Funktion der Herzmuskelzellen beeinträchtigen.
Metabolische Ursachen
Stoffwechselerkrankungen können durch verschiedene Mechanismen zur Entstehung einer DCM beitragen:
- Diabetes mellitus: Hyperglykämie (erhöhter Blutzucker) und Insulinresistenz (verringerte Antwort auf Insulin) führen zur Glykosylierung von Proteinen und einer Störung der Zellhomöostase (Zellgleichgewicht).
- Thiaminmangel (Beriberi): Ein Mangel an Vitamin B1 führt zu einer energetischen Dysfunktion der Myozyten (Muskelzellen).
- Hypothyreose und Hyperthyreose: Sowohl eine Unterfunktion als auch eine Überfunktion der Schilddrüse können strukturelle und funktionelle Veränderungen des Myokards induzieren.
- Hämochromatose: Eine Eisenüberladung führt zur Akkumulation von Eisen in den Myokardzellen und zur oxidativen Schädigung.
Autoimmun- und Systemerkrankungen
Systemische Autoimmunerkrankungen wie Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis und Sarkoidose können das Myokard (Herzmuskel) direkt befallen und zur Entstehung einer DCM führen.
- Sarkoidose: Granulome (entzündliche Knötchen) lagern sich im Myokard ab und stören die Struktur des Herzmuskels, was eine systolische Dysfunktion und Narbenbildung zur Folge hat.
Mechanische Ursachen und Überlastung
Eine chronische Druck- oder Volumenüberlastung führt zur Dehnung und schließlich zur Dilatation (Erweiterung) des linken Ventrikels:
- Aortenklappeninsuffizienz: Führt zu einer erhöhten Volumenbelastung des linken Ventrikels.
- Mitralinsuffizienz: Verursacht eine chronische Volumenüberlastung und damit eine Dilatation.
- Hypertonie (Bluthochdruck): Eine chronisch erhöhte Druckbelastung führt initial zur Hypertrophie und schließlich zur Dilatation des Ventrikels.
Idiopathische DCM
In etwa 20–30 % der Fälle kann keine spezifische Ursache identifiziert werden. Diese Fälle werden als idiopathische DCM klassifiziert.
Zusammenfassung
Die Pathogenese der dilatativen Kardiomyopathie ist vielfältig und beinhaltet genetische, entzündliche, toxische, metabolische, autoimmune und mechanische Faktoren. Die strukturelle Myokardschädigung führt letztlich zu einer eingeschränkten Kontraktilität des linken Ventrikels, einer zunehmenden Dilatation und schließlich zur Manifestation einer Herzinsuffizienz. Die Diagnose und Therapie der DCM müssen daher stets die zugrunde liegende Ätiologie berücksichtigen.
Ätiologie (Ursachen)
In ca. 50 % der Fälle ist die Ursache der dilatativen Kardiomyopathie unbekannt ("primäre/idiopathische Kardiomyopathie").
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung – ca. 30 % sind genetisch bedingte familiäre Formen
- X-chromosomal-rezessiv – Mutationen des Dystrophin-Gens
- autosomal-dominant – einhergehend mit Erregungsleitungsstörung sowie Sick-Sinus-Syndrom
- autosomal-rezessiv – Mutation der Gene der Fettsäureoxidation
- Mutationen der mitochondrialen DNA
- dilatierender Verlauf bei Mutationen (primär oder sekundär)
- Genetische Erkrankungen
- Amyloidose – neben den erworbenen Formen der Amyloidose (z. B. infolge eines Malignoms/bösartiger Tumor) gibt es Amyloidosen mit meist autosomal-dominantem Erbgang; führen zur Anreicherung von abnorm veränderten Proteinen im Interstitium, also im Zwischenzellraum
- Barth-Syndrom – angeborener Defekt des Phospholipid-Stoffwechsels (X-chromosomal-rezessiv vererbt); gekennzeichnet durch dilatative Kardiomyopathie (DCM; Herzmuskelerkrankung, die mit einer krankhafte Erweiterung (Dilatation) des Herzmuskels, besonders des linken Ventrikels (Herzkammer) einhergeht , Myopathie (Muskelerkrankung) der Skelettmuskulatur, Neutropenie (Verminderung der neutrophilen Granulozyten im Blut), verzögertes Wachstum und Organoazidurie; Pathogenese (Krankheitsentstehung): Störung der Atmungskette in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen); betrifft nur Jungen und tritt schon im frühen Kindesalter auf.
- Glykogenspeicherkrankheiten – Gruppe von Erkrankungen mit sowohl autosomal-dominantem als auch autosomal-rezessivem Erbgang, bei denen das in Körpergeweben gespeicherte Glykogen nicht oder nur unvollständig wieder abgebaut oder zu Glucose umgewandelt werden kann
- Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit, engl.: hematochromatosis; von griech. haima = Blut, chroma = Farbe) – autosomal-rezessive Erbkrankheit; Männer sind wesentlich häufiger betroffen als Frauen. Bei der Erkrankung kommt es zu einer erhöhten Resorption von Eisen im oberen Dünndarm
- Hurler-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; schwerste Form der Mukopolysaccharidose Typ I (MPS I), einer seltenen lysosomalen Speicherkrankheit mit charakteristischen Skelettdeformitäten und verzögerter motorischer und intellektueller Entwicklung
- Friedreich-Ataxie (FA; Morbus Friedreich) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems, die unter anderem zur Störung der Bewegungsabläufe führt; häufigste erbliche Ataxieform (Bewegungsstörung); Erkrankung setzt im Allgemeinen im Kindesalter oder im frühen Erwachsenenalter ein.
- Morbus Fabry (Synonyme: Fabry-Krankheit oder Fabry-Anderson-Krankheit) – X-chromosomal vererbte lysosomale Speicherkrankheit, die auf einem Defekt im Gen für das Enzym Alpha-Galaktosidase A beruht, die zu einer progredienten Akkumulation des Sphingolipids Globotriaosylceramid in den Zellen führt; mittleres Manifestationsalter: 3-10 Jahre; Frühsymptome: intermittierende Brennschmerzen, eine verminderte oder fehlende Schweißproduktion sowie gastrointestinale Probleme; unbehandelt kommt es im weiteren Verlauf zu einer zunehmenden Nephropathie (Nierenerkrankung) mit Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) und fortschreitender Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) sowie einer hypertrophen Kardiomyopathie (HCM; Erkrankung des Herzmuskels, der durch eine Verdickung der Herzmuskelwände gekennzeichnet ist).
- Morbus Gaucher – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; Lipidspeicherkrankheit durch den Defekt des Enzyms Beta-Glukozerebrosidase, die zu einer Speicherung von Cerebrosiden vor allem in der Milz und den markhaltigen Knochen führt
- Morbus Hunter – X-chromosomal-rezessive lysosomale Speicherkrankheit aus der Gruppe der Mukopolysaccharidosen (MPS; davon sind sieben Formen bekannt); klinisches Bild: erste unspezifische Symptome, wie häufige HNO-Infekte, treten in der Regel schon im frühen Kindesalter auf; Krankheitsverlauf ist progredient und führt zunehmend zu starken körperlichen und zum Teil kognitiven Einschränkungen: das Spektrum der Einschränkungen reicht vom frühen Typ A (geistige Retardierung) bis zum frühen Typ B (sehr milde Ausprägungen mit geringer bzw. ohne geistige Entwicklungsverzögerung); bei schweren Verlaufsformen häufig früher Tod der Patienten
- Morbus Niemann-Pick (Synonyme: Morbus Niemann Pick, Niemann-Pick-Syndrom oder Sphingomyelinlipidose) – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; gehört zur Gruppe der Sphingolipidosen, die wiederum zu den lysosomalen Speicherkrankheiten gerechnet werden; Hauptsymptome des Morbus Niemann-Pick Typ A sind eine Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung) und ein psychomotorischer Abbau; beim Typ B werden keine zerebralen Symptome beobachtet
- Morbus Pompe – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; lysosomale Speicherkrankheit, die zu Kardiomegalie (Herzvergrößerung) und Herzinsuffizienz (Herzschwäche), neurologischen und muskulären Defiziten führt.
- Neurofibromatose – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang; zählt zu den Phakomatosen (Erkrankungen der Haut und des Nervensystems); es werden drei genetisch unterschiedliche Formen unterschieden:
- Neurofibromatose Typ 1 (Morbus von Recklinghausen) – Patienten bilden während der Pubertät multiple Neurofibrome (Nerventumoren), die häufig in der Haut auftreten jedoch auch im Nervensystem, Orbita (Augenhöhle), Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) und Retroperitoneum (Raum, der hinter dem Bauchfell am Rücken in Richtung der Wirbelsäule liegt) auftreten; typisch ist das Auftreten von Café-au-Lait-Flecken (CALF; hellbraune Makulae/Flecken) und multiplen benignen (gutartigen) Neubildungen
- [Neurofibromatose Typ 2 – charakteristisch sind ein bilateral (beidseitig) vorliegendes Akustikusneurinom (Vestibularisschwannom) und multiple Meningeome (Hirnhauttumoren)
- Schwannomatose – hereditäres Tumorsyndrom]
- Noonan-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem oder autosomal-dominantem Erbgang, die den Symptomen des Turner-Syndroms ähnelt (Minderwuchs, Pulmonalstenose oder andere angeborene Herzfehler; niedrig sitzende oder große Ohren, Ptosis (Herabhängen des oberen Augenlids ), Epikanthusfalte ("Mongolenfalte"), Cubitus valgus/abnormale Stellung des Ellenbogens mit vermehrter Radialabweichung des Unterarmes zum Oberarm)
- Transthyretin (TTR)-assoziierte familiäre Amyloid-Kardiomyopathie – mit autosomal-dominantem Erbgang; TTR-assoziierte systemische Amyloidose (ATTR) mit vorwiegend kardialer Beteiligung, die zu einer eine restriktive Kardiomyopathie mit chronischer Herzinsuffizienz (Herzschwäche) führt; Manifestation: Erwachsenenalter (in der Regel nach dem 30. Lebensjahr); Warnzeichen (red flags) sind ein bilaterales Karpaltunnelsyndrom (Kompressionssyndrom (Engpasssyndrom) des Nervus medianus im Bereich des Handwurzelkanals) und typische EKG- und Echoveränderungen; HFpEF (Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion) mit linksventrikulärer Hypertrophie (Vergrößerung der linken Herzkammer)
- Tuberöse Sklerose – genetische Erkrankung mit autosomal-dominantem Erbgang, die mit Fehlbildungen und Tumoren des Gehirns, Hautveränderungen und meist benignen Tumoren in anderen Organsystemen einher geht
- Schwangerschaft: Schwangerschafts-Kardiomyopathie/peripartale Kardiomyopathie
In den anderen Fällen handelt es sich um "sekundäre (erworbene)/spezifische Kardiomyopathien". Hier ist das Herz im Rahmen systemischer Krankheiten mit betroffen.
Verhaltensbedingte Ursachen
- Genussmittelkonsum
- chronischer Alkoholabusus (Alkoholmissbrauch) → alkoholische Kardiomyopathie (ACM) (Gene wurden identifiziert, die mit einer Alkoholtoxizität am Herzmuskel assoziiert sind: am häufigsten waren das Genvarianten des TTN-Gens, die zu einem vorzeitigen Abbruch der Aminosäurekette des Titins führen) [6]
- Drogenkonsum
- Kokain
- Methamphetamin ("Crystal Meth") → Methamphetamin-assoziierte Kardiomyopathie (Erscheinungsbild einer schweren Herzinsuffizienz (Herzschwäche)/NYHA-Stadium III oder IV)
Krankheitsbedingte Ursachen
- Akromegalie – endokrinologische Erkrankung, die durch eine Überproduktion des Wachstumshormons Somatotropin (STH) hervorgerufen wird, mit ausgeprägter Vergrößerung der Phalangen bzw. Akren, wie beispielsweise Hände, Füße, Unterkiefer, Kinn, Nase und Augenbrauenwülste.
- Amyloidose – extrazelluläre ("außerhalb der Zelle") Ablagerungen von Amyloiden (abbauresistente Proteine), die u. a. zu einer Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung), Neuropathie (Erkrankung des peripheren Nervensystems) und Hepatomegalie (Lebervergrößerung) führen können.
- Carnitinmangel
- Dermatomyositis – zu den Kollagenosen zählende Erkrankung, die die Haut und die Muskulatur betrifft und vor allem mit diffusen Bewegungsschmerzen einhergeht
- Diabetes mellitus
- Endokarditis Löffler (Endokarditis parietalis fibroplastica) – akute Form der Endokarditis (Herzinnenhautentzündung), die vor allem den rechten Ventrikel (Herzkammer) betrifft
- Endomyocardiale Fibrose
- Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
- Hyperparathyreoidismus (Nebenschilddrüsenüberfunktion)
- Hypocalcämie (Calciummangel; seltene und potentiell reversible Ursache einer Kardiomyopathie)
- Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
- Hypovitaminosen wie Beri-Beri (entsteht durch Vitamin B1-Mangel), Pellagra (entsteht durch Niacin-Mangel), Skorbut (entsteht durch Vitamin C-Mangel)
- Infektionen – z. B. Virusinfektionen (häufige Ursache einer kongestiven Kardiomyopathie/Herzmuskelerkrankung, bei denen sich die Ventrikel (untere Herzkammern) vergrößern (Dilatation), aber nicht genügend Blut in den Körper pumpen können; dies führt sodann zu einer Herzinsuffizienz (Herzschwäche)), Borreliose
- Kwashiorkor (Eiweiß-Mangelerkrankung)
- Lyme-Borreliose [1, 2]
- Muskeldystrophie (Muskelschwäche)
- Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
- Phäochromozytom – meist gutartiger Tumor, der überwiegend von der Nebenniere ausgeht und zu krisenhaften Blutdruckanstiegen führen kann
- Polyarteriitis nodosa (PAN) – Autoimmunerkrankung, die zu einer Vaskulitis (Blutgefäßentzündung) mit Einengung des Gefäßlumens führt
- Rheumatoide Arthritis
- Sarkoidose (Synonyme: Morbus Boeck; Morbus Schaumann-Besnier) – systemische Erkrankung des Bindegewebes mit Granulombildung (Haut, Lunge und Lymphknoten)
- Selenmangel
- Sklerodermie – Gruppe von autoimmunbedingten Bindegewebserkrankungen, die zu den Kollagenosen zählt
- Systemischer Lupus erythematodes (SLE) – Gruppe von Autoimmunerkrankungen, bei der es zur Bildung von Autoantikörpern kommt; sie zählt zu den Kollagenosen
- Tumorerkrankungen – Diese sogenannte „cardiac wasting-associated cardiomyopathy“ ist durch einen Schwund an Herzmuskelmasse gekennzeichnet [7].
Chemotherapien
- Zustand nach Chemotherapie mit Anthracyclinen, Cyclophosphamid
Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)
- Chemische Noxen
- Schwermetalle (z. B. Cadmium)
Weitere Ursachen
- Zustand nach Radiatio (Strahlentherapie)
Hypertrophische (vergrößerte) Kardiomyopathie (HCM)
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die hypertrophische Kardiomyopathie (HCM) ist eine primäre, genetisch bedingte Myokarderkrankung, die durch eine oft asymmetrische Verdickung (Hypertrophie) des Myokards (Herzmuskels) charakterisiert ist. Es handelt sich hierbei um die häufigste hereditäre Herzerkrankung mit einer Prävalenz von etwa 1:500 in der Allgemeinbevölkerung. In der Mehrzahl der Fälle (ca. 90 %) tritt sie familiär auf und wird autosomal-dominant vererbt.
Genetische Ursachen
In ca. 70 % der Fälle ist die HCM auf Mutationen in Genen zurückzuführen, die für Proteine des Sarkomers (kontraktile Einheit der Herzmuskelzellen) kodieren. Diese Mutationen führen zu einer abnormen Anordnung und Funktion der Sarkomere, was letztlich zu einer Fehlanpassung der Muskelzellen und einer Zunahme der Zellgröße führt:
- β-Myosin-Schwerketten-Gen (MYH7): Mutationen in diesem Gen sind am häufigsten und betreffen ca. 30 % der genetisch diagnostizierten HCM-Patienten. Sie führen zu einer Veränderung der Myosin-Funktion und resultieren in einer hypertrophen Reaktion der Myokardzellen.
- Myosin-bindendes Protein C (MYBPC3): Diese Mutationen sind für etwa 15–20 % der Fälle verantwortlich und führen zu einer gestörten Sarkomer-Funktion.
- Troponin-T (TNNT2) und Troponin-I (TNNI3): Mutationen in diesen Genen beeinflussen die Kalziumempfindlichkeit des Sarkomers und tragen zur Entwicklung der HCM bei.
- α-Tropomyosin (TPM1) und andere seltene Gene: Diese Mutationen sind seltener, können jedoch ebenfalls zu einer hypertrophischen Veränderung führen.
Pathophysiologische Mechanismen
Die genetischen Veränderungen resultieren in einem gestörten Sarkomeraufbau und einer Überproduktion von Myofibrillen (Muskelproteinen), was zu einer Zunahme der Myokardmasse und damit zur Hypertrophie führt. Dieser Prozess beeinflusst die Geometrie und Funktion des linken Ventrikels:
- Hypertrophie des linken Ventrikels: Die Verdickung tritt häufig asymmetrisch auf, am häufigsten im Bereich des Septums (Muskelschicht zwischen den Herzkammern). Die asymmetrische Septumhypertrophie kann zur Einengung der linksventrikulären Ausflussbahn führen.
- Diastolische Dysfunktion: Durch die Hypertrophie kommt es zu einer verminderten Dehnbarkeit des Myokards, was die diastolische Füllung beeinträchtigt und die diastolische Compliance des Ventrikels reduziert. Dies führt zu einem erhöhten enddiastolischen Druck und einer Minderversorgung des Myokards.
- Fibrosierung: Die gestörte Myozytenanordnung und die damit einhergehende Überproduktion von kollagenen Fasern resultieren in einer interstitiellen Fibrose (krankhafte Vermehrung von Bindegewebe), die sowohl zur diastolischen Dysfunktion als auch zu einer erhöhten Arrhythmieanfälligkeit führt.
Hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie (HOCM)
Die hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) ist eine Unterform der HCM, bei der es durch die asymmetrische Hypertrophie des Septums zu einer dynamischen Verengung der linksventrikulären Ausflussbahn kommt.
- Einengung der Ausflussbahn: Diese entsteht durch eine Vorwölbung des hypertrophierten Septums in die linksventrikuläre Ausflussbahn (LVOT, Left Ventricular Outflow Tract) und durch eine systolische Anlagerung des vorderen Mitralklappensegels an das Septum (SAM-Phänomen, Systolic Anterior Motion).
- Mitralinsuffizienz: Die Verlagerung der Mitralklappe kann zu einer Mitralinsuffizienz führen, was den diastolischen Füllungsdruck weiter erhöht und die Symptome verschlechtert.
- Intrakardiale Druckgradienten: Durch die Einengung der Ausflussbahn entstehen intrakardiale Druckgradienten, die während der Systole (Kontraktionsphase des Herzens) zu einer erhöhten Nachlast und einer zusätzlichen Belastung des linken Ventrikels führen.
Pathophysiologie der diastolischen Dysfunktion
Eine verminderte diastolische Dehnbarkeit des hypertrophierten Myokards ist charakteristisch für die HCM. Diese resultiert aus:
- Intrazelluläre Kalziumüberladung: Es kommt zu einer vermehrten intrazellulären Kalziumspeicherung in den Kardiomyozyten, was die Relaxationsfähigkeit der Zellen beeinträchtigt.
- Gestörte Sarkomeraktivität: Die Mutationen in den Sarkomergenen führen zu einer gestörten Wechselwirkung zwischen den Myosin- und Aktinfilamenten, wodurch die diastolische Entspannung gestört wird.
- Fibrosierung des Myokards: Die interstitielle Fibrose verringert die Elastizität des Myokards, was zu einer Abnahme der diastolischen Compliance führt.
Arrhythmogenität und plötzlicher Herztod
Die HCM ist eine arrhythmogene Erkrankung mit einem erhöhten Risiko für ventrikuläre Tachykardien (schneller Herzschlag ausgehend von den Herzkammern), Vorhofflimmern und plötzlichen Herztod.
- Myokardiale Narbenbildung: Die fibrotischen Areale im Myokard bilden Substrate für die Entstehung von Reentry-Kreisläufen (Kreisende Erregungen), die zu gefährlichen ventrikulären Arrhythmien führen können.
- Plötzlicher Herztod: Insbesondere bei jungen Patienten ist die HCM eine der häufigsten Ursachen für plötzlichen Herztod. Das Risiko für plötzlichen Herztod steigt bei ausgeprägter Hypertrophie (> 30 mm Wanddicke), anamnestisch dokumentierten Synkopen (plötzliche Bewusstlosigkeit) und familiärem Auftreten von plötzlichem Herztod.
Pathogenetische Differenzierung nach HCM-Phänotypen
- Symmetrische Hypertrophie: Gleichmäßige Verdickung des gesamten linken Ventrikels. Selten und häufig asymptomatisch.
- Asymmetrische Septumhypertrophie: Häufigste Form, mit Hypertrophie des vorderen oder mittleren Septums.
- Apikale Hypertrophie: Hypertrophie des apikalen Anteils des linken Ventrikels, führt zu einer sog. „spade-like“ Konfiguration des Herzens im Echo- und MRT-Bild.
Zusammenfassung
Die HCM ist eine komplexe genetisch bedingte Erkrankung des Myokards, die durch eine ungleichmäßige Hypertrophie des Herzmuskels charakterisiert ist. Sie kann sowohl die systolische als auch die diastolische Funktion des Herzens beeinträchtigen und ist häufig mit einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen und plötzlichen Herztod verbunden. Die hypertrophische obstruktive Kardiomyopathie (HOCM) stellt eine besondere Form der HCM dar, die durch eine dynamische Einengung der linksventrikulären Ausflussbahn und eine damit verbundene Mitralinsuffizienz charakterisiert ist.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung – autosomal-dominant mit altersabhängiger Penetranz – ca. zwei Drittel der Fälle verteilen sich auf die drei häufigsten Gene für MYH7, MYBPC3 und TNNT2
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Gene: MYBPC3 (20-40 % der Fälle einer FHC), MYH7 (30-40 % der Fälle einer FHC)
- SNP: rs3218713 im Gen MYH7
- Allel-Konstellation: AG (verursacht familiäre hypertrophische Kardiomyopathie)
- Allel-Konstellation: AA (verursacht familiäre hypertrophische Kardiomyopathie)
- SNP: rs3218714 im Gen MYH7
- Allel-Konstellation: CT (verursacht familiäre hypertrophische Kardiomyopathie)
- Allel-Konstellation: TT (verursacht familiäre hypertrophische Kardiomyopathie)
- SNP: rs375882485 im Gen MYBPC3
- Allel-Konstellation: AG (verursacht familiäre hypertrophische Kardiomyopathie)
- Allel-Konstellation: AA (verursacht familiäre hypertrophische Kardiomyopathie)
- Gene: MYBPC3 (20-40 % der Fälle einer FHC), MYH7 (30-40 % der Fälle einer FHC)
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
Restriktive (eingeschränkte) Kardiomyopathie (RCM)
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die restriktive Kardiomyopathie (RCM) ist durch eine abnorme Steifigkeit und mangelnde Dehnbarkeit des Myokards (Herzmuskel) gekennzeichnet, die zu einer signifikanten Beeinträchtigung der diastolischen Füllung des Herzens führt. Diese Einschränkung der diastolischen Funktion tritt auf, obwohl die systolische Pumpfunktion meist normal bleibt. Die RCM ist insgesamt die seltenste Form der Kardiomyopathien und kann durch primäre (genetische) oder sekundäre (erworbene) Ursachen bedingt sein. Die Pathogenese ist komplex und multifaktoriell.
Pathophysiologische Mechanismen
Die zentrale Störung bei der RCM besteht in einer erhöhten Steifigkeit des Myokards, die zu einer eingeschränkten diastolischen Relaxation und damit zu einer erhöhten enddiastolischen Druckbelastung in den Ventrikeln führt. Diese Druckerhöhung wird retrograd auf die Vorhöfe und das venöse System (z. B. Lungenkreislauf oder systemischer Kreislauf) übertragen. Die wichtigsten pathophysiologischen Mechanismen umfassen:
- Diastolische Dysfunktion: Eine gestörte diastolische Entspannung des Ventrikels aufgrund einer verminderte myokardialen Dehnbarkeit.
- Erhöhte myokardiale Steifheit: Bedingt durch die Einlagerung von abnormen Proteinen, Bindegewebe oder einer ausgeprägten Fibrosierung.
- Normaler Ventrikeldurchmesser: Im Gegensatz zur dilatativen Kardiomyopathie bleibt die Ventrikelgröße meist normal, was die hohe Steifigkeit des Myokards noch weiter verstärkt.
- Normaler oder leicht hypertropher Myokardaufbau: Die Wanddicke kann bei einigen Patienten leicht zunehmen, bleibt aber in der Regel innerhalb des normalen Bereichs.
Primäre (genetisch bedingte) Formen
Die primäre RCM ist häufig genetisch bedingt und kann auf Mutationen in Genen zurückgeführt werden, die für die Struktur und Funktion des Sarkomers verantwortlich sind. Diese genetischen Defekte führen zu einer veränderten Proteinanordnung und damit zu einer Steifigkeit des Myokards. Zu den Hauptursachen zählen:
- Mutationen in Sarkomerproteinen: Ähnliche genetische Defekte wie bei der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) sind hier ebenfalls häufig zu finden, z. B. in den Genen für Troponin I, β-Myosin-Schwerketten oder α-Tropomyosin.
- Hereditäre Amyloidose: Eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung, bei der eine abnorme Ablagerung des Transthyretin-Proteins im Myokard auftritt. Diese Form wird als hereditäre Transthyretin-Amyloidose (ATTRm) bezeichnet.
- Mutationen im Desmin-Gen: Desmin ist ein intermediäres Filament des Zytoskeletts von Herzmuskelzellen. Defekte im Desmin-Gen führen zu einer Desminopathie, die ebenfalls zur RCM führen kann.
Sekundäre (erworbene) Formen
Die sekundäre RCM entsteht meist durch eine systemische Erkrankung, die das Herzgewebe beeinflusst. Diese Erkrankungen führen zu einer pathologischen Einlagerung von Proteinen, Bindegewebe oder anderen Substanzen im Myokard, was die Steifigkeit erhöht:
- Infiltrative Erkrankungen: Diese führen zu einer Ablagerung von abnormen Substanzen im Myokard, z. B.:
- Amyloidose: Ablagerung von Amyloidfibrillen im Myokard, was die myokardiale Steifigkeit deutlich erhöht und die diastolische Funktion beeinträchtigt.
- Sarkoidose: Granulomatöse Entzündung des Myokards, die zu einer interstitiellen Fibrose führt.
- Morbus Gaucher: Lipidstoffwechselerkrankung, bei der es zur Einlagerung von Glukozerebrosid im Myokard kommt.
- Hämochromatose: Erhöhte Eisenablagerung im Myokard führt zu toxischen Effekten auf die Herzmuskelzellen.
- Nicht-infiltrative Erkrankungen:
- Endomyokardiale Fibrose: Fortschreitende bindegewebige Verhärtung der inneren Herzmuskelschicht (Endokard), die häufig mit einer eosinophilen Myokarditis assoziiert ist.
- Löffler-Endokarditis: Eosinophile Infiltration des Endokards und Myokards, die zur Endomyokardfibrose führt.
- Systemische Sklerose (Sklerodermie): Führt zu einer Verdickung und Verhärtung der inneren Herzschicht.
- Speichererkrankungen: Diese Erkrankungen führen zu einer pathologischen Einlagerung von Metaboliten im Myokard, was ebenfalls die diastolische Relaxation beeinträchtigt:
- Morbus Fabry: Lysosomale Speicherkrankheit mit Einlagerung von Globotriaosylceramid.
- Glykogenosen: Pathologische Einlagerung von Glykogen im Myokard, z. B. bei der Pompe-Erkrankung.
- Danon-Syndrom: X-chromosomal vererbte Speichererkrankung mit Akkumulation von LAMP2-Proteinen (lysosomal-associated membrane protein 2).
Mikroskopische und Makroskopische Veränderungen
- Histologisch: Es finden sich Anhäufungen von Kollagen und Proteinen im Interstitium des Myokards, die zur Verdickung der Herzmuskelzellen und einer verminderten Dehnbarkeit führen.
- Makroskopisch: Das Herz zeigt eine normale bis leicht reduzierte Größe mit verdicktem Endokard (Herzinnenhaut) und evtl. echokardiographisch nachweisbaren restriktiven Füllungsmustern.
Hämodynamische Konsequenzen
Die verminderte Dehnbarkeit des Myokards führt zu einer diastolischen Dysfunktion, die mit einem erhöhten enddiastolischen Druck in den Ventrikeln einhergeht. Dies hat zur Folge:
- Erhöhung des Vorhofdrucks: Es kommt zu einer vermehrten Blutstauung in den Vorhöfen, die sekundär zu einer deutlichen Vorhofvergrößerung führen kann.
- Erhöhung des zentralvenösen Drucks: Der erhöhte Druck wird retrograd auf die Lungenvenen (linksseitig) und die systemischen Venen (rechtsseitig) übertragen, was zu einer pulmonalen Hypertonie und/oder systemischen Stauungssymptomen (z. B. Beinödeme, Aszites) führen kann.
- Systolische Funktion: In der Regel bleibt die systolische Funktion des linken und rechten Ventrikels erhalten, bis die Erkrankung fortschreitet.
Zusammenfassung
Die restriktive Kardiomyopathie (RCM) ist durch eine verminderte Dehnbarkeit des Myokards charakterisiert, die zu einer gestörten diastolischen Füllung führt, während die systolische Funktion meist erhalten bleibt. Die Ursachen können genetisch bedingt (primär) oder systemisch (sekundär) sein. Bei der primären Form spielen vor allem Mutationen in Sarkomer- und Zytoskelett-Genen eine Rolle. Die sekundäre Form wird häufig durch infiltrative, entzündliche oder speicherbedingte Erkrankungen verursacht, die die Struktur und Funktion des Myokards beeinflussen.
Ätiologie (Ursachen)
Die Ursachen der restriktiven Kardiomyopathie sind nicht bekannt. Familiäre Häufungen werden beobachtet.
Biographische Ursachen
- Genetische Faktoren
Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVCM)
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVCM), auch als arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD) bezeichnet, ist eine genetisch bedingte Herzmuskelerkrankung, die vorwiegend den rechten Ventrikel (rechte Herzkammer) betrifft und durch eine fortschreitende Degeneration und Fibrofettinfiltration des Myokards (Herzmuskelgewebe) gekennzeichnet ist. Diese Veränderungen führen zu strukturellen und funktionellen Anomalien des rechten Ventrikels, die vor allem ventrikuläre Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen, die von der Herzkammer ausgehen) verursachen können.
Pathophysiologische Mechanismen
Die ARVCM ist eine genetische Erkrankung, bei der Mutationen in Genen, die für die Desmosomen (Zell-Zell-Verbindungen) kodieren, eine zentrale Rolle spielen. Diese Desmosomen sind essenziell für die mechanische Stabilität der Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen) und deren Interaktionen untereinander. Ein Defekt in diesen Verbindungen führt zu einer erhöhten Anfälligkeit für mechanischen Stress und einer allmählichen Degeneration des Myokards, was die pathologische Grundlage der Erkrankung darstellt.
- Desmosomale Dysfunktion: Die meisten Mutationen betreffen Proteine der Desmosomen, wie Plakoglobin, Desmoplakin, Plakophilin-2, Desmoglein-2 und Desmocollin-2. Diese Proteine verbinden die Kardiomyozyten mechanisch und gewährleisten die strukturelle Integrität des Herzmuskels.
- Fibrofettige Infiltration: Die gestörte Interaktion der Kardiomyozyten führt zur Apoptose (programmierten Zelltod) oder Nekrose (Zelltod durch Schädigung), wodurch Herzmuskelzellen verloren gehen. Der entstehende Zellverlust wird durch eine abnorme Einlagerung von Fett- und Bindegewebe ersetzt, was als fibrofettige Degeneration bezeichnet wird.
- Elektrische Instabilität: Die fibrofettige Degeneration des Myokards verursacht lokale Veränderungen der elektrischen Leitfähigkeit im Herzen, was zur Ausbildung von Reentry-Kreisläufen führt. Diese Kreisläufe sind die Ursache für die typischen ventrikulären Tachykardien (schnelle Herzrhythmusstörungen, die von der Herzkammer ausgehen), die bei Patienten mit ARVCM auftreten.
- Verlagerung von Plakoglobin: Eine charakteristische molekulare Veränderung bei ARVCM ist die Verlagerung von Plakoglobin aus den Desmosomen in das Zytoplasma. Diese Veränderung stört die Zell-Zell-Verbindungen und die Signalübertragung, was die strukturelle Integrität des Herzmuskels weiter beeinträchtigt.
Genetische Ursachen
Die ARVCM wird autosomal-dominant vererbt, wobei die Penetranz (Auftretenswahrscheinlichkeit bei Vorhandensein der Mutation) unvollständig ist und die Expressivität (Schwere und Erscheinungsbild der Erkrankung) variabel ist. In einigen seltenen Fällen wird die Erkrankung auch autosomal-rezessiv vererbt.
- Betroffene Gene: Die meisten bekannten Mutationen betreffen Gene, die für Desmosomenproteine kodieren:
- PKP2 (Plakophilin-2): Häufigste Mutation bei ARVCM; führt zu einer Destabilisierung der Zell-Zell-Verbindungen.
- DSP (Desmoplakin): Führt zu einer Defizienz der interzellulären Verbindungen und erhöht die Anfälligkeit der Herzmuskelzellen für mechanischen Stress.
- DSG2 (Desmoglein-2) und DSC2 (Desmocollin-2): Störungen in der Bildung des Desmosomenkomplexes.
- JUP (Plakoglobin): Eine der zentralen Veränderungen, die zu einer erhöhten Apoptose und Zellverlust führt.
- TMEM43 (Transmembranprotein 43): Verursacht schwere Formen der ARVCM mit einem erhöhten Risiko für plötzlichen Herztod.
- Nicht-desmosomale Gene: In einigen Fällen wurden auch Mutationen in nicht-desmosomalen Genen wie dem Ryanodinrezeptor (RYR2) und dem Transforming Growth Factor β3 (TGF-β3) gefunden. Diese führen zu veränderten Calciumströmen und können ebenfalls eine ARVCM begünstigen.
Histopathologische Veränderungen
Die typischen histopathologischen Merkmale der ARVCM sind:
- Myokardiale Zellverlust: Degeneration und Verlust der Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen).
- Fibrose (Bindegewebsvermehrung): Ersatz der abgestorbenen Herzmuskelzellen durch Bindegewebe.
- Fettinfiltration: Anreicherung von Fettzellen im Myokard, insbesondere in der lateralen und apikalen Wand des rechten Ventrikels sowie im Bereich des rechten Ventrikelausflusstraktes (sogenannte "Triangle of Dysplasia").
Diese histologischen (feingewebliche) Veränderungen führen zu einer strukturellen und elektrischen Instabilität, die für die klinische Manifestation der Erkrankung verantwortlich ist.
Klinische Manifestation und Krankheitsverlauf
- Frühstadium: In den frühen Stadien der Erkrankung kann die ARVCM klinisch stumm verlaufen, da die strukturellen Veränderungen des rechten Ventrikels geringfügig sind.
- Arrhythmien im rechten Ventrikel: Mit Fortschreiten der Erkrankung entwickeln sich ventrikuläre Arrhythmien, die auf dem EKG häufig als Rechtschenkelblock-Tachykardien zu erkennen sind.
- Rechtsventrikuläre Dilatation und Dysfunktion: Im späteren Verlauf kommt es zu einer rechtsventrikulären Ausweitung und Funktionseinschränkung.
- Linksventrikuläre Beteiligung: In fortgeschrittenen Stadien können auch der linke Ventrikel und der linke Vorhof betroffen sein.
- Plötzlicher Herztod: ARVCM ist eine bedeutende Ursache für den plötzlichen Herztod bei jungen Erwachsenen und insbesondere bei Sportlern, da körperliche Anstrengung die mechanische Belastung des Myokards und die Arrhythmieanfälligkeit erhöht.
Sportliche Betätigung als Risikofaktor
Körperliche Belastung, insbesondere intensiver Sport, scheint die Krankheitsprogression bei ARVCM zu beschleunigen. Dies führt zu einer vermehrten mechanischen Beanspruchung des bereits geschwächten Myokards und damit zu einem erhöhten Risiko für ventrikuläre Arrhythmien und plötzlichen Herztod.
Molekulare Signalwege
- Wnt/β-Catenin-Signalweg: Bei der ARVCM wird der Wnt/β-Catenin-Signalweg durch die Verlagerung von Plakoglobin gestört, was zur Fehlregulation von Zellwachstum und -überleben führt.
- Apoptose-Signalwege: Die Dysfunktion der Desmosomen führt zu einer vermehrten Apoptose der Kardiomyozyten, was zur fibrofettigen Degeneration beiträgt.
Zusammenfassung
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVCM) ist eine genetisch bedingte Herzerkrankung, die durch Mutationen in Desmosomenproteinen verursacht wird und zu einer fortschreitenden Degeneration und fibrofettigen Infiltration des rechten Ventrikels führt. Die resultierende strukturelle und elektrische Instabilität verursacht vorwiegend ventrikuläre Arrhythmien und erhöht das Risiko für plötzlichen Herztod.
Ätiologie (Ursachen)
Die Ursachen der arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie sind nicht bekannt. Familiäre Häufungen werden beobachtet (in 40 % der Fälle). Es wird vermutet, dass Mutationen in Proteinen der Desmosomen (wichtig für den Zellkontakt im Myokard/Herzmuskel) zu einer arrhythmogenen rechtsventrikulären Kardiomyopathie führen.
Biographische Ursachen
- Genetische Faktoren
- autosomal-rezessiv
- autosomal dominant
Medikamente, die Myokarditiden und/oder Kardiomyopathien verursachen können [3, 4]
- Antibiotika – Penizillin, Cephalosporine
- Antipsychotika – Chlorpromazin, Clozapin, Fluphenazin, Haloperidol, Risperidon, Olanzapin
- Onkologika/Zytostatika – Anthrazykline, Cyclophosphamid; Trastuzumab, Imatinib
- Checkpoint-Inhibitoren – Ipilimumab, Nivolumab, Pembrolizumab [5]
Literatur
- Palecek T, Kuchynka P, Hulinska D, Schramlova J et al.: Presence of Borrelia burgorferi in endomyocardial biopsies in patients with new-onset unexplained dilated cardiomyopathy. Med Microbiol Immunol. 2010 May;199(2):139-43. doi: 10.1007/s00430-009-0141-6. Epub 2010 Jan 6.
- Kubanek M, Sramko M, Berenova D, Hulınska D et al.: Detection of Borrelia burgdorferi sensu lato in endomyocardial biopsy specimens in individuals with recent-onset dilated cardiomyopathy. Eur J Heart Fail 2012;14:588-596 doi: 10.1093/eurjhf/hfs027
- Coulter DM, Bate A, Meyboom RH et al. : Antipsychotic drugs and heart muscle disorder in international pharmacovigilance: data mining study. BMJ 2001 May 19;322(7296):1207-9.
- Montastruc G, Favreliere S, Sommet A et al.: Drugs and dilated cardiomyopathies: A case/noncase study in the French PharmacoVigilance Database. Br J Clin Pharmacol 2010 Mar;69(3):287-94. doi: 10.1111/j.1365-2125.2009.03596.x.
- Heymanns L et al.: Verdachtsfälle unerwünschter Reaktionen nach Checkpoint-Inhibitoren aus Deutschland. Paul-Ehrlich-Institut Ausgabe 4, Dezember 2016
- Ware JS et al.: Genetic Etiology for Alcohol-Induced Cardiac Toxicity. J Am Coll Cardiol. 2018 May 22;71(20):2293-2302. doi: 10.1016/j.jacc.2018.03.462
- Lena A, Wilkenshoff U, Hadzibegovic S et al.: Clinical and Prognostic Relevance of Cardiac Wasting in Patients With Advanced Cancer. J Am Coll Cardiol. 2023 Apr, 81 (16) 1569-1586. doi.org/10.1016/j.jacc.2023.02.039