Koronare Herzkrankheit – Prävention
Zur Prävention der Koronaren Herzkrankheit (KHK) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.
Das Risikoprofil wird im Wesentlichen durch eine Fettreduktion, Bewegung und Stressmanagement positiv beeinflusst [14].
Verhaltensbedingte Risikofaktoren
- Ernährung
- Fehl- und Überernährung, v. a.:
- Zu hohe Kalorienzufuhr
- Fettreiche Ernährung (hohe Aufnahme von gesättigten Fettsäuren, Trans-Fettsäuren – kommen besonders in Fertigprodukten, Tiefkühlkost, Fast Food, Snacks vor – und Cholesterin)
- Geringe Aufnahme an ungesättigten Fettsäuren (einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren (Meeresfische)); KHK ist ebenso invers mit der Aufnahme von Linolsäure assoziiert (verbunden) [8]
- Frittierte Nahrungsmittel (+22 %; Risiko ist dosisabhängig) [32]
- Zu hohe Aufnahme von tierischem Protein (Eiweiß), auch besonders von verarbeitetem Fleisch [5]
- Ballaststoffarme Ernährung [7] – Ballaststoffe senken die Gesamt- und LDL-Cholesterin-Spiegel und reduzieren darüber das Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit (KHK). Personen, die täglich mehr als 35 g Ballaststoffe aufnehmen, haben ein über 30 % niedrigeres Risiko, eine KHK zu entwickeln als diejenigen, die weniger als 15 g Ballaststoffe pro Tag zu sich nehmen [12]. Das liegt unter anderem daran, dass die gesteigerte Ballaststoffaufnahme gleichzeitig zu einer verringerten Aufnahme von Fett und Kohlenhydraten führt.
Die löslichen Ballaststoffe, die in Guarkernmehl (Samenschleim) enthalten, sind sowie Pektin (kommt in den meisten Früchten vor) und ß-Glucane (enthalten in Hafer und Gerste) können Cholesterin direkt senken: Im Gastrointestinaltrakt (Magen-Darm-Trakt) binden sie Gallensäuren und sorgen für deren Ausscheidung. Da Gallensäuren zu circa 80 % aus Cholesterin bestehen, tragen lösliche Ballaststoffe somit zur Senkung des Gesamt- und LDL-Cholesterinspiegels bei. - Geringe Aufnahme von Obst und Gemüse [9]
- Verzehr von mehr als 300 ml nicht fermentierter Milch pro Tag bei Frauen [35]
- Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
- Fehl- und Überernährung, v. a.:
- Genussmittelkonsum
- Alkohol – (Frau: > 20 g/Tag; Mann: > 30 g/Tag)
- Tabak (Rauchen, Passivrauchen) [2, 3]
- Drogenkonsum
- Cannabis (Haschisch und Marihuana) (88 % häufiger als bei Nichtkonsumenten [30])
- Kokain
- Körperliche Aktivität
- Fehlende körperliche Aktivität (Bewegungsmangel)
- Intensive sportliche Aktivität (450 Minuten sportliche Aktivitäten mit mittlerer Intensität pro Woche) (Weiße: 80 % höheres Risiko für Koronarkalk (Coronary Artery Calcification Score, CACS > 0) [20]
- Exzessiver Ausdauersport
- höhere koronare Plaquelast [21]
- klinisch relevante Verkalkung der Koronararterien (engl. Coronary Artery Calcification, CAC; Arterien, die kranzförmig das Herz umgeben und den Herzmuskel mit Blut versorgen) [27]
- Psycho-soziale Situation
- Stress; Männer, die als Jugendliche besonders schnell gestresst waren, hatten im Erwachsenenalter ein um 17 % höheres KHK-Risiko als jene, bei denen eine hohe Stresstoleranz festgestellt worden war; die Stresstoleranz wurde zum Zeitpunkt der Musterung zum Militärdienst festgestellt (Alter 18 bis 19 Jahre) [10]
- Gesundheitsangst: 3 % der Personen ohne Angsterkrankung versus 6,1 % mit Gesundheitsangst (geschlechtsadjustierte Verdopplung des Risikos (Hazard Ratio, HR 2,12)) [18]
- Wechselschichten mit Nachtdienst: Krankenschwestern, die länger als 5 Jahre in Wechselschichten mit Nachtdienst arbeiten [16]
- Einsamkeit und soziale Isolierung (29 % erhöhtes Risiko (gepooltes relatives Risiko 1,29; 1,04 bis 1.59) [15]
- Schlafqualität
- Schlafdauer: < 5 Stunden und > 9 Stunden zeigte deutlich schlechtere Werte beim Calciumscore/Kalziumscore der Koronararterien (CAC, coronary artery calcification) und bei der Pulswellengeschwindigkeit; am besten schnitten Teilnehmer mit 7 Stunden Schlaf ab [13]
- Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
- bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 25 bis 29,9 ist mit einem um 32 % erhöhten KHK-Risiko verbunden (bereinigt um die Risiken durch Hypertonie und Hyperlipidämie immer noch um 17 %)
- bei einem BMI über 30 ist das KHK-Risiko um 81 Prozent erhöht (bereinigt um die Risiken durch Hypertonie (Bluthochdruck) und Hyperlipidämie (Fettstoffwechselstörung) immer noch um 49 %) [1]
- Androide Körperfettverteilung, das heißt abdominales/viszerales, stammbetontes, zentrales Körperfett (Apfeltyp) – es liegt ein hoher Taillenumfang bzw. ein erhöhter Taille-Hüft-Quotient (THQ; englisch: waist-to-hip-ratio (WHR)) vor
Bei der Messung des Taillenumfangs gemäß der Richtlinie der International Diabetes Federation (IDF, 2005) gelten folgende Normwerte:
- Männer < 94 cm
- Frauen < 80 cm
Umweltbelastungen – Intoxikationen (Vergiftungen)
- Lärm
- Straßenlärm: Anstieg des Risikos einer KHK um 8 % pro Zunahme des Straßenverkehrslärms um 10 Dezibel [28]
- Arbeitsplatzlärm: 15 Prozent höheres KHK-Risiko, wenn Geräuschpegeln mittlerer Stärke (75-85 dB) ausgesetzt waren, im Vergleich zu Personen mit einer Lärmbelastung unter 75 dB (altersjustiert)) [23]
- Luftschadstoffe
- Dieselstaub [4]
- Feinstaub [6, 11]
- Feinstaub (Partikel mit einer Masse von < 2,5 μm Durchmesser, PM2,5), Stickstoffdioxid (NO2), Ruß und Ozon (O3) [33]
- Schwermetalle (Arsen, Cadmium, Blei, Kupfer) [25]
Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)
- Genetische Faktoren:
- Ernährung:
- Eierkonsum: täglicher Eierkonsum (0,76 Eier/Tag) senkte das Risiko für eine ischämische Herzerkrankung um 12 %; für einen hämorrhagischen Schlaganfall um 26 %; das Risiko für einen hämorrhagischen Schlaganfall sank um 26 % [24].
- Nüsse: Verzehr von einer Handvoll Nüssen (Cashewnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Pekannüsse, Pistazien, Walnüsse) am Tag führte zu einer KHK-Risikoreduktion um 29 % [19].
- Alpha-Linolensäure (ALA): 1 g ALA/Tag (entsprechend einem Esslöffel Rapsöl oder 14 g Walnüsse) reduziert das KHK-Risiko um 11 % [34]
- Pescetarische Ernährung: Vegetarier, die Fisch essen, zeigen eine 21 % geringere Wahrscheinlichkeit für ischämische Herzerkrankungen [31].
- Acetylsalicylsäure (ASS)
- Genetische Risikoreduktion abhängig von Genpolymorphismen:
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Gen: GUCY1A3
- SNP: rs7692387 im Gen GUCY1A3 [29]
- Allel-Konstellation: GG (ASS erniedrigt Risiko eines kardialen Ereignisses um 0,79-fach)
- Allel-Konstellation: AG (ASS erhöht Risiko eines kardialen Ereignisses um 1,39-fach)
- Allel-Konstellation: AA (ASS erhöht Risiko eines kardialen Ereignisses um 1,39-fach)
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Genetische Risikoreduktion abhängig von Genpolymorphismen:
- Körperliche Aktivität
- Regelmäßige Bewegung reduziert vaskuläre Risiken: 30 Minuten mäßiger Aktivität (schweißtreibend) an fünf Tagen pro Woche oder 20 Minuten intensiver Aktivität (erschöpfend) an drei Tagen pro Woche.
- Risikoreduktion durch Präventionsziele
- Patienten, die folgende Ziele erreichten, wiesen ein um 73 % geringeres Mortalitätsrisiko auf [26]:
- Diät: < 7 % gesättigte Fettsäuren, < 200 mg Cholesterin pro Tag.
- Rauchstopp.
- Körperliche Aktivität: mindestens 150 Minuten pro Woche.
- BMI: < 25 kg/m².
- Blutdruck: < 130/85 mmHg.
- LDL-C-Wert: < 85 mg/dl.
- Patienten, die folgende Ziele erreichten, wiesen ein um 73 % geringeres Mortalitätsrisiko auf [26]:
- Sport und Bewegung
- Hohe Ausdauerfähigkeit im jungen Erwachsenenalter (≥ 18 Jahre) senkt das Risiko für Plaques in den Carotiden 40 Jahre später um 19 % [10].
- Antiinflammation (Entzündungshemmung)
- Einsatz entzündungshemmender Lebensmittel wie fetter Fisch (reich an Omega-3-Fettsäuren: Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure), Kurkuma und grünem Tee.
Sekundärprävention
Die Sekundärprävention zielt darauf ab, die Progression der Atherosklerose zu verlangsamen und kardiovaskuläre Ereignisse bei Hochrisikopatienten zu verhindern.
- Früherkennung und Überwachung
- Regelmäßige Überprüfung von Blutdruck, Blutfetten (LDL, HDL, Triglyzeride) und Nüchternglukosewerten.
- Bildgebende Verfahren wie Kardio-CT zur Bestimmung des CAC-Scores und Ultraschall zur Detektion von Plaques.
- Gesamtmortalität (Gesamtsterberate) und kardiovaskuläre Mortalität (Sterberate) bei KHK-Patienten waren am niedrigsten, wenn die Patienten täglich zwischen 5 und 25 g Alkohol konsumierten [17].
- Körperliche Aktivität ist wichtiger als Gewichtskontrolle [22]:
- Es konnten keinerlei signifikante Zusammenhänge zwischen der Gewichtsentwicklung und der Mortalität übergewichtiger und adipöser KHK-Patienten festgestellt werden.
- Es zeigte sich eine eindeutige Assoziation zwischen der körperlichen Aktivität und der Mortalität.
Empfehlung: 30 Minuten mäßiger (schweißtreibender) Aktivität fünfmal in der Woche oder 20 Minuten anstrengender (erschöpfender) Aktivität dreimal in der Woche.
- Erreichen folgender sechs Präventionsziele führte dazu, dass das Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) um 73 % niedriger war als das von Patienten, die keines dieser Ziele oder nur eines davon erreicht haben [26]:
- American Heart Association Diät 2, d. h. < 7 % des täglichen Energiebedarfs über gesättigte Fettsäuren und < 200 mg/Tag Cholesterin über die Ernährung zuführen
- Falls Raucher, einstellen des Rauchens
- Körperliche Aktivität: mind. 150 Minuten in der Woche körperlich betätigen
- BMI < 25 kg/m2
- Blutdruck: < 130/85 mmHg
- LDL-C-Wert: < 85 mg/dl
- Pharmakologische Maßnahmen
- Gabe von Statinen zur LDL-Senkung.
- Antihypertensive Therapie zur Blutdruckkontrolle.
- ASS bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko, abhängig von genetischen Prädispositionen [29].
- Lebensstiländerungen
- Umsetzung der Präventionsziele der American Heart Association zur Reduktion der Mortalität [26].
- Integration körperlicher Aktivität in den Alltag.
Tertiärprävention
Die Tertiärprävention dient der Vermeidung von Komplikationen und der Verbesserung der Lebensqualität bei bestehender Atherosklerose.
- Medikamentöse Intensivierung
- Einsatz von PCSK9-Inhibitoren bei unzureichender LDL-Senkung unter Statintherapie.
- Langfristige Thromboseprophylaxe mit Antikoagulanzien bei Stent- oder Bypass-Patienten.
- Interventionelle und chirurgische Maßnahmen
- Koronarangioplastie oder Stentimplantation bei signifikanter Stenose.
- Koronararterien-Bypass bei schwerer Mehrgefäßerkrankung.
- Langzeitüberwachung
- Regelmäßige Kontrolltermine zur Anpassung der Therapie.
- Monitoring von Entzündungsmarkern und Blutfettwerten.
- Rehabilitation und psychosoziale Betreuung
- Kardiale Rehabilitation zur Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit.
- Psychologische Unterstützung zur Bewältigung von Angst oder Depression nach kardiovaskulären Ereignissen.
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