Herzinnenhautentzündung (Endokarditis) – Operative Therapie

Die infektiöse Endokarditis (Herzinnenhautentzündung ist eine schwere Erkrankung, die in etwa 50 % der Fälle eine chirurgische Intervention erfordert. Die Indikation zur Operation richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und dem Vorliegen bestimmter Komplikationen.

Indikationen 

Eine chirurgische Sanierung ist erforderlich bei:

  • Schwere Herzinsuffizienz (Herzschwäche) – insbesondere bei hämodynamischer Instabilität.
  • Schwere Klappeninsuffizienz (Verschlussschwäche der Herzklappen) – meist betroffen sind die Mitralklappe vor der Aortenklappe und der Trikuspidalklappe.
  • Persistierende Infektion – Endokarditis, die trotz adäquater antibiotischer Therapie nicht kontrolliert werden kann.
  • Perivalvuläre Abszesse (abgekapselte Eiteransammlungen) – Abszesse im Bereich der Herzklappen, die das umliegende Gewebe zerstören.
  • Fisteln – pathologische Verbindungen zwischen Herzhöhlen oder zur Aorta.
  • Septische Embolien – insbesondere bei Nachweis von Embolien in lebenswichtigen Organen (z. B. Gehirn, Milz).
  • Neu aufgetretene AV-Blockierungen (Herzrhythmusstörungen) – Hinweis auf eine fortgeschrittene Infektion mit Beteiligung des Erregungsleitungssystems.
  • Endokarditis mit transitorischer ischämischer Attacke (TIA, vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns) oder zerebralen Komplikationen.
  • Endokarditis bei implantierten Fremdkörpern – z. B. Schrittmacher oder implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD).

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Terminale Multiorganinsuffizienz mit fehlender chirurgischer Prognose
  • Nicht beherrschbare Sepsis trotz intensivmedizinischer Therapie
  • Inoperabilität aufgrund schwerer Komorbiditäten

Operationsverfahren

Die chirurgische Behandlung der infektiösen Endokarditis umfasst mehrere Strategien, abhängig vom Ausmaß der Schädigung:

  • Klappenrekonstruktion – falls die natürliche Klappenstruktur erhalten werden kann.
  • Klappenersatz – Einsatz einer biologischen oder mechanischen Herzklappenprothese.
  • Sanierung perivalvulärer Abszesse – chirurgische Entfernung von Abszessen mit Rekonstruktion der betroffenen Gewebe.
  • Explantation infizierter Fremdkörper – Entfernung von infizierten Schrittmachersonden oder anderen Implantaten.

Dringlichkeit der Operation

Die Dringlichkeit der chirurgischen Intervention wird in folgende Kategorien unterteilt:

  • Notfalloperation (< 24 Stunden) – bei akuter hämodynamischer Dekompensation oder septischem Schock.
  • Dringliche Operation (innerhalb von 3-5 Tagen) – bei persistierender Infektion oder drohenden Embolien.
  • Nicht dringliche Operation (innerhalb desselben Krankenhausaufenthalts) – bei stabilen Patienten mit behandelbarer Infektion.

Postoperative Nachsorge

Die Nachsorge nach einer chirurgischen Behandlung der infektiösen Endokarditis umfasst:

  • Fortführung der intravenösen Antibiotikatherapie
  • Echokardiographische (Herzultraschall) Kontrollen zur Überprüfung der Klappenfunktion
  • Antikoagulation bei mechanischem Klappenersatz
  • Rehabilitation mit kardiologischer Betreuung
  • Endokarditisprophylaxe bei zukünftigen Eingriffen

Mögliche Komplikationen

  • Rezidivierende Endokarditis – insbesondere bei persistierenden Infektionsquellen.
  • Thromboembolische Ereignisse – Schlaganfall, Lungenembolie.
  • Prothesenendokarditis – Infektion der implantierten Klappenprothese.
  • Herzinsuffizienz – bei struktureller Schädigung des Herzens.
  • AV-Blockierungen – postoperative Störungen des Erregungsleitungssystems.

Vergleich der Operationsmethoden

Methode Technik Vorteile Nachteile
Klappenrekonstruktion Erhalt der natürlichen Herzklappe Geringeres Infektionsrisiko, bessere Langzeitergebnisse Nicht immer möglich
Mechanischer Klappenersatz Implantation einer mechanischen Klappenprothese Langlebig, gute Funktion Erfordert lebenslange Antikoagulation
Biologischer Klappenersatz Implantation einer biologischen Klappe (z. B. Rinder-/Schweineklappe) Keine lebenslange Antikoagulation notwendig Begrenzte Haltbarkeit
Entfernung infizierter Fremdkörper Explantation von Schrittmachersonden oder ICDs Reduziert Infektionsquelle, verbessert Therapieerfolg Erfordert oft erneute Implantation

Weitere Hinweise

  • Bei infektiöser Endokarditis rechtzeitiges Hinzuziehen von Herzchirurgen, um als Ultima Ratio Therapie einen Klappenersatz zu planen.
    Patienten mit infektiöser Endokarditis haben höhere Überlebensaussichten, wenn sie früh operiert werden. Das ist das Ergebnis einer weltweiten internationalen Forschergruppe (International Collaboration on Endocarditis (ICE)). Den Zeitraum von sechs Monaten nach der OP überlebten mehr als 80 % der früh Operierten, während 31,4 % der Nichtoperierten nicht überlebten [1].
  • Die am häufigsten gefundenen Keime sind Streptokokken und Staphylokokken.
  • Beachte: Eine Prothesenklappenendokarditis (PVE) ist mit schlechteren Ergebnissen verbunden als eine native Klappen-IE.

Fazit

Die chirurgische Therapie der infektiösen Endokarditis ist ein essenzieller Bestandteil der Behandlung bei schweren Verläufen oder Komplikationen. Eine differenzierte Indikationsstellung sowie eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Kardiologen, Infektiologen und Herzchirurgen sind entscheidend für den Behandlungserfolg.

Literatur

  1. Erbel R et al.: The New Strategy in Infective Endocarditis: Early Surgery Based on Early Diagnosis. Are We Too Late When Early Surgery Is Best? Circulation. 2015; 131: 121-123, doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.114.013872

Leitlinien

  1. 2023 ESC Guidelines for the management of endocarditis: Developed by the task force on the management of endocarditis of the European Society of Cardiology (ESC) European Heart Journal, ehad193, 25 August 2023 https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad193