Herzinfarkt (Myokardinfarkt) – Symptome – Beschwerden

Folgende Symptome und Beschwerden können auf einen akuten Myokardinfarkt (Herzinfarkt) hinweisen:

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf einen akuten Herzinfarkt und werden oft zuerst bemerkt:

  • Brustschmerzen: Starke, drückende Schmerzen, die in den linken Arm (ca. 50 % der Fälle), die Schulter, den Hals oder Kiefer ausstrahlen können
  • Druckgefühl hinter dem Brustbein: Ein Enge- oder Druckgefühl in der Brustmitte
  • Plötzlicher Schmerz in der Herzgegend: Typisch für einen Herzinfarkt

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild eines Herzinfarkts:

  • Kalter Schweiß oder Schweißausbrüche: Ein häufiges Symptom bei 60-70 % der Betroffenen
  • Angst: Häufig als intensive Angst oder Panik verspürt
  • Blässe: Die Haut wird blass oder grau, weil das Blut schlechter zirkuliert

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Atemnot (Kurzatmigkeit): Vor allem bei älteren Menschen; tritt in etwa 30-40 % der Fälle auf
  • Übelkeit: Tritt bei etwa 20-30 % der Betroffenen auf
  • Vernichtungsschmerz und Todesangst: Ein sehr starker, intensiver Schmerz, der mit Todesangst einhergeht
  • Niedriger Blutdruck: Bei einigen Patienten fällt der Blutdruck stark ab (20-30 % der Fälle).

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Erbrechen: Ein seltenes Symptom, das bei etwa 10 % der Patienten auftritt

Besonders häufig treten diese während der Morgenstunden auf, ein Myokardinfarkt kann sich aber prinzipiell zu jeder Tages- und Nachtzeit ereignen. Oftmals entsteht der Infarkt bei oder nach körperlicher oder seelischer Belastung.

Weitere Hinweise

  • Ein Myokardinfarkt (Herzinfarkt) kann selten auch ohne die oben genannten Symptome (circa 20 %) auftreten.
    Er wird dann als „stummer Infarkt“ bezeichnet. Dieser Typ tritt insbesondere bei Diabetikern, älteren Menschen und bei Männern auf.
  • Herzinfarktsymptome und Alter [7]:
    • Thoraxschmerz (Brustschmerz): Altersgruppe 55-64: 83 % versus Altersgruppe > 85: 45 %
    • atypische Symptome in der Altersgruppe > 85: Kurzatmigkeit (20 %), Schwäche/Fatigue (10 %)
    Fazit: Bei älteren Patienten (> 75 Jahre) sind über 40 % unspezifische Symptome führend.
  • Eine Follow-Up-Studie über 33 Jahre mit 12.745 Personen zeigte, dass Xanthelasmen (gelbliche Plaques, die durch Ablagerung von Cholesterin im Gewebe des Ober- und Unterlids entstehen) ein wichtiger Hautmarker für Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung), unabhängig von den Lipidwerten, sind. Personen mit diesem Hautmarker haben einen zusätzlichen Risikofaktor für Myokardinfarkt (Herzinfarkt) und ischämische Herzkrankheit (Koronare Herzkrankheit, KHK) [1].

Gender-Unterschiede (Gendermedizin)

  • Männer haben häufiger einen alarmierenden Vernichtungsschmerz in der linken Brust, der in Oberarme, Schultern und Hals ausstrahlt. Dieses ist begleitet von Herzklopfen, Angst, Schwitzen oder Verdauungsstörungen.
    Thoraxschmerzen (Brustschmerzen) und Schwitzen sind bei Männern häufiger [9].
    Der "stumme Infarkt" (stiller Myokardinfarkt (SMI)) ist gemäß einer US-amerikanischen Studie bei Männern häufiger als bei Frauen [4].
  • Frauen haben häufiger atypische, vage Symptome (Eva-Infarkt): Sie klagen über Schwäche und Müdigkeit (teils einige Tage vor dem Infarkt), Kurzatmigkeit, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Schweißausbrüche sowie Schmerzen im Hals oder Nackenbereich. 
    Schmerzen zwischen den Schulterblättern (Auftreten doppelt häufig bei weiblichen Patienten) [9]
    Übelkeit und Atemnot ist bei Frauen häufiger [9].
    Bei Frauen sind gemäß einer US-amerikanischen Studie die prognostischen Auswirkungen eines "stummen Infarkts" (stiller Myokardinfarkt (SMI)) ungünstiger [4].
  • Beachte: Bei Frauen kommen spontane Koronardissektionen (SCAD) oder Spasmen der Koronararterien (Verkrampfungen der Herzkranzgefäße) häufiger als Ursache für den Myokardinfarkt infrage als bei Männern. Des Weiteren manifestiert sich der Infarkt öfter als Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und nicht obstruktive KHK [3].

Akutes Koronarsyndrom

Unter dem Begriff akutes Koronarsyndrom (ACS; acute coronary syndrome) werden die Phasen der koronaren Herzkrankheit (KHK) zusammengefasst, die unmittelbar lebensbedrohlich sind. Dazu gehören:

  • instabile Angina pectoris/Brustenge bzw. Herzschmerz (UA; engl. unstable angina) – man spricht von einer instabilen Angina pectoris, wenn die Beschwerden gegenüber den vorausgegangenen Angina pectoris-Anfällen in ihrer Intensität oder Dauer zugenommen haben
  • akute Myokardinfarkt (Herzinfarkt):
    • Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI; engl.: non ST-segment-elevation myocardial infarction)
    • ST-Hebungsinfarkt (STEMI; engl.: ST-segment-elevation myocardial infarction)
  • plötzliche Herztod

Schwierig ist die Abgrenzung zwischen instabiler Angina pectoris/NSTEMI und STEMI, da deren Übergänge fließend sind.
Für den ST-Streckenhebungsinfarkt ist eine länger anhaltende (> 20 min) und nitrorefraktäre Schmerzsymptomatik (kein Ansprechen auf Nitroglycerin) charakteristisch!

Prodromalsymptome (Vorläufersymptome) für ein akutes Koronarsyndrom (ACS) (im Median waren die Studienteilnehmer 49 Jahre) [6]

  • 85 % der Frauen und 72 % der Männer berichteten über Prodromalsymptome im Sinne von unspezifischen Beschwerden:
    • Ungewöhnliche Müdigkeit (60 % der Frauen, 42 % der Männer)
    • Schlafstörungen
    • Beklemmungen
    • Armschwäche bzw. -schmerzen
  • Thoraxschmerz (Brustschmerzen; = Leitsymptom des ACS) traten in beiden Geschlechtern nur bei 24 % der Patienten vor dem ACS auf.

Leitsymptom des ACS
Dieses Leitsymptom lenkt den Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom und wird oft zuerst bemerkt:

  • Thoraxschmerz: Akut einsetzendes retrosternales Druck- oder Schweregefühl ("Stein auf der Brust") bzw. Engegefühlder Schmerz strahlt in den linken Arm den Hals bzw. die Kiefer oder in den Unterbauch aus; des Weiteren Schmerzen zwischen den Schulterblättern (Auftreten doppelt häufig bei weiblichen Patienten); Dauer des Thoraxschmerzes: intermittierend über mehrere Minuten bzw. persistierend
    • Mann: Thoraxschmerzen (Brustschmerzen) und Schwitzen sind bei Männern häufiger [9].
    • Frau: Schmerzen zwischen den Schulterblättern (Auftreten doppelt häufig bei weiblichen Patienten) [9]; Kieferschmerzen
      Beachte: Eine Schmerzausstrahlung in den rechten Arm oder beider Arme (Armschmerzen) ist möglich, aber selten.

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Atemnot (Dyspnoe)*
  • Übelkeit* und Erbrechen
  • Herzstolpern (Palpitationen): Unregelmäßige oder auffällige Herzschläge
  • Schwitzen
  • Synkope: Kurzzeitige Bewusstlosigkeit, die durch eine Minderdurchblutung des Gehirns ausgelöst wird

*Übelkeit und Atemnot sind bei Frauen häufiger [9].

Beachte: 

  • In einer Studie zeigte sich, dass der sogenannte typische Thoraxschmerz (Brustschmerzen) für die Diagnose eines akuten Koronarsyndroms hinsichtlich seiner diskriminatorischen Fähigkeiten nur eine Fläche von 0,54 unter der Kurve aufwies: erfahrene Ärzte lagen bei 65,8 % und Anfänger bei 55,4 %. Nach Abschluss der Behandlung wurden nur bei 15-20 % der Patienten mit Thoraxschmerz die Diagnose eines akuten Koronarsyndroms gestellt [2].
  • Eine gute Belastbarkeit ohne Angina pectoris schließt niemals ein akutes Koronarsyndrom (STEMI, NSTEMI und instabile Angina pectoris) aus [5].
  • Die häufigste Komorbidität (Begleiterkrankungen) des akuten Koronarsyndroms (ACS) ist die Anämie (Blutarmut; 46,3 % der aufgenommenen Fälle einer Intensivstation). Dieses führt bei einem Aufenthalt auf einer Intensivstation zu einer deutlich schlechteren Kurz- und Langzeitprognose [10].
  • Stumme Infarkte: Fast die Hälfte aller Myokardinfarkte werden allein durch Veränderungen im EKG erkannt. Die Prognose dabei war fast so ungünstig wie bei symptomatischen Myokardinfarkt! [4]
  • S. u. Labordiagnostik: Clinical Chemistry Score (CCS) zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Myokardinfarkts.

Literatur

  1. Christoffersen M, Frikke-Schmidt R, Schnohr P, Jensen GB, Nordestgaard BG, Tybjærg-Hansen A: Xanthelasmata, arcus corneae, and ischaemic vascular disease and death in general population: prospective cohort study. BMJ 2011;343:d5497 doi: 10.1136/bmj.d5497
  2. Carlton EW et al.: Chest pain typicality in suspected acute coronary syndromes and the impact of clinical experience. Am J Med. 2015;128:1109-16
  3. Mehta LS et al.: Acute Myocardial Infarction in Women – A Scientific Statement From the American Heart Association. Circulation 2016;133:00-00. doi: 10.1161/CIR.0000000000000351
  4. Zhang ZM et al.: Race and Sex Differences in the Incidence and Prognostic Significance of Silent Myocardial Infarction in the Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC) Study. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.115.021177
  5. Singer AJ et al.: The association between self-reported exercise intensity and acute coronary syndrom in emergency department chest apin patients. J Emerg Med. 2013 Jan;44(1):17-22. doi: 10.1016/j.jemermed.2012.02.088. Epub 2012 Oct 25.
  6. Khan NA et al.: Sex differences in prodromal symptoms in acute coronary syndrome in patients aged 55 years or younger. Heart 2016, online 13. Dezember; doi: 10.1136/heartjnl-2016-309945
  7. Tisminetzky M et al.: Age Differences in the Chief Complaint Associated with a First Acute Myocardial Infarction and Patient’s Care Seeking Behavior. Am J Med 2020; https://doi.org/10.1016/j.amjmed.2020.02.018
  8. Van Oosterhout REM et al.: Sex Differences in Symptom Presentation in Acute Coronary Syndromes: A Systematic Review and Meta-analysis. Am Heart Assoc 2020;9:e014733. https://doi.org/10.1161/JAHA.119.014733
  9. Khan NA et al.: Sex differences in prodromal symptoms in acute coronary syndrome in patients aged 55 years or younger. Heart 2016, online 13. Dezember; doi: 10.1136/heartjnl-2016-309945
  10. Wischmann P et al.: Relevance of pre-existing anemia for patients admitted for acute coronary syndrome to an Intensive Care Unit: A retrospective cohort analysis of 7,418 patients. Eur Heart J Open 2022; https://doi.org/10.1093/ehjopen/oeac040