Herzinfarkt (Myokardinfarkt) – Medikamentöse Therapie
Therapieziele
- Begrenzung des myokardialen Schadens (Herzmuskelschaden) und Vermeidung von Komplikationen.
- Bei kardiogenen (herzbedingter) Schock siehe unter "Medikamentöse Therapie" des "Schocks" unter kardiogener Schock.
Therapieempfehlungen (akute Therapie)
- Jede Minute zählt – "time is muscle"! Je schneller die Therapie eingeleitet wird, desto mehr Myokard (Herzmuskel) kann vor dem Untergang gerettet werden. Im Notarztwagen sollte bereits begonnen werden mit:
- thrombozytenaggretationshemmender Therapie (Acetylsalicylsäure (ASS): ein „loading“ mit 250 mg ASS)
- ggf. auch Verabreichung von unfraktioniertem Heparin (diesbezüglich zuvor Absprache mit dem zuständigen Zentrum für perkutane koronare Interventionen (PCI))
- Bei STEMI (ST-Strecken Hebungsinfarkt; engl. ST-Elevation-Myocardial Infarction) oder dringendem V. a. Akutes Koronarsyndrom (ACS; Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die durch den Verschluss oder die hochgradige Verengung eines Herzkranzgefäßes verursacht werden) ohne ST-Hebung (NSTE-ACS; Non-ST-Elevated Myocardial Infarciation bzw. Nicht-ST-Strecken-Elevations-Myokardinfarkt), Aortendissektion (Synonym: Aneurysma dissecans aortae: akute Aufspaltung (Dissektion) der Wandschichten der Aorta (Hauptschlagader), mit einem Einriss der inneren Schicht der Gefäßwand (Intima) und einer Einblutung zwischen der Intima und der Muskelschicht der Gefäßwand (äußere Media), im Sinne eines Aneurysma dissecans (krankhafte Ausweitung der Schlagader)) oder Lungenembolie (Blutgerinnsel in einem Lungengefäß) sollte der Patient (unter Notarztbegleitung) in ein Krankenhaus mit Herzkatheterlabor mit 24-Stunden-PCI-Bereitschaft eingewiesen werden!
- Bei eher untypischen Beschwerden oder einer niedrigen Wahrscheinlichkeit für ein akutes Koronarsyndrom sollte eine Einweisung in eine Chest-Pain-Unit (engl. für Brustschmerz-Einheit) erfolgen.
- Siehe auch unter "Weitere Therapie".
Vorgehen beim STEMI:
- die primäre perkutane koronare Intervention (PCI; dient der Erweiterung von stenosierten (verengten) oder vollständig verschlossenen Arterien, die kranzförmig das Herz umgeben und den Herzmuskel mit Blut versorgen) ist die bevorzugte Reperfusionstherapie (erste Therapieoption beim akuten Myokardinfarkt [8])
- eine Fibrinolyse (Auflösung des Blutgerinnsels) sollte mit Streptokinase oder Urokinase (= unspezifische Thrombolytika; direkte Fibrinolytika; ältere Enzyme) oder den gentechnologisch hergestellten sogenannten „modernen fibrinspezifischen Thrombolytika“ (indirekte Fibrinolytika) wie Alteplase (rt-PA), Reteplase (r-PA) oder Tenecteplase (TNK-tPA)) erwogen werden, wenn:
- kurze Infarktdauer (< 2 h) und
- vermutlich lange Zeitverzögerung bis zur primären PCI (> 2 h)
Hinweis: Auch bei initialer Lysetherapie kann Ticagrelor sicher eingesetzt werden; es kam nicht häufiger zu Blutungskomplikationen als bei einer Therapie mit Clopidogrel; auch bei der Häufigkeit von kardiovaskulären Todesfällen, Reinfarkten oder Apoplexen (Schlaganfälle) gab es keine signifikanten Unterschiede [23]. - kurze Infarktdauer (< 2 h) und
- Allen STEMI-Patienten ohne Kontraindikationen sollten eine orale Behandlung mit Betablockern erhalten (siehe dazu nachfolgend unter Antihypertensiva/Betablocker):
- Aktuell wird beim akuten Myokardinfarkt (STEMI) eine frühe intravenöse Betablockergabe diskutiert, deren Ergebnisse günstige Effekte aufweisen [16]. Weitere Studien sind abzuwarten.
- Bei einem akuten Myokardinfarkt ohne eine linksventrikuläre systolische Dysfunktion (Abnahme der linksventrikulären Pumpfunktion/Pumpfunktion der linken Herzkammer, LVEF < 50 %), ist eine Betablockertherapie möglicherweise nicht mit einem Überlebensvorteil verbunden [18].
- In einer Registeranalyse aus Dänemark erhielten Patienten eine Betablockertherapie (Patienten hatten keine Herzinsuffizienz oder andere Indikation für eine Betablockertherapie), ohne dass sich nach 3 Monaten fortgesetzter Behandlung etwas an der Prognose der Patienten geändert hat, d. h. mit einer Betablockertherapie war das Risiko für kardiovaskulären Tod und erneuten Infarkt nicht geringer als ohne eine solche Behandlung (absolutes Risiko: 1,5 % vs. 1,4 % bzw. 7,1 % vs. 6,9 %); ebenfalls ließ sich 3 Monate bis 3 Jahre später keine Risikoreduktion für die kombinierte Exom-Analyse aus kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Schlaganfall, stabiler Angina und Notwendigkeit für kardiale Prozeduren nachweisen (22,9% vs. 21,6%) [34].
Vorgehen beim NSTEMI (NSTE-ACS [11]):
- Herzrhythmus-Monitoring (s. u. Medizingerätediagnostik) – u. a. bis dass die Diagnose NSTEMI entweder ausgeschlossen oder gesichert werden kann (Klasse-1-Empfehlung)
- Initiale Risikostratifizierung in vier Risikokategorien:
- niedriges Risiko: invasive Abklärung optional
- intermediäres Risiko: Transport in ein PCI-Zentrum zur invasiven Behandlung (innerhalb von 72 Stunden)
- hohes Risiko (infarktverdächtige Troponin-Veränderungen, dynamische ST- oder T-Wellen-Veränderungen, „Global Registry of Acute Coronary Events“ (GRACE)-Score > 40) → Transport noch am selben Tag in ein PCI-Zentrum und invasive Abklärung früh (< 24 Stunden)
- sehr hohes Risiko (z. B. weiter bestehendem Thoraxschmerz (Brustschmerzen) trotz Medikation, lebensbedrohlichen Arrhythmien, akuter Herzinsuffizienz (Herzschwäche), hämodynamischer Instabilität/kardiogenem Schock) → Transport in ein PCI-Zentrum zur sofortigen invasiven Behandlung (< 2 Stunden)
- Routinemäßig frühe invasive Abklärung kann die Überlebenschancen bei Patienten mit NSTE-ACS gemäß einer aktuellen Metaanalyse nicht verbessern [37].
Die folgenden zeitlichen Ziele sollten eingehalten werden:
Sachverhalt |
Ziele |
Erster medizinischer Kontakt des Patienten bis zur EKG-Diagnose |
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Erster medizinischer Kontakt des Patienten bis zum Beginn einer Fibrinolyse |
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Krankenhausaufnahme bis zur perkutanen Koronarintervention (PCI)*; Pforte-Ballon-Zeit (door-to-balloon) |
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Erster medizinischer Kontakt (EMK) bis zur primären PCI* |
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Vom EKG-Befund der STEMI-Diagnose bis zur PCI |
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Akzeptable Zeitverzögerung, um eine primäre PCI gegenüber einer Fibrinolyse zu bevorzugen |
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Zeit von der erfolgreichen Fibrinolyse bis zur Angiographie/ggf. Intervention |
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Reperfusionstherapie bei allen STEMI-Patienten |
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* Keine routinemäßige PCI bei stabilen Patienten mit Symptomen > 24 h und ohne Ischämienachweis
Erstmaßnahmen
Wirkstoffe |
Sauerstoff (O2); bei akuter Herzinsuffizienz/Herzschwäche und/oder erniedrigter Sauerstoffsättigung (SpO2) (< 95 %)
|
Morphin Einer randomisierten Studie zufolge scheint die intravenöse Opioidgabe auch Myokardschäden und mikrovaskuläre Störungen zu verhindern [35]. |
Glyceroltrinitrat Hinweis: Gutes Hilfsmittel zur differentialdiagnostischen Abklärung eines ischämischen Thoraxschmerzes (Brustschmerz durch Minderdurchblutung des Herzmuskels) von anderen Beschwerden. |
Bei vagaler Reaktion (z. B. Übelkeit, Erbrechen und symptomatische Bradykardie/Herzfrequenz < 50 Schläge pro Minute) Atropin |
Bei Tachykardie (Herzfrequenz > 100 Schläge pro Minute) trotz Schmerzfreiheit und fehlenden Zeichen der Linksherzinsuffizienz/Linksherzschwäche) Gabe eines Betablockers (z. B. Metoprolol) Hinweis: Kann bereits bei prähospitalisierten Patienten erfolgen. |
Bei Übelkeit/Erbrechen Gabe von Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit/Erbrechen; z. B. Domperidon) |
Therapieempfehlungen zur antithrombozytären Therapie
Wirkstoffe |
Klasse |
Grad |
Acetylsalicylsäure (ASS) oral oder intravenös | I | B |
ASS + ADP-Rezeptorantagonist (Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor) | I | A |
Prasugrel* (v.a. beim STEMI) bei Patienten:
*Bei NSTEMI wird dezidiert von einer „Pretreatment“-Strategie abgeraten [11]; wg. Ergebnisse der ACCOAST-Studie: diese zeigte, dass eine schon vor der Koronarangiographie (radiologisches Verfahren, das mit Hilfe von Kontrastmitteln das Lumen (Innenraum) der Koronararterien (Arterien, die kranzförmig das Herz umgeben und den Herzmuskel mit Blut versorgen) sichtbar macht) eingeleitete Prasugrel-Therapie die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse nicht reduzierte und mehr Blutungen provozierte Version 2020 der NSTEMI-Leitlinie der ESC: Von einer routinemäßigen antithrombotischen Vorbehandlung mit P2Y12-Hemmern wird bei unbekannter Koronaranatomie und geplanter früher Katheterintervention abgeraten (Klasse III/Evidenzgrad A-Empfehlung) [Leitlinien: s. u.] |
I | B |
Ticagrelor Beachte: Durch die ESC Leitlinie Management bei akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) wurde Ticagrelor zu einer Klasse-IIb-Empfehlung. Eine verlängerte Behandlung mit diesem P2Y12-Hemmer kann für die Dauer von bis zu 36 Monaten bei Hochrisiko-Patienten erwogen werden [20]. |
I | B |
Clopidogrel, falls Prasugrel oder Ticagrelor kontraindiziert oder nicht verfügbar ist | I | C |
- Dauer der dualen Plättchenhemmung (DAPT) nach akutem Koronarsyndrom + NSTEMI (NSTE-ACS) – für alle Patienten mit moderatem bis hohem Risiko für ischämische Ereignisse, unabhängig von der initialen Therapiestrategie bei Fehlen von Kontraindikationen – 12 Monate (unabhängig vom Stent) [14] (Klasse I/Level A); über ein Jahr hinausgehende DAPT gemäß einer Metaanalyse [15]
- Acetylsalicylsäure (Loading Dose 150-300 mg, dann 75-100 mg / d) + Ticagrelor (180 mg Loading Dose, dann 2 x 90 mg/d)
- mit Clopidogrel vorbehandelte Patienten. Patienten, bei denen eine PCI geplant ist, sollten Prasugrel erhalten, Clopidogrel nur jene, die weder Ticagrelor noch Prasugrel erhalten können.
- Bei sehr hohem bzw. hohem Blutungsrisiko wird die DAPT nach einem bzw. drei Monaten beendet und dann mit Clopidogrel bzw. ASS in Monotherapie behandelt.
- Patienten mit niedrigem Blutungsrisiko kann bei niedrigem thrombotischem bzw. ischämischem Risiko eine DAPT aus ASS und Ticagrelor nach drei Monaten beendet und dann eine Monotherapie mit Ticagrelor fortgeführt werden.
- Dauer nach elektiver perkutaner koronarer Intervention (PCI; Verfahren zur Erweiterung von stenosierten (verengten) oder vollständig verschlossenen Koronarien (Arterien, die kranzförmig das Herz umgeben und den Herzmuskel mit Blut versorgen)) mit BMS (Bare Metal Stent) 1 Monat, mit DES (Drug Eluting Stent) 6 (-12) Monate [7]; Dauer nach Implantation eines Drug Eluting Stents, bei Patienten mit hohem Blutungsrisiko die Gabe eines ADP-Rezeptorantagonist auf 3 bis 6 Monate zu verkürzen (Grad IIb).
- Beachte: Durch die ESC Leitlinie Management bei akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) wurde erstmals Cangrelor (P2Y12-Hemmer) als Option aufgenommen, die bis zum Zeitpunkt der primären PCI noch keinen der zuvor genannten Plättchenhemmer erhalten haben (Klasse-IIb-Empfehlung) [20].
- Beachte: Plättchenhemmung plus NSAR → Protonenpumpenhemmer (PPI) verordnen
Therapieempfehlungen zur Antikoagulatien-Therapie (Hemmung der Blutgerinnung)
Wirkstoffe |
Klasse |
Grad |
i.v.-Antikoagulantien-Therapie bei primärer perkutanen Koronarintervention | I | C |
Bivalirudin* (mit einem auf Bail-out-Situationen (akuter Gefäßverschluss, No-Reflow-Phänomen, intrakoronarer Thrombus u.a.) beschränkten Gebrauch von GP IIb/IIIa-Inhibitoren); Mittel der ersten Wahl (vor Einsatz von unfraktioniertem Heparin (UFH) und GP IIb/IIIa-Inhibitoren) Beachte: Durch die ESC Leitlinie Management bei akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) wurde Bivalidurin auf eine Klasse-IIa-Empfehlung herabgestuft [20]. |
I | B |
Unfraktioniertes Heparin mit/ohne routinemäßigen Einsatz von GP IIb/IIIa-Inhibitoren: nur bei Patienten, die weder mit Enoxaparin noch Bivalirudin mit behandelt werden. | I | C |
Enoxaparin (mit oder ohne routinemäßigem Einsatz von GP IIb/IIIa-Inhibitoren) ist dem unfraktionierten Heparin (UFH) vorzuziehen. Beachte: Durch die ESC Leitlinie Management bei akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) wurde Enoxaparin auf eine Klasse-IIa-Empfehlung heraufgestuft [20]. |
IIb | B |
- GP IIb/IIIa-Inhibitoren nur periinterventionell!
- *Bivalirudin versus UFH: In der MATRIX-Studie wurden antithrombotischen Regime bei 7.213 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (NSTEMI, STEMI) verglichen. Folgende Ergebnisse konnten nachgewiesen werden: Kein signifikanter Unterschied bei den kombinierten Endpunkten (Tod, Myokardinfarkt und Apoplex). Aber signifikant weniger Todesfälle und Blutungen bei Therapie mit Bivalirudin: Gesamtmortalität: 1,7 versus 2,3 % und schwere Blutung 1,4 versus 2,5 % [13].
Empfehlungen zur Gabe von Antikoagulantien bei Patienten mit STEMI [ Leitlinien: 2020 ESC Guidelines]
Empfehlung | Klasse | Grad |
Eine i.v.-Antikoagulation sollte bei primärer PCI verwendet werden | I | C |
Bivalirudin (mit einem auf „Bailout“-Situationen beschränkten Gebrauch von GP-IIb/IIIa-Inhibitoren) wird als Therapie der ersten Wahl empfohlen. Dieses gilt vor dem Einsatz von unfraktioniertem Heparin und GP-IIb/IIIa-Inhibitoren IIa A Enoxaparin (Bolus 0,5 mg/kg KG) |
IIa | A |
Unfraktioniertes Heparin (70-100 IE/kg KG) | I | C |
Fondaparinux wird für die primäre PCI nicht empfohlen | III | B |
Legende
- GP: Glykoprotein
- PCI: perkutane koronare Intervention,
- STEMI: ST-Strecken-Hebung-Infarkt
Score zur Abschätzung des Blutungsrisikos:
HAS-BLED Score |
||
Bei Vorliegen von ... |
... ergibt sich |
|
H |
Hypertension/Bluthochdruck (syst. > 160 mmHg) |
1 Punkt |
A |
Pathol. Nieren- (Dialyse, Transplantation oder Kreatinin > 2,3 mg/dl) oder Leberfunktion (Leberzirrhose oder Bilirubin > 2,2 mg/dl und GPT/GOT/AP > 3-faches der Norm) | 1 oder 2 Punkte |
S |
Apoplex |
1 Punkt |
B |
Frühere Blutung/Blutungsneigung | 1 Punkt |
L |
Labiler INR (< 60 % im Zielbereich) |
1 Punkt |
E |
> 65 Jahre |
1 Punkt |
D |
Drogen (gemeint sind: Thrombozytenaggregationshemmer oder NSAR/NSAID) oder übermäßiger Alkoholkonsum | 1 oder 2 Punkte |
Wenn der Score 3 oder mehr Punkte beträgt, so spricht dies für ein hohes Blutungsrisiko.
Wirkstoffe (Hauptindikation) der akuten Therapie
Nitrate
Wirkstoffe | Besonderheiten |
Glycerolnitrat | Dosisanpassung bei schwerer Nieren-/ Leberinsuffizienz (Leber- und Nierenschwäche) |
Glyceroltrinitrat | Dosisanpassung bei schwerer Leber-/Niereninsuffizienz |
- Wirkweise: Venöse Dilatation (Erweiterung der Venen) → Verminderung der Vorlast
- Nebenwirkungen: Kopfschmerzen, Hypotonie (niedriger Blutdruck), Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute), gastrointestinal (Übelkeit, Erbrechen)
Antihypertensiva (Betablocker)
Wirkstoffe | Besonderheiten |
Metoprolol | Dosisanpassung bei schwerer Leberinsuffizienz |
- Wirkweise: senken den Sauerstoffverbrauch durch Kontraktilität- und Herzfrequenzverminderung
- Prognose verbessernd! Gilt zweifelsfrei für Patienten, die neben dem akuten Myokardinfarkt eine Herzinsuffizienz (Herzschwäche) oder eine verminderte LVEF (engl. left ventricular ejection fraction; Auswurffraktion des Herzens) hatten.
Eine Metaanalyse zeigte, dass Patienten mit Betablocker zwar eine niedrigere Mortalität (Sterberate) hatten, jedoch nach Korrektur eines Bias (Small-Study-Effekt) war der Vorteil nicht mehr signifikant [25]. - Alle STEMI-Patienten ohne Kontraindikationen sollten eine orale Behandlung mit Betablockern erhalten (Innerhalb von 24 Stunden nach dem Ereignis/während des Krankenhausaufenthaltes und danach)
- US-Kardiologen raten eher zur Kurzzeittherapie (30-Tage-Behandlung) mit Betablockern, um das Risiko für einen erneuten Infarkt (Herzinfarkt) und Angina pectoris (anfallsartig auftretender thorakaler bzw. retrosternaler Schmerz (Brustschmerzen bzw. Schmerzen, die hinter dem Brustbein (Sternum) lokalisiert sind), der durch eine Ischämie (Mangeldurchblutung) des Myokards (Herzmuskel) ausgelöst wird)zu senken. Die Schutzwirkung ist gegenüber den möglichen Risiken wie Herzversagen und kardiogener Schock abzuwägen [5].
- Eine Kohortenstudie auf Grundlage von 28.970 Patienten, die wegen eines Myokardinfarktes, einem perkutanen revaskularisierenden Eingriff oder einer Bypassoperation unterzogen worden waren, zeigten nach einer dreieinhalbjährigen Nachbeobachtungszeit, dass die Gabe von Betablockern über ein Jahr oder länger die Mortalität im Vergleich zur kürzeren Einnahme halbierte. Das geringe Sterberisiko von Patienten mit langzeitiger Betablockertherapie blieb auch nach Abgleich gegen Einflussfaktoren (z. B. Alter, Geschlecht, Hochdruckdiagnose etc.) um 19 % reduziert [31].
- In einer Registeranalyse aus Südkorea wurde untersucht, ob es einen Unterschied ausmacht, wenn zwischen Dosis und Betablockertyp unterschieden wird [33]:
- Patienten, die innerhalb der ersten drei Monate nach dem Eingriff nur zwischen 25 % bis 50 % der vollen Dosis eingenommen hatten (als mittlere Dosis kategorisiert), wiesen ein geringeres Risiko für kardiovaskulären Tod auf als jene, die mit der vollen Dosis behandelt wurden
- Betablocker mit vasodilatierenden Eigenschaften (Carvedilol, Betaxolol, Bevantolol und Nebivolol) zeigten im Vergleich zu „konventionellen“ Betablockern wie Atenolol, Bisoprolol, Metoprolol und Propranolol ein geringeres Risiko für einen kardiovaskulären Tod.
- REDUCE-AMI-Studie: Betablocker oder kein Betablocker: Dies machte im Hinblick auf den primären Endpunkt – Tod jeglicher Ursache oder erneuter Myokardinfarkt – weder kurz- noch längerfristig einen Unterschied [39].
- Aktuell wird beim akuten Myokardinfarkt (STEMI) eine frühe intravenöse Betablockergabe diskutiert, deren Ergebnisse günstige Effekte aufweisen [16]. Weitere Studien sind abzuwarten.
- In den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) langfristige Betablocker-Therapie
- STEMI-Leitlinien: Klasse-I-Empfehlung
- Herzinsuffizienz oder
- systolischer LV-Dysfunktion (Abnahme der linksventrikulären Pumpfunktion, LVEF < 50 %)
- NSTEMI-Leitlinien: Klasse-I-Evidenzniveau-A-Empfehlung, allerdings nur bei Vorliegen einer Herzinsuffizienz
- STEMI-Leitlinien: Klasse-I-Empfehlung
- Dosierungshinweise:
- Eine intravenöse Behandlung mit Betablocker sollten bei der Vorstellung von Patienten ohne Kontraindikation, mit hohem Blutdruck, Tachykardie und ohne Zeichen einer Herzinsuffizienz erfolgen.
- Intravenöse Betablocker müssen bei Patienten mit Hypotension und Herzinsuffizienz vermieden werden.
- Bei einem akuten Myokardinfarkt ohne eine linksventrikuläre systolische Dysfunktion, ist eine Betablockertherapie möglicherweise nicht mit einem Überlebensvorteil verbunden [18].
- Kontraindikationen: Dekompensierte Herzinsuffizienz (NYHA IV), AV-Block 2. oder 3. Grades, Bradykardie (Ruhepuls kleiner 50 Schläge pro Minute vor Behandlungsbeginn), Hypotonie (Blutdruck systolisch kleiner 90 mmHg); relative KI sind: Asthma bronchiale und PAVK.
- Bei Kontraindikationen gegen Betablocker: Calciumantagonisten
- Nebenwirkungen: Bradykardie (Herzschlag unter 60 Schläge pro Minute), Hypotonie, Bronchokonstriktion (Verengung (Konstriktion) der Bronchien), Hypoglykämie (Unterzuckerung; bei Diabetes mellitus), gastrointestinal, Kopfschmerzen, Schwindel
Opioid-Analgetika
Wirkstoffe | Besonderheiten |
Morphin | Vorlast-/ RR-Senkung Dosisanpassung bei Nieren-/ Leberinsuffizienz |
Piritramid | Kaum Kreislaufdepression Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz |
- Wirkweise: Wirkung an den Opioidrezeptoren μ, κ, δ
- Nebenwirkungen: Muskelrigidität, Toleranz, Magenentleerungsstörungen, Übelkeit/Erbrechen, Obstipation (Verstopfung), Miktionsbeschwerden
Trias der Opioid-Intoxikation: Atemdepression, Miosis, Koma
Thrombozytenaggregationshemmer (TAH)
Wirkstoffgruppe | Wirkstoffe | Besonderheiten |
Acetylsalicylsäure | Acetylsalicylsäure (ASS) |
Dosisanpassung bei Nieren-/ |
ADP-Rezeptorantagonisten | Clopidogrel |
Wenn Prasugrel/Ticagrelor nicht verfügbar Nach PCI: Clopidogrel schützt besser als ASS unabhängig vom Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse und vom Verhältnis von Ischämie- zu Blutungsrisiko besser vor dem Auftreten thrombotischer Komplikationen und/oder Major-Blutungen [38]. |
Prasugrel |
|
|
Ticagrelor | Ab mittlerer Leberinsuffizienz KI NSTEMI |
|
P2Y12-Antagonist | Cangrelor | Es wird mit Acetylsalicylsäure kombiniert. Nebenwirkungen: Blutungen, Dyspnoe |
- Wirkweise Acetylsalicylsäure: Hemmung der Cyclooxygenase
- Indikationen: Eine antithrombozytäre Therapie mit niedrig dosiertem ASS (75-100 mg) ist dauerhaft nach STEMI indiziert [Empfehlungsgrad I; Evidenzgrad A]
- Dosierungshinweise: Einnahme von ASS gegen 22.00 Uhr führt zu einer ausgeprägteren Thrombozytenhemmung in den kardiovaskulär kritischen Morgenstunden [10]
- Nebenwirkungen: gastrointestinal (Übelkeit, Ulzera/Geschwüre), Eisenmangelanämie (Langzeittherapie), Vertigo (Schwindel), Tinnitus (Ohrensausen), Wasserretention, Aspirin-Asthma, Uteruskontraktionshemmung
- Wirkweise ADP-Rezeptorantagonisten: irreversible Hemmung (Clopidogrel, Prasugrel), reversible Hemmung (Ticagrelor) der ADP-abhängigen Thrombozytenaktivierung
- Clopidogrel: Wirkeintritt erst nach wenigen Tagen (durch Aufsättigung mit 300 bzw. 600 mg auf Stunden zu verkürzen)
Neue ADP-Rezeptorantagonisten Prasugrel, Ticagrelor: weniger Non-Responder, mehr Blutungskomplikationen - Nebenwirkungen: Blutungen, Hämatome, Epistaxis, gastrointestinal (Übelkeit, Blutungen, Dyspepsie, Diarrhoe), Hämaturie, Thrombozytopenie
- Für alle Patienten wird eine duale Thrombozytenaggregationshemmung (TAH) bis zu 12 Monaten nach dem Ereignis empfohlen [14]. (Klasse I/Level A)
Antikoagulantien
Wirkstoffe | Besonderheiten |
Bivalirudin | Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz |
- Wirkweise: reversible Hemmung von Thrombin
- Gegenüber unfrakt. Heparin und GP-IIb/IIIa-Inhibitor empfohlen
- Nebenwirkungen: Blutungen, Thrombopenie
- Weitere Indikation: HIT II (Heparin-induzierte Thrombozytopenie)
Heparin
Wirkstoffe | Besonderheiten |
Enoxaparin | Einsatz beim NSTEMI Cave: HIT |
Unfraktioniertes Heparin (UFH) | Einsatz beim NSTEMI, STEMI und Lyse nach Thrombolytikum Cave: HIT |
- Wirkweise niedermolekulare Heparine (NMH): selektive Hemmung des Faktor Xa
Nebenwirkungen: Blutungen, HIT, allergische Reaktionen, Transaminasen ↑, Hautnekrosen, Osteoporose, Hypoaldosteronismus, Haarausfall
Gegenüber unfrakt. Heprin empfohlen - Wirkweise unfraktionierte Heparine (UFH): verstärkt die antikoagulatorische Antithrombin III-Wirkung (AT III-Wirkung) → inaktiviert Thrombin, IXa, Xa, XIa, XIIa; daneben Hemmung der Thrombozytenfunktion, Gefäßpermeabilität ↑
- Könnte im Vergleich zu Bivalirudin Vorteile in der antithrombotischen Therapie bei notfallmäßigen Koronarinterventionen haben [6]
- Nur indiziert, wenn weder Bivalirudin nach Enoxaparin gegeben werden kann
Nebenwirkungen: Blutungen, Thrombozytopenie (HIT), allergische Reaktionen, Transaminasen ↑, Hautnekrosen, Osteoporose (Knochenschwund), Hypoaldosteronismus (pathologisch verminderte Aldosteronsekretion der Nebennierenrinde), Haarausfall
- Weitere Alternativen sind Fondaparinux und Bivalirudin
GP IIb/IIIa-Antagonisten
Wirkstoffe | Besonderheiten |
Abciximab | KI bei schwerer Nieren-/Leberinsuffizienz |
Eptifibatid | KI bei schwerer Nieren-/Leberinsuffizienz |
Tirofiban | KI bei schwerer Leberinsuffizienz Dosisanpassung bei schwerer Niereninsuffizienz |
- Wirkweise: hemmen die Thrombozytenaggregation
- Die Gabe eines GP-IIb/IIIa-Antagonisten (Abciximab, Eptifibatide, Tirofiban) wird bei Patienten mit hohem Risiko empfohlen.
- Nebenwirkungen: Blutungen
Therapieempfehlungen (zur Nachsorge bei STEMI)
ACE-Hemmer:
- Patienten mit Herzinsuffizienz oder systolischer LV-Dysfunktion, Diabetes mellitus und/oder arterieller Hypertonie (Bluthochdruck) oder Vorderwandinfarkt mit Beginn innerhalb der ersten 24 h des STEMI → ACE-Hemmer oder alternativ ARBs (vorzugsweise Valsartan) [Empfehlungsgrad I, Evidenzgrad A]
Betablocker
- Patienten mit Herzinsuffizienz (Herzschwäche) oder LV-Dysfunktion [Empfehlungsgrad I, Evidenzgrad A]
- Wirkweise: senken den Sauerstoffverbrauch durch Kontraktilität- und Herzfrequenzverminderung
- Prognose verbessernd! Gilt zweifelsfrei für Patienten, die neben dem akuten Myokardinfarkt eine Herzinsuffizienz oder eine verminderte LVEF (engl. left ventricular ejection fraction) hatten.
- Alle STEMI-Patienten ohne Kontraindikationen (Gegenanzeigen) sollten eine orale Behandlung mit Betablockern erhalten (Innerhalb von 24 Stunden nach dem Ereignis/während des Krankenhausaufenthaltes und danach)
- US-Kardiologen raten eher zur Kurzzeittherapie (30-Tage-Behandlung) mit Betablockern, um das Risiko für einen erneuten Infarkt und Angina pectoris zu senken. Die Schutzwirkung ist gegenüber den möglichen Risiken wie Herzversagen und kardiogener Schock abzuwägen [5].
- Eine Metaanalyse zeigte, dass Patienten mit Betablocker zwar eine niedrigere Mortalität hatten, jedoch nach Korrektur eines Bias (Small-Study-Effekt) war der Vorteil nicht mehr signifikant [25].
- Eine Kohortenstudie auf Grundlage von 28.970 Patienten, die wegen eines Myokardinfarktes, einem perkutanen revaskularisierenden Eingriff oder einer Bypassoperation unterzogen worden waren, zeigten nach einer dreieinhalbjährigen Nachbeobachtungszeit, dass die Gabe von Betablockern über ein Jahr oder länger die Mortalität (Sterberate) im Vergleich zur kürzeren Einnahme halbierte. Das geringe Sterberisiko von Patienten mit langzeitiger Betablockertherapie blieb auch nach Abgleich gegen Einflussfaktoren (z. B. Alter, Geschlecht Hochdruckdiagnose etc.) um 19 % reduziert [31].
Antithrombozytäre Therapie
- Dauerhafte antithrombozytäre Therapie mit niedrig dosiertem Acetylsalicylsäure (ASS) (75-100 mg); bei ASS-Unverträglichkeit → Clopidogrel
- Duale Thrombozytenhemmung mit ASS und einem oralen ADP-Rezeptorblocker muss unabhängig von der initialen Revaskularisationstherapie für mindestens 12 Monate fortgesetzt werden, mit einem strengen Minimum von:
- 1 Monat für Patienten mit Metallstent (BMS)
- 6 Monaten für Patienten mit Medikamenten-Stents (DES) [7]
- Bei Patienten, die aufgrund eines Vorhofflimmerns bereits mit oralen Antikoagulantien behandelt werden, und nach einem koronaren Ereignis und einer Stentimplantation eine antithrombozytäre Therapie erhalten, stellt sich die Frage der Sicherheit unter einer Triple-Therapie. Die AUGUSTUS-Studie konnte zeigen, dass der Verzicht auf ASS vor Blutungskomplikationen geschützt; allerdings war der Schutz vor erneuten ischämischen Ereignissen schwächer (6,5 % versus 7,3 % in der Placebogruppe) und Stentthrombosen traten in der ASS-Gruppe nur halb so häufig auf (11 versus 21 Fälle; Hazard Ratio 0,52; 0,25-1,08); die Unterschiede waren allerdings nicht signifikant [27].
- ISAR-REACT-5-Studie: Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) mit und ohne ST-Streckenhebung (STEMI, NSTEMI, instabile Angina) und geplanter invasiver Behandlungsstrategie wurde durch Prasugrel innerhalb eines Jahres das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse signifikant stärker als durch Ticagrelor reduziert [29, 30].
- Magenschutz mit einem Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) sollte für Patienten mit hohem Blutungsrisiko für die Dauer der DAPT (dual antiplatelet therapy; duale Plättchentherapie) in Erwägung gezogen werden
- Einnahme von ASS gegen 22.00 Uhr führt zu einer ausgeprägteren Thrombozytenhemmung in den kardiovaskulär kritischen Morgenstunden [10].
Antikoagulatien-Therapie
- orale Antikoagulation (OAK) für mindestens 3 Monate für Patienten mit linksventrikulärem Thrombus
- Patienten mit klarer Indikation zur oralen Antikoagulation (z. B. Vorhofflimmern mit einem CHA2DS2VASc-Score ≥ 2 (s. o.) oder mechanischer Klappenprothese) müssen zusätzlich zur antithrombozytären Therapie eine orale Antikoagulation erhalten.
Aldosteronantagonisten
- Patienten mit einer Ejektionsfraktion < 40 % und Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus ohne Niereninsuffizienz oder Hyperkaliämie (Kaliumüberschuss)
- Auch STEMI-Patienten mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion von über 40 % und ohne Herzinsuffizienz sollten gemäß einer Metaanalyse einen Mineralocorticoid-Antagonisten (MAR) erhalten: dieses war mit ca. einem Drittel niedrigerer Mortalität (Sterblichkeit) assoziiert: 2,4 % der MRA-therapierten Patienten, aber 3,9 % der nicht mit MRA therapierten Patienten waren innerhalb eines Jahrs verstorben (p = 0,01) [24].
- Akuttherapie mit MRA: Bei Patienten mit ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) scheint die frühzeitige Gabe eines Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (MRA) mit einer deutlichen Reduktion der Mortalität verbunden zu sein [21].
Statintherapie
- STEMI-Patienten ohne Kontraindikationen wird unabhängig von den Cholesterinwerten eine hoch dosierte Statintherapie (HMG-CoA-Reduktasehemmer) empfohlen (Ziel-LDL von < 70 mg/dl)
Eine Dosisanpassung sollte erst nach mindestens vier Wochen erfolgen. - Beachte: Durch die ESC Leitlinie Management bei akutem ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) wird dazu geraten, dass bei Patienten, die trotz einer Statin-Therapie in maximaler verträglicher Dosierung noch LDL-Cholesterinwerte von ≥ 70 mg/dl aufweisen, bei weiterhin erhöhtem Risiko eine zusätzliche Therapie (mit Evolocumab bzw. Ezetimib) zur Senkung des LDL-Cholesterins in Betracht zu ziehen sei (IIa-Empfehlung) [20]
IQWiG: "Für Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK, Herzkranzgefäßerkrankung) oder akutem Koronarsyndrom (ACS) in der Vorgeschichte ist es von höherem Nutzen, mit einem Statin in Kombination mit Ezetimib behandelt zu werden, als mit einem Statin allein [28]," - Achtung! Therapiekontrolle ist erforderlich: Ca. 20 % sind Non-Responder, d. h. der LDL-Wert kann nicht mehr als 15 % gesenkt werden:
In einer Studie mit Studien von einer Dauer von eineinhalb bis 2 Jahren sank der LDL-Wert bei den Respondern von durchschnittlich 131 auf 73 mg/dl, dagegen stieg er bei Hyporesponder sogar leicht an von 96 auf 101 mg/dl. Dieses machte sich auch beim Plaquevolumen bemerkbar: während der Anteil am Gefäßvolumen bei den Respondern weitgehend konstant blieb, hatte er bei den Hyporespondern deutlich zugenommen (+ 1,19 Prozentpunkte). Ebenso kam es bei den Hyporespondern signifikant seltener zu einer Plaque-Regression (Reduktion des Plaquevolumenanteils um ≥ 5 %), 26 % versus 38 %, dafür kam es deutlich häufiger zu einer Progression (30 % versus 14 %).
Non- bzw. Hyporesponder waren etwas jünger als Responder, häufiger männlich und etwas adipöser. Sie hatten seltener eine Hypertonie und bekam seltener Betablocker. Die mittleren Statinen-Dosierungen waren bei Hyporesponder deutlich geringer, was zum Teil den ausbleibenden Therapieerfolg erklären kann [11]. - Ca. 14 % der Patienten unter einer Statintherapie nach Myokardinfarkt zeigten eine paradoxe Senkung der HDL-C-Serumspiegel. Dieses ging mit einer erhöhten Rate unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse (Myokardinfarkt, Apoplex (Schlaganfall), Tod) im Vergleich zur Gruppe derer mit erhöhten HDL-C-Serumspiegel einher (15,4 % versus 7,1 %) [9].
Niedrige HDL-C Serumspiegel unter Statintherapie nach akutem Myokardinfarkt können möglicherweise als unabhängiger Prädiktor für unerwünschte kardiovaskuläre Ereignisse gelten.
PCSK9-Hemmer
- PACMAN-AMI-Studie (PCSK9-Hemmer zusätzlich zu einer hoch dosierten Statin-Therapie bei Patienten mit Myokardinfarkt) [36]:
- Rosuvastatin/Placebo-Gruppe: Senkung der LDL-Werte von im Mittel 152,8 mg/dl auf 74,4 mg/dl
- RosuvastatinAlirocumab: weitere Senkung um 23,6 mg/dl
Antiinflammatorische Therapie (entzündungshemmende Therapie
- CANTOS (Canakinumab Anti-Inflammatory Thrombosis Outcomes)-Studie: Canakinumab (monoklonaler, humaner IL-1β-Antikörper) als Sekundärprävention führte bei Postinfarktpatienten (Patienten, die einen Infarkt hatten) mit einer stabilen KHK (Koronare Herzkrankheit; Herzkranzgefäßerkrankung) und einem hohen hsCRP ≥ 2 mg/dl, die optimal vorbehandelt waren (91 % der Patienten waren unter einem Statin), zur Senkung der Ereignisrate. Wenn das hsCRP < 1,8 mg/dl gesenkt werden konnte für die dieses zu einer MACE-Reduktion (major adverse cardiac events) von 27 % [26].
Nachfolgend werden Wirkstoffe zur Nachsorge bei STEMI (wie z. B. Betablocker, Thrombozytenaggregationshemmer, Antikoagulatine) nur aufgeführt, wenn diese nicht bereits unter der akuten Therapie aufgeführt sind. Hinweise zur Statintherapie siehe unter"Hypercholesterinämie/Pharmakotherapie).
MINOCA (myocardial infarction with non-obstructive coronary arteries) [20]
Der Anteil der Myokardinfarkte bei STEMI-Patienten ohne obstruktive koronare Atherosklerose wird auf bis zu 14 % geschätzt.
Eine Arbeitsgruppe der ESC hat mittlerweile auch ein eigenes Positionspapier zu diesem Thema verfasst
Wirkstoffe in der Dauertherapie
- ACE-Hemmer
- Aldosteronantagonisten
Weitere Hinweise
- Die Gabe eines GP-IIb/IIIa-Antagonisten (Abciximab, Eptifibatide, Tirofiban) wird bei Patienten mit hohem Risiko empfohlen
- Eine hoch dosierte Therapie mit Statinen sollte, wenn möglich bei allen Patienten durchgeführt werden
Legende
- PCI – perkutane Coronar-Intervention
- STEMI – ST-Hebungsinfarkt
- NSTEMI – Nicht-ST-Hebungsinfarkt
Klasse = Empfehlungsgrade:
- I: Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme effektiv, nützlich oder heilsam ist.
- II: Widersprüchliche Evidenz und/oder unterschiedliche Meinungen über den Nutzen/Effektivität einer Therapieform oder einer diagnostischen Maßnahme.
- IIa: Evidenzen/Meinungen favorisieren den Nutzen bzw. die Effektivität einer Maßnahme.
- IIb: Nutzen/Effektivität einer Maßnahme ist weniger gut durch Evidenzen/Meinungen belegt.
- III: Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme ineffektiv, nicht nützlich oder nicht heilsam ist und im Einzelfall schädlich sein kann
Grad = Evidenzgrade:
- A: Daten aus mehreren, randomisierten klinischen Studien oder Metaanalysen.
- B: Daten aus einer randomisierten Studie oder mehreren großen nicht randomisierten Studien.
- C: Konsensusmeinung von Experten und/oder kleinen Studien, retrospektiven Studien oder Registern.
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit von Herz und Gefäßen sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
- Mineralstoffe (Kalium, Magnesium)
- Spurenelemente (Chrom, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA); Omega-6-Fettsäure: Gamma-Linolensäure (GLA))
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Traubenkern- und Olivenpolyphenole)
- Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), L-Carnitin, Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesiumcitrat und Kaliumcitrat))
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
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- Pocket-Leitlinie: Therapie des akuten Herzinfarktes bei Patienten mit ST-Streckenhebung (STEMI). Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie 2017
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