Herzinfarkt (Myokardinfarkt) – Differentialdiagnosen

Atmungssystem (J00-J99)

  • Asthma bronchiale
  • Bronchitis – Entzündung der Bronchien
  • Pleuritis (Rippenfellentzündung)
  • Pneumonie (Lungenentzündung)
  • Pneumothorax** – Kollaps der Lunge, der durch eine Luftansammlung zwischen der Pleura viszeralis (Lungenfell) und der Pleura parietalis (Brustfell) bedingt ist

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Hypercalcämie (Calciummangel)
  • Hyperkaliämie (Kaliumüberschuss)

Herzkreislaufsystem (I00-I99)

  • Akutes Aortensyndrom (AAS)** – Erkrankungen der thorakalen Aorta/Brustschlagader: z. B.  Aortendissektion, penetrierende Aortenulkus, Pseudoaneurysma bzw. intramurale Hämatom der Aorta sowie gelegentlich das rupturierte Aortenaneurysma; .Computertomographie erforderlich
    • Aortenaneurysma, symptomatisches – umschriebene Hauptschlagadererweiterung durch angeborene oder erworbene Schwächung der Arterienwand, welches mit Beschwerden einhergeht
    • Aortendissektion (Synonym: Aneurysma dissecans aortae) – akute Aufspaltung (Dissektion) der Wandschichten der Aorta (Hauptschlagader), mit einem Einriss der inneren Schicht der Gefäßwand (Intima) und einer Einblutung zwischen der Intima und der Muskelschicht der Gefäßwand (äußere Media), im Sinne eines Aneurysma dissecans (krankhafte Ausweitung der Schlagader); Symptome: akut einsetzender Vernichtungsschmerz mit Ausstrahlung in den Rücken; bei heftigem Thoraxschmerz(Brustschmerzen) häufig als Myokardinfarkt missgedeutet; Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): 4,6 Fälle auf 100.000 Einwohner 
      Beachte: Bei Notaufnahme-Patienten, die sich wegen Rücken- oder Brustschmerzen bzw. aufgrund einer Synkope (kurzzeitige Bewusstlosigkeit) vorstellen, muss an eine Aortendissektion gedacht werden.
  • Angina pectoris (Synonym: Stenokardie, deutsch: Brustenge) – anfallsartige Enge in der Brust (plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend, der durch eine Durchblutungsstörung des Herzens ausgelöst wird). Meist beruht diese Durchblutungsstörung auf eine Stenose (Engstellung) der Koronargefäße (Herzkranzgefäße).
  • Aortenklappenstenose – Obstruktion (Einengung) des Ausflusstraktes der linken Herzkammer
  • Angina pectoris (Stenokardie; Brustenge)
  • Angina decubitus – Angina pectoris, die nachts aus dem Schlaf heraus auftritt, wird durch flaches Liegen im Bett ausgelöst. Die streng horizontale Lage erhöht das Rückstromvolumen des Blutes!
  • Apoplex (Schlaganfall)
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche), akute
  • Hypertensive Notfall/Krise – Blutdruckentgleisung mit Werten > 200 mmHg
  • Hypertrophe Kardiomyopathie – Herzmuskelschwäche mit Vergrößerung des Herzens und Neigung zu schwerwiegenden, vor allem unter Belastung auftretenden Rhythmusstörungen
  • Instabile Angina pectoris (UA; engl. unstable angina) – man spricht von einer instabilen Angina pectoris, wenn die Beschwerden gegenüber den vorausgegangenen Angina pectoris-Anfällen in ihrer Intensität oder Dauer zugenommen haben
  • Intrakranielle Blutung** (Hirnblutung)
  • Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung)
  • Koronarspasmus (Herzkranzgefäßverkrampfung)
  • Lungenembolie** – Verschluss eines oder mehrerer Lungengefäße durch einen Thrombus (Blutpfropf); Computertomographie erforderlich
    Symptome: Thoraxschmerz verbunden mit Dyspnoe (Luftnot) und Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Schläge pro Minute)
  • Myokardiale Ischämie durch mentalen Stress (insb. Frauen)
  • Myokarditis (Herzmuskelentzündung)
  • Perikarderguss – Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel
  • Perikarditis (Herzbeutelentzündung)
  • Perimyokarditis** (Herzmuskel- und Herzbeutelentzündung)
  • Prinzmetal-Angina – Sonderform der Angina pectoris (Brustschmerzen) mit vorübergehender Ischämie (Durchblutungsstörung) des Myokards (Herzmuskels) durch einen Spasmus (Krampf) einer oder mehrerer Koronarien (Herzkranzgefäße) ausgelöst (Symptome: Schmerzdauer: Sekunden bis Minuten; belastungsunabhängig, vor allem in den frühen Morgenstunden); als schlimmste Folge der Ischämie kann ein Myokardinfarkt (Herzinfarkt) ausgelöst werden
  • Pulmonale Hypertension (Lungenhochdruck)
  • Spontane Koronardissektion (SCAD, engl. "spontaneous coronary artery dissection") – Riss in der Gefäßwand eines Koronargefäßes (Herzkranzgefäßes); betroffen sind meist jüngere Patienten (< 50 Jahre) ohne klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren; klinische Symptomatik: Manifestation mit STEMI (Synonyme: ST-Hebungs-Infarkt; ST-Hebungs-Myokardinfarkt; engl. ST-segment elevation myocardial infarction), NSTEMI (Synonyme: Nicht-ST-Hebungs-Infarkt; Nicht-ST-Hebungs-Myokardinfarkt; engl. non-ST-segment elevation myocardial infarction), ventrikuläre Rhythmusstörungen (Herzrhythmusstörungen, die von einem Ventrikel (Herzkammer) ausgehen) oder plötzlicher Herztod (PHT); 0,1-0,4 % aller akuten Koronarsyndrome
  • Stress-Kardiomyopathie** (Synonyme: Broken-Heart-Syndrom (Gebrochenes-Herz-Syndrom), Tako-Tsubo-Kardiomyopathie (Takotsubo-Kardiomyopathie), Tako-Tsubo Cardiomyopathie (TTC), Tako-Tsubo-Syndrom (Takotsubo-Syndrom, TTS), transiente linksventrikuläre apikale Ballonierung) – primäre Kardiomyopathie (Herzmuskelerkrankung), die durch eine kurzfristige Einschränkung der Myokardfunktion (Herzmuskelfunktion) bei insgesamt unauffälligen Koronargefäßen (Herzkranzgefäßen) charakterisiert ist; klinische Symptomatik: Symptome eines akuten Myokardinfarkts (Herzinfarkt) mit akutem Thoraxschmerz (Brustschmerzen), typischen EKG-Veränderungen und Anstieg der myokardialen Marker im Blut; bei ca. 1-2 % der Patienten mit der Verdachtsdiagnose eines akuten Koronarsyndroms findet sich bei einer Herzkatheteruntersuchung statt der vermeintlichen Diagnose einer koronaren Herzerkrankung (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung) eine TTC; bei nahezu 90 % der von einer TTC betroffenen Patienten handelt es sich um Frauen im postmenopausalen Alter; erhöhte Mortalität (Sterberate) bei jüngeren Patienten, insbesondere bei Männern, was maßgeblich bedingt ist durch eine erhöhte Rate an zerebralen Blutungen (Hirnblutungen) und epileptischen Anfällen; mögliche Trigger sind Stress, Angst, schwere körperliche Arbeit, Asthmaanfall oder eine Gastroskopie (Magenspiegelung); Risikofaktoren für einen plötzlichen Herztod beim TTC sind: männliches Geschlecht, jüngeres Lebensalter, verlängertes QTc-Interval, apikaler TTS-Typ und akute neurologische Störungen; Langzeit-Inzidenz für Apoplexe (Schlaganfälle) war nach fünf Jahren bei Patienten mit dem Takotsubo-Syndrom mit 6,5 % deutlich höher als bei Patienten mit Myokardinfarkt (Herzinfarkt) mit 3,2 % [1]
  • Tachyarrhythmien – Kombination aus zu schneller Herzaktion (Tachykardie) und einer Herzrhythmusstörung (Arrhythmie)
  • X-Syndrom gleichzeitiges Vorhandensein von belastungsabhängiger Angina pectoris, einem normalen Belastungs-EKG und angiographisch normalen Koronararterien (Arterien, die kranzförmig das Herz umgeben und den Herzmuskel mit Blut versorgen)

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Herpes zoster (Gürtelrose)

Leber, Gallenblase und Gallenwege – Pankreas (Bauchspeicheldrüse) (K70-K77; K80-K87)

  • Cholelithiasis (Gallensteine) → Gallensteinkolik
  • Cholezystitis (Gallenblasenentzündung)
  • Pankreatitis** (Bauchspeicheldrüsenentzündung)

Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)

  • Gastritis
  • Gastroösophagealer Reflux – Zurückfließen von Magensaft in die Speiseröhre mit der Folge der Speiseröhrenentzündung (Ösophagitis)
  • Magenulkus (Magengeschwür)
  • Ösophagitis (Speiseröhrenentzündung)
  • Ösophagusruptur (Ruptur der Speiseröhre)
  • Ösophageale Motilitätsstörungen – Störung des Bewegungsablaufes in der Speiseröhre

Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)

  • Funktioneller Thoraxschmerz
  • HWS-BWS-Syndrom
  • Kawasaki-Syndrom – akute, fieberhafte, systemische Erkrankung, die durch eine nekrotisierende Vaskulitis (Gefäßentzündung) der kleinen und mittleren Arterien gekennzeichnet ist
  • Muskuläre Überanstrengung
  • Muskuloskelettale Erkrankungen – entzündliche und degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparats
  • Myositis – Entzündung der Muskulatur
  • Tietze-Syndrom (Synonyme: Chondroosteopathia costalis, Costochondritis, Morbus Tietze) – seltene idiopathische Chondropathie der Rippenknorpel am Ansatz des Sternums (schmerzhafte Sternalansätze der 2. und 3. Rippe), die mit Schmerzen und Schwellung im Bereich des vorderen Thorax (Brustkorb) einhergeht
  • Thoraxwandsyndrom – durch Muskel- und Skelettveränderungen bedingte Schmerzen im Brustkorb
  • Zervikale Bandscheibenläsionen – Bandscheibenschäden an der Halswirbelsäule

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Bronchialkarzinom (Lungenkrebs)
  • Tumorinfiltration des Myokards**

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Angststörungen
  • Kokainmissbrauch
  • Psychische Erkrankungen wie Angststörungen mit Panikattacken

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Hypothermie** (Unterkühlung)

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Brustkorbtrauma
  • Herztrauma
  • Fremdkörperaspiration – Einatmen von Fremdkörpern
  • Medikamentenintoxikation** (u. a. Trizyklika, Natriumskanalblocker)

Weiteres

  • Herzschrittmacher**

Fettdruck: Häufige Differentialdiagnosen bei akutem Thoraxschmerz und Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom (ACS)
**Diagnosen, die die EKG-Kriterien eines STEMI erfüllen, aber nicht aus einem (akuten) Koronarverschluss resultieren (sogenannte „STEMI mimics“).

Literatur

  1. El-Bettrawy I et al.: Short- and long-term incidence of stroke in Takotsubo syndrome. Clin Res Cardiol 107, Suppl 1, April 2018