Extrasystolen – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Extrasystolen sind vorzeitige Kontraktionen des Herzmuskels, die als Folge einer autonomen Erregungsbildung entstehen. Sie treten zwischen den normalen Herzschlägen auf und entstehen in ektopen Erregungszentren, die außerhalb der regulären Schrittmacherstrukturen des Herzens liegen. In Abhängigkeit vom Ursprungsort unterscheidet man:

Supraventrikuläre Extrasystolen (SVES)

    • Bei dieser Form der SVES liegt der ektope Fokus im Vorhofmyokard (Muskelgewebe der Vorhöfe). Die Erregung wird in die Vorhöfe und über den AV-Knoten (sekundärer Schrittmacher des Herzens) in die Herzkammern (Ventrikel) weitergeleitet. Atriale Extrasystolen sind meist benigne (gutartig) und häufig ohne klinischen Krankheitswert.
  • Nodale Extrasystolen (AV-junktionale Extrasystolen)
    • Der ektope Fokus befindet sich im Bereich des AV-Knotens oder des AV-Übergangs (Junktionsbereich). Die Erregung breitet sich entweder antegrad (in Richtung der Herzkammern) oder retrograd (in Richtung der Vorhöfe) aus. Diese Form der SVES tritt in der Regel bei erhöhtem Vagotonus (gesteigerte Aktivität des parasympathischen Nervensystems) oder in Zusammenhang mit strukturellen Herzerkrankungen auf.

Ventrikuläre Extrasystolen (VES)

Ventrikuläre Extrasystolen entstehen in einem der Herzventrikel (linker oder rechter Ventrikel). Sie sind durch eine vorzeitige Erregung gekennzeichnet, die von einem ventrikulären ektopen Fokus ausgeht und sich über die Kammern ausbreitet, ohne dabei den AV-Knoten oder die Vorhöfe zu involvieren.

  • Einfacher ventrikulärer Ursprung: Die Erregung entsteht an einem einzigen Punkt im Ventrikel und verursacht eine einheitliche (monomorphe) Extrasystole.
  • Polymorphe VES: Bei polymorphen Extrasystolen liegt die Erregung an mehreren Ursprungsorten im Ventrikel. Polymorphe VES sind häufiger mit strukturellen Herzerkrankungen (z. B. Kardiomyopathien/Herzmuskelerkrankungen) assoziiert und können auf eine gestörte ventrikuläre Homöostase hinweisen.

Pathophysiologie der Extrasystolen

Extrasystolen entstehen durch eine gestörte Erregungsbildung oder Erregungsleitung im Herzen. Folgende Mechanismen werden unterschieden:

  • Automatie: Bei erhöhter Automatie entsteht die vorzeitige Erregung durch eine abnorme spontane Depolarisation des Myokards in einem ektopen Fokus. Dies kann durch Elektrolytverschiebungen (z. B. Hypokaliämie/Kaliumsmangel), erhöhten Sympathikotonus oder die Wirkung von Katecholaminen (Stresshormonen) ausgelöst werden.
  • Reentry-Mechanismen: Reentry bezeichnet eine kreisende Erregung, die durch anatomische oder funktionelle Blockaden des Erregungsleitungssystems verursacht wird. Sie kann bei strukturellen Herzerkrankungen oder Narbengewebe im Myokard (Herzmuskel) auftreten.
  • Getriggerte Aktivität: Dieser Mechanismus entsteht durch frühe Nachdepolarisationen (early afterdepolarisations, EADs) oder späte Nachdepolarisationen (delayed afterdepolarisations, DADs). Sie treten häufig bei Herzrhythmusstörungen auf, die durch Medikamente oder Toxine ausgelöst werden, und sind ein wichtiger Mechanismus für die Entstehung maligner ventrikulärer Arrhythmien.

Ursachen der Extrasystolen

Die Ursachen von Extrasystolen sind vielfältig und reichen von physiologischen bis zu pathologischen Zuständen:

  • Physiologische Ursachen:
    • Stress, Angst und erhöhter Sympathikotonus.
    • Koffein, Nikotin und Alkohol.
    • Körperliche Aktivität und Übermüdung.
    • Elektrolytverschiebungen (z. B. Hypokaliämie/Kaliumsmangel oder Hypomagnesiämie/Magnesiummangel).
  • Pathologische Ursachen:
    • Myokardischemie (Minderdurchblutung des Herzmuskels) als Folge von koronaren Herzerkrankungen (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung).
    • Herzinsuffizienz (Herzschwäche).
    • Kardiomyopathien (Erkrankungen des Herzmuskels), insbesondere dilatative oder hypertrophe Formen.
    • Myokarditis (Herzmuskelentzündung).
    • Herzklappenerkrankungen, die zu einer Volumen- oder Druckbelastung führen.
    • Hyperthyreose (Überfunktion der Schilddrüse).

Bedeutung und Prognose

  • Gutartige Extrasystolen: Treten häufig bei Gesunden auf, sind meist asymptomatisch und haben keinen Krankheitswert. Sie sind häufig auf einen erhöhten Sympathikotonus oder vagale Dysregulationen zurückzuführen.
  • Potentiell maligne (bösartige) Extrasystolen: Bei Patienten mit strukturellen Herzerkrankungen, Myokardinfarkten (Herzinfarkt) oder Kardiomyopathien können Extrasystolen auf eine erhöhte Vulnerabilität für lebensbedrohliche Arrhythmien hinweisen und müssen genauer überwacht und gegebenenfalls behandelt werden.

Klinische Einteilung der ventrikulären Extrasystolen

Die Einteilung der ventrikulären Extrasystolen erfolgt häufig nach dem Lown-Grade-System:

Grad Beschreibung
Grad 0 Keine ventrikulären Extrasystolen.
Grad 1 < 30 ventrikuläre Extrasystolen pro Stunde, monomorph.
Grad 2 ≥ 30 ventrikuläre Extrasystolen pro Stunde, monomorph.
Grad 3 Polymorphe ventrikuläre Extrasystolen.
Grad 4a Gekoppelte ventrikuläre Extrasystolen (Couplets).
Grad 4b Salven (≥ 3 konsekutive VES).
Grad 5 R-on-T-Phänomen (VES fallen auf die vulnerablen Phase des T-Wellen-Umschlags und können ventrikuläre Tachykardien oder Kammerflimmern auslösen).

Prognostische Bewertung und Therapie

  • Extrasystolen, die gehäuft, polymorph oder in Form von Couplets oder Salven auftreten, sind potenziell gefährlich und sollten je nach klinischem Kontext weiter untersucht werden. Insbesondere bei Patienten mit strukturellen Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz (Herzschwäche) oder nach Myokardinfarkt kann das Risiko für maligne (bösartige) Arrhythmien erhöht sein.
  • Therapeutischer Ansatz: Die Behandlung richtet sich nach der Ursache. Benigne (gutartige) Formen benötigen meist keine Therapie, während pathologische Formen, die mit einer Herzschädigung einhergehen, eine gezielte antiarrhythmische Therapie (z. B. Betablocker oder Katheterablation) erfordern.

Zusammenfassung

Extrasystolen sind häufige Herzrhythmusstörungen, die durch vorzeitige Kontraktionen des Herzmuskels entstehen. Sie können supraventrikulären oder ventrikulären Ursprungs sein. Der klinische Schweregrad reicht von gutartig (asymptomatisch) bis potenziell lebensbedrohlich, abhängig von der zugrunde liegenden Herzgesundheit und der Art der Extrasystolen. Eine umfassende Diagnose und gegebenenfalls Therapie sind bei Risikopatienten notwendig.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – 6 Drinks (70 g Alkohol) täglich:  200 % erhöhtes Risiko für supraventrikuäre Arrhythmien [1]
    • Kaffee – koffeinhaltiger Kaffee hat bei ge­sunden Erwachsenen zu einem Anstieg von ventrikulären Extrasystolen, aber nicht von supraventrikulären Extrasystolen geführt (Nachteil konnte durch mehr Bewegung aufgewogen werden) [3].
    • Tabak (Rauchen)
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Cor pulmonale – Rechtsherzbelastung aufgrund von Lungenerkrankungen
  • Hypertensive Herzerkrankung – Herzerkrankung aufgrund einer Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Koronare Herzkrankheit – Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) der Herzkranzgefäße
  • Meteorismus (Blähungen) → wg. Roemheld-Syndrom (reflektorische Herzbeschwerden, die durch Gasansammlungen im Darm und Magen hervorgerufen werden; z. B. nach üppiger, fettreicher Mahlzeit; Symptomatik: Extrasystolen (Herzschlag, der außerhalb des physiologischen Herzrhythmus auftritt), Sinusbradykardie (< 60 Herzschläge/min), Sinustachykardie (> 100 Herzschläge/min), Angina pectoris (Brustenge; plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend), Dysphagie (Schluckstörung), Synkope (kurzzeitige Bewusstlosigkeit), Vertigo (Schwindel))
  • Mitralklappenstenose – Verengung einer Herzklappe
  • Myokardinfarkt (Herzinfarkt)
  • Myokarditis (Herzmuskelentzündung)

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren/Ursachen gelten

  • Hypokaliämie (Kaliummangel)
  • Hypomagnesiämie (Magnesiummangel)

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Luftschadstoffe: Feinstaub (PM2,5) – hat in einer prospektiven Beobachtungsstudie zeitnah zur Exposition zu einem Anstieg von ventrikulären Extrasystolen (VES; Extraschläge, die in der Herzkammer entstanden sind) geführt [2] 

Literatur

  1. Cohen EJ, Klatsky AL, Armstrong MA: Alcohol use and supraventricular arrhythmia. Am J Cardiol 1988; 62(13):971-973
  2. He F Impact of Fine Particulate Air Pollution on Cardiac Arrhythmias in a Population‐Based Sample of Adolescents: The Penn State Child Cohort Journal of the American Heart Association. 2022;11:e026370 https://doi.org/10.1161/JAHA.122.026370
  3. Marcus GM et al.: Acute Effects of Coffee Consumption on Health among Ambulatory Adults N Engl J Med 2023; 388:1092-1100 doi: 10.1056/NEJMoa2204737