Bluthochdruck (Arterielle Hypertonie) – Prävention

Zur Prävention der primären Hypertonie (Bluthochdruck) muss auf eine Reduktion der Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Chronische Überernährung
      • Fettreiche Ernährung (tierische Fette) – als Cofaktor
        • Hoher Anteil gesättigter Fettsäuren
      • Hoher Zuckerkonsum
    • Konsum von rotem Fleisch, d. h. Muskelfleisch von Schwein, Rind, Lamm, Kalb, Hammel, Pferd, Schaf, Ziege
    • Zu geringer Anteil komplexer Kohlenhydrate
    • Ballaststoffarme Ernährung
    • Hohe Aufnahme von Natrium und Kochsalz
    • Übermäßiger Lakritzekonsum
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Kaffee – Bei Patienten im Alter von 18-45 Jahren mit Bluthochdruck im Stadium 1 erhöht regelmäßiger Kaffeekonsum das Risiko, dass der Blutdruck weiter steigt und therapiebedürftig wird; sowohl starker (> 3 Tassen/d) als auch moderater (1-2 Tassen/d) Kaffeekonsum erwiesen sich, unabhängig von anderen Risikofaktoren, als Prognosefaktoren für ein kardiovaskuläres Ereignis wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt) oder Apoplex (Schlaganfall) [2].
    • Alkohol (Frau: > 20 g/Tag; Mann > 30 g/Tag): 
      • "Binge Drinking" (hoher Konsum von alkoholischen Getränken bei einer Gelegenheit) [13]:
        • bei jungen Erwachsenen, die in ihrer Jugend unregelmäßig, nämlich weniger als einmal pro Woche massiven Alkoholkonsum angaben: Odds-Ratio (OR) 1,23; 95-%-Konfidenzintervall (95-%-KI] (1,02; 1,49)
        • mehr als einmal pro Woche intensiver Alkoholkonsum: OR 1,64 (1,22, 2,22)
        • Alkoholexzesse in der Teenagerzeit und im jungen Erwachsenenalter: OR 2,43 (1,13; 5,20)
      • Moderater Alkoholkonsum kann eine Hypertonie begünstigen: durchschnittlicher Blutdruck bei [11]
        • Nichttrinkern ca. 109/67 mmHg
        • moderaten Trinkern 128/79 mmHg
        • starken Trinkern 153/82 mmHg
      • Beachte: Die empfohlene risikofreie Alkoholmenge beträgt null.
    • Tabak (Rauchen)
  • Drogenkonsum
    • Amphetamine (indirektes Sympathomimetikum) und Methamphetamin ("Crystal Meth")
    • Cannabis (Haschisch und Marihuana)
      • Hypertonie, Palpitationen (Herzstolpern), Tachykardie (zu schneller Herzschlag: > 100 Herzschläge/min); Myokardinfarkt (Herzinfarkt): 4,8-fach höheres Risiko innerhalb einer Stunde nach dem Marihuana-Gebrauch [8].
      • Die Gesamtmortalität (Gesamtsterberate) war bei Teilnehmern mit Hypertonie, die Marihuana konsumierten, signifikant um den Faktor 1,29 (95 %-Konfidenzintervall: 1,03-1,61) erhöht; dabei wird davon ausgegangen, dass es sich überwiegend um zerebrale Insulte (Hirninfarkt) sowie um Komplikationen hypertensiver Krisen gehandelt hat [9].
    • Kokain
  • Körperliche Aktivität
    • Körperliche Inaktivität
  • Psycho-soziale Situation
    • Stress Stressoren im Alltag (Zeitdruck – Hetze; zu kurze Arbeitspausen; mangelnde Unterstützung im Beruf; mangelnder sozialer Rückhalt; Ärger; Angst; Sorge; Aufregung; Lärm) Konkurrenzsituation Leistungsdruck)
    • Chronischer Stress – langfristig erhöhtes Risiko an einer arteriellen Hypertonie zu erkranken [16]
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – 30 % aller primären Hypertonien sind durch Übergewicht mitbedingt!
    Bei Erwachsenen steigt der systolische Blutdruck bei einer Gewichtszunahme von 10 kg um rund 10 mmHg an (der diastolische Blutdruck steigt etwas geringer). 

Zur Prävention der sekundären Hypertonie muss auf eine Reduktion der Risikofaktoren geachtet werden.

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Bisphenol A (BPA) sowie Bisphenol S (BPS) und Bisphenol F (BPF)
  • Blei – Anstieg des relativen Risikos mit jeder Erhöhung um 15 μg/g Blei um 19 % (RR 1,19; 95-%-Konfidenzintervall 1,01-1,41; p = 0,04); kumulative Bleibelastung, gemessen am vertikalen Knochen der Tibia, ist ein Risikofaktor für eine arzneimittelresistente Hypertonie [10]
    Hinweis: Eine potentielle Bleiquelle kann Trinkwasser aus Bleirohren sein.
  • Cadmium
  • Feinstaub (PM2,5) und andere Luftschadstoffe (Stickstoffdioxid (NO2)) [6]
  • Kohlenmonoxid
  • Pestizide (Organophosphate) [12]
  • Thallium
  • Witterungseinflüsse:
    • Extreme Hitze
    • Extreme Kälte
    • Heiße Sommer
    • Strenge Winter

Weitere Risikofaktoren

  • Schwangerschaft

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Ernährung
    • Erhöhter Verzehr von Beta-Glucanen (ß-Glucane; Polysaccharide, die nur aus D-Glucosemolekülen aufgebaut sind; enthalten in Zellwänden von Pilzen und Pflanzen, z. B. Hafer, Gerste, Roggen) war mit einem niedrigeren systolischen und diastolischen Blutdruck assoziiert [3].
    • Erhöhter Verzehr von Lebensmittel, die Flavonoide enthalten. Es zeigten sich niedrigere systolische Blutdruckwerte sowie eine größere Vielfalt im Darmmikrobiom als bei jenen mit dem niedrigsten Verzehr. 
      1,6 Portionen Beeren pro Tag (1 Portion entspricht 80 Gramm oder einer Tasse) senkte den systolischen Blutdruck um durchschnittlich 4,1 mmHg [15].
    • Optimierung der Kaliumzufuhr auf 3,5-4 g/Tag – Eine Studie zeigte, dass eine erhöhte Kaliumzufuhr den systolischen Blutdruck um 3,49 mmHg und den diastolischen Blutdruck um 1,96 mmHg senkte [14].
  • Freizeitsport – je aktiver der Freizeitsport betrieben wird, desto geringer ist das Risiko für die Entwicklung einer Hypertonie; Personen mit mehr als 4 Stunden sportlicher Betätigung pro Woche haben ein ca. um 15 % niedrigeres Risiko als Personen, die weniger als eine Stunde körperlich aktiv sind [1]
  • Behandlung einer Parodontitis (Entzündung von Zahnbett und Zahnhalteapparat) kann zur Blutdrucksenkung (Verbesserung der Arterienelastizität) beitragen [1].
  • Erhöhter Verzehr von Beta-Glucanen (ß-Glucane; Polysaccharide, die nur aus D-Glucosemolekülen aufgebaut sind; enthalten in Zellwänden von Pilzen und Pflanzen, z. B. Hafer, Gerste, Roggen) war mit einem niedrigeren systolischen und diastolischen Blutdruck assoziiert [3].
  • Stressbewältigung
    • Maßnahmen zur Reduktion von chronischem Stress (z. B. Yoga, Meditation).
  • Tabakentwöhnung
    • Vollständiger Verzicht auf aktives und passives Rauchen.
  • Alkoholkonsum
    • Einschränkung des Alkoholkonsums auf risikofreie Mengen (empfohlen: null).

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention richtet sich an Personen mit erhöhtem Blutdruck oder bereits diagnostizierter Hypertonie, um das Fortschreiten der Erkrankung und das Risiko für Komplikationen zu minimieren.

  • Früherkennung und Überwachung
    • Regelmäßige Blutdruckmessungen und engmaschige Kontrolle bei Hochrisikopatienten.
    • Überprüfung von Nierenfunktion, Elektrolyten und Harnsäurewerten zur Detektion sekundärer Hypertonieformen.
  • Lebensstilinterventionen
    • Ernährungsumstellung auf eine DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension), die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und fettarmen Milchprodukten ist.
    • Reduktion von Übergewicht durch Ernährungs- und Bewegungsprogramme.
  • Pharmakologische Therapie
    • Einsatz von Antihypertensiva wie ACE-Hemmern, Angiotensin-Rezeptorblockern (ARB), Calciumkanalblockern oder Diuretika gemäß Leitlinien.
    • Individuelle Anpassung der Therapie basierend auf Begleiterkrankungen.
  • Spezifische Empfehlungen
    • Vermeidung körperlicher Aktivitäten in großer Höhe bei Patienten mit milder bis schwerer Hypertonie [5].
    • Reduktion des Alkoholkonsums: Wer mehr als 6 Gläser Alkohol täglich konsumiert, kann seinen systolischen Blutdruck um 5,5 mmHg und den diastolischen um 4 mmHg senken, wenn er den Konsum reduziert [7].

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention zielt darauf ab, Komplikationen bei bestehenden Hypertonieerkrankungen zu minimieren und die Lebensqualität zu verbessern.

  • Langzeitüberwachung
    • Regelmäßige Kontrolluntersuchungen zur Anpassung der medikamentösen Therapie.
    • Monitoring von Zielorganen wie Herz, Nieren und Augen zur frühzeitigen Erkennung hypertensiver Schäden.
  • Intensivierte Therapie
    • Kombinationstherapie mit verschiedenen Antihypertensiva (blutdrucksenkdende Medikamente) zur Erreichung der Zielwerte bei therapieresistenter Hypertonie.
    • Anpassung der Therapie bei Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) wie Diabetes mellitus oder chronischer Nierenerkrankung.
  • Rehabilitation und Schulungen
    • Teilnahme an Programmen zur kardiologischen Rehabilitation, die eine Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit fördern.
    • Patientenschulungen zu Ernährung, Bewegung und medikamentöser Adhärenz.
  • Management hypertensiver Krisen
    • Notfallmaßnahmen bei hypertensiven Notfällen (z. B. systolischer Blutdruck > 180 mmHg oder diastolischer > 120 mmHg) zur Vermeidung akuter Komplikationen wie Apoplex (Schlaganfall) oder Myokardinfarkt (Herzinfarkt).
  • Psychosoziale Unterstützung
    • Psychologische Betreuung zur Stressbewältigung und Unterstützung bei der Verhaltensänderung.

Literatur

  1. Huai P et al.: Physical Activity and Risk of Hypertension. Hypertension. 2013; 62: 1021-1026 Published online before print September 30, 2013, doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.113.01965
  2. Jockel-Schneider Y et al.: Arterial Stiffness and Pulse Wave Reflection Are Increased in Patients Suffering from Severe Periodontitis. August 01, 2014 doi: 10.1371/journal.pone.010344
  3. Evans CE et al.: Effects of dietary fibre type on blood pressure: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials of healthy individuals.J Hypertens. 2015 Feb 7
  4. Mos L et al.: Long term cardiovascular and metabolic effects of coffee consumption in young hypertensive subjects: results from HARVEST study. ESC 2015 Abstract
  5. Caravita S et al.: Blood Pressure Response to Exercise in Hypertensive Subjects Exposed to High Altitude and Treatment Effects. J Amer Coll Cardiol 2015; 66: 2806-7
  6. Cai Y et al.: Associations of Short-Term and Long-Term Exposure to Ambient Air Pollutants With Hypertension A Systematic Review and Meta-Analysis. Hypertension. 2016;68:00-00. doi: 10.1161/HYPERTENSIONAHA.11
  7. Roerecke M et al.: The effect of a reduction in alcohol consumption on blood pressure: a systematic review and meta-analysis. Lancet Public Health 2017;2: e108-20 
  8. Mittleman MA et al.: Triggering Myocardial Infarction by Marijuana. Circulation. 2001;103:2805-2809 doi: https://doi.org/10.1161/01.CIR.103.23.2805
  9. Yankey BA, Rothenberg R, Strasser S et al.: Effect of marijuana use on cardiovascular and cerebrovascular mortality: a study using the National Health and Nutrition Examination Survey linked mortality file. Eur J Prev Cardiol. 2017 Nov;24(17):1833-1840. doi: 10.1177/2047487317723212. Epub 2017 Aug 8.
  10. Zheutlin AR et al.: Low‐Level Cumulative Lead and Resistant Hypertension: A Prospective Study of Men Participating in the Veterans Affairs Normative Aging Study Journal of the American Heart Association. published 24 Oct 2018 2018;7:e010014
  11. Aladin A: Alcohol Consumption and Risk of Hypertension. vorgestellt beim Kongress des American College of Cardiology (ACC) 2019, 16. – 18. März 2019, New Orleans.
  12. Suarez_lopez JR et.: Blood pressure after a heightened pesticide spray period among children living in agricultural communities in Ecuador. Environmental Research 2019 https://doi.org/10.1016/j.envres.2019.05.030
  13. Hayibor LA, Zhang J, Duncan A: Association of binge drinking in adolescence and early adulthood with high blood pressure: findings from the National Longitudinal Study of Adolescent to Adult Health (1994-2008). Epidem Com Health 2019; 73: 652-59.
  14. Aburto NJ, Hanson S, Gutierrez H, Hooper L, Elliott P, Cappuccio FP: Effect of increased potassium intake on cardiovascular risk factors and disease: systematic review and meta-analyses. BMJ 2013 Apr 3; 346:f1378. doi: 10.1136/bmj.f1378.
  15. Jennings A et al.: Microbial Diversity and Abundance of Parabacteroides Mediate the Associations Between Higher Intake of Flavonoid-Rich Foods and Lower Blood Pressure Hypertension. 2021;78:1016-1026 https://doi.org/10.1161/HYPERTENSIONAHA.121.17441
  16. Inoue K et al.: Urinary Stress Hormones, Hypertension, and Cardiovascular Events: The Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis Hypertension. 2021;78:1640-1647 https://doi.org/10.1161/HYPERTENSIONAHA.121.17618

Leitlinien

  1. Visseren FLJ ez al.: 2021 ESC Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice: Developed by the Task Force for cardiovascular disease prevention in clinical practice with representatives of the European Society of Cardiology and 12 medical societies With the special contribution of the European Association of Preventive Cardiology (EAPC). European Heart Journal August 2021. doi.org/10.1093/eurheartj/ehab484