Atrioventrikulärer Block – Einleitung

Der Atrioventrikuläre Block (AV-Block) ist eine Herzrhythmusstörung, die zur Gruppe der Reizleitungsstörungen gehört. Dabei kommt es zu einer Verzögerung oder vollständigen Unterbrechung der Erregungsleitung zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern im Bereich des Atrioventrikularknotens (AV-Knoten). Diese Störung kann sowohl zeitweise als auch dauerhaft auftreten und je nach Schweregrad zu einer Beeinträchtigung der Herzfunktion führen.

Synonyme und ICD-10: Atrioventrikulärer Block; ICD-10-GM I44.3: Sonstiger und nicht näher bezeichneter atrioventrikulärer Block

Formen der Erkrankung

Der AV-Block wird in verschiedene Grade unterteilt, je nach Ausmaß der Erregungsleitungsstörung:

  • AV-Block 1. Grades: Verzögerung der Erregungsleitung ohne Ausfall von Impulsen. Gekennzeichnet durch eine verlängerte PQ-Zeit im EKG (> 200 ms).
  • AV-Block 2. Grades:
    • Mobitz Typ I (Wenckebach-Block): Progrediente Verlängerung der PQ-Zeit bis zum Ausfall eines Vorhofimpulses (kein QRS-Komplex).
    • Mobitz Typ II (Mobitz-Block): Plötzlicher Ausfall von QRS-Komplexen ohne vorherige Verlängerung der PQ-Zeit. Typischerweise ist dies mit einem erhöhten Risiko für eine Progression zu einem AV-Block 3. Grades verbunden.
  • AV-Block 3. Grades: Vollständiger Block der Erregungsleitung zwischen Vorhöfen und Ventrikeln. Die Vorhöfe und Kammern schlagen unabhängig voneinander, was zu einer erheblichen Bradykardie führt.

Ursachen

Der AV-Block kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden:

  • Degenerative Veränderungen: Häufig im höheren Lebensalter durch Fibrose und Sklerose im Reizleitungssystem bedingt.
  • Myokarditis (Herzmuskelentzündung): Entzündliche Prozesse des Herzmuskels können die Erregungsleitung stören.
  • Myokardinfarkt (Herzinfarkt): Besonders bei Inferiorinfarkten kann der AV-Knoten betroffen sein.
  • Medikamente: Einige Antiarrhythmika, Betablocker und Digitalis können eine AV-Blockierung verursachen.
  • Kongenitale Ursachen: Angeborene Formen des AV-Blocks, die oft mit anderen Herzfehlern assoziiert sind.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: AV-Blöcke treten in etwa gleich häufig bei Männern und Frauen auf.

Häufigkeitsgipfel
: Vor allem bei älteren Patienten, aufgrund von degenerativen Veränderungen im Reizleitungssystem.

Prävalenz
: Etwa 5 % der über 70-Jährigen haben einen AV-Block 1. Grades; höhergradige AV-Blöcke sind seltener.

Inzidenz
: Die Inzidenz höhergradiger AV-Blöcke nimmt mit dem Alter zu, insbesondere bei Patienten mit Herzerkrankungen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Der Verlauf eines AV-Blocks hängt stark vom Grad der Blockierung und den zugrunde liegenden Ursachen ab. Ein AV-Block 1. Grades bleibt oft asymptomatisch und erfordert keine spezifische Therapie.
  • Höhergradige AV-Blöcke können zu symptomatischen Bradykardien führen und das Risiko für Synkopen, Herzinsuffizienz und plötzlichen Herztod erhöhen.

Prognose

  • AV-Block 1. Grades: In der Regel gutartiger Verlauf ohne Behandlungsbedarf.
  • AV-Block Mobitz Typ I: Meist gutartig, jedoch bei Fortschreiten zu Typ II oder AV-Block 3. Grades kann eine Schrittmachertherapie erforderlich werden.
  • AV-Block Mobitz Typ II und AV-Block 3. Grades: Schlechte Prognose ohne Therapie; oft ist die Implantation eines Herzschrittmachers notwendig, um das Risiko schwerwiegender Komplikationen zu minimieren.

Leitlinien

  1. American College of Cardiology: 2018 ESC Guidelines for Diagnosis and Management of Syncope. European Heart Journal, Volume 39, Issue 21, 01 June 2018, Pages 1883–1948. doi.org/10.1093/eurheartj/ehy037
  2. S2k-Leitlinie: Bradykarde Herzrhythmusstörungen im Kindes- und Jugendalter sowie bei jungen Erwachsenen mit einem angeborenen Herzfehler (EMAH). (AWMF-Registernummer: 023 - 023), April 2019 Langfassung
  3. European Society of Cardiology: 2021 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. ESC Clinical Practice Guidelines August 2021