Arterienverkalkung (Arteriosklerose) – Prävention

Zur Prävention der Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Fehl- und Überernährung, z. B. zu hohe Kalorienzufuhr und fettreiche Ernährung (hohe Aufnahme von gesättigten Fettsäuren)
    • Übermäßiger Konsum von rotem Fleisch, d. h. Muskelfleisch von Schwein, Rind, Lamm, Kalb, Hammel, Pferd, Schaf, Ziege → Anstieg des biogenen Amins TMAO (Trimethylaminoxid) um das 3-fache [8]; Patienten mit der höchsten Konzentrationen (oberstes Viertel) erkrankten oder starben in den Folgejahren 2,5-fach häufiger an Myokardinfarkt oder Apoplex [7]
      Hinweis: Das im roten Fleisch vorhandene Carnitin wird im Darm von Bakterien zu Trimethylamin verstoffwechselt, das nach der Resorption in der Leber in Trimethylaminoxid (TMAO) umgewandelt wird.
    • Übermäßiger Salzkonsum (WHO: Höchstmenge 5 g täglich für Erwachsene und 2 g täglich für Kinder): jeder Anstieg der Natriumausscheidung von 1.000 mg (entsprich ca. 2,5 g Kochsalz) ging mit einem signifikant um 3 %, 4 % bzw. 4 % höheren Risiko für Karotisplaque, einen höheren CAC-Score (Coronary Artery Calcification) bzw. Koronarstenosen einher [12].
    • Zuckergesüßte kohlensäurehaltige Getränke (≥ 1.000 ml/Woche); häufiger Koronarkalk (CAC-Score > 0) im Kardio-CT als bei vergleichbaren Personen, die auf Limonade weitgehend verzichten [5]
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 40 g/Tag; Mann: > 60 g/Tag) → Hypertriglyzeridämie (erhöhte Triglyzeridwerte im Blut)
    • Tabak (Rauchen [1, 2], Passivrauchen [4]) – Rauchen ist einer der zentralen Risikofaktoren für die Atherosklerose und damit für alle kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Drogenkonsum
    • Cannabis (Haschisch und Marihuana)– Eine Langzeitstudie deutet darauf hin, dass nicht der Cannabiskonsum, sondern der Tabakrauch Hauptauslöser der Atherosklerose ist [6].
  • Körperliche Aktivität
    • Bewegungsmangel
  • Psycho-soziale Situation
    • Psychische Belastung
    • Stress
  • Schlafqualität
    • Schlafdauer: ≤ 6 Stunden versus 7-8 Stunden Schlaf (+27 % erhöhtes Risiko für die Bildung von Plaques (krankhafte Ablagerungen an den Gefäßwänden) an den Gefäßen) [9]
    • Unregelmäßiger Schlaf (unterschiedlich lang bzw. unterschiedliche Zeiten des Einschlafens) [11]:
      • Variation der Schlafdauer um mehr als 2 Stunden: 1,12-fach höhere Wahrscheinlichkeit von Plaques in der Halsschlagader und 1,91-mal häufiger anomale Resultate beim Knöchel-Arm-Index (< 0,9).
      • unregelmäßigen Einschlafzeiten, die im Wochenverlauf um mehr als 90 Minuten variierten: 1,43-mal häufiger hohe Calcium-Scores als diejenigen, die immer etwa um die gleiche Zeit (Variation < 30 Minuten) einschliefen.
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
  • Androide Körperfettverteilung, das heißt abdominales/viszerales, stammbetontes, zentrales Körperfett (Apfeltyp) – es liegt ein hoher Taillenumfang bzw. ein erhöhter Taille-Hüft-Quotient (THQ; englisch: waist-to-hip-ratio (WHR)) vor; vermehrtes Bauchfett wirkt stark atherogen und fördert inflammatorische Prozesse ("Entzündungsprozesse")
    Bei der Messung des Taillenumfangs gemäß der Richtlinie der International Diabetes Federation (IDF, 2005) gelten folgende Normwerte:
    • Männer < 94 cm
    • Frauen < 80 cm
    Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft veröffentlichte 2006 etwas moderatere Zahlen für den Taillenumfang: 102 cm bei Männern und 88 cm bei Frauen.
    Für postmenopausale Frauen ist der Taille-Hüft-Quotient ein besserer Prädiktor für die subklinische Atherosklerose als Body-Mass-Index oder Taillenumfang [3]

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Luftschadstoffe: Feinstaub

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Ernährung
    • Mediterrane Ernährung mit hohem Anteil an Gemüse, Obst, Nüssen, Vollkornprodukten, Olivenöl und fettarmen Proteinen.
    • Begrenzung von gesättigten Fettsäuren, rotem Fleisch und Zucker.
    • Vermeidung von übermäßigem Salzkonsum (maximal 5 g/Tag gemäß WHO).
  • Sport und Bewegung
    • Hohe Ausdauerfähigkeit im jungen Erwachsenenalter (≥ 18 Jahre) ist mit einem um 19 % geringeren Risiko für Plaques in den Carotiden 40 Jahre später assoziiert [10].
    • Regelmäßige Bewegung mit mindestens 150 Minuten moderater Intensität pro Woche reduziert das Risiko für vaskuläre Erkrankungen.
  • Tabakentwöhnung
    • Vollständiger Verzicht auf aktives und passives Rauchen. Rauchen ist ein zentraler Risikofaktor für Atherosklerose [1, 2].
  • Antiinflammation (Entzündungshemmung)
    • Verwendung von entzündungshemmenden Nahrungsmitteln wie fettem Fisch (Omega-3-Fettsäuren: Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure), Kurkuma und grünem Tee.
    • Förderung eines antiinflammatorischen Lebensstils durch Stressreduktion und ausreichenden Schlaf.
  • Schlaf und Stressmanagement
    • 7-8 Stunden Schlaf pro Nacht sowie stabile Schlafenszeiten senken das Risiko für vaskuläre Veränderungen [9, 11].
    • Maßnahmen zur Stressbewältigung, wie Yoga und Meditation, reduzieren die kardiovaskuläre Belastung.

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention zielt darauf ab, die Progression der Atherosklerose bei Personen mit Risikofaktoren oder ersten Anzeichen frühzeitig zu verhindern.

  • Früherkennung
    • Regelmäßige Überwachung der Lipidprofile (LDL, HDL, Triglyzeride) und des Blutdrucks.
    • Bildgebende Verfahren wie Kardio-CT zur Bestimmung des Koronarkalk-Scores (CAC-Score).
    • Ultraschalluntersuchungen zur Detektion von Plaques in der Karotisarterie.
  • Pharmakologische Maßnahmen
    • Statine zur Senkung des LDL-Cholesterins und zur Stabilisierung bestehender Plaques.
    • Antihypertensive Therapie zur Kontrolle des Blutdrucks bei Hypertonikern.
    • Gabe von ASS (Acetylsalicylsäure) bei Hochrisikopatienten zur Thromboseprophylaxe.
  • Lebensstilinterventionen
    • Ernährungsumstellung mit Fokus auf entzündungshemmende und ballaststoffreiche Lebensmittel.
    • Regelmäßige Bewegung und Stressbewältigungsstrategien.

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention zielt darauf ab, Komplikationen bei bestehender Atherosklerose zu vermeiden und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.

  • Intensivierte medikamentöse Therapie
    • Einsatz von PCSK9-Inhibitoren bei unzureichender LDL-Senkung unter Statintherapie.
    • Antikoagulation bei Patienten mit erhöhtem Thromboserisiko (z. B. nach Stentimplantation).
  • Interventionelle und chirurgische Maßnahmen
    • Koronarangioplastie oder Stentimplantation bei Gefäßstenosen.
    • Bypassoperation bei schweren Koronarerkrankungen.
  • Langzeitüberwachung
    • Regelmäßige Kontrolltermine zur Anpassung der medikamentösen Therapie.
    • Monitoring von Glukose, Blutdruck und Lipidwerten.
  • Rehabilitation und psychosoziale Unterstützung
    • Kardiale Rehabilitation zur Wiederherstellung der körperlichen Belastbarkeit.
    • Psychologische Begleitung zur Bewältigung von Angst und Depression nach kardiovaskulären Ereignissen.

Literatur

  1. Deutsches Krebsforschungszentrum. Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  2. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  3. Lee HJ et al.: Waist-to-hip ratio is better at predicting subclinical atherosclerosis than body mass index and waist circumference in postmenopausal women. Maturitas. 2015 Mar;80(3):323-8. doi: 10.1016/j.maturitas.2014.12.015.
  4. West HW et al.: Exposure to parental smoking in childhood is associated with increased risk of carotid atherosclerotic plaque in adulthood: the cardiovascular risk in young Finns study. Circulation. 2015 Apr 7;131(14):1239-46. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.114.013485. Epub 2015 Mar 23. 
  5. Chun S et al.: Sugar-sweetened Carbonated Beverage Consumption and Coronary Artery Calcification in Asymptomatic Men and Women. doi: org/10.1016/j.ahj.2016.03.018
  6. Auer R et al.: Lifetime marijuana use and subclinical atherosclerosis: the Coronary Artery Risk Development in Young Adults (CARDIA) study. Addiction Voume 113, Issue 5 May 2018 pages 845-856. doi.org/10.1111/add.14110
  7. Tang WHW et al.: Intestinal Microbial Metabolism of Phosphatidylcholine and Cardiovascular Risk. N Engl J Med 2013; 368:1575-1584 doi: 10.1056/NEJMoa1109400
  8. Wang Z et al.: Impact of chronic dietary red meat, white meat, or non-meat protein on trimethylamine N-oxide metabolism and renal excretion in healthy men and women. European Heart Journal, ehy799. doi.org/10.1093/eurheartj/ehy799.
  9. Ordovás J et al.: Association of Sleep Duration and Quality With Subclinical Atherosclerosis. Journal of the American College of Cardiology Volume 73, Issue 2, January 2019. http://www.onlinejacc.org/content/73/2/134.abstract
  10. Fortuin-de Smidt M et al.: Early adulthood exercise capacity, but not muscle strength, associates with subclinical atherosclerosis 40 years later in Swedish men. European Journal of Preventive Cardiology, zwad007, 12 January 2023, https://doi.org/10.1093/eurjpc/zwad007
  11. Full KM et al.: Sleep Irregularity and Subclinical Markers of Cardiovascular Disease: The Multi‐Ethnic Study of Atherosclerosis Journal of the American Heart Association. 2023;12:e027361 https://doi.org/10.1161/JAHA.122.027361
  12. Wuopio J et al.: The association between sodium intake and coronary and carotid atherosclerosis in the general Swedish population. EHJ 2023. https://doi.org/10.1093/ehjopen/oead024

Leitlinien

  1. Visseren FLJ ez al.: 2021 ESC Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice: Developed by the Task Force for cardiovascular disease prevention in clinical practice with representatives of the European Society of Cardiology and 12 medical societies With the special contribution of the European Association of Preventive Cardiology (EAPC). European Heart Journal August 2021. doi.org/10.1093/eurheartj/ehab484