Arterienverkalkung (Arteriosklerose) – Einleitung
Atherosklerose (Arteriosklerose), umgangssprachlich auch als Arterienverkalkung bekannt, ist ein chronisch fortschreitender Prozess, der durch charakteristische Veränderungen der Intima und Intima media der Arterienwände gekennzeichnet ist. Diese Veränderungen umfassen eine Sklerose (Verhärtung) durch Bindegewebswucherungen, die zu degenerativ-nekrotisierenden Veränderungen führen, wobei sich Cholesterin, Fettsäuren und Kalk in den Arterienwänden ablagern. Diese Ablagerungen, bekannt als Plaques, verengen die Arterien und können den Blutfluss erheblich beeinträchtigen, was zu schwerwiegenden kardiovaskulären Komplikationen führen kann.
Synonyme und ICD-10: Arteriensklerose; Arteriosklerose; Atherosclerosis; ICD-10-GM I70.-: Atherosklerose
Die Atherosklerose darf dabei jedoch nicht als Systemerkrankung verstanden werden, da die Ausprägung sehr unterschiedlich ist und bestimmte anatomische Regionen (z. B. Arteria thoracica interna (A. mammaria)) praktisch immer ausgespart werden.
Anatomie und Funktionen
Die Arterienwände bestehen aus drei Schichten: Intima (Innenschicht), Media (Muskelschicht) und Adventitia (Außenschicht). Bei der Atherosklerose betrifft der pathologische Prozess hauptsächlich die Intima und Media. Die Intima ist die Schicht, die direkt mit dem Blut in Kontakt steht und normalerweise glatt und flexibel ist. Bei atherosklerotischen Veränderungen wird die Intima verdickt und verhärtet, was zu einer Reduktion der Elastizität und einer Verengung des Gefäßlumens führt.
Charakteristische Laborbefunde
Bei Atherosklerose sind spezifische Laborparameter von Bedeutung, die das Risiko und das Fortschreiten der Erkrankung anzeigen können:
- Erhöhtes LDL-Cholesterin: Niedrige Dichte Lipoprotein (LDL) trägt zur Plaquebildung bei, weshalb erhöhte Werte ein starkes Risikoindiz sind.
- Niedriges HDL-Cholesterin: High-Density Lipoprotein (HDL) wirkt protektiv, und niedrige Werte sind mit einem erhöhten Risiko verbunden.
- Erhöhte Triglyceride: Hohe Triglyceridwerte im Blut sind ebenfalls ein Risikofaktor für die Entwicklung von Atherosklerose.
- Erhöhtes C-reaktives Protein (CRP): Ein Marker für systemische Entzündungen, der bei Atherosklerose häufig erhöht ist und das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse widerspiegeln kann.
- Erhöhte Lipoprotein(a)-Werte: Ein genetischer Risikofaktor, der mit einer erhöhten Neigung zu atherosklerotischen Veränderungen assoziiert ist.
Formen der Erkrankung
Atherosklerose kann je nach Lokalisation und Ausprägung unterschiedliche Formen annehmen:
- Koronare Atherosklerose: Betrifft die Herzkranzgefäße und führt zu koronarer Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung), Angina pectoris (anfallsartiger Schmerz in der Brust, der durch eine vorübergehende Durchblutungsstörung des Herzens) und Myokardinfarkt (Herzinfarkt).
- Zerebrale Atherosklerose: Betrifft die Hirnarterien und erhöht das Risiko für Apoplex (Schlaganfall) und transitorische ischämische Attacken (TIA; vorübergehende Durchblutungsstörung des Gehirns).
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK): Betrifft die Arterien der unteren Extremitäten, führt zu Claudicatio intermittens (zeitweiliges Hinken) und, in schweren Fällen, zu Gangrän (Gewebsnekrose).
- Aortale Atherosklerose: Betrifft die Aorta und kann zur Bildung von Aneurysmen (Aussackungen der Gefäßwand) und deren Ruptur (Riss) führen.
- Renale Atherosklerose: Betrifft die Nierenarterien und kann zu renovaskulärer Hypertonie (Bluthochdruck) und Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) führen.
Ursachen
Atherosklerose ist eine multifaktorielle Erkrankung, die durch eine Kombination genetischer Prädisposition und modifizierbarer Risikofaktoren ausgelöst wird:
- Hypercholesterinämie: Hohe Spiegel von LDL-Cholesterin fördern die Plaquebildung.
- Hypertonie: Erhöhter Blutdruck belastet die Gefäßwände und fördert deren Schädigung.
- Rauchen: Schädigt die Endothelzellen und erhöht die Neigung zur Plaquebildung.
- Diabetes mellitus: Erhöhte Blutzuckerspiegel beschleunigen die atherosklerotischen Prozesse.
- Adipositas: Übergewicht, insbesondere viszerales Fett, ist mit erhöhten Entzündungsmarkern und einer Verschlechterung des Lipidprofils assoziiert.
- Genetische Faktoren: Familienanamnese von kardiovaskulären Erkrankungen erhöht das Risiko.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer sind häufiger betroffen als Frauen, im Verhältnis 5:1 bei Verschlusskrankheiten.Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung beginnt bereits im Jugendalter, aber Symptome treten meist erst im mittleren bis höheren Lebensalter auf. Menschen über 80 Jahre haben nahezu immer eine Atherosklerose.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): In Industrieländern ist die Prävalenz besonders hoch, da die Risikofaktoren wie ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel und Rauchen hier verbreiteter sind.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Atherosklerose entwickelt sich über Jahrzehnte und ist meistens lange asymptomatisch.
- Symptome treten auf, wenn die Gefäßverengung so weit fortgeschritten ist, dass der Blutfluss signifikant behindert wird.
Prognose
- Die Prognose hängt stark vom Vorhandensein und der Kontrolle von Risikofaktoren ab.
- Ohne Intervention kann Atherosklerose zu schwerwiegenden Komplikationen wie Myokardinfarkt (Herzinfarkt), Apoplex (Schlaganfall), Aortenaneurysma (Aussackung der Gefäßwand der Aorta) oder periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) führen.
- Eine frühzeitige Therapie und Lebensstiländerung können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und Komplikationen verhindern.
Leitlinien
- Smith Sidney C, Allen Jerilyn, Blair Steven N, Bonow Robert O, Brass Lawrence M, Fonarow Gregg C, Grundy Scott M, Hiratzka Loren, Jones Daniel, Krumholz Harlan M, Mosca Lori, Pasternak Richard C, Pearson Thomas, Pfeffer Marc A, Taubert Kathryn A: AHA/ACC guidelines for secondary prevention for patients with coronary and other atherosclerotic vascular disease: 2006 update: endorsed by the National Heart, Lung, and Blood Institute. Circulation. 2006 Mai; 113, 19: 2363-72